21.05.2007 - Die Vorfreude auf dieses Konzert von Y&T war ziemlich hoch, da ich die Band bereits zu ihren Glanzzeiten in den Achtzigern und Neunzigern sehr gemocht habe, und ich außerdem schon immer der Meinung war, dass Dave Meniketti zu den unterbewertetsten Sängern und Gitarristen der Szene gehört. Außerdem verfügt die Band über ein unglaubliches Repertoire an Klassikern, die ein Konzert immer wieder zu einem Erlebnis machen. Dieser Meinung waren außer mir noch grob geschätzte 500 bis 600 Gleichgesinnte, womit für einen würdigen Rahmen gesorgt war.
Bevor Dave Meniketti und Co. jedoch loslegten, enterten fast pünktlich um 20:05h die Karlsruher Glamrocker von PUSSY SISSTER die Bühne, und posten um die Wette, was das Zeug hielt. Ihre Vorbilder liegen ganz deutlich in der Los Angeles Glamrock Szene der Achtziger und Neunziger, was man nicht nur musikalisch, sondern auch optisch mit einem Grinsen im Gesicht feststellen konnte. Bassist Mr. Coma könnte von der Optik her als Enkel von Nikki Sixx durchgehen, und die modische Todsünde schlechthin, nämlich den Stiefelschaft ÜBER der Hose zu tragen, wurde von Sänger Alex Sex vorgeführt. Aber hey, wer sich Alex Sex nennt, der darf so was dann wahrscheinlich auch.
Von der modischen Seite mal abgesehen, spielten die Jungens gar kein schlechtes Brett, und wenn die Songs schneller waren, gingen sie ganz gut ab. Bei der Ballade zeigten sich aber bei Sänger Alex Sex leichte Unsicherheiten, den richtigen Ton zu treffen und dann auch noch zu halten, und so kam es, dass bei „On My Way“ nicht nur ich des Öfteren zusammen zuckte.
Bei den Rockern wie zum Beispiel „Vampires Of Death“, „City Of Angels“ und „Over The Top“ kam dann auch richtig Spaß auf, und die Band erhielt nach ca. 35 Minuten ihren mehr oder weniger verdienten Beifall. Ich war mir nach ihrem Gig zumindest nicht ganz so sicher, ob ich mich jetzt freuen soll, dass es wieder eine junge Band gibt, die versucht diese Stilrichtung am Leben zu halten, oder ob ich dass Ganze eher als Parodie sehen sollte. Zu welchem Ergebnis ich auch immer kommen werde, sie haben gerockt, hatten Spaß und ein Großteil im Publikum auch, und somit war’s ok. Wie sagt unser Ex-Torwart-Titan Olli Kahn immer so treffend: Mund abwischen und sich auf Y&T freuen.
Nach einer mächtig langen Umbaupause von über 50 Minuten ging um 21:30h das Hallenlicht aus und ca.1200 Hände nach oben, um Y&T in Bochum Willkommen zu heißen. Die legten sofort mit einem genialen „Open Fire“ los, und schon nach ein paar Tönen war klar, dass dieser Abend etwas ganz Besonderes werden sollte.
Und was sich in den nächsten knapp 90 Minuten abspielte, ist wirklich schwer in Worte zu fassen. Auf der Bühne standen nicht vier Musiker, die zusammen Songs spielten. Auf der Bühne stand ein achtbeiniges und achtarmiges Monster namens Y&T, das sich anschickte, die Matrix mit seinem bluesdurchzogenen Hard Rock in Schutt und Asche zu legen.
Dave Meniketti (guitar & lead vocals), Mike Vanderhule (drum), John Nymann (guitar) und Phil Kennemore (bass) sind auf der Bühne eine Einheit, die sich unglaublich eingespielt und spielfreudig präsentierte, dass man wirklich kaum von Einzelindividuen reden kann. Besonders Dave hatte einen wirklichen Sahnetag erwischt, denn obwohl ich Y&T schon mehrmals live gesehen habe, war er noch nie so gut wie an diesem Abend.
Mit dem Stampfer „Hard Times“ ging es ohne lange Unterbrechung weiter, wobei hier auch direkt der Mann am Mischpult lobend erwähnt werden sollte, denn der Sound hätte für meine Ohren kaum besser sein können. „Don’t Stop“ und „Dirty Girl“ folgten, und während und nach den Songs wurde die Band lautstark abgefeiert, und immer wieder der Bandname skandiert. Die mehr als gute Stimmung, die auf der Bühne herrschte, hatte ziemlich schnell auch das Publikum erfasst. Und angetrieben von der tollen Atmosphäre hängten sich Y&T noch mehr rein, was die Tatsache mal wieder belegt, dass ein geiles Konzert aus Nehmen und Geben besteht, und nur dann zu etwas Außergewöhnlichem mutieren kann, wenn alle Faktoren passen. Dies war definitiv so ein Abend.
Ein saustarkes „Don’t Be Afraid Of The Dark“, gefolgt von einem nicht weniger beeindruckendem „Mean Streak“ ließen in der Matrix jetzt auch die ersten Matten kreisen. Wo man auch hin sah, man sah nur strahlende Gesichter. So einfach kann man einen Metal und Hard Rock Fan glücklich machen. Dass Dave Meniketti ein wirklich herausragender Gitarrist ist, zeigte er bei fast jedem Solo, wobei seine Grimassen, für die er ja bekannt ist, immer wieder deutlich zeigten, dass er nicht nur seine Songs runterleiert, sondern sie auch irgendwie fühlt. Spaß pur.
„Masters And Slaves“, „This Time“ und “Hurricane” rockten die Matrix einfach nur nach vorne, und langsam wurde die Sache nicht nur für die Band zu einer äußerst schweißtreibenden Angelegenheit. „Barroom Boogie“ ist einfach immer wieder ein Erlebnis, und einer meiner absoluten Faves von Y&T. Alleine schon deswegen ist der Song außergewöhnlich, weil Dave außer dem Solo die Gitarre gar nicht anfasst, sondern nur singt, bzw. spricht.
„Midnight In Tokyo“. Hammer. Gänsehaut, Sprachlosigkeit und die Freude, diese Band noch mal in so bestechender Form zu sehen, wechselten sich sekündlich ab. Nach „Eyes Of A Stranger“ folgte ein von den Fans lautstark mitgesungenes „Rescue Me“, bevor Bassist Phil Kennemore seinen Auftritt bei „Squeeze“ bekam, bei dem er die Leadvocals sang, nicht ohne sich vorher den Spaß zu geben, den Mikroständer auf Männergröße hoch zu drehen. Kleiner Seitenhieb in Richtung Dave, der ja, zumindest von der Körpergröße her gesehen, nicht gerade zu den Riesen zählt.
Seinen Kurzzeitjob als Leadsänger brachte er dann auch standesgemäß routiniert hinter sich, wobei zu bemerken ist, dass alle vier Musiker im Verlauf des Gigs die Gelegenheit hatten, sich mal durch Soloeinlagen im Vordergrund zu präsentieren. Auch das zeugt von einem mehr als guten Klima innerhalb der Band.
Das megageile Instrumentalstück „I’ll Cry For You“, bei dem sich Dave an der Gitarre selbst übertraf, gefolgt von dem genialen „I Believe In You“ beendeten leider, leider, leider schon den normalen Teil der Show. Logisch, dass niemand die Matrix verließ und die Band minutenlang gefeiert wurde, bis sie schließlich noch einmal auf die Bühne kam. Die Wahl, welchen Song sie spielen sollten, überließ Dave den Fans, und gab ihnen „Black Tiger“ und „Forever“ zur Auswahl. Die Reaktionen waren eindeutig, und so gaben sie mit „Forever“ sich und dem Publikum den ultimativen Rest. Dass es in der Matrix mittlerweile von der Decke tropfte, schien keinen zu stören und war eher der Beweis für eine energiegeladene Show einer Band, die das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute in ihren Bann zog.
Ganz großes Kino, und meiner Meinung nach hätte dieses Konzert eher eine ausverkaufte Westfalen Halle verdient als die kleine Matrix. Y&T stehen 2007 immer noch für Power, Energie und bluesgetränkten Hard Rock, und diese Show könnten sich viele junge Bands mal als Anschauungsunterricht unter dem Motto „So wird’s gemacht“ reinziehen. Meine absolute Hochachtung vor dieser Leistung.
Setlist Y&T:
Open Fire
Hard Times
Don’t Stop
Dirty Girl
Don’t Be Afraid Of The Dark
Mean Streak
Masters And Slaves
This Time
Hurricane
Barroom Boogie
Midnight In Tokyo
Eyes Of A Stranger
Rescue Me
Squeeze
I’ll Cry For You (instrumental)
I Believe In You
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Forever
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Dirk
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