Geschrieben von Mittwoch, 11 Juni 2014 19:05

Sweden Rock Festival 2014 - Der Bericht mit großer Bildergalerie

Der Elch ruft, und alle kommen. Das SWEDEN ROCK FESTIVAL, das vom 04. bis 07. Juni die Wiesen in Norje, Süd-Schweden rockt, und welches zum wiederholten Mal bereits im Vorfeld ausverkauft war, hat sich aber trotzdem sein entspanntes Flair über all die Jahre bewahrt. "Mit aller Gewalt nur der Kohle wegen wachsen" scheint hier zum Glück kein Thema zu sein, obwohl die Nachfrage mit Sicherheit da ist. Einer von vielen Gründen für uns, mal wieder die Schlafsäcke einzupacken, um bei diesem hochklassig besetzten Event dabei zu sein.

Mittwoch, 04.06.2014

011 FREAK KITCHEN Sweden Rock 2014Der Mittwoch startet immer erst nachmittags und es werden noch nicht alle Kapazitäten des Geländes genutzt. Der Bereich um die beiden größten Bühnen des Festivals, der Rock und Festival Stage, ist noch abgesperrt. Bei dichter Wolkendecke aber trockenen Bedingungen haben VDELLI die Ehre, den Startschuss für das SWEDEN ROCK FESTIVAL 2014 abzufeuern. Und diese Ehre haben sich die Jungens auch verdient, denn das aus Perth, Australien stammende Trio hatte mit Abstand die weiteste Anreise aller Bands des Festivals zu bewältigen.

Gut 3.000 Fans wissen diese Mühe zu schätzen und bereiten der Band einen lauten Empfang, was besonders dem Chef, Gitarrist, Sänger und Namensgeber Michael Vdelli sehr zu gefallen scheint. Der Blues Rock der Australier eignet sich aber auch sehr perfekt als Quasi-Intro für alles andere, was da noch kommen soll.
Der Sound ist brilliant, laut und druckvoll, wie immer an der 4Sound Stage, und die Fans vor der Bühne feiern sich schon mal langsam warm. Mit gefallen die Jungens so gut, das ich ihr aktuelles Album „Never Going Back" schon mal direkt auf meiner „Must have"-Liste vermerke.

Von hier aus geht es direkt rüber zur Sweden Stage, die 2013 soundtechnisch noch ordentlich geschwächelt hat. Die Bühne wurde auch um einiges nach rechts verlegt, und ob es jetzt daran liegt oder nicht, der Sound bei FREAK KITCHEN ist klasse. Man merkt auch sofort, dass die Band hier ein Heimspiel hat, denn das Publikum geht mächtig ab und die Songs werden zum größten Teil mitgesungen.
Ich habe die Band bisher noch nicht live gesehen, mir aber sagen lassen, dass die Mannen um Gitarrist/Sänger Mattias IA Eklundh auf der Bühne gerne mal allerlei Faxen machen. Das bleibt aber mehr oder weniger aus, dafür kann der Dreier aus Schweden musikalisch überzeugen und sie belassen es faxentechnisch bei ihren Lyrics. „Porno Daddy", „God Save The Spleen" und „Propaganda Pie" machen Spaß und sorgen für ordentlich Bewegung vor der Stage.

Als wären wir nicht gerade erst von dort gekommen, geht's zurück zur 4Sound Stage. Die BACKSTREET GIRLS haben sich angekündigt und entpuppen sich leider nicht als Girls. Auch wenn die „Jungens" ordentlich Alarm machen und vor allem Gitarrist Petter Baarli permanent in Bewegung ist, kann mich die Band mit ihrem Boogie Rock nicht wirklich überzeugen und ich wundere mich, dass die BACKSTREET GIRLS damit seit 1984 ununterbrochen am Start sind. Und das, obwohl ihre Liste ehemaliger Mitglieder ungefähr so lang ist, wie der Kader der schwedischen Nationalmannschaft. Sei's drum, um ein paar Bierchen zu zischen und sich dabei berieseln zu lassen, reicht es allemale.

Ganz schlecht wird es aber, als auf der Sweden Stage EDDIE MEDUZA LEVER ihren Gig spielen. Die Band scheint sowas in der Art wie Guildo Horn auf Schwedisch zu sein, und damit erschließt sich für mich der Humor hinter der Kapelle nicht ganz. Komplett anders sehen das aber offensichtlich die schwedischen Fans, denn vor der Bühne bricht das Chaos aus und ca. 5.000 Leute grölen jeden Song lautstark mit. Davon lasse ich mich dann auch irgendwie anstecken, obwohl ich kein Wort verstehe. Aber was soll's, die Meute scheint danach zu gieren, also kriegt sie, was sie will. Obwohl ich musikalisch mit dem betagten Trio echt rein gar nichts anfangen kann, hab' ich ein Grinsen im Gesicht.

Zum Glück gibt es danach bei CROWBAR direkt das Kontrastprogramm pur. Das Trio – heute scheint offensichtlich Trio-Tag zu sein – aus New Orleans bringt trotz seines doomigen Songmaterials zum ersten Mal beim diesjährigen Sweden Rock die Meute richtig in Wallung und zum Headbangen. Was auch daran liegt, dass Gitarrist und Chef-Schreihals Kirk Windstein meiner Meinung nach einen Sahnetag erwischt hat. Ich habe CROWBAR auch schon sehr viel unmotivierter gesehen, daher auch hier: Daumen hoch.

Auf der Sweden Stage ist es jetzt richtig bunt, als MAGNUM ihre Show starten. Mit „Live Til You Die" steigen die Briten in ihr Set ein, und es fällt sofort auf, dass Bob Catley ganz schlecht bei Stimme ist. Er bemüht sich zwar ohne Ende, aber man kann ihm ansehen, dass er sich fürchterlich anstrengen muss. „Freedom Dance", „Unwritten Sacrifice" und das geniale "How Far Jerusalem" machen aber trotzdem Spaß und der Applaus zwischen den Songs gilt bestimmt auch besonders Bob Catley. Viele andere Sänger hätten eine Show auch ohne Zögern abgesagt, wenn ihre Stimme so angeschlagen ist. Bob hält durch und dafür gilt ihm mein Respekt, denn auf MAGNUM hätte ich nicht auch noch verzichten wollen.

