Geschrieben von Dirk Mittwoch, 20 Dezember 2006 08:33
Iron Maiden, Trivium & Lauren Harris - Dublin / The Point Theater
20.12.06. - Das Point Theatre liegt in der Nähe des Dubliner Hafens, direkt am River Liffey, und ist tatsächlich aus einer alten Lagerhalle entstanden. Allerdings haben die Architekten hier einen super Job gemacht. Denn nicht nur von der Optik ist dieses Venue ein Schmuckkästchen, sondern auch von der Akustik haben die Dubliner hier ein Meisterwerk hingelegt.
Mit einem Fassungsvermögen zwischen 8.000 und 9.000 Menschen, je nach Veranstaltung, liegt es ungefähr im dem Bereich, was bei uns auch die meisten Hallen können. Nur würden IRON MAIDEN hier nicht mehr in so „kleinen“ Hallen spielen. Warum sie in Dublin nicht ins größere RDS umgezogen sind, wissen sie wahrscheinlich nur selber. Vielleicht hat sich die Qualität vom „The Point“ bereits herumgesprochen.
Für uns als Mitteleuropäer durchaus erwähnenswert ist die Tatsache, dass bei Konzertveranstaltungen in Irland ein absolutes Rauchverbot herrscht. Wer dampfen will, muss bangen, oder vor die Türe gehen. Genauso sieht es mit dem Bier aus. In der Vorhalle ok, im eigentlichen Veranstaltungsgewölbe strikt verboten. Und ich habe nicht Einen gesehen, der versucht hat, sich über diese Gesetze hinwegzusetzen. Lustig fand ich auch die Bandansage während der Umbaupausen, in denen auf eben diese Gesetze hingewiesen wurde, eine Verhaltensanweisung für Notfälle heruntergebetet wurde, und….: Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Moshpits gesundheitsgefährdend sein können, und bei zu heftigem Gemoshe die Security die Anweisung hat, einzuschreiten, um die Protagonisten vor weiterem Schaden zu schützen. Ich stelle mir das alles jetzt mal in einer deutschen Halle vor. Unvorstellbar eigentlich.
An diesem Abend schien die Halle kurz vor dem Bersten gewesen zu sein, und da die kleine „Harris“ (bekanntermaßen ja die Tochter von Maiden Mastermind Steve) leider um Punkt 19:00 mit ihrer Show anfangen musste, zu diesem Zeitpunkt aber gerade erst die Tore der Halle geöffnet wurden, dürften die meisten Fans diesen Auftritt allerhöchstens akustisch verfolgt haben, wenn sie denn das Glück hatten, schon im Türbereich zu stehen. Ich gehörte leider nicht dazu, und so beginnt mein Bericht eigentlich erst bei TRIVIUM.
Hier ging es mir im Vorfeld wie Thorsten, der ja vom Gig in Stuttgart berichtet hat. Der Hype um TRIVIUM war mir eigentlich schon viel zu groß, um die Band irgendwie ernst zu nehmen. Auch die Songs, die ich vorher gehört habe, waren für mich nicht unbedingt von dieser Einzigartigkeit geprägt, wie die einschlägigen Printmedien das im hohen Maße verkaufen wollten.
Live muss ich meine Meinung allerdings revidieren. Und zwar erheblich. Denn was TRIVIUM an diesem Abend auf der Bühne abzogen, war mehr als beachtlich. Die Songs zündeten ohne Ende, und das Dubliner Publikum benahm sich wie eine Meute ausgehungerter Raubtiere. So eine Reaktion habe ich wirklich in Deutschland lange nicht mehr gesehen. Da wurde gebangt bis in die letzten Reihen, sogar auf den Balkonen kreisten die Matten, bei den Refrains gingen wirklich fast alle Hände nach oben, und die Texte wurden so laut mitgegröhlt, das es eine wahre Freude war. Auch der optische Vergleich zu METALLICA in jungen Jahren trifft den Nagel auf den Kopf. Trotz ihres jugendlichen Alters sind Matthew K. Heafy, Corey Beaulieu und Paolo Gregoletto in der vordersten Reihe extrem gut aufeinander eingespielt, laufend in Bewegung und bangen, was das Zeug hält.
