Geschrieben von Mittwoch, 14 Dezember 2016 18:25

Alter Bridge und Gojira – Hamburg / Mehr!-Theater

06.12.2016. - Zur Feier des Nikolaustages schenke ich mir ein Konzerterlebnis der Extraklasse: GOJIRA und ALTER BRIDGE haben sich für den Abend angekündigt. Die Kombination der beiden Bands hatte bereits im Vorfeld für verdutzte Blicke und Unverständnis gesorgt ...

... denn dass die Emmy-nominierten GOJIRA in der Kategorie “Beste Hard Rock/Metal Performance“ als Vorband für eine vergleichsweise deutlich softere Band auf der Bühne stehen, mag vielen nicht so recht einleuchten. Auch die kurze Spielzeit der Franzosen von 35 Minuten, die im Vorfeld angekündigt wurde, lässt die Herzen nicht unbedingt höher schlagen. Aber da sich die Duplantier-Brüder und ihre Mitmusiker seit Jahren nicht in Deutschland gezeigt haben, nehmen die Fans, was sie kriegen können. Manche zahlen nur für den kurzen Auftritt den Ticketpreis, haben für den Headliner aber nichts übrig. Was andersrum genauso gilt.

Mieser Auftakt am Mehr!-Theater ohne LIKE A STORM

Die Location, das Mehr!-Theater am Großneumarkt, ist vielen noch unbekannt. Dank der quasi nicht vorhandenen Ausschilderung biegen wir auf dem Weg zur Halle erst mal falsch ab und finden uns, zwar mit Blick auf das Theater, hinter einem Zaun wieder. Beim zweiten Versuch gelingt es uns, die Mehrzweckhalle zu erreichen. Dort angekommen wartet die nächste Herausforderung, denn der Garderobenzwang und die Tatsache, dass nur eine Doppeltür als Eingang ins Innere genutzt wird, sorgt für eine beeindruckend lange Schlage und Wartezeit. Das einzige, was wir daher vom ersten Act LIKE A STORM mitnehmen können, sind die dröhnenden Bässe, die aus der Halle schallen.

Am Eingang muss ich dann erneut warten, weil meine Akkreditierung nicht bei den zuständigen Mitarbeitern angekommen ist. Zahlreichen Presse-Kollegen geht es ähnlich. Nach minutenlanger Diskussion darf ich dann doch noch rein. Allerdings ohne Kamera, die ich begleitet von einer Sicherheitskraft an der Garderobe abgeben muss, was zu einer weiteren Verzögerung führt. Als ich endlich genervt und ohne jegliche Ausrüstung in der Halle ankomme, spielen GOJIRA bereits „L'Enfant Sauvage“, den zweiten Song ihrer kurzen Setlist. Wie gerne hätte ich Fotos davon gemacht.

GOJIRA lassen die Halle beben – und kommen wieder

Leider hören die Enttäuschungen an dieser Stelle nicht auf, denn anfangs ist der Sound so dermaßen schlecht, dass jegliche spielerischen Feinheiten zu einem einheitlichen Brei verschwimmen. Trotzdem schaffen GOJIRA es, einen Großteil des Publikums für sich zu gewinnen. Selbst bei Leuten, die ausschließlich wegen ALTER BRIDGE die Karte geholt haben, sieht man anerkennendes Nicken. Bei „Stranded“ und „Silvera“ vom im Juni erschienenen Albums „Magma“ wird kräftig mitgefeiert und die Arme werden gen Hallendecke gereckt. 

In einer Spielpause erkundigt sich Sänger Joe Duplantier beim Publikum, ob es das Logo noch gibt. Dort haben sie zuletzt gespielt. Allein das zeigt schon, wie lang der letzte Auftritt in Hamburg her sein muss, denn eine Location in der Größenordnung vom Logo würden GOJIRA mittlerweile mit Leichtigkeit viermal füllen. Viel wichtiger aber ist die Info, dass die Franzosen bald wieder nach Hamburg kommen wollen: „We will be back soon, I promise“, verspricht Joe den jubelnden Fans. Und tatsächlich steht mittlerweile der Termin fest: Am 21.03.2017 sind GOJIRA wieder in der Stadt und werden dann in der Markthalle spielen.