Setlist Magnum: Live Til You Die, Black Skies, Freedom Day, Dance Of The Black Tattoo, Blood Red Laughter, Unwritten Sacrifice, How Far Jerusalem, Les Morts Dansant, Falling For The Big Plan, All England's Eyes, Vigilante, Kingdom Of Madness, Encore: The Spirit, Sacred Hour

Ein ganz besonderes Highlight verspricht der unter dem Namen DIANNO vs BAYLEY angekündigte Split-Gig der ehemaligen IRON MAIDEN Sänger Paul DiAnno und Blaze Bayley zu werden. Den ersten Teil der Show bestreitet Blaze, und der Mann gibt sowas von Gas, dass es eine wahre Freude ist. Mit einer saustarken Band im Rücken, die sich die beiden Sänger teilen, recken sich bei den MAIDEN Klassikern „Lord Of The Flies", „Futureal", „Sign Of The Cross", „The Clansman" und „Man On The Edge" unzählige Fäuste in den Nachthimmel von Norje. Wenn IRON MAIDEN schon nicht selbst spielen, ist das doch auch schon mal ganz großes Kino.

Dann verlässt Blaze die Bühne und macht Platz für Paul DiAnno. Und das ist auch gut, denn der Mann schleicht mit Gehstock im Schneckentempo auf die Bühne und setzt sich sofort auf dem Drumriser, den er auch während des kompletten Gigs nicht mehr verlässt. Stimmlich ist er zwar gut drauf, aber er haut mich nicht so um wie vorher Blaze Bayley.
Dafür hat er natürlich die ganz alten Sachen wie „Sanctuary", „Wrathchild", „Killers", „Phantom Of The Opera" oder „Transylvania" am Start, die jedem MAIDEN Fan die Tränen in die Augen treiben. Zu „Running Free" und „Iron Maiden" kommt Blaze Bayley auch nochmal auf die Bühne, und spätestens jetzt gibt es davor kein Halten mehr. Megageil. Sollte es tatsächlich eine Art Battle der beiden gewesen sein, dann hat Blaze auf der Ziellinie definitiv die Nase vorn gehabt.

So schön angestochen geht's rüber zu QUEENSRYCHE, also den Queensryche mit dem neuen Sänger Todd La Torre. Da ich die Band in der neuen Besetzung noch nicht gesehen habe, bin ich voller Vorfreude und gespannt wie Sau. Da macht es auch fast gar nichts aus, dass es kurz vor Beginn der Show anfängt zu regnen.

Die Bühne ist in atmosphärisches blaues Licht getaucht, als die Band mit „Nightrider" in ihre Show einsteigt. Vor der Bühne stehen jetzt trotz des Regens mehr als 10.000 Leute, die der Band einen begeisterten Empfang gereiten. Und Todd La Torre? Der Mann singt wie ein junger Gott und treibt mir eine fette Gänsehaut auf die Arme. „Breaking The Silence", „En Force" und der megaalte Klassiker „Warning" lassen mich einen Geoff Tate fast vergessen. Nicht falsch verstehen, Geoff Tate ist ein Hammer Sänger, den ich vor allem auf den alten QUEENSRYCHE Scheiben liebe. Aber was Todd hier abliefert, ist unglaublich. Bei "Silent Lucidity" könnte man bei geschlossenen Augen fast nicht sagen, ob jetzt Geoff oder Todd am Mikro steht. Dass die Band eine Best-Of Setlist zusammengestellt hat, ist klar.

Trotzdem haben sie mit "Where Dreams Go To Die", "A World Without" und "Spore" drei Songs ihres 2013 veröffentlichten Albums ins Programm eingebaut. Und das völlig zurecht, denn die Songs passen perfekt zu den alten Songs und treten genauso Arsch. QUEENSRYCHE sind für mich in dieser Form die erste ganz dicke Überraschung des Sweden Rock 2014, denn so stark und spielfreudig hätte ich die Band niemals erwartet. Der Gig ist so stark, dass ich sogar den Regen nicht mehr gemerkt habe.

Setlist Queensryche: Nightrider, Breaking The Silence, Walk In The Shadows, The Whisper, En Force, Spore, Warning, Silent Lucidity, Where Dreams Go To Die, A World Without, The Needle Lies, NM 156, The Lady Wore Black, My Empty Room, Eyes Of A Stranger, Empire, Encore: Queen Of The Reich, Jet City Woman, Take Hold The Flame


Donnerstag, 05.06.2014

BYE 1570Das Wetter hat sich über Nacht wieder beruhigt und es ist sogar sonnig, als wir zum Festivalgelände gehen. Da wir am ersten Tag komplett verpeilt haben, uns einen Elch aus dem Wok im Pita reinzupfeifen, holen wir das zum Frühstück umgehend nach. Wie in jedem Jahr ist die Auswahl an kulinarischen Gourmetständen einfach beeindruckend. Wer einer strengen Diät unterliegt, sollte nicht zum Sweden Rock fahren. Hier kann man unmöglich standhaft bleiben.

Musikalisch startet der Tag für uns mit einem Leckerbissen: Jake E. Lees RED DRAGON CARTEL. Der ehemalige OZZY OSBOURNE und BADLAND Gitarrist hat seiner Historie entsprechend einige Songs aus dieser Zeit in die Setlist eingebaut. „The Ultimate Sin", „High Wire", „Rumblin Train" und "Sun Red Sun" werden entsprechen gefeiert, auch wenn es vor der Rock Stage, die mit diesem Gig quasi ihre Entjungferung 2014 erfährt, noch recht übersichtlich zugeht. Der Sound ist der Hammer und der Band kann man trotz der frühen Stunde den Spaß ansehen, den sie hat. Highlight ist dann natürlich "Bark At The Moon", bei dem alle Fäuste nach oben gehen und lautstark mitgegrölt wird.

Trotzdem wird Jake E. Lee für mich zur tragischen Figur des Festivals, denn bei fast jedem Song fällt seine komplette Anlage aus und Sänger DJ Smith muss die Unterbrechungen immer wieder mit teils sehr spaßigen Kommentaren überbrücken. Wenn er aber dann doch spielen kann, ist Jake E. zum Niederknien. Dass die Band so sehr gute Miene zum bösen Spiel macht, ist sehr professionell und verdient Respekt. Gutes Wetter, geile Musik mit gelegentlichen Pausen. So kann es bleiben. Bis auf die technisch bedingten Pausen.

Auch die große Festival Show wird heute erstmals mit Leben gefüllt. Und wer könnte das besser, als PRETTY MAIDS? Die treten zwar in schöner Regelmäßigkeit hier auf, aber aufgrund ihres fetten Backkatalogs können die Dänen kaum etwas falsch machen. Ronnie Atkins, Ken Hammer und Co. zeigen sich wie erwartet in Partylaune, spielfreudig und natürlich super eingespielt. Ronnie und Bassist Rene Shades nutzen ausgiebig den Laufsteg in Richtung Publikum und suchen immer den Kontakt zu den Fans.

