Geschrieben von Samstag, 23 Mai 2009 13:39

Alesana, Fall From Grace & Parachutes - Hamburg / Grünspan


alesana

Momentan geben sich die Post-Hardcore Bands in unserer schönen Hansestadt wirklich die Klinke in die Hand. Letzte Woche SILVERSTEIN - heute ALESANA. Erstaunlicherweise ziehen letztere heute deutlich mehr und auch deutlich jüngere Leute zum Span, womit ich wirklich nicht gerechnet hätte. Teilweise liegt das aber sicherlich an dem darauffolgenden Feiertag. Als ich um kurz vor 7 bei herrlichstem Sonnenschein beim Span für das geplante Interview eintreffe, ist fast die komplette Große Freiheit von Scharen kleiner Emos mit hochtoupierten Haaren, schwarzen engen Röhrenjeans oder Leggins und meist knalligen Neon T-Shirts bevölkert.



Mit etwas Verspätung nimmt mich der supernette Tourmanager von ALESANA in Empfang und erklärt mir, dass seine Schützlinge gerade die Reeperbahn erkunden und er sie erstmal zusammentrommeln muss. Die Fahrt von Köln nach Hamburg hat Ewigkeiten gedauert, da das für die meisten verlängerte Wochenende Megastaus verursacht hat - und daher sind die Jungs auch erst um 18 Uhr in Hamburg eingetroffen. Leider wurde dadurch die Interviewzeit auf nur 15 Minuten reduziert - einige interessante Dinge auch zum bevorstehenden neuen Album der Band aus North Carlolina habe ich aber trotzdem erfahren. Hierzu folgt dann später Genaueres.

Als ich also um kurz nach 8 das Span betrete, muss ich erstmal vorbei an einem riesigen Haufen Haarspray- und Deodosen, die die Securities den Teenies beim Einlass abgenommen haben, und kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Drinnen angekommen ist auch der Merchandise Stand aufgrund der Verzögerung durch den Stau noch immer nicht startklar, wodurch ich mich mit dem T-Shirt-Kauf bis nach der Show gedulden muss. Weiter geht es in den großen Saal des Spans, wo bereits jetzt eine bullige Hitze herrscht - allerdings ist die Halle doch nicht ganz so gut besucht, wie ich gedacht hatte und - wie auch bei SILVERSTEIN - bleibt der obere Rang sogar geschlossen und wird für das Catering und die Presseleute zur „VIP-Area" umfunktioniert.

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In Anbetracht des sehr jungen Publikums befürchte ich kreischartige Hysterieanfälle, wie bei TOKIO HOTEL - bleibe davon aber glücklicherweise weitestgehend verschont. Aufgrund des verspäteten Interviews habe ich leider die Show der Neunkirchener Screamo Jungs von PARACHUTES verpasst, und so startet für mich der Abend erst viertel nach 8 mit den Alternative Rockern FALL FROM GRACE aus Seattle.

Auf den ersten Blick fällt sofort auf, dass die Jungs eine ganze Ecke älter sind, als der heutige Hauptact ALESANA. Das hält die 4 aber absolut nicht davon ab, ordentlich loszurocken, permanent ihre Gitarren um die eigenen Körper zu wirbeln und auf Tuchfühlung mit dem Publikum zu gehen. Die Spielfreude der Seattler Jungs ist absolut zu spüren, und hinzu kommt ein toller Sound, bei dem vor allem das kräftige Organ von Sänger Tryg Littlefield und das dynamische Schlagzeugspiel von Drummer Kenny Bates hervorsticht. Insgesamt ist der Stil von FALL FROM GRACE ein wenig Old School Metal angehaucht, erinnert mich aber auch an neuere Bands wie THE SMASHUP. Das Lieblingswort von Sänger Tryg ist übrigens „Fuck", und er baut es wirklich in fast jede seiner Aussagen ein - sei es „How the fuck are you doing tonight", „Fuck, yeah" oder „Can you fucking scream!?".

Artig wird sich auch bei ALESANA bedankt, und auch die PARACHUTES werden desöfteren löblich erwähnt. Mit „Burned" verabschieden sich die Jungs nach einer halben Stunde und verteilen noch ein paar Wasserflaschen in der Menge. Sichtlich angetan von der positiven Reaktion der Hamburger schießt zu guter letzt Sänger Tryg dann noch ein paar Erinnerungsfotos von der Bühne aus.