Vor allem Sänger Matthew macht einen mehr als abgeklärten Eindruck und hat die begeisterte Masse stets im Griff und voll auf seiner Seite. Man muss aber bemerken, dass es ihm das Publikum auch äußerst leicht macht.
Für mich waren die Highlights „Like Light To The Flies“, „To The Rats” und “Anthem (We Are The Fire)”, zumindest haben diese Songs einen so bleibenden Eindruck hinterlassen, dass ich mir den Backkatalog der Band wohl doch mal genauer zu Gemüte führen werde. Leider war nach ca. 40 Minuten schon Schluss. Trotzdem großartige Show von den jungen Amis.
Im April werden TRIVIUM noch mal zwei Abende als Headliner in Dublin auftreten, dann allerdings im Ambassador, und ich mache mir keine Sorgen, dass dieses Venue ebenfalls aus allen Nähten platzen wird.
Nach einer erfreulich kurzen Umbaupause kam genau wie in Stuttgart „Doctor, Doctor“ als Intro vom Band. Und als der Vorhang fiel und IRON MAIDEN loslegte, steigerte sich die Stimmung in der Halle nochmals um einige Grade, und spätestens jetzt bekam ich es dann fast etwas mit der Angst zu tun.
Unglaublich, was für einen Enthusiasmus die Dubliner Metalheads an den Tag legten. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, dass es das erste Metalkonzert seit Jahrzehnten in der Stadt war. Was mir auffiel war, dass nach dem ersten Song der Mikrogalgen, der vor Adrian Smith stand, von einem Roadie noch unten gebogen wurde, und von diesem Zeitpunkt an Steve Harris alle Backing Vocals übernahm. Ziemlich ungewöhnlich für IRON MAIDEN, und ich kann mir das eigentlich nur mit krankheitsbedingten, stimmlichen Problemen seitens Adrian Smith erklären. Aber da Steve Harris sonst auch ohne Mikro fast jeden Song mitsingt, dürfte das für ihn nicht sonderlich schwer gewesen sein. Die Setlist war identisch mit der von den deutschen Gastspielen, allerdings wurden in Dublin die neuen Songs von allen Fans gnadenlos abgefeiert.
Textsicher bis zum geht-nicht-mehr und bewegungsfreudiger als mancher Bundesligaspieler, ging eine Welle nach der anderen durch den Pulk. Bei den Breaks, und davon gibt es ja mehr als genug bei den neuen Songs, konnte man im Publikum nur eine sich ständig hebende und senkende Masse erkennen. Das hat mich mehr als beeindruckt, und ich bin während dieses Konzertes zu dem Schluss gekommen, dass im Vergleich dazu das deutsche Publikum im Laufe der Jahre doch ziemlich faul geworden ist.
Live gefallen mir die Songs von „A Matter Of Live And Death“ wesentlich besser als auf der CD, vor allem weil sie hier im amtlichen IRON MAIDEN Sound dargeboten wurden. Und die Songs, die auf CD doch relativ blass rüberkamen, knallten einen hier förmlich weg. Egal ob „Different World“, „Out Of The Shadows“, das mehr als geniale und zu meinem Lieblingstrack mutierte „These Colours Don’t Run“ oder „Lord Of The Light“, die Songs kamen an.
Und was in Stuttgart wohl eher für Verwunderung gesorgt hat, schien die Dubliner rein gar nicht zu stören, denn die Stimmung war auf einem durchgehend atemberaubenden Level. Man hatte wirklich kaum Zeit zum Luft holen. Egal ob alt oder jung, Männlein oder Weiblein, IRON MAIDEN wurden in Grund und Boden abgefeiert.
Eddies Einlagen, hier passend zum Cover im Panzer, der sich hinter dem Drumriser erhob, sorgen allerdings nicht nur in Irland für Begeisterung. Und nochmals im Gegensatz zu Stuttgart, der Panzer hat hier tatsächlich einige Schüsse abgefeuert. Bei der Bühnendeko verzichtete man jedoch auf die in den Stacheldrähten hängenden Soldaten-Dummies.