Am lautesten wurden natürlich die ganz alten Nummern „Future Wold" und „Red Hot & Heavy" von den zahlreichen Fans abgefeiert. Auch hier kurz ein Statement zum Sound: Hammer. Jetzt, nachdem alle Bühnen zumindest einmal bespielt wurden, muss ich sagen, dass die Soundjungens mal wieder einen super Job abgeliefert haben. Immer laut, immer druckvoll und dabei stets akzentuiert. So soll es sein. Und schon mal vorweg genommen: Das bleibt auch während des gesamten Festivals so.

Setlist Pretty Maids: Mother Of All Lies, Nuclear Boomerang, Red Hot And Heavy, My Soul To Take, I.N.V.U., I See Ghosts, Yellow Rain, Little Drops Of Heaven, Back To Back, Please Don't Leave Me, Future Words

Als nächstes geht's ab zu TRANSATLANTIC. Mit dem Songmaterial der Band bzw. des Projekts bin ich nicht so vertraut. Fakt ist aber, dass das Drumming von Mike Portnoy der Wahnsinn ist, der Rest der Show aber ziemlich langweilig rüberkommt. Ich weiß nicht, ob die Musik unbedingt festivalkompatibel ist, aber Stimmung kam auch bei den Hardcore Portnoy Fans vor der Bühne nicht richtig auf. Da bin ich fast schon sauer auf mich selbst, dass ich nicht zu ROBIN BECK zur Sweden Stage gegangen bin. Zumal mir später am Tag auch noch von Freunden berichtet wurde, dass der Gig sehr gut gewesen sein soll. Naja, man kann nicht immer richtig liegen.

Wobei man aber nie etwas falsch machen kann, wenn man sich eine Show von TURISAS ansieht. Die Finnen haben ja irgendwie ihre eigene Sparte entwickelt, die sich aus Elementen des Viking Metal, finischem Folk und traditionellem Metal zusammensetzt. Sie selber nennen es Battle Metal und den hauen sie den ca. 4.000 feierwütigen Fans um die Ohren.
Die Mannen um Sänger Mathias „Warlord" Nygård und Geiger Olli Vänskä holen wirkllich alles aus sich raus, rennen von links nach recht über die Bühne und animieren das Publikum ununterbrochen zum Mitmachen. Völlig unnötig, denn die Leute gehen auch von alleine steil. Und da mit "No Good Story Ever Starts With Drinking Tea" mein Lieblingssong der Suomi Warrior in der Setlist ist, bin auch ich sehr zufrieden.

Setlist Turisas: We Ride Together, No Good Story Ever Starts With Drinking Tea, For Your Own Good, One More, Battle Metal, Stand Up And Fight, Rasputin

Auch bei BLACK STONE CHERRY geht dann auf der Festival Stage gut die Luzy ab. Der Southern Blues Hard Rock der Südstaatler kommt mächtig gut an und auf dem gut gefüllten Platz vor der Bühne wird kollektiv gehüpft. Gitarrist Ben Wells ist der Unruhefaktor auf der Bühne und ständig in Bewegung. Leider gilt das nicht für Sänger Chris Robertson, der die meiste Zeit hinter seinem Mikro steht und sich nur ganz selten mal am Bühnenrand zeigt. Aber wozu auch, wenn man einen Kumpel wie Ben Wells hat. Da besteht höchstens die Gefahr, über den Haufen gerannt zu werden. "Me And Mary Jane", „In My Blood", „Blind Man" und "Blame It On The Boom Boom" sind für mich die Highlights der Show der Mannen aus Kentucky.

Setlist Black Stone Cherry: Maybe Someday, Me And Mary Jane, Ghost Of Floyd Collins, Yeah Man, Like I Roll, Rain Wizzard, In My Blood, Blind Man, Fiesta Del Fuego, Hell & High Water, Rocky Mountain Way, White Trash Millionaire, Blame It On The Boom Boom, Lonely Train

Stilistisch liegen BLACK STONE CHERRY und TESLA gar nicht so weit auseinander. Dafür haben TESLA ein viertel Jahrhundert mehr Erfahrung und dementsprechend auch mehr Alben, aus denen sie ihre Setlist zusammenstellen können. Aber es ist klar, dass gerade auf Festivals ein Best Of Programm gespielt wird. Die Leute wollen schließlich mitsingen und abfeiern und sich nicht mit neuen Songs auseinander setzen. Mit „I Wanna Live" und „Hand Tough" hätten TESLA auch keine besseren Songs wählen können.

Die Stimmung ist von Beginn an gut. Die meisten Fans sind ja direkt von BSC rübergekommen und dementsprechend auf Betriebstemperatur. „The Way It Is", „Love Song", „Modern Day Cowboy" und „Cumin Atcha Live" werden auch gespielt, wenn ich das richtig behalten habe. Und mit „MP3" haben TESLA dann auch nur einen Song vom aktuellen Album „Simplicity" am Start. Auch wenn ich es in vielen Live Berichten und Reviews schon geschrieben habe: Frank Hannon und Dave Rude sind für mich eines der genialsten Gitarrenduos im Hard Rock. Und das bestätigen die beiden heute erneut.

Danach muss wieder eine Entscheidung getroffen werden: ALTER BRIDGE oder MASTERPLAN. Die Entscheidung, die eigentlich gar keine war, fällt auf MASTERPLAN. Da nur vier deutsche Bands im diesjährigen Billing stehen, ist es Ehrensache, die Landsleute zu unterstützen. Davon aber mal abgeshen, ich wäre so oder so zu MASTERPLAN gegangen, weil mich die Band auf ihrer letzten Tour unglaublich begeistert hat. Sänger Rick Altzi blüht förmlich auf, weil er alle seine Ansagen in seiner Muttersprache absetzen kann, und auch Roland Grapow wirkt unglaublich locker.

Die Songs sind allesamt Highlights aus der MASTERPLAN Historie, und es gibt keine Abstecher in die alten HELLOWEEN Gewässer. Das haben die Jungens auch nicht nötig, denn Songs wie „Enlighten Me", „Black Night Of Magic", „Crystal Night" oder „Keep Your Dream Alive" haben selbst Klasse genug. Im Vergleich zur Novum Initium Tour haben MASTERPLAN meiner Meinung nach noch mal ein Pfund an Spielfreude zugelegt und die Show macht Megaspaß.

