Mit einem Fassungsvermögen von etwas mehr als 1.500 Besuchern ist die Stadthalle in Attendorn eine typische Location für Partys, Auftritte und - natürlich - Schützenfeste. Trotz Warteschlange noch eine Viertelstunde vor eigentlichem Auftrittsbeginn ist die Halle ordentlich gefüllt, es ist aber überhaupt kein Problem, ganz nach vorne zu kommen oder fix am Getränkestand bedient zu werden. Es gibt kein Gedränge, zu allen Seiten um einen herum sind ein paar Schritte Platz. Ich hätte den sechs Musikern noch mehr Anwesende gegönnt, doch so ist das Konzerterlebnis zumindest sehr entspannt.
Es zischt, knallt und brennt
Als VÖLKERBALL um 20:45 mit "Sonne" in ihr Set einsteigen und die ersten Flammen gen Hallendach lodern, weichen die ersten beiden Reihen zurück. Aus einem kalten Märztag wird ein schweißtreibender Abend. Das Sextett aus Rheinland-Pfalz sorgt in allen Bereichen für die perfekte RAMMSTEIN-Illusion: Die Bandmitglieder sehen den Originalen teils verblüffend ähnlich, der Bühnenaufbau erweckt den Anschein einer echten, wenn auch deutlich kleineren RAMMSTEIN-Produktion, die Effekte werden authentisch und professionell abgebildet.
Im Gegensatz zum Auftritt 2016 klammern VÖLKERBALL Nummern der Zweitband HELDMASCHINE aus und ersetzen ein paar Songs. In der Setlist findet sich ein bunter Mix aus allen RAMMSTEIN-Phasen: Vom Debüt ("Herzeleid", "Weisses Fleisch", das famose "Der Meister") und "Sehnsucht" ("Du hast", "Engel" als finale Zugabe) über "Mutter" ("Mein Herz brennt", "Ich will", "Links 234") und "Reise Reise" ("Mein Teil") bis hin zu "Rosenrot" ("Zerstören", "Spring") und insbesondere "Liebe ist für alle da" ("Rammlied", "Waidmanns Heil", "Haifisch") werden massig bekannte und vom Original nicht mehr gespielte RAMMSTEIN-Großtaten geboten, die - wo es möglich ist - von originalgetreuen Effekten umrahmt werden.
Keyboarder Andreas wird von Sänger René während "Mein Teil" im überdimensionalen Kochtopf flambiert und bei "Ich tu dir weh" in der Badewanne mit Funken übergossen. Zu "Waidmanns Heil", bei dem Sänger René mit seiner Flinte über die Bühne stolziert, werden Magnesiumfackeln erleuchtet, bei "Weisses Fleisch" kommt ein Funken sprühendes Feuerrad zum Einsatz. "Asche zu Asche" präsentiert die legendären brennenden Mikrofonständer, bei "Du hast" züngeln Pyros über die Köpfe des Publikums hinweg. Es gibt kaum einen Song, in dem nicht zumindest Flammen in die Höhe schießen, wenn es denn einmal nicht knappt und zischt. Einer davon ist das schöne "Frühling in Paris", bei dem die Lichttechnik der VÖLKERBALL-Crew passgenaue Beleuchtungen entwirft.
Ein gelungener RAMMSTEIN-Tribut bis ins Detail
Die musikalische Umsetzung, Verkleidung und Mimik von VÖLKERBALL stimmen bis ins Detail: René Anlauff grollt und schauspielert fast so großartig wie Till Lindemann, die beiden Gitarristen Tobias Kaiser und Björn Müller starren stur in die Menge und lassen sich während ihrer Soli von Nebel umhüllen, Drummer Dirk Oechsle gibt mit Bassist Tilman Carbow den Animateur, und Andreas Scharnowski gibt ein wunderbares, ebenso schlaksiges Flake-Double ab. Die sechs Musiker sind perfekt aufeinander eingespielt und zelebrieren eine Show, die als absolut gelungene, originalgetreue RAMMSTEIN-Verbeugung bezeichnet werden muss - und sich, abgesehen von kleineren Locations und nicht ganz so groß aufgemachten Effekten, hinter dem Original wahrlich nicht verstecken muss.
Das Set dauert fast zwei Stunden, die Effekte sind großartig, und auch, wenn es sich nicht um das Original handelt: Eine RAMMSTEIN-Show in einem solch kleinen, intimen Rahmen zu erleben, ist einfach beeindruckend - insbesondere, wenn der Ticketpreis gerade mal 23 Euro beträgt ...
Bitte, bitte, VÖLKERBALL: Kommt nächstes Jahr wieder ins Sauerland!
Band
René Anlauff - Vocals
Tobias Kaiser - Gitarre
Björn Müller - Gitarre
Andreas Schanowski - Keyboards
Dirk Oechsle - Drums
Tilmann Carbow - Bass