Geschrieben von Donnerstag, 24 Januar 2008 09:39

Glyder - Dublin / The Sugar Club


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18.01.2008 Dublin / The Sugar Club

Die irischen Hard Rocker GLYDER hatten zum Release-Gig ihres aktuellen Albums „Playground For Live“ in den The Sugar Club nach Dublin geladen. Nachdem die Scheibe im restlichen Europa sowie in Japan bereits seit Ende November in den Läden steht, wird sie im U.K. und in Irland erst im Februar erscheinen. 
Pünktlich um 19:30h lief ich also im „The Sugar Club“ in der Leeson Street ein, wo mir auch bald darauf ein sehr angespannt wirkender Bat Kinane, seines Zeichens Gitarrist der Band, über den Weg lief. Für GLYDER war dieser Abend äußerst wichtig, da man zwar im Rest Europas richtig gute Kritiken einfahren konnte, im eigenen Land aber noch nicht so wirklich zur Kenntnis genommen wird. Daher konnte ich die Nervosität des sympathischen Musikers durchaus nachvollziehen. 
Der „Sugar Club“ ist ein ca. 250 Menschen fassendes, sehr gediegenes Venue, das eigentlich eher an ein altes Kino oder Theater erinnert, als an einen Club für Rock-Gigs. Der Eindruck wurde noch verstärkt, da der mit Teppich ausgelegte und mit schweren Holzpanälen ausgestattete Publikumsraum ähnlich einem Amphitheater schräg nach oben ging, und zusätzlich in den ersten 10 Reihen Tische mit gemütlichen Sitzgelegenheiten platziert waren. 

Im Publikumsraum wurde ich direkt von Darstellern in Empfang genommen, die sich wie die Figuren auf dem Albumcover der aktuellen Scheibe „Playground For Life“ kostümiert hatten und jedem Gast als Willkommens-Präsent eine Gratis Kopie der CD überreichten. (Da gab's zum Beispiel einen Gangster aus der Capone-Zeit, einen Teufel und drei Puppet Queens, wobei sich erst später herausstellte, dass es sich hier um die Freundinnen von Bat, Pete und Tony und bei dem Gangster um den begnadeten irischen Blues Gitarristen Eamonn McCormack handelte.) Sehr schöne Idee, die nochmals unterstrich, wie ernst die Jungens es heute Abend meinten. Neben Freunden, den Familien und Vertretern der Presse, waren natürlich auch jede Menge Hard Rock Fans anwesend, die für mächtig Stimmung sorgten, als das Licht gegen 20:30h runter gefahren wurde und ihre Landsleute die Bühne enterten. Unter diesen Fans befand sich auch Philomena Lynott, die Mutter des verstorbenen THIN LIZZY Chefs Phil Lynott, die ein bekennender GLYDER Fan ist und die Band unterstützt, wo sie nur kann. Hinter der Band war als Backdrop eine riesige Leinwand installiert, auf der während der ganzen Show Bilder der Musiker eingespielt wurden. 

Besser als mit „Gamblers Blues“ kann man ein Album, und somit auch einen Live Gig, kaum beginnen, und die Band wurde von den Anwesenden von der ersten Sekunde an frenetisch gefeiert. Ohne Unterbrechung und mit einem unglaublich brillanten und druckvollen Sound ging der Song in „Sweets“ über, das sich ebenfalls als Live-Granate erwies. 
Ausgerechnet bei „Puppet Queen“, meinem Lieblingssong, knallte bei Gitarrist Bat Kinanes Marshall eine Sicherung durch, und das war genau das, was ich dem sowieso schon angespannten Gitarristen am allerwenigsten gewünscht hätte. Während der Rest der Band den Song als Trio souverän zu Ende improvisierte, versuchte Bat die Ursache für den Kurzschluss zu finden. Da er nicht sofort fündig wurde, gab es eine kurze Unterbrechung der Show, die professionell mit einer Verlosung, die eigentlich erst nach dem Gig geplant war, überbrückt wurde, bei der zum Beispiel ein Ölgemälde des Album Covers, der komplette Backkatalog der Band (zugegebener Weise noch nicht so umfangreich, dafür aber mit allen Japan-Pressungen und der allerersten Demo und der DVD ausgestattet), sowie einige Shirts mit Bandlogo unter die Fans gebracht wurden. 

