Geschrieben von Samstag, 30 Dezember 2006 13:10

Vainstream Santa Claws Night 2006 – Essen / Weststadthalle



26.12.06 - Die besinnliche Ruhe war bei mir dieses Jahr spätestens am 2. Weihnachtstag vorbei. Gar nicht schlimm im Übrigen! Seit langer Zeit konnte man mal wieder alle Freunde und Bekannte zum fröhlichen Weihnachtsgemoshe mitnehmen. Veranstaltungsort war dieses Jahr für uns die Weststadthalle in Essen. Die zentral gelegene Halle wurde Ende 2002 frisch saniert und hat Platz für ca. 1200 Personen. Da haben wir den Salat. Meiner Meinung nach sind die Gigs in kleineren Locations immer noch die Besten, aber sei es drum – bei diesem Line-up; und es ist ja Weihnachten!


Als wir dann aber – der Einlass hatte offiziell seit über einer Stunde begonnen – eine halbe Stunde in der Kälte standen, weil jeder einzelne penibel durchsucht wurde, dämpfte dies schon im Vorfeld etwas die Stimmung. Das war mir persönlich bei vergleichbaren Veranstaltungen noch nie passiert. Nichts gegen Sicherheitsbestimmungen, aber dann kann man auch die anderen vier Türen öffnen und mehr als drei Ordner zu Kontrolle heranziehen! Erstmal drinnen, kam man auch vor 20 Uhr nicht wieder raus. Eine absolut zu lange Zeit – wie ich finde! Wer hat denn Lust, sein frisch erstandenes Merch drei Stunden herumzuschleppen, während er fröhlich sein Bier trinkt und der Musik lauscht?!
Wo wir dann auch beim Thema Bier wären: In der ziemlich verwinkelten Weststadthalle gab es zwei kleine Theken, von wo aus man die Bühne sehen konnte. In einem weiteren Raum, den ich leider erst später entdeckte (warum auch immer), gab es dann zum Glück noch eine große Theke. An den kleinen Theken gab es Pils für 2,50€. Dies schmeckte auch nach dem fünften Bier immer noch nach Spülmittel und hatte keinerlei Kohlensäure. Ich bin wirklich nicht penibel was Bier angeht, aber das Zeug ging gar nicht!! Gut, dass ich später noch die große Theke gefunden habe, aber dazu später mehr.

Etwas angesäuert von den Rahmbedingungen der Veranstaltung war die erste Band DEADLOCK, die wir zu sehen bekamen. Im Vorfeld hatten wir leider die Münsteraner MISERY SPEAKS verpasst, die mit ihrem melodischen Deathmetal immer für gute Laune sorgen. DEADLOCK haben es live echt drauf, davon konnte ich mich 2005 in Bochum schon mal überzeugen. Damals waren sie Vorband von BLEEDING THROUGH im Matrix. Leider muss ich sagen, war die Stimmung aber diesmal noch nicht wirklich groß, und die sympathischen Veganer mit ihrem Straight.Edge-Livestile hatten es schwer, das Publikum zu erreichen. Hinzu kam, dass der Sound für meinen Geschmack nicht gut abgemischt war, aber zum Sound in der Weststadthalle nachher auch noch mehr.

Ohne lange Verzögerung kamen als nächstes AS WE FIGHT aus Dänemark auf die Bühne. Man sah sie schon mit Größen wie HATESPHERE und NAPALM DEATH zusammen spielen, und im Gepäck hatten sie ihr frisch erschienenes zweites Album „Midnight Tornado“. Die beiden Shouter heizten das Publikum ganz schön an, und die Stimmung war auf und vor der Bühne recht gut. Mir hat hierbei sehr die Harmonie beider Shouter gefallen; auf der einen Seite der schmale und bunt angemalte Laurits für die hohen Screamo-Einlagen und auf der anderen Seite der stämmige Jason für die dunklen Growls und einige nette Grunzer.