Am Ende des kurzen Sets bin ich fast wieder versöhnt. Glücklicherweise wurde auch der Ton mit fortschreitender Spieldauer besser. Und als GOJIRA unerwartet mit „Vacuity“ zu einem achten Song ansetzen, statt nach den angekündigten sieben von der Bühne zu gehen, bebt die Halle noch einmal und das Publikum spendet großzügig Applaus.

In der Umbaupause haben wir Zeit, uns Getränke zu holen und staunen nicht schlecht, als die nette Dame hinter der Bar 6,- Euro für ein Glas Weißwein aufruft. Verflucht seien meine Geschmacksnerven, die sich einfach nicht an Bier gewöhnen wollen!

Mit ALTER BRIDGE folgt Rock auf Death Metal

Kurz nach 21:00 Uhr betreten die Headliner ALTER BRIDGE die Bühne und Sänger Myles Kennedy gibt von Anfang an mit „The Writing on the Wall“ vom aktuellen Album „The last Hero“ Vollgas. Hinter ihm flackert auf großer Leinwand eine Videoprojektion. Die Reaktion des Publikums spaltet sich vorerst: Der größere Teil jubelt begeistert, der andere, der in erster Linie für GOJIRA da war, braucht erst mal ein paar Minuten, um sich an die deutlich mildere Gangart zu gewöhnen.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal auf einem Konzert war, bei dem Vorband und Hauptband musikalisch so wenig miteinander zu tun hatten. Tighter Death Metal gefolgt von einer eher klassischen Rockband, die das Erbe von CREED angetreten hat, will für mich einfach nicht so ganz zusammengehen.

Nach und nach schaffen es ALTER BRIDGE dann aber, das gesamte Publikum für sich zu gewinnen. Nicht zuletzt durch die extrem gute Songauswahl, die einen abwechslungsreichen Querschnitt durch alle Alben der US-Amerikaner zieht und damit fast jeden Fan-Favorit abdeckt. Sei es "Watch Over You" vom 2007 erschienenen Album "Blackbird" oder "Addicted to Pain" von der letzten Auskopplung "Fortress". Die Mischung aus eingängigen Melodien gepaart mit harten Metalriffs, die schon immer ALTER BRIDGEs Stärke waren, kommt auch heute zum Tragen. Schade nur, dass die Soundqualität nicht mit der Klasse der Musiker mithalten kann.

Die Videoprojektionen, die auf der riesigen Leinwand ablaufen, ergeben für mich größtenteils keinen Sinn und wirken lieblos und billig. Einen Mehrwert für die Show stellt dieses Bühnenelement nicht dar. Zumal ALTER BRIDGE durchaus die Präsenz und Erfahrung haben, eine große Bühne alleine zu bespielen. Sollte ein Teil des hohen Ticketpreises (ca. 50,00 Euro, je nach Händler) hierin begründet liegen, dürfte es für mich beim nächsten Mal gerne puristischer gehalten werden. Mann des Abends ist übrigens der Lichttechniker, der es perfekt versteht, die Stimmung der Songs in passende Farben und Formen zu hüllen.

Am Ende des Sets liefern Myles Kennedy und seine Mitmusiker dem Publikum noch mal eine extra Portion gute Laune, indem sie „Metalingus“ und „Open Your Eyes“ vom 2004er Album „One Day Remains“ spielen, welches für viele Fans bis heute das beste Album der Band darstellt. Auf „Broken Wings“ warte ich leider vergeblich.

Nach zwei weiteren Zugaben und insgesamt 18 Songs verabschieden sich die Hauptakteure unter lautem Applaus von der Bühne.

Setlist GOJIRA

Toxic Garbage Island
L'Enfant Sauvage
Silvera
Stranded
The Cell
Backbone
The Shooting Star
Vacuity

Setlist ALTER BRIDGE

The Writing on the Wall
Come to Life
The Other Side
Addicted to Pain
Ghost of Days Gone By
Cry of Achilles
Crows on a Wire
Ties That Bind
Waters Rising
Island of Fools
Watch Over You
Brand New Start
Isolation
Blackbird
Metalingus
Open Your Eyes
Show Me a Leader
Rise Today

Vero

Gastautorin mit Wacken-Expertise