Schon im November letzten Jahres hatten die Niederländer im Vorprogramm der Symphonic-Metal-Größen von EPICA in der schwäbischen Hauptstadt vorbeigeschaut und damals einen durchaus passablen Auftritt hingelegt. Wirklich für Begeisterung schien die kurze Show damals bei der Metalgemeinde allerdings nicht gesorgt zu haben – trotz des auch für Berufstätige angenehmen Konzertbeginns um 20 Uhr präsentierte sich das CANN erschreckend leer. Nur gut hundert Leute hatten ihren Weg an den Cannstatter Bahnhof gefunden, das aber immerhin generationenübergreifend. Neben gestandenen Metallern hatten sich auch viele ältere Semester zur Show eingefunden. Fortschrittsglaube kennt bekanntlich kein Alter.
VOTUM
Als einzige Vorband hatten die Niederländer die polnische Progressive-Metal-Band VOTUM engagiert, welche sich mit sechs Mann auf die doch recht beschauliche Bühne des Clubs quetschte. Unbeeindruckt von den beengten Platzverhältnissen und der geringen Zuschauerzahl, begann das Sextett mit einer beeindruckenden Show. Der Band und insbesondere Sänger Bartosz war in jeder Minute der Show anzumerken, wie sehr sie ihr 40-minütiges Set genossen. Selten sieht man Bands, welche ihre Songs mit einer solchen Hingabe performen, dass es wirkt, als würde sie jede einzelne Note atmen, ja förmlich danach dürsten. VOTUM spielten sich auf der Bühne in einen progressiven Rausch, der nichts mit gestelltem Rocker-Gepose zu tun hatte, sondern förmlich vor Leidenschaft sprühte.
Ein Rausch, der auch die kleine Zuschauerschaft nicht unberührt ließ, sodass mit jedem Song der Applaus größer wurde und immer mehr Neugierige in die Halle strömten. Neben fünf Songs von der aktuellen Scheibe ":Ktonik:“ wurden dem Publikum auch zwei neue, noch unveröffentlichte Stücke präsentiert, welche ebenso positiv aufgenommen wurden. So wurden die Polen schließlich mit tosendem Applaus verabschiedet, der davon zeugte, wie viel Eindruck das Sextett an diesem Abend schinden konnte. Noch an der Bar sollte später die eine oder andere Lobeshymne auf die Formation zu hören sein.
Setlist:
- Simulacra
- The Void (Neuer Song)
- Prometheus
- Satellite
- Neuer Song
- Vertical
- Spiral
VUUR
Dementsprechend hoch lag die Messlatte für VUUR, die der neuen Rolle auf ihrer ersten Headliner-Tour aber durchaus gewachsen waren. Nichtsdestotrotz machte sich beim Opener "Time – Rotterdam“ Verwirrung breit im Publikum. Von Bassist Johan van Stratum war keine Spur zu sehen. Dieser war nämlich, wie die Band umgehend erklärte, kurz nach Tourstart wieder abgereist, um sich um seine schwerkranke Mutter zu kümmern. Wir wünschen an dieser Stelle gute Besserung!
Schade, war Van Stratum doch bei der Show im November eine wahre Rampensau, sodass der Prog-Band an diesem Abend etwas die Dynamik fehlte. Ansonsten lieferte die Band aber in gewohnter Qualität ab, wobei, wie immer eigentlich, Anneke Van Giersbergens Gesangsleistung zu würdigen ist. Für die Frau ist einfach keine Note zu hoch. Auch der Rest der Truppe überzeugte menschlich wie handwerklich, während der fehlende Bass einfach vom Band kam. Gut gelöst!
Doch ein bisschen Kritik muss trotzdem sein, denn so wirklich mitreißen wollen die neuen Songs mit wenigen Ausnahmen nicht. Eine Beobachtung, die der Redakteur nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei weiten Teilen des Publikums machen konnte und der die Setlist auch Rechnung trägt. Denn anstatt das volle Debütalbum darzubieten, hatten VUUR das Set mit sechs Cover-Songs angereichert, welche von THE GATHERING über DEVIN TOWNSEND PROJECT bis hin zum fantastisch interpretierten AUDIOSLAVES-Cover zu "Like A Stone“ reichten. Und es waren vor allem diese Songs, welche vom Publikum abgefeiert wurden, während bei den eigenen Kompositionen oft ungleich weniger Stimmung herrschte. Ebenfalls schade, sind doch VUUR gerade bei den ruhigeren Stücken wie "Freedom – Rio“, "The Martyr And The Saint – Beirut“ und dem tollen Schlusssong "Reunite! - Paris“ eine echte Hausnummer.
Unterm Strich konnten jedoch beide Bands zu einem wirklich gelungenen Konzertabend beitragen, auf welchem VUUR auch ihr zweites Album ankündigten. Man kann also gespannt sein, wohin die Reise gehen wird. Mit VOTUM konnte sich außerdem ein absoluter Geheimtipp in den Vordergrund spielen, dessen kommendes Album jeder Fan von Progressive Rock auf der Rechnung haben sollte. Mehr Details gibt es jedoch bei beiden Bands noch nicht.
Von Fan zu Fan
Noch ein kleiner Kommentar als Fan: Wie schwer ist es eigentlich, während Akustikballaden als erwachsener Mensch einfach einmal seine Klappe zu halten? Wenn eine kleine Gruppe nicht aufhören kann, sich während den Songs zu unterhalten, ist das nicht nur total respektlos der Band gegenüber, sondern versaut auch den restlichen Fans den Konzertabend. Die schlagfertige Reaktion von Van Giersbergen? „Wer spielt hier das Konzert? Du oder ich?“
Setlist:
- Time - Rotterdam
- My Champion - Berlin
- On Most Surfaces (Inuit) (THE GATHERING-Cover)
- The Martyr And The Saint – Beirut
- The Storm (THE GENTLE STORM-Cover)
- Like A Stone (AUDIOSLAVE-Cover)
- Valley Of The Queens (AYREON-Cover)
- Freedom – Rio
- Days Go By - London
- Your Glorious Light Will Shine - Helsinki
- Strange Machines (THE GATHERING-Cover)
Zugabe:
- Fallout (DEVIN TOWNSEND PROJECT- Cover)
- Reunite! - Paris