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Etwa 20 Minuten später, um kurz nach 9, kommt als erstes Drummer Jeremy Bryan auf die Bühne und verursacht bei den Teenies erste Kreischanfälle, die sich aber auch jetzt noch in Grenzen halten. Etwas später folgt auch der Rest der Band und die Gitarristen grooven sich als Aufwärmübung mit FOO FIGHTERs „Everlong" ein. Ein paar Soundtechnische Problemchen scheint es zu geben, denn kurze Zeit später folgt mit AC/DC erstmal wieder nur Musik vom Band. 10 nach 9 ist es dann aber soweit, und ALESANA legen nach einem kleinen theatralischen Einspieler vom Band mit „Alchemy Sounded Good At The Time" gleich richtig los. Auch hier fliegen sofort die Gitarren, und Shouter Dennis Lee springt wie ein Derwisch von einer Seite der Bühne zur anderen und wechselt gekonnt zwischen gekeiften, gescreamten oder gegrunzten Vocals, während Mädchenschwarm Shawn Milke, der für den cleanen Gesang verantwortlich ist, gleich mitten im ersten Song seine Gitarre ablegt, um sich in den Graben zu seinen Fans zu begeben und gemeinsam mit ihnen zu singen.

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Die Menge ist auch erstaunlich textsicher - besonders beim 3. Song, der aktuellen Single „Seduction" gibt es kein Halten mehr - alle springen, reißen ihre mit lechtenden Neonarmbändern ausgestatteten Arme in die Höhe und feiern ihre Lieblinge ab. Die Show ist wahnsinnig mitreißend, und die Stimmung wird durch die Wall Of Death mitten im Song „This Is Ususally The Part Where People Scream" nochmals geschürt. Die Doublebassdrum geht durch und durch, und auch FALL FROM GRACE Sänger Tryg Littlefield darf die ohnehin schon 3 ALESANA Sänger bei diesem Song unterstützen.
Für das mittlerweile vor Schweiß triefende Publikum gibt's von der Band regelmäßige Duschen aus der Wasserflasche und auch ein Handtuch von Shawn, in welches er vorher netterweise noch reingeschnieft hat, was die Meute aber nicht davon abhält, sich um selbiges zu kloppen - schon etwas ekelig.

Wer glaubt, der Höhepunkt der Show der North Caroliner Jungs ist schon erreicht, hat sich geschnitten, denn mit jedem neuen Song setzen die Jungs noch einen drauf. Sei es die erste Single „Ambrosia" oder das Justin Timberlake Cover von „What Goes Around, Comes Around" oder auch „Endings Without Stories", währendessen Sänger Shane, der mit seinen pink umrandeten Augen an einen Vampir erinnert, in die Menge springt und sich am Ende auf die Absperrung stellt und zu den letzten Worten des Songs „as I slit your throat and I will slit your throat" sich sinnbildlicht mit einem Finger die Kehle aufschlitzt. Auch Drummer Jeremy sticht nicht nur durch seinen nackten Oberkörper hervor, sondern glänzt durch intensives Drumming und springt zwischenzeitlich immer wieder auf, um sich auch in die Show einzubringen. Vor der Pause gibt es dann noch das großartige „Congratulations, I Hate You", bei dem ALESANA nochmals die letzten Reserven vom Publikum abverlangen. Shawn verliert bei einem erneuten Gitarrenschleuderversuch dieselbige, was ihn aber absolut nicht aus dem Konzept bringt. Bis ihm ein Roadie die Gitarre wieder umlegt, singt er unverwüstlich weiter, und auch Dennis verausgabt sich wieder komplett. Als Zugabe gibt es dann leider nur noch das fantastische „Apology", welches allein schon durch den mit der Menge im Chor gesungenen Anfang bei mir eine absolute Gänsehaut hervorruft. Was für ein Konzert!

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Die Show hat mich wirklich umgehauen, und das trotz der vielen kreischenden Teenies, die aber während des Gigs absolut nicht genervt haben. Nach der Show wurde es dann aber kriminell. Die Band gab am Merchstand Autogramme und man fühlte sich wirklich an ein Boyband-Konzert erinnert. Besonders auf Shawn hatten es die Mädels abgesehen, und sobald sie ein Foto mit ihrem Liebling ergattert hatten, liefen sie kreischend in die Halle zurück - oftmals gleich in die Arme der Eltern, die ungeduldig auf sie warteten. Ansonsten kann ich jedem diese Band und besonders ihre Konzerte nur ans Herz legen, denn sie liefern eine absolut mitreißende Liveshow. Auch an den hysterischen Teenies sollte man sich nicht allzu sehr stören, so waren wir doch alle mal jung!

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Setlist:
Alchemy Sounded Good At The Time Sweetheart, You Are Sadly Mistaken Seduction This Is Ususally The Part Where People Scream Ambrosia What Goes Around, Comes Around The Uninvited Thirteen Endings Without Stories Congratulations, I Hate You ----------------------------------- Apology


Links: http://www.myspace.com/alesana http://www.myspace.com/fallfromgracemusic http://www.myspace.com/parachutesnk