Setlist Masterplan: Enlighten Me, Spirit Never Dies, Lost And Gone, Black Night Of Magic, Crimson Rider, Back For My Life, Time To Be King, Keep Your Dream Alive, Crystal Night, Soulburn, Heroes, Crawling From Hell

Anschließend kommt es wirklich zu einer schweren Entscheidung: URIAH HEEP oder ROB ZOMBIE? Beide würde ich gerne sehen, aber da ich URIAH HEEP schon wesentlich öfter gesehen habe als ROB ZOMBIE, fällt die Entscheidung auf den Schockrocker.
Mit "Meet The Creeper" steigen Rob und seine Männer in die Show ein. Neben der Agilität des Masterminds fällt vor allem das geile Bühnenbild auf, das durch kleine, in Rampen im Boden eingelassene Spots unterstrichen wird, auf denen die Musiker stehen. So werden die Musiker von unten unterschiedlich farbig angestrahlt, was einen wirklich geilen Effekt nach sich zieht.

Rob hüpft herum wie verrückt und auch seine Musiker passen sich dem „roten Faden" an, der sich durch die Show zieht. Beim DIAMOND HEAD Cover „Am I Evil?" rasten die Leute das erste Mal völlig aus. Hier stimmt aber auch alles: Songs, Bühnenshow, Sound. Mit den an die Festival Stage gerichteten Worten: "Hope you can hear this, Mr. Cooper?" leitet er den ALICE COOPER Klassiker "School's Out" ein. Und als er nach dem Song eine kurze Pause macht, kommt von der noch dunklen Festival Stage Alice Coopers Antwort über die P.A.: „Oh come on, this ain't Rock'n Roll". Cool. Da kommt bestimmt noch was.
Als Zugabe kommen "The Lords Of Salem" und das unvermeidbare "Dragula", und ein wirklich geiler Gig ist zu Ende. Neben QUEENSRYCHE mein zweites, in dieser genialen Form unerwartetes Highlight.

Setlist Rob Zombie: Meet The Creeper, Superbeast, Scum Of Earth, Living Dead Girl, More Human Than Human, Dead City Radio And The New Gods Of Supertown, Am I Evil (Diamond Head Cover), Sick Bubble Gum, House Of 1000 Corpses, Thunder Kiss 65, School's Out, Encore: The Lords Of Salem, Dragula

Jetzt ist ALICE COOPER an der Reihe und die Erwartungshaltung ist wirklich groß. Neben vielen Hits, die mich schon mein ganzes Leben lang begleiten, kann man bei Alice auch immer eine schöne Show erwarten. Und der Einstand könnte mit „Hello Hooray" und „House Of Fire" nicht besser sein. Neben Alice Cooper sind noch Chuck Garric (bass), Tommy Hendriksen (guitars), Ryan Roxie (guitars), Orianthi Panagaris (guitars) und Glenn Sobel (drums) im aktuellen Tour Line-Up. Drei Gitarristen. Fett. Der Eyecatcher ist hierbei, neben Alice selber, Gitarristin Orianthi, die nicht nur klasse Gitarre spielt, sondern auch immer wieder einen Part bei den kleinen Gimmicks hat, die Mr. Cooper einstreut.

Klar, die Köpfung ist dabei – und nein, die Schlange nicht. Ich habe schon lange keinen Headliner mehr in Schweden gesehen, der so heftig abgefeiert wurde, wie heute Alice Cooper. Nach „I Love The Death" kommt ein vier Songs umfassender Coverpart mit Songs von THE DOORS, THE BEATLES, JIMMY HENDRIX und THE WHO. Alice Cooper ist in bestechender Form und schont sich bis auf die kleine Pause, während der die Gitarristen, der Drummer und der Bassist zu ihren Soloeinlagen kommen, nicht eine Sekunde lang.
„I'm Eighteen" und das natürlich mächtig gefeierte „Poison", bei dem fast alle Fans vor der Bühne mithüpfen, fordern nochmal die letzten Kraftreserven der Fans. Und tatsächlich, als hätte man es fast erwarten können, springt zu „School's Out" Rob Zombie mit auf die Bühne. Tolles Duett der beiden und ein würdiger Abschluss eines geilen Tages mit vielen tollen Bands und einem unglaublichen Headliner!

Setlist Alice Cooper: Hello Hooray, House Of Fire, No More Mr. Nice Guy, Under My Wheels, I'll Bite Your Face Off, Billion Dollar Babies, Caffeine, Department Of Youth, Dirty Diamonds (including Bass, Guitar and Drum Solo), Welcome To My Nightmare, Go To Hell, He's Back 8The Man Behind The Mask), Feed My Frankenstein, Ballad Of Dwight Fry, I Love The Dead, Break On Through (To The Other Side) – Doors Cover, Revolution – Beatles Cover, Foxy Lady – Hendrix Cover, My Generation – The Who Cover, I'm Eighteen, Poison, School's Out (with Rob Zombie)


Freitag, 06.06.2014.

149 TALISMAN Sweden Rock 2014Heute ist der Nationalfeiertag in Schweden. Vor zwei Jahren haben SABATON die Nationalhymne gespielt, die von gut 15.000 Schweden inbrünstig mitgesungen wurde. Im letzten Jahr hatten RAUBTIER dieses Privileg. In diesem Jahr kommen wir ein paar Minuten zu spät, um zu sehen, wer diesmal dafür verantwortlich war. Aber gehört haben wir es noch, wie die Schweden ihr Landesliedchen gegrölt haben.

Nach dem obligatorischen Guten-Morgen-Bier machen TALISMAN den Anfang. Schon lustig, vor ein paar Jahren hat er noch tränenreich die Auflösung von TALISMAN mit der allerletzten Show hier in Schweden bejammert, und in diesem Jahr ist er wieder da, als wäre nichts geschehen. So ist es eben, das Business.
Ich gebe aber zu, dass ich froh bin, die Band wieder zu hören, den Jeff Scott Soto ist einer meiner absoluten Lieblingssänger.

In weißer Hose und Schal, aber zum Glück wieder mit langen Haaren, haut der Gute stimmgewaltig wie eh und je „Break Your Chains", „Mysterious (This Time It's Serious)" und das Madonna Cover „Frozen" raus. Dass mir der Sound etwas leise vorkommt, liegt wahrscheinlich eher daran, dass mir die Ohren noch von den beiden Schock-Rockern am Abend zuvor klingeln, als dass er wirklich zu leise wäre. Tolle Show, welcome back, TALISMAN!