Im Anschluss kam eine Band, die für mich nicht recht in das Gesamtbild des Line-ups passt: FIRE IN THE ATTIC. Ich habe mir sogar die Mühe gemacht, im Vorfeld etwas in das neue Album „I’ll Beat You, City!“ reinzuhören, aber die ganzen Clearsounds und das ganze Auftreten der Band gefällt mir nicht. Wenn ich sehe, dass sie als Vorband für u.a. BILLY TALENT, FINCH, HOT WATER MUSIC usw. fungierten, passt das einfach nicht in meine momentane Laune. Das ist aber Geschmackssache. Ich bin einfach Bier trinken gegangen, denn ziemlich genau da fand ich dann endlich auch den hinteren Raum mit der großen Theke und dem restlichen Merch, was ich vorne am Eingang vermisst hatte. Ich holte mir ein Bier und einen neuen Zipper – beides gefiel mir außerordentlich gut! Nicht so sehr allerdings die Tatsache, dass ich keine Zeit hatte, mein schönes neues Teil eben zum Auto zu bringen, denn auch die nächste Band ließ nicht lange auf sich warten, und es sollte für mich das Highlight des Abends werden. Folglich blieb mir nichts anderes übrig, als den Zipper drüberzuziehen und mich in die schwitzende Menge zu stellen, denn ich wusste, wer nun oben auflaufen würde.

Mit einem Paukenschlag und viel Applaus kündigte Benjamin seine Band an: „Hallo, wir sind NEAERA – und kommen aus Münster!“ Ein Raunen ging durchs Publikum, und direkt legten sie los. Ich war permanent mitten im Moshpit und hab Blut & Wasser geschwitzt. Es war einfach nur schön und brutal. So wie es sich gehört. Der Höhepunkt war die Liveperformance des Songs „God Forsaken Soil“ des neuen Albums „Let The Tempest Come“. Hierbei waren tatsächlich beide Gastsänger mit auf der Bühne und alle haben den Songs gemeinsam gerockt. Der erfahrene Kevin Otto von END OF DAYS steuerte seine brachiale Hardcore-Stimme bei, die man sehr gut raushören konnte, und die einfach perfekt zum Stück passt. Der leicht angetrunkene Jacob "J" Bredahl von HATESPHERE tat sich mit dem Mikro recht schwer, hatte aber sichtlich sehr viel Spaß am Ganzen. Für mich ein absolut gelungener Auftritt meiner Favoriten an diesem Abend, nicht zuletzt wegen eines netten Gesprächs mit dem Sänger nach der Show, dazu wie immer später mehr. Auf jeden Fall war ab diesem Auftritt die Halle auf Temperatur gebracht! Leider war er für meinen Geschmack zu kurz, und ich glaube, das haben sehr viele an diesem Abend so empfunden. Negativ aufgefallen ist wiedermal der Sound – vor allem der Drums. Sie waren zu leise….

