Der frühe Vogel ... kann mich mal
Mit insgesamt sechs Bands hat das Event schon fast Festivalcharakter. Leider bedeutet der frühe Beginn um 17:00 Uhr auch, dass der Opener PIE RATZ einer noch recht leeren Halle einheizen muss. Schade, denn PIE RATZ machen ihren Job wirklich gut, auch wenn sie sich selbst darüber wundern, warum sie überhaupt eingeladen wurden – laut eigener Aussage liegt es daran, dass sie "wie TANKARD 'ne Sauftruppe mit nur einem ernsthaften Song" sind. Aber egal, ob ernsthaftes "Arctic War" oder trinkfreudiges "Meat and Beer" – das Konzept funktioniert und der Grundstein für einen feucht-fröhlichen Abend ist gelegt.
Als nächstes drehen SCORNAGE aus Aachen an der Härteschraube. Die Band um Sänger Guido Grawe spielt harten und schnörkellosen Thrash. Bassist Markus Breuer macht in der leider immer noch recht dünn besiedelten Batschkapp aus der Not eine Tugend und verlagert beim vorletzten Song kurzerhand die Bühne in den Publikumsbereich. Die anwesenden Zuschauer haben sichtlich Spaß und nach einer guten halben Stunde verabschieden SCORNAGE sich mit "Ihr seid klasse – wird sind 'geht so'" und machen die Bühne frei für die nächste Band.
Langsam aber sicher füllt die Batschkapp sich und mit PERZONAL WAR betritt die dritte Band des Abends die Bühne. Die Troisdorfer spielen modernen Thrash und versprühen einen deutlichen METALLICA-Vibe. Mit etwas spärlicher gesäten "Yeahs" im Gesang, aber einem dafür temposicheren Schlagzeug, sind PERZONAL WAR eine Band, die sich in vermutlich so ziemlich jedes Festival-Billing harmonisch einfügt – und das ist auch hier der Fall. Die Stimmung steigert sich von Song zu Song, die Batschkapp und ihre Besucher werden immer voller und nach einer kurzen Halbzeitpause geht es auch schon mit Band Nummer vier weiter.
Im ersten Moment bin ich von SAPIENCY etwas verwirrt, denn nach viel Thrash und Rock'n'Roll gibt es nun plötzlich Melodic Death Metal auf die Ohren. Damit hatte ich nicht gerechnet, aber die Überraschung ist definitiv gelungen. Mit zwei Sängern und sieben Saiten am Bass klingen SAPIENCY abwechslungsreich und modern und machen richtig Spaß – definitiv meine Neuentdeckung des Abends!
HOLY MOSES – zwischen Metal und Muttergefühlen
Es ist Zeit für den Special Guest des Abends: HOLY MOSES – sogar noch ein Jahr älter als TANKARD, aber kein bisschen leiser. Die Batschkapp ist mittlerweile voll, es bilden sich endlich auch die ersten Moshpits und ich frage mich, woher eine so zarte Person wie Sabina Classen eine solche Urgewalt in der Stimme hernimmt. Zum Song "Nothing for my Mom" gibt es vorher noch eine kleine Anekdote vom Weihnachtskaffee im Hause Classen und ich lerne, dass es auch nach 30 Jahren noch einen Anschiss dafür geben kann, wenn man die kleine Schwester zum Merchverkaufen abkommandiert und diese sich dabei verletzt und genäht werden muss.
(Trauriger) Höhepunkt des Konzerts ist sicherlich der Gastauftritt von COURAGEOUS-Sänger Chris Staubach, der gemeinsam mit HOLY MOSES in Gedenken an den am 13. Dezember verstorbenen Warrell Dane NEVERMOREs "Narcosynthesis" covert. Zum Finale werden noch ein paar Mädels zum Feiern auf die Bühne geholt und nach dem Abschlussfoto verlässt Sabina Classen die Bühne nicht langweilig über die Seite, sondern springt "Fangt mich auf"-rufend ins Publikum, um sich danach zur Theke tragen zu lassen – ein absolut gelungener Auftritt!
Hoch die Krüge – es ist Zeit für das Geburtstagskind TANKARD
Endlich ist es so weit, das Geburtstagskind TANKARD betritt die Bühne und nimmt sein Publikum mit auf eine Zeitreise durch 35 Jahre Bandgeschichte. Visuell unterstützt durch eine Videoleinwand im Hintergrund, und auch hier ergänzt durch die eine oder andere Touranekdote. Trotz leichter Soundprobleme am Anfang (erst zickt das Mikro, danach die Gitarre) ist die Stimmung vom ersten Takt an dem Anlass angemessen feucht-fröhlich (im wahrsten Sinne des Wortes, stand ich doch im Fotograben in der Einflugschneise eines randvollen Bierbechers).
Es wird auf und vor der Bühne getanzt, gebangt und gefeiert – ja, das hier ist definitiv eine Geburtstagsparty. Egal, ob Klassiker wie "Die with a Beer in your Hand", "Zombie Attack" und "Freibier", oder neue Songs wie "One Foot in the Grave" und "Pay to Pray" – auch die Setlist lässt keine Wünsche offen. Als Zugabe gibt es dann noch "Alien", "A Girl called Cerveza" und die Eintracht Frankfurt Hymne "Schwarz-Weiß wie Schnee", die laut Frontmann Gerre außer an diesem Abend nur noch live gespielt wird, wenn die Eintracht entweder im Finale des DFB-Pokals oder der Europaleague steht. Dann wird das Publikum mit dem finalen "(Empty) Tankard" in Richtung Theke entlassen – 35 Jahre und weder weise noch leise, das war eine wirklich TANKARD-würdige Party!
Setlist TANKARD:
- One Foot in the Grave
- Zombie Attack
- The Morning After
- Not one Day Dead
- Rapid Fire
- Rules for Fools
- Die with a Beer in Your Hand
- R.I.B. (Rest in Beer)
- Minds on the Moon
- Pay to Pray
- Metal to Metal
- Rectifier
- Chemical Invasion
- The Beauty and the Beast
- Freibier
- Alien
- A Girl Called Cerveza
- Schwarz-Weiß wie Schnee
- (Empty) Tankard