Setlist Talisman: Break Your Chains, Colour My XTC, Fabricated War, Mysterious (This Time It's Serious), Sorry, If U Could Only Be My Friend, Frozen / Crazy, Dangerous, I'll Be Waiting, Encore: Standing On Fire

JAGUAR aus England sind auf der 4Sound Stage dran. Völlig aufgedreht hüpft Sänger Jamie Manton auf einem als Mikroständer getarnten Hüpfstab über die Bühne, springt in den Fotograben und tanzt mit den Fotografen, um kurze Zeit später zum Entsetzen der Security aus dem Fotograben zu fliehen und durch die Menge vor der Bühne zu rennen. Die Jungens haben definitiv Spaß.
Ganz nebenbei machen sie auch noch geile Musik, die sehr nach traditionellem Heavy Rock klingt. Und das ist kein Wunder, denn JAGUAR waren Teil der NWoBHM, sind also schon lange am Start.

Ganz kann ich mir die Band aber nicht geben, da auf der Rock Stage JOE BONAMASSA ansteht, und den werde ich mir nicht entgehen lassen. „Oh Beautiful" ist die Nummer, die sich Herr Bonamassa zum Start ausgesucht hat. Und sie zündet sofort. Etlichen Hobbygitarristen wird wahrscheinlich genau wie mir die Kinnlade runtergefallen sein, so umwerfend spielt der Mann. „Story Of A Quarryman" folgt und beeindruckt nicht minder. Viele Soli sind improvisiert und weichen von denen der Albenversionen ab, was die Songs zu einer spannenden Sache werden lässt. Endgültig gewonnen hat der Mann dann bei mir, als er „Midnight Blues" von GARY MOORE spielt. Hammer. Von den nachfolgenden Songs kenne ich nur noch den letzten, nämlich „The Ballad Of John Henry". Ganz, ganz großes Kino.

TNT sind auch immer eine Bereicherung für jedes Festival. Nicht nur musikalisch. Würde es einen Preis fürs Grimassenschneiden geben, TNT Gitarrist Ronni le Tekrø würde ihn immer gewinnen. Musikalisch sind TNT vom ersten Ton von „Intuition" absolut auf der Höhe. Neben Ronni le Tekrø ist natürlich der Rückkehrer am Mikro Tony Harnell der Mann, auf den die Augen gerichtet sind.
Aber er kann mit seiner Ausnahmestimme kaum etwas falsch machen und singt wie ein junger Gott. „Caught Between The Tigers" ist für mich persönlich das kleine Highlight bei einem so schon starken Auftritt. Leider speilen TNT zu früh am Tag und haben daher auch nur eine kurze Spielzeit.

Setlist TNT: Intuition, As Far As The Eye Can See, Caught Between The Tigers, Seven Seas, Forever Shine On, Northern Lights, 10.000 Lovers (In One)

ROYAL REPUBLIC kriegen wir zum größten Teil nur aus der Ferne mit, weil irgendwann ja auch mal ein Päuschen angesagt ist. Dass die Band aus Malmö hier quasi zu Hause ist, merkt man aber doch, da die Meute vor der Bühne unglaublich steil geht. Und da die Band sehr motiviert zu Werke geht, scheint hier alles nach Plan zu verlaufen.

Mit vollen Bäuchen geht's weiter zur Festival Stage, um uns KAMELOT zu geben. Ich habe die Band seit dem Ausstieg von Khan nicht mehr live gesehen und bin gespannt, wie sich Tommy Kravelik schlägt. Und nach den ersten beiden Songs komme ich für mich zum dem rein subjektiven Schluss, dass mir Khan stimmlich und von seiner Präsenz her besser gefallen hat. Dafür holt Bassist Sean Tibbetts einiges wieder raus, da er der Aktivposten ist. „Center Of The Universe" und „March Of Mephisto" rocken am meisten, bei „Forever" hat sich Tommy mehrfach mit den Textzeilen vertan. Ansonsten ist der Gig solide und macht Spaß, ragt aber nicht heraus.

Setlist Kamelot: Rule The World, Ghost Opera, The Great Pandemonium, Veritas, Center Of The Universe, Torn, When The Lights Are Down, Sacrimony (Angel Of Afterlife), The Human Stain, My Confession, Forever, Karma, March Of Mephisto

Auf dem Weg zu W.A.S.P. werfen wir noch einen Blick auf die kleine Rockklassiker Stage, auf der gerade HEAVEN'S BASEMENT einen unglaublich energiegeladenen Gig absolvieren, was von einer höchst ansehnlichen Menschenmenge begeistert gefeiert wird. Irgendwie erinnern mich Sänger Aaron Buchanan und Gitarrist Sid Glover an die jungen Robert Plant und Jimmy Page.
Zumindest liefern die Jungens eine tolle Show ab und haben geile Hard Rock Songs am Start. Die Stagediving-Nummer von Sänger Aaron mit anschließendem Handstand über den Köpfen der Menge war zumindest ziemlich cool. Und genau dafür liebe ich Festivals, denn schon wieder ist eine weitere Band auf meiner „Must have"- Liste gelandet. Tiptop.

W.A.S.P.
sind dagegen schon alte Hasen, die genau wissen, was abgeht. Blackie Lawless wirkt ehrlich gesagt etwas aufgedunsen, ist aber gut bei Stimme und seinen erweiterten Bewegungsradius hat er schon seit 20 Jahren begonnen, einzuschränken. Das ändert aber an den Songs nichts und die Meute vor der Bühne geht mächtig steil, was an der wirklich gelungenen Songauswahl liegt: Wer würde bei gut performten „L.O.V.E. Machine", "Wild Child" und dem starken "Crimson Idol Medley" nicht abgehen wie ein Wurfpfeil? Ich hätte zwar sehr gerne auch „Hellion" und "Ballcrusher" gehört, aber irgendwann ist auch die Spielzeit eines Blackie Lawless zu Ende. Daher bin ich mehr als zufrieden.
Als "Blind In Texas" kurz vor Schuß dann abrupt aufhört, denke ich zuerst, dass sie ihm den Strom abgedreht haben, weil er überzogen hat. Der Grund dafür war aber dann doch eine durchgeknallte P.A., wie sich später herausstellte.

Setlist WASP: On Your Knees, The Torture Never Stops, L.O.V.E. Machine, Crazy, Wild Child, Sleeping (In The Fire), Forever Free, (The Titanic Overture), The Crimson Idol Medley, The Idol, Chainsaw Charly, Heaven's Hung In Black, Blind In Texas

Es ist zwar erst 22:00 Uhr, aber trotzdem steht jetzt schon BLACK SABBATH an. Normalerweise spielen die Headliner erst ab 23:30 Uhr, aber der „Fucking Prince Of Darkness" ist ja auch nicht mehr der Jüngste. Inoffiziell müssen BLACK SABBATH wohl einen Flieger bekommen und spielen daher so „früh". Spielt aber auch keine Rolle, den BLACK SABBATH sind, egal um welche Uhrzeit, Götter.

"War Pigs" macht den Anfang und die komplette Band scheint gut drauf zu sein. Auch Gitarrist Tony Iommi sieht kernig aus und lacht öfter, als man es von ihm kennt – was hoffen lässt, dass er seine Krebserkrankung im Griff hat. Der Sound ist klasse und im Hintergund laufen auf der großen Leinwand stimmige Videos. Allerdings, und jetzt kommt der einzige kleine Pferdefuß, bleiben große Überraschungen aus.
Man weiß halt, was kommt. Das ist dann zwar ganz großes Kino, aber haut zumindest mich nicht aus den Schuhen. Dass Ozzy keine Songs aus der DIO Ära singt, oder zumindest nur ganz ungerne, ist bekannt. Daher fehlen mir Songs wie "Sign Of The Southern Cross", "The Mob Rules" oder "Over And Over". Das wäre mal ein Knaller gewesen.
Ich bin aber auch so zufrieden und ziehe mir den Rest der Show rein, die ja auch so nicht schlecht ist. Ein Knaller oder ein Highlight bleibt aber wie gesagt aus.

Setlist Black Sabbath: War Pigs, Into The Void, Snowblind, Age Of Reason, Black Sabbath, Behind The Wall Of Sleep, N.I.B., Fairies Wear Boots, Rat Salad, Iron Man, God Is Dead?, Children Of The Grave, Encore: Paranoid

Die Ehre, den Tag abzurunden und zu beenden, bleibt U.D.O. vorbehalten. Udo und seine Jungens sind ja bekanntlich kurzfristig eingesprungen, um MEGADETH zu ersetzen, die wegen eines Todesfalles in Dave Ellefsons Familie alle Europaaktivitäten absagen mussten. Das alles ist aber für U.D.O. kein Problem. Ich vermute, die Band kann man auch nachts um drei Uhr wecken und auf eine Bühne stellen und sie rocken ab, was das Zeug hält. Profis eben, die den Spaß an der Sache offensichtlich nie verlieren.

U.D.O. spielen sich mal wieder quer durch ihre Alben, und auch das starke aktuelle „Steelhammer" Album kommt zum Zug. Ich habe nicht alle Songs der Setlist auf dem Schirm, aber „Steelhammer", „Future Land", „King Of Mean", „They Want War", „Metal Machine" und „A Cry Of A Nation" sind auf alle Fälle dabei gewesen. Trotz der späten Stunde ist es noch mächtig voll vor der Bühne, und als am Schluß die alten ACCEPT-Knaller „Metal Heart", "Balls To The Wall", „I'm A Rebel" und „Fast As A Shark" abgeschossen werden, geht nochmal ein Ruck durch die ausgepowerten Fans und sie geben der Band nochmal das zurück, was sie bekommen: pure Energie.
Die beiden Gitarristen Andrey Smirnov und Kasperi Heikkinen machen hierbei besonders Spaß, denn sie sind mittlerweile so gut aufeinander eingespielt, dass es eine wahre Freude ist. Toller Gig Jungens, und auch wenn ich mich im Vorfeld sehr auf MEGADETH gefreut habe, habt ihr diese Lücke astrein geschlossen.


Samstag, 07.06.2014.

157 FANS Sweden Rock 2014Der Samstag beginnt erstmal sehr erfreulich – zumindest für ein unbekanntes schwedisches Pärchen, das sich auf dem Gelände das Ja-Wort gibt. Und für uns, weil das Wetter der Hammer ist: nicht eine Wolke am Himmel und schon Mittags über 20°C. Wenn das mal nicht Grund genug ist, diese Ereignisse mit einem Sofiero Bier zu feiern. Einen Grund zum Trinken findet man schließlich immer. Und wenn nicht, wird halt schnell einer gesucht. 

Der Soundtrack zur Hochzeit wird auf der Festival Stage gespielt. Und zwar von DANGER DANGER, die ja Ende der 80er Jahre an große Bühnen gewohnt waren. Das merkt man auch, denn Sänger Ted Poley und Klampfer Rob Marcello nutzen die ganze Breite und Tiefe der Bretter und sind nur in Bewegung. „Rock America", „Boys Will Be Boys" und „Hearts On The Highway" sorgen auch bei den mit Glam Rock verseuchten Schweden vor der Bühne für mächtig Stimmung. Ted Poley läuft permanent den Catwalk hoch und runter, wirft haufenweise Guitar Picks ins Publikum und post wie zu seinen besten Zeiten. Diese Jungens haben Spaß, auch wenn sie so früh ran müssen.

„Bang Bang", „Beat The Bullet" und natürlich „Monkey Business" machen auch mir wieder klar, warum ich in den 80ern so auf diese Musik abgefahren bin. Das ist Partymucke, die Lebensfreude pur ausstrahlt. Natürlich bildet „Naughty Naughty" den Abschluss und Ted Poley schockt die komplette Security, weil auch er mal eben kurz den Weg von der Bühne zu den Fans sucht und kurzfristig in der Menge verschwindet. Schade, ich hätte noch mehr davon hören und sehen können. Ganz starker Vortrag.

Die dritte deutsche Band macht sich bereit, die Sweden Stage auszubomben, womit auch klar sein dürfte, dass jetzt SODOM ihre Geschütze abfeuern. Und die Ruhrpott-Urgesteine nehmen wirklich keine Gefangenen: So gut habe ich SODOM schon lange nicht mehr gesehen. Dabei wäre der Gig fast beim zweiten Song „An Eye For An Eye" schon zu Ende gewesen, weil Tom Angelripper beim Rückwärtsgehen über eine Monitorbox stolpert und sich voll auf die Fresse legt.

Zum Glück ist ihm aber sichtbar nichts Schlimmeres passiert, denn er meckert kurz, grinst sich dann einen und steigt wieder in den Song ein – Bernd Kost an der Gitarre und Drummer Markus Freiwald haben zwischenzeitlich fröhlich weitergespielt. In den ersten Reihen werden wie verrückt die Matten geschüttelt, was absolut verständlich ist, denn bei "The Saw Is The Law", "Sodomy And Lust" und "Ausgebombt" fällt es schwer, ruhig stehen zu bleiben. Mit „Bombenhagel" verabschieden sich SODOM nach einem genialen, schweißtreibenden Gig und hinterlassen als dritte deutsche Band im Billing ein fettes Ausrufezeichen.

