Geschrieben von Montag, 12 März 2018 12:27

Rhapsody, Beast In Black & Scarlet Aura - Konzertbericht aus der Zeche in Bochum mit Bildergalerie

Zu ihrem 20. Jubiläum sind RHAPSODY – nach Gigs auf Festivals und in Südamerika auf Reunion- und gleichzeitig Abschieds-Tour – endlich auch in Europa unterwegs. Wir haben uns für euch den Auftritt in Bochum angesehen und vom Gig in Eindhoven einige Fotos gemacht.

Eindhoven - Effenaar, 23.02.2018

Der Gig in Eindhoven steht ganz im Zeichen der Fotos (Bilder findet ihr weiter unten in der Galerie). Kollege und Fotograf Matthias gibt im Vergleich zu Bochum  weniger Publikumsinterkation, schlechteren Sound und weniger Nebel zu Protokoll.

Bochum - Zeche, 01.03.2018

In Bochum macht die Symphonic-Metal-Combo an einem bitterkalten Donnerstag Abend Halt. Schauplatz des Geschehens ist die schnuckelige Zeche, die mit abgesperