Bereits in der Eingangshalle erwartete uns ein tolles Schild, welches noch später auf Facebook seine Runde machen würde: Zu CANNIBAL CORPSE geradeaus, zum Jesustreff nach links. Wir folgten dem Schild natürlich erstmal nach links … eh, ich meine natürlich geradeaus, hinein in den Konzertsaal – zu meiner Freude der große Saal im Wizemann.
NO RETURN
Den Startschuss gaben die französischen Thrash-/Death-Metaller NO RETURN aus Paris. Zugegebenermaßen lieferten die fünf kräftigen Jungs eine gute Show ab, doch von einem nennenswerten Publikum war vor der Bühne noch nicht viel zu sehen. Auch wenn sich die Musiker super viel Mühe gaben, konnten sie nur vereinzelte Metalheads aus dem Eingangsbereich locken – dafür war die Musik einfach zu durchschnittlich.
Auch das tätowierte und gepiercte Muskelpaket neben mir lehnte sich lieber zurück, spielte „Candy Crush“ auf seinem Smartphone und blickte erst nach einer halben Stunde zum finalen Applaus wieder auf. Soundtechnisch war das Wizemann in Topform (im kleinen Saal ist die Tonqualität immer Glückssache, daher meine Freude über den großen Saal), der Lichtmann hingegen schien ein wenig neben der Spur zu sein, denn die Lichteinsätze passten oftmals nicht oder kamen zu spät.
THE BLACK DAHLIA MURDER
Der Anlass, weshalb ich unbedingt dieses Konzert besuchen wollte, waren nicht CANNIBAL CORPSE, sondern THE BLACK DAHLIA MURDER. Wie sich später herausstellte, ging es einer erschreckend großen Anzahl an Besuchern ebenfalls so, weshalb sich die Stimmung bei den Musikern aus dem amerikanischen mittleren Westen stark anheizte, genauso wie (dem Himmel sei Dank) die Hallentemperatur – der Raum füllte sich endlich.
Von THE BLACK DAHLIA MURDER hatte ich nur positive Kritik über die Liveauftritte mitbekommen, die sich dann auch tatsächlich bestätigte. Die Band präsentierte sowohl die neuen Lieder von ihrer neuesten Scheibe „Nightbringers“ als auch alte Songs und fraßen das Publikum mit Haut und Haaren. Die Köpfe rotierten massenweise und Sänger Trevor Strnad (der übrigens aussah, wie direkt von der Couch) gab jedem Crowdsurfer, der es bis nach vorne geschafft hatte, anerkennend die Hand, was ihn jedoch bei den Unmassen an Fans, die auf Händen getragen wurden, bald überforderte. Gesanglich konnte Trevor glänzen. Wie er von Screams zu Growls wechseln können nur wenige Sänger – sowohl im Studio als auch auf der Bühne.
Fasziniert war ich vom Gitarristen Brandon Ellis, der alle schnellen Läufe, Melodien und Soli fehlerfrei spielte und dabei auch noch durchweg am Headbangen war – wie ist das möglich? Besonders gut kamen meines Erachtens die beiden Songs „Kings Of The Nightworld“ und „Nightbringers“ an. Sie waren unerwarteterweise extrem massentauglich und der zuvor begrenzte Moshpitkreis geriet aus seinen Fugen und eskalierte.
Nach gerade einmal einer dreiviertel Stunde war das Wahnsinnsschauspiel auch schon wieder vorbei (ohne leider „Moonlight Equilibrium“ gespielt zu haben) und wir konnten uns währenddessen an ABBAs „Voulez-Vous“ ergötzen. Für viele der BLACK DAHLIA-Fans war der Abend nun vollkommen und sie machten sich schon wieder zufrieden auf den Heimweg – obwohl der Headliner des Abends erst kommen würde.
CANNIBAL CORPSE
Lobenswert am Wizemann ist übrigens auch die extrem kurze Umbauzeit, denn nach gerade einmal 20 Minuten durften wir die kannibalischen Leichen bereits begrüßen.
Fairerweise sollte ich dazu sagen, dass ich nie wirklich Fan von CANNIBAL CORPSE gewesen bin. Sie haben mich auch auf Platte nie wirklich angesprochen (was natürlich Geschmackssache ist), daher hoffte ich, dass sie mich in natura vom Gegenteil überzeugen würden.
Nachdem mich der vorherige Auftritt total von den Socken gehauen hatte, war die folgende Show wie befürchtet eher enttäuschend. Während sich der Lichtmann nach NO RETURN irgendwie wieder in den Griff bekommen hatte, entschied er sich nun dazu, gar nichts mehr zu tun (ob das von der Band tatsächlich so gewünscht war oder nicht, kann ich leider nicht sagen). Zumindest wurde die Band bei jedem Lied einfach nur mit einfachem Licht angeleuchtet, ohne irgendwelches epileptisches Partyflackern oder sonstige Bewegung an der tollen Ausstattung, die von den Traversen hing – ein absoluter Stimmungskiller, vor allem für die kleinen Leute in den hinteren Reihen, die von der Band ohnehin nicht viel sahen.
Auch der Sound schien sich drastisch verschlechtert zu haben. Die Gitarren verschwammen undefinierbar mit dem Rest und der Gesang klang eher wie ein enthusiastisches Rumgerülpse, was echt total schade war – nun verließen auch die letzten BLACK DAHLIA-Fans das Wizemann.
Aus den Gesichtern der CANNIBAL CORPSE Fans konnte ich jedoch ablesen, dass sie recht zufrieden waren, denn während die, die sich im Hintergrund hielten, mitnickten, eskalierten die mittlerweile stark alkoholisierten vorderen Reihen und freuten sich über die Präsentation des neuen Albums „Red Before Black“. Frontmann George Fisher, versteckt hinter seinem langen Vorhang aus Haaren, headbangte fast das ganze Konzert durch – die Frage, warum er solch einen Stiernacken hat, hätte sich damit geklärt.
Die Setlist war sehr umfassend mit ihren 17 Songs, doch gegen Ende schien unseren Leichenfreunden die Puste auszugehen, denn die Pausen zwischen den Liedern, in denen schlichtweg nichts passierte, wurden immer länger. Und aus unerfindlichen Gründen wurden die Gitarren gegen Ende nach jedem Song nochmal nachgestimmt, was auch wieder unglaublich viel Zeit in Anspruch nahm.
CANNIBAL CORPSE konnten mich auf jeden Fall überhaupt nicht überzeugen und nachdem George ins Mikrofon brüllte: „This is about shooting blood! Shooting blood from your cock! I cum blood!“, entschied ich als junges zierliches und unschuldiges Mädchen, dass es bald Zeit für mich war, zu gehen. „Make Them Suffer“ ertrug ich noch, jedoch „Stripped, Raped and Strangled” war dann doch zu viel des Guten und ich hörte noch den letzten Song „Hammer Smashed Face“, als ich mir meinen Weg durch die Raucher draußen vorm Eingang bahnte.
Fazit
Für THE BLACK DAHLIA MURDER hat sich das Konzert für mich auf jeden Fall gelohnt und ich denke, dass CANNIBAL CORPSE-Fans mit dem Auftritt mehr anfangen können als ich. Hinreißend war das Tohuwabohu jedoch überhaupt nicht – technisch gesehen wurde es besonders gegen Ende sehr versemmelt.
Setlist THE BLACK DAHLIA MURDER
Widowmaker
Contagion
When the Last Grave Has Emptied
Jars
Kings of the Nightworld
What a Horrible Night to Have a Curse
Nightbringers
Matriarch
On Stirring Seas of Salted Blood
Catacomb Hecatomb
Everything Went Black
Warborn
Setlist CANNIBAL CORPSE
Code of the Slashers
Only One Will Die
Red Before BlacK
Scourge of Iron
Evisceration Plague
Scavenger Consuming Death
The Wretched Spawn
Pounded Into Dust
Kill or Become
Gutted
Corpus Delicti
Devoured by Vermin
A Skull Full of Maggots
I Cum Blood
Make Them Suffer
Stripped, Raped and Strangled
Hammer Smashed Face