Setlist Sodom: My Final Bullet, An Eye For An Eye, Surfin Bird, The Saw Is The Law, Outbreak Of Evil, Sodomy And Lust, Iron Fist (Motörhead Cover), Stigmatize, Ausgebombt, Blasphemer, City Of God, Christ Passion, Into The Skies Of War, Remember The Fallen, Bombenhagel

Da in Sachen Energie noch einen draufzusetzen, dürfte erstmal schwer sein – denke ich mir so in meinem jugendlichen Leichtsinn, als ich in Richtung 4Sound Stage gehe, um mich an POWERWOLF zu erfreuen. Die Vorzeichen sind eher schlecht, denn eigentlich brauchen POWERWOLF keinen strahlenden Sonnenschein, sondern eher dunklere Hallen. Aber da habe ich mich wohl voll vertan.

ATILLA und seine Jungens legen los, als hätten wir die tiefste Vollmondnacht. Ich habe selten eine Show gesehen, bei der die beiden Gitarristen so einen Alarm machen. Die Greywolf-Brüder Matthew und Charles legen jeder gefühlte 10km zurück und posen wie die Weltmeister, und zwar vom ersten bis zum letzten Ton. ATILLA wedelt natürlich auch wieder Weihrauch in die Menge, und Keyborder Falk Maria Schlegel kommt immer wieder nach vorne an den Bühnenrand, um die Fans zu animieren. Die sind aber eh schon kurz vor dem Ausrasten und man merkt den Wölfen an, dass sie mit diesen Reaktionen wohl doch nicht unbedingt gerechnet haben – da wird dann trotz der „bösen Grimassen" immer mal wieder kurz gegrinst. Was für ein denkwürdiger Gig. Auf meine "Must have"-Liste braucht die Band nicht, da ich eh alle Alben habe, aber auf meiner Sweden Rock Highlight Liste sind sie verdammt weit oben eingeschlagen.

Setlist Powerwolf: Sanctified With Dynamite, Prayer In The Dark, Amen & Attack, In The Name Of God, Raise Your Fist Evangelist, Sacred & Wild, Resurrection By Erection, Kreuzfeuer, Werewolves Of Armenia, We Drink Your Blood, All We Need Is Blood

Zum Runterkommen ist jetzt eine Prise Y&T genau richtig. Und ich bin völlig ehrlich, wenn ich sage, dass es für mich keine schlechten Y&T Songs gibt. Egal, was sie spielen, es ist gut. Und so ist es auch heute.
Dave Meniketti läßt rein gar nichts anbrennen und rockt sich quasi durch die ganze lange Karriere der Band. Dass dabei aufgrund der relativ „kurzen" Spielzeit einige Hits auf der Strecke bleiben, ist normal. Aber die Songauswahl mit „Mean Streak", „Don't Be Afraid Of The Dark", „Midnight In Tokyo" und „Forever" ist klasse und sorgt für ausgelassene Freude auf und vor der Bühne unter jetzt strahlend blauem Himmel.

Setlist Y&T: Mean Streak, Don't Stop Running, Don't Be Afraid Of The Dark, Hang 'em High, Dirty Girl, Midnight In Tokio, Black Tiger, Winds Of Change, I'm Coming Home, I Want Your Money, Contagious, I'll Cry For You, Rescue Me, Summertime Girls, Forever

Ganz großes Kino fahren dann auch WITHIN TEMPTATION auf, die auf der Rock Stage eine Mördershow abliefern. Sharon den Adel hat die Meute vom ersten Ton an im Griff und die harten Metaller fressen ihr förmlich aus der Hand. Der Bühnenaufbau gleicht einer Showtreppe und der Gig wird immer wieder mit Pyros und Feuersäulen gepimpt. Ich bin ja eigentlich kein großer Fan, aber die Show der Band hat es definitiv in sich.

Setlist Within Temptation: Let Us Burn, Paradise (What About Us?), Faster, In The Middle Of The Night, Fire And Ice, And We Run, Dangerous, Our Solemn Hour, Iron, Stand My Ground, Covered By Roses, Mother Earth, Encore: What Have You Done, Summertime Sadness (Lana Del Rey Cover), Memories, Ice Queen

Sehr doof, dass zeitgleich SAGA mit Michael Sadler spielen, aber da muss ich zumindest mal kurz vorbei. Also ab zur Sweden Stage, vor der es richtig voll ist. SAGA klingen so, wie ich sie von früher kenne und ich bin froh, dass Michael Sadler wieder mit im Line-Up ist. Ohne ihn war es eben nicht SAGA. "Humble Stance", "How Long", "On The Loose" und "Wind Him Up", alle meine Faves kriege ich noch mit. Der Abstecher hat sich also absolut gelohnt.

BILLY IDOL oder AVATARIUM? Oder beides? Ich beschließe, mir zunächst mal BILLY IDOL anzutun, der auf der großen Bühne genau das macht, was man von ihm erwartet hat. Der Mann sieht zwar sehr alt aus, aber die Songs haben nichts von ihrer Faszination verloren. „White Wedding", "Rebel Yell", „Dancing With Myself" „Eyes Without A Face" ... die Songs kennt jeder. Daher wird auch ordentlich mitgesungen und getanzt und die Stimmung ist klasse.

Trotzdem mache ich mich auf den Weg zur 4Sound Stage, um mal bei AVATARIUM reinzuhören. Die Band klingt nach einer Mischung aus Folk und Doom Metal und hat mit Jennie-Ann Smith eine fantastische Sängerin in den Reihen, die nicht nur toll singt, sondern auch noch klasse aussieht. Folgende Songtitel konnte ich mir merken: „Moonhorse", „Boneflower", „Deepest Sorrow" und „Avatarium". Und auf meiner „Must have"-Liste landen die Schweden auch.

Auf der Rock Stage ist jetzt TED NUGENT angesagt und ich freu' mich wie Bolle. Onkel Ted habe ich so lange nicht mehr gesehen, und in meiner Jugend war er eines meiner absoluten Idole. Wie erwartet ist die Backdrop der Bühne eine überdimensionale Stars & Stripes Flagge. Ganz ohne geht es wohl nicht. Dafür hält sich Ted Nugent sehr mit seinen völlig verstrahlten politischen Ansichten zurück, was ich ihm hoch anrechne. Offensichtlich hat er wohl auch gemerkt, dass er damit nur in seiner Heimat punkten kann und beim Rest der Welt nur Unverständnis hervorruft.

