Groß war die Vorfreude, als ich mich am 13. Februar auf den Weg nach Leipzig machte, um dort mal wieder einem Konzert beizuwohnen. Die Vorfreude bestand natürlich zum einen darin, alte Freunde und auch die Lokalitäten der Karli mal wiederzusehen – aber vorwiegend bestand sie darin, Alexander Hagman und seinen Mannen von RAISED FIST mal wieder bei der Abendgymnastik zuschauen zu können. Ich sah sie zwar erst im letzten Sommer auf den Punk Rock Holiday, allerdings sind meine Erinnerungen an diesen Auftritt doch eher schwammiger Natur und von dem gemeinen Festivalnebel belegt.
Also schnell die Buspantoffeln eingepackt und auf in den Sächsischen Freistaat! Dort angekommen, sollte ich mich bereits das erste Mal wundern, denn ein Versicherungsblick bezüglich des Austragungsdatums eröffnete mir, dass der Austragungsort nicht etwa das Werk 2, die Bastille oder das Conne Island ist, sondern der Felsenkeller. Felsenkeller? Na ja gut, immer mal was Neues, und nachdem ich in der örtlichen Touristeninformation die Info erhielt, dass es sich bei dem Felsenkeller um einen frisch renovierten neobarocken Ballsaal aus dem 19.Jahrhundert handelt, in dem schon Herr Thälmann, Herr Liebknecht oder auch Frau Luxemburg ihre Reden geschwungen hatten, wich meine Vorliebe für gewohnten Abläufe meiner Neugierde.
Nach ein paar Kaltgetränken in der befreundeten Herberge ging es dann in Richtung Plagwitz/Lindenau und nach gefühlten zehn Kilometern Fußmarsch sah man auch schon die üblichen Verdächtigen vor einem seltsam anmutenden Gebäude rumlungern. Also schnell das Fußpils geleert und nichts wie rein – man will ja schließlich nichts verpassen. Doch bereits die Blicke der Ticketkontrolleure eröffneten mir, dass es noch nichts zu verpassen gab und auch an der Garderobe hing höchstens die ein oder andere Webspinne. Im Saal selber sah es leider auch nicht viel besser aus, denn in dem 900m2 großen Raum waren lediglich ein paar versprengte Grüppchen auszumachen. Doch die Größe ... imposant! Selten wohnte ich einem Konzert in solcher Atmosphäre bei. Kein altes Fabrikgebäude oder ein ranziger Keller. Nein, es war, als würde ich in der übergroßen Aula des Mommsen-Gymnasiums stehen. Stiftparkett und Kronleuchter inklusive.
Nach und nach fanden sich noch ein paar weitere Individuen ein, um den beiden Vorkapellen zu lauschen: Die Düsseldorfer HC-Newcomer ATOA sowie ihre Genrenachbarn von DEVIL IN ME, welche beide leider nicht wirklich gegen den miserablen Sound und die fehlende Stimmungsmeute ankamen. Sie gaben sich zwar sichtlich Mühe, die Stimmung wenigstens auf Zimmertemperatur zu bekommen, scheiterten damit allerdings.
Vielleicht kam darum ein findiger Soundmann auf die Idee, den Abend dann wenigstens durch Lautstärke unvergesslich zu machen. So löste der Schalldruckpegel wahrscheinlich nicht nur Rauchzeichen der Verstärker aus, sondern bei dem ein oder anderen auch eine leichte Herzrhythmusstörung. Nachdem die letzten Klänge von DEVIL IN ME und mein erster Tinnitus des Abends verklungen waren, kamen auch schon bald RAISED FIST auf die Bühne.
Hochmotiviert und vorgedehnt legten sie sogleich mit „Sound Of The Republic“ los, welcher übrigens zu den fünf Titeln gehörte, die ich erahnen konnte, denn leider konnte der Mischmann die gegebene Akustik nicht ändern. Somit blieb es leider bei den überlagerten und viel zu lauten Schallwellen.
Hinzu kam nun noch, dass sich anscheinend der Lichtmann dachte: „Wenn das Publikum schon taub den Saal verlassen muss, dann packe ich doch auch noch eine Prise blind mit drauf!“ Und so verewigten sich nicht nur Schallwellen in meinen Gehörknochen, sondern auch der eine oder andere Lichtkegel der Wackeleimer in meiner Retina.
Das Tongemisch und die nun mit ca. 200 Leuten gefüllte 1700er Halle hatten zur Folge, dass die Stimmung immer noch irgendwo zwischen Parkett und Bodenguss lag. Aber immerhin fühlten sich ein ein paar Personen von Hagmanns Cirque-du-Soleil reifen Choreografie angesteckt und hüpften zwischendurch mal kurz vom linken auf das rechte Bein.
Es erfasste mich schon fast Fremdscham, RAISED FIST so hilflos zu sehen, denn nach jedem durchgezogenen Song sammelte sich die Kapelle an Matte Modins Schießbude, um die weitere Strategie zu besprechen. Sie zogen hierbei auch wirklich alle Register, aber selbst Hagmans Muskelspiel konnte das Konzert nicht mehr retten. So war man fast erleichtert, als man das Konzert, nach den obligatorischen beiden Zugaben, halbblind und taub verlassen konnte.
Schlussendlich muss man sagen, dass es einfach nur schade war, denn alle Beteiligten waren stetig um Schadensbegrenzung bemüht und hatten sowas einfach nicht verdient. Zudem verließ ich wiedermals eine Veranstaltung mit dem Gedanken, dass es doch im Konzertkeller meines Vertrauens einfach am schönsten ist.
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