Nach wenigen Minuten kündigte Sänger und Bassist Tony Cullen mit den Worten „The Bat-man is back in the business“ und einem erleichterten Grinsen im Gesicht an, dass der Fehler gefunden und beseitigt wurde. Die Schweißperlen auf Bats Stirn konnte man aber wahrscheinlich bis in die letzte Reihe sehen, und er musste ein paar Mal kräftig durchschnaufen, bevor mit einem genialen „Playground For Life“ die Show fortgesetzt werden konnte. 
Den Fans hat die kurze Pause offensichtlich nichts ausgemacht, denn die Stimmung knüpfte genau dort an, wo sie vorher zwangsweise unterbrochen worden war. Und bei GLYDER hatte ich den Eindruck, dass sich ein „Jetzt erst Recht“ Effekt breit machte. Die Ballade „For Your Skin“ gab der Band dann endgültig die Chance, sich von dem Schreck zu erholen, und mit dem eingängigen Rocker  „Walking My Own Ground“ fingen sie langsam aber sicher an, sich in einen kleinen Rausch zu spielen. 

Spätestens jetzt wurde klar, dass hier heute Abend aber rein gar nichts mehr anbrennen würde, denn Tony, Pete, Davy und Bat zeigten sich voll unglaublicher Spiellaune und legten von Song zu Song immer mehr ihre Nervosität ab. „Dark Meets Light“ könnte einen bei geschlossen Augen fast vermuten lassen, dass THIN LIZZY wieder auf der Bühne stehen würden. Hier wurden die Wurzeln der Band mehr als deutlich, und ein kurzer Blick hinüber zu Philomena Lynott zeigte mir, dass ich wohl nicht als einziger so dachte, denn sie strahlte bei diesem Song über das ganze Gesicht. 
Das melancholische „Sleeping Gun“ zeigte GLYDER dann von ihrer nachdenklichen Seite, was bereits auf dem Album deutlich machte, dass die Band vom selbstbetitelten Debüt bis zu „Playground For Life“ unglaublich gereift ist und einen riesen Schritt nach vorne gemacht hat, vor allem auch, was der Umgang mit den Lyrics angeht. 
Äußerst basslastig ging es dann mit „Over And Over“ weiter, und dabei sorgte der treibende Beat dafür, dass jetzt niemand mehr auf seinem Hintern saß. Standing Ovations bereits vor dem letzten offiziellen Track „The Merrygoround“, mit dem GLYDER ihr Launch Party beendeten. 
Unter lauten „GLYDER, GLYDER“ Rufen verließen die Vier sichtlich zufrieden die Bühne, um nach wenigen Minuten mit einem fulminanten „Stargazer“, „Pretty Useless People“ und „The Color Of Money“, alles Tracks vom Debüt Album, sich und den feiernden Fans den Rest zu geben. 

Unglaublich eigentlich, dass der Gig sich nach dem Technikpatzer mit Bats Amp noch so entwickelt hat, denn ich weiß aus dem Gespräch mit Bat vor der Show, wie sehr sich die Jungens selber unter Druck gesetzt haben. Daher war es umso beeindruckender, wie souverän sie die Situation im Endeffekt gemeistert haben. 
Mein anschließendes, kurzes Gespräch mit Philomena Lynott über ihr Buch „My Boy“, GLYDER und Phil setzte diesem Abend für mich dann definitiv die Krone auf. Diese Frau ist eine wirkliche Lady und unglaublich liebenswert und freundlich. Für jeden, der sie Ansprach, hatte sie ein nettes Wort übrig, und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Dabei darf man nicht vergessen, dass sie bereits weit über 70 Jahre alt ist. Und es war mehr als beeindruckend und auch schön zu sehen, was für einen großen Respekt diese Dame in der irischen Musikszene genießt. Dieses Gespräch werde ich mit absoluter Sicherheit so schnell nicht vergessen. 

Auch die ca. fünfminütige Rede, die Philomena anschließend hielt, hatte es in sich, denn nach den lobenden und euphorischen Worten für GLYDER folgten ein paar sehr eindringliche Worte in Sachen Drogen- und Alkoholkonsum, die sie mit den Worten: „Wer sollte es besser wissen als ich, ich habe dadurch meinen Phil verloren“ beendete. Gänsehaut und tobender Beifall. 
Der Abend war damit aber noch lange nicht zu Ende, denn logischerweise wurde die Band, die sich jetzt unters Publikum mischte, noch richtig gefeiert, und es entwickelten sich sehr, sehr interessante Gespräche mit den Musikern und den bestens gelaunten Fans, in deren Verlauf noch etliche Guinness ihr Leben lassen mussten. 