Musikalisch ist Ted Nugent, der von Derek St. Holmes (guitars), Mick Brown (drums) und Greg Smith (bass) unterstützt wird, über jeden Zweifel erhaben. Seine Soli sind immer noch atemberaubend und mit "Wango Tango", "Fred Bear" und natürlich "Cat Sratch Fever" sind meine Highlights dabei. Da er von seinem kommenden Album "Shutup & Jam!" auch ein paar Songs vorstellt und diese ordentlich Arsch treten, kommt meine "Must have"-Liste erneut zum Einsatz.

Setlist Ted Nugent: Gonzo, Just What The Doctor Ordered, Wango Tango, Turn It Up, Stormtroopin', Free For All, Wang Dang Sweet Poontang, I Can't Quit You Baby, Fred Bear, Hey Baby, Shut Up & Jam!, Cat Scratched Fever, Stranglehold, The Great White Buffalo

Bühne VolbeatAuf dem Vorhang vor der Festival Stage ist schon das Logo von VOLBEAT inkl. Halstuch in den schwedischen Landesfarben zu sehen. Wirklich unglaublich, dass die Band vor ein paar Jahren noch in kleinen bis mittleren Clubs in Deutschland gespielt und es jetzt bis zum Headliner beim Sweden Rock geschafft hat. Meiner Meinung nach auch völlig zurecht, denn die Band hat einen Stil entwickelt, den es bis dahin noch nicht gab.

Das Intro ertönt und zu den Klängen von „Doc Holiday" fällt unter lautem Jubel der Vorhang. Michael Poulsen grinst wie ein Honigkuchenpferd. Klasse auch, wie sich der neue Klampfer Rob Caggiano offensichtlich endgültig ins Line-Up integriert hat, als ware er schon Jahre dabei. Der Mann ist eine echte Bereicherung, spielt nicht nur geil, sondern macht auch gut Alarm auf der Bühne. Bei „Sad Man's Tongue", das von Johnny Cashs „Ring Of Fire" eingeleitet wird, rasten die Leute zum ersten Mal völlig aus. „16 Dollars", „Evelyn" und natürlich "Radio Girl" halten die Stimmung auf dem Siedepunkt. Trotzdem habe ich mich entschieden, jetzt zur Sweden Stage zu gehen, da dort ARCH ENEMY mit der neuen Sängerin Alissa White-Gluz auftreten.

Setlist Volbeat: Doc Holliday, Hallelujah Goat, Boa (JDM), Lola Montez, Sad Man's Tongue (Intro Ring Of Fire), Heaven Nor Hell, A Warrior's Call, 16 Dollars, Dead But Rising, Fallen, (Medley: A Broken Man And The Dawn, Mary Ann's Place, Rebel Monster, Making Believe), Evelyn, Radio Girl, Cape Of Our Hero, Maybellene I Hofteholder, Still Counting, Encore: Pool Of Booze, Booze, Booza, The Hangman's Bodycount, Guitar Gangsters & Cadillac Blood , The Mirror And The Ripper

Die letzte Band im diesjährigen Billing des Sweden Rock Festivals sind ARCH ENEMY. Und um es vorweg zu nehmen, die Band ist eine Offenbarung. Mit Angela Gossow waren die Multikulti-Death-Metaller schon klasse, aber Alissa hat der Band ganz offensichtlich noch einmal einen Kick verpasst. Es ist fast schon unglaublich, was die zierliche Frau für eine Energie an den Tag legt und was sie dabei noch für Töne herausbekommt. Und wenn ich aus dem Fotograben nach hinten blicke, müssen sehr viele Fans von der Festival Stage hierher getapert sein, der Platz vor der Bühne ist zum Bersten gefüllt.

„Ravenous", bei dem Alissa noch mit Mikroproblemen zu kämpfen hat, haut mich trotzdem mit seiner Aggressivität um, „Bloodstained Cross" sorgt durch die Tempiwechsel und der genialen Melodie für Gänsehaut. Auch der neue Song „War Eternal" kommt live absolut mächtig und passt sich nahtlos in die Reihe der brillianten Melodic Death Metal Songs der Band ein. Alissa, die sich die Haare in den schwedischen Landesfarben gefärbt hat, wird nicht müde zu bangen und von links nach rechts die Bühne zu beackern. Die junge Frau hat eine wahnsinnige Bühnenpräsenz. Die geborene Frontsau eben.

Das Meisterwerk „No Gods, No Masters" und „Nemesis" sorgen weiter dafür, dass die Fans nach vier Tagen Festival noch einmal alles aus sich herausholen. Wer nach dieser Show keine Nackenschmerzen hat, ist selbst Schuld. Auch die Gitarristen Michael Amott und Nick Cordle posen vom Feinsten, und wenn der Bär am Bass Sharlee D'Angela zum Bangen an den Bühnenrand kommt, wird es dunkel im Fotograben. Für mich gehört die Band in dieser Form mindestens auf die Rock Stage. Hut ab, ARCH ENEMY. Besser kann ein Festival nicht zu Ende gehen.


Fazit: Das SWEDEN ROCK FSTIVAL war erneut das, was man seit Jahren kennt: ein entspanntes, perfekt organisiertes und musikalisch extrem ausgeglichenes Festival. Die Security ist bestimmt, aber immer freundlich und hilfsbereit. Auch mit den Polizisten, die immer mal in Pärchen über das Gelände patrouillieren, kann man ohne Probleme Späßchen machen. Neu war in diesem Jahr so eine Art Seelsorger-Truppe (ich nenne sie mal so), die sich um die Fans kümmerte, die in welcher Form auch immer Hilfe und Unterstützung brauchten.

Dass an einem Tag mal die Toilettenwagen gesperrt werden mussten, lag an einer gebrochenen Hauptwasserleitung, die nicht nur das Festivalgelände, sondern auch die Orte Norje und Sölvesborg betraf. Aber es wurden in ziemlich kurzer Zeit zusätzliche Dixieklos aufgestellt, um die wasserlose Zeit zu überbrücken. Auch hier muss man den Organisatoren ein Kompliment aussprechen, dass aus der kleinen Krise kein Chaos wurde. Und last but not least haben auch die unglaublichen Fans aus aller Herren Länder dafür gesorgt, dass das Sweden Rock 2014 zu einer großen, lauten und friedlichen Viertagesparty wurde. Ich freue mich schon jetzt auf 2015!

(c) all pictures by Dirk Götze

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