Das, was sich bis hier abspielte, konnte unmöglich steigerungsfähig sein. Habe ich gedacht. Womit ich aber gründlich daneben lag. Denn als die ersten Töne von „Fear Of The Dark“ angestimmt wurden, dem ersten Track, der nicht vom aktuellen Album war, brach im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los.
Spätestens jetzt habe ich mich geärgert, dass diese Show nicht aufgezeichnet wurde. Mir fehlen wirklich die Worte, um das auch nur annähernd realistisch wiederzugeben. Aber ich denke, jeder, der auf einem Metal Konzert die Musik kaum noch hören kann, weil die Fans so derart laut mitsingen, weiß, was ich meine. Wem da kein Schauer über den Rücken läuft, ist es selber Schuld. Bei „Iron Maiden“ ging die beeindruckende Show vor und auf der Bühne ohne Abstriche weiter, und man konnte selbst einem erfahrenen Frontman wie Bruce Dickinson anmerken, dass er von der Reaktion mehr als überwältigt war. Die Flagscheinwerfer, die rechts und links auf der Bühne postiert waren, nutzte er immer wieder, um das komplette „The Point“ bis in die letzte Ecke auszuleuchten. Was er sah, waren nur fliegende Arme und Matten.
Danach war leider erstmal Ende mit der regulären Show, doch natürlich kamen sie noch mal auf die Bühne, gefordert von den typischen Fußballstadiongesängen, für die die Fans von den Inseln ja bekannt sind. Leider beließen es IRON MAIDEN auch hier im Zugabenteil bei nur drei Songs, nämlich „Two Minutes To Midnight“, „The Evil That Men Do“ und „Hallowed Be Thy Name“.
Spaß hatten die Band und die Fans dann noch, als ein Roadie ein Tablett mit fünf Pint Guiness auf die Bühne brachte. Vom Publikum frenetisch angefeuert, schaffte es aber nur Bruce, den Humpen in einem Zug zu leeren, um sich danach vor Ekel zu schütteln, als wäre es ein Kölsch gewesen.
Mit dem Versprechen, im nächsten Jahr noch mal nach Irland zu kommen, verließ die Band die Bühne. Und selbst als das Hallenlicht anging, blieb ein Großteil der Fans auf seinen Plätzen und stimmte immer wieder „Fear Of The Dark“ an, das ich noch hörte, als ich mich durch den Ausgang schob. Das war mein erstes Konzert in Dublin, aber ich hoffe sehr, dass es nicht mein letztes war.
Ich kann wirklich jedem nur empfehlen, sich das einmal anzutun. Vielleicht in Verbindung mit einem Urlaub? Denn genau so, wie die Iren einem auch auf der Straße und im normalen Leben begegnen, so feiern sie auch. Offen, freundlich und voller Leidenschaft. Ob die Atmosphäre und Begeisterung immer so überkocht, kann ich nicht beurteilen, aber das war schon mehr als ein Erlebnis und mit Abstand der beste IRON MAIDEN-Gig, den ich bisher gesehen habe. Und um ehrlich zu sein, der ein oder andere Klassiker mehr wäre schön gewesen, aber richtig vermisst habe ich sie während des Konzertes eigentlich nicht.
Nette Story am Rande: Am nächsten Tag habe ich Gitarrist Jannick Gers auf der Grafton Street, einer der Haupteinkaufsmeilen in Dublin, getroffen und ein paar Sätze mit ihm gewechselt. Ich konnte feststellen, dass es sich bei ihm um einen äußerst netten und sympathischen Zeitgenossen handelt. Immer wieder schön zu sehen, dass es Musiker gibt, die trotz des großen Erfolges auf dem Teppich bleiben.
Setlist IRON MAIDEN:
Different World
These Colours Don’t Run
Brighter Than A Thousand Suns
The Pilgrim
The Longest Day
Out Of The Shadows
The Reincarnation Of Benjamin Breeg
For The Greater Good Of God
Lord Of Light
The Legacy
Fear Of The Dark
Iron Maiden
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Two Minutes To Midnight
The Evil That Men Do
Hallowed Be Thy Name
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Dirk
Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues
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