Setlist: 

Gamblers Blues 
Sweets 
Puppet Queen 
Playground For Life 
For Your Skin 
Walking My Own Ground 
Dark Meets Light 
Sleeping Gun 
Over And Over 
The Merrygoround 
--- 
Die Or Dance
Pretty Useless People (P.U.P.)
Stargazer 
Color Of Money 

(Für einige Bilder in der Galerie möchte ich mich bei Patrick O’Leary bedanken, der sie freundlicher Weise für BurnYourEars zur Verfügung gestellt hat). 


19.01.08 Ballyknockan’s Inn / Ballyknockan (Wicklow Mountains)

Da die Band im Sugar Club einige medientechnische Verpflichtung zu erfüllen hatte, blieb nicht wirklich viel Zeit, sich mit Bat, Tony, Pete und Davy intensiver zu unterhalten. Kurz bevor ich den Club verließ, fragte Bat noch, ob ich Lust hätte am nächsten Tag in den Heimatort der Band, Ballyknockan in den Wicklow Mountains, zu kommen, weil sie dort nur mit Freunden in ganz entspannter Atmosphäre in ihrem Stamm-Pub spielen und feiern würden. 
Logisch hatte ich Bock, und sein letzter Satz war: Sei um drei an der Central Bank in der Dame Street, und halte die Augen nach einem lila Bus auf. Den kannst du nicht übersehen. 
Und so stand ich also um drei Uhr Nachmittags an besagter Stelle und wartete auf den Bus, und hatte aufgrund des heftigen Verkehrs schon Panik, ich könnte ihn übersehen. Als er aber dann um die Ecke kam, musste ich feststellen, dass man dieses Gefährt wirklich niemals übersehen könnte, denn er war zwar Pink lackiert, aber auf seiner Seite stand in großen, lilafarbenen Buchstaben „Lilac Bus“. 
Die ca. einstündige Fahrt nach Ballyknockan, einem kleinen Ort in den Wicklow Mountains, direkt am Blessington Lake gelegen, erwies sich als ein echter Augenöffner, denn obwohl es wie aus Eimern regnete, zeigte sich hier eindrucksvoll die ganze Schönheit Irlands. Wenn tatsächlich ein Gott die Welt erschaffen hat, dann hat er sich hier aber wirklich mächtig ins Zeug gelegt. 

Gegen halb sechs erreichten wir Ballyknockan, die Stadt, die für ihren Granitabbau in ganz Irland bekannt ist, und hielten direkt vor dem Ballyknockan Inn, das sich als uriger, gemütlicher, enger und typisch irischer Rock und Metal Pub entpuppte. Die Jungens von GLYDER waren gerade in den letzten Zügen, ihr Equipment aufzubauen, und endlich hatte ich die Gelegenheit, mich mit allen Vieren in Ruhe bei einigen Pints Guinness zu unterhalten. 
Nach und nach trudelten jede Menge Gäste ein, bis der Pup richtig gut gefüllt war. Die Stimmung war ausgelassen und sehr fröhlich, und die Iren stellten heftigst unter Beweis, was für sie Feiern heißt. 
Neben GLYDER sollte heute Abend noch eine andere Band spielen, die sich mehr auf Coversongs spezialisiert hat, und sich BLOOD BROTHERS nannte. Warum es zu dem Namen kam, erklärte mir Bat auch sofort. Vier der fünf Metalheads waren Brüder, und zwar John, David, Kevin und Des McEvoy, die verstärkt wurden durch Sänger und Gitarrist Nummer 3, Marty Cummins. Später mehr dazu. Für mich war es aber sehr überraschend zu sehen, dass es in dem kleinen Ort Ballyknockan eine richtig große Metal und Rockszene zu geben scheint, denn jeder zweite der zur Tür rein kam, trug lange Haare und irgendein Instrument unter dem Arm. 