Nach kurzer Pause am Auto mit Wasserzufuhr und frischer Luft lockten uns die ersten Soundchecks wieder in den Innenbereich der Halle. Die sich nun ankündigende Band schoss mit ihrem neuen Album „Dead To Our Prayers“ direkt auf Platz 65 der deutschen LP-Charts. HEAVEN SHALL BURN aus Thüringen sind einer meiner momenanen Favoriten auf dem Gebiet des Metalcore; nicht zuletzt auch wegen ihrer kompromisslosen Art. Ihr neues Album unterstreicht ein weiteres Mal ihre Größe und ihre Klasse. Nicht jeder muss seinen Stil mit der Zeit ändern, um einen größeren Anhängerkreis zu bekommen, und ich denke HSB hat dies schon lange nicht mehr nötig. Da ich abschweife, lasse ich dieses Thema jetzt so angeschnitten stehen, aber angesichts des zweiten Headliners an diesem Abend werde ich später dazu noch einige wenige Worte verlieren. Auch bei diesem Auftritt hat der Sound nicht gestimmt – einfach schlecht abgemischt für meinen Geschmack, aber ich bin kein Ton-Fachmann. Es hatte sich sogar für einige Sekunden der gesamte Sound aufgehängt, so was sollte nicht passieren!
Am Anfang noch recht verhalten, später aber immer ausschweifender und leidenschaftlicher – so würde ich diesen (und auch vergangene) Auftritte von den Jungs um Marcus Bischoff beschreiben. „Wir lassen uns nicht von den Bossen ihre Meinung aufdrängen! Falls ihr noch keinen Vorsatz fürs neue Jahr habt, dann sagt jemandem mal eure Meinung, dem ihr es schon immer mal sagen wolltet!“ Diese klaren Aussagen finden sich auch in ihren Texten wieder, die sich gegen jede Art von Rassismus und Faschismus richten, und die einen respektvollen Umgang mit der Natur fordern. Immer wieder eine Klasse für sich, diese sympathischen Jungs, und deshalb kamen sie auch nicht um eine Zugabe herum. Im Pit muss ich sagen ist bei HEAVEN SHALL BURN auch immer einiges los. Ich habe das Gefühl, dass hier immer akrobatischere und einfallsreichere Moves gezeigt werden.

Als zweiter Headliner und letzte Band des Abends standen CALIBAN auf dem Programm. Ich sah diese Band zum ersten Mal 2003 zusammen mit HATEBREED und war fasziniert. Doch mit der Zeit und nach immer mehr Liveshows hat das Interesse einfach nachgelassen. Nicht zuletzt wegen der Tatsache, dass sich diese Band in den letzten Jahren (ich würde sagen seit „The Opposite From Within“) für meinen Geschmack in die Falsche Richtung entwickelt hat: Weg von der Härte, der Tatkt-  und Richtungswechsel, weg von einem Lied als Gesamtkunstwerk – hin zu einem „gesellschaftsfähigem“ Metalcore voll mit Clearsounds, bei dessen Liveshows man auch schon mal eine Stunde mit dem aufwändigen Bühnenaufbau beschäftigt sein kann (Kein Witz! Erlebt auf der Releasse-Show in Oberhausen). Ich möchte jetzt hier keine Diskussion über CALIBAN anzetteln (ich trage weiterhin gerne meine CALIBAN-Shirts), aber dies war der Grund, warum ich sie mir an diesem Abend nicht angeschaut habe. Ich habe mich mit meinen Freunden im hinteren Bereich an die Bar gesetzt.
Dort sind wir mit Benjamin Hilleke, dem Frontmann von NEAERA, ins Gespräch gekommen. Wir sprachen über vergangene Shows, über diese Show und den Sound in der Halle. Ein guter Freund, der in Ungarn studiert, sprach ihn auf den ausstehenden Auftritt in Budapest zusammen mit KATAKLYSM und FEAR MY THOUGHTS am 14.01.2007 an, und dass er sicher wieder dabei sein würde. Ganz erstaunt machte Benny ihm das Angebot, ihn auf die Gästeliste zu setzen. Das ist wirklich ein total bodenständiger und freundlicher Typ – wenn auch auf der Bühne ein Tier.

Kurz vorm Verlassen der Halle und mit einigen späteren blauen Flecken versehen trafen wir am Merch-Stand noch Marcus Bischoff (HSB), mit dem wir ein wirklich nettes Pläuschen hielten. Wir sprachen über das With Full Force dieses Jahr und über vergangene Shows. Auch ein Zeichen von Charakter, dass der Sänger einer so erfolgreichen Band nach der Show am eigenen Merch-Stand steht, um mit den Fans zu reden. Ist mir nicht das erste Mal passiert …
Fazit: Als Veranstaltungsort würde ich die Weststadthalle in Essen nicht empfehlen. Der Sound und die Raumaufteilung haben mir nicht gefallen. In Essen gibt es da eine Menge guter Alternativen. Die Shows an sich waren sehr gelungen und haben den zweiten Weihnachtstag zu einem wirklichen FEST gemacht!