Und als GLYDER dann diesmal richtig entspannt um 20:15h mit ihrem Gig begannen, gab es in dem kleinen Pub kein Halten mehr. Die Lokalmatadoren räumten mördermäßig ab, bauten in ihre Setlist einige Coversongs und ältere Stücke ein und erstaunten mich mal wieder mit einem sauguten Sound. Es war das dritte mal, dass ich GLYDER in den verschiedensten Locations (Bochum Matrix / Sugar Club Dublin und jetzt im Ballyknockan Inn) live gesehen habe, und der Sound war jedes Mal allererste Sahne. 
„Gamblers Blues“ und „Sweets“ vom aktuellen Album machte wie am Abend davor den Anfang, gefolgt von einem frenetisch geforderten Drumsolo von Davy, der die Anfeuerungsrufe sichtlich genoss und sich ordentlich reinhängte. 
„Puppet Queen“, diesmal zum Glück mit beiden Gitarren, rockte so sehr ab, dass die ersten Mädels anfingen, auf den Tischen zu tanzen. Der Monsterrocker „Stargazer“ ließ die Stimmung noch mehr überkochen, und es spielten sich wirklich unbeschreibliche Szenen in dem kleinen Club ab. Ein Simon & Garfunkel Cover von „A Hazy Shade Of Winter“ folgte, und wurde laut mitgesungen, und während „Playground For Life“ und der Ballade „For Your Skin“ wurde an einer Seite des Clubs still und heimlich ein Hammer von Buffet aufgebaut. 

Nachdem die Show von GLYDER mit einigen neuen Songs und dem wieder einmal genialen „Color Of Money“ (fürs erste) zu Ende ging, wurde erst einmal eine Stärkung eingefahren. Bat kam immer wieder mit frischen Bieren um die Ecke und hatte selbst auch schon einige intus. Vor allem ihm war anzumerken, dass der ganze Druck des Abends zuvor jetzt endlich von ihm abfiel. 
Der Abend war aber noch lange nicht zu Ende, denn die BLODD BROTHERS (alle in GLYDER Shirts) spielten ein ebenso souveränes Brett und sorgten mit Songs von unter anderem den FOO FIGHTERS, THIN LIZZY, WHITESNAKE (hahaha) und PEARL JAM für eine ausgelassene Tanz-, Sing und Luftgitarrenorgie. Vor allem tat sich das Energiebündel Marty Cummins am Mikro hervor, der ganz heftig unter Strom stand und nicht eine Sekunde still stehen blieb, zum Teil seine Soli hinter oder auf der Bar absolvierte. Starke Vorstellung. 
Und irgendwie hörte es von da an gar nicht mehr auf. Ständig standen andere Musiker-Konstellationen auf der kleinen Bühne, die improvisierten und jammten, was das Zeug hielt. Für den Phil Lynott / Gary Moore Song „Parisienne Walkways“ (Gänsehaut wie immer, und nicht nur das) und „Black Rose“ von THIN LIZZY, kam der erst 17jährige Phil Edgar, der in einer THIN LIZZY Coverband namens TIZZ LIZZY spielt, mit GLYDER auf die Bühne. Und selbst GLYDER Sänger Tony, der eigentlich eher immer etwas reserviert wirkt, zeigte sein irisches Temperament und bangte, auf den Bartischen stehend, was das Zeug hielt. Und da das Guinness immer noch in Strömen lief, kann ich mich wirklich nicht mehr so richtig an alle Stücke erinnern, die im weiteren Verlauf dieses geilen Abends noch so gejammt wurden. Aber es waren noch etliche. 

Setlist GLYDER (zumindest die Songs, die ich noch auf dem Schirm habe): 

Gamblers Blues 
Sweets 
Drum Solo Davy 
Puppet Queen 
Stargazer 
Hazy Shades Of Winter  (Simon & Garfunkel Cover)
Shadow Play ( Rory Gallagher Cover)
Playground For Life 
For Your Skin 
Walking My Own Ground 
Merrygoround 
Pretty Useless People 
Color Of Money 
...

http://www.thesugarclub.com
http://www.glydermusic.com

Fotos (c) Dirk Götze /  BurnYourEars
Dirk

Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues

Bands: Thin Lizzy, Gary Moore, Dio, Savatage, Bloodbound, Y&T, Edguy, Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P.

Aktueller Dauerrotierer: Herman Frank - The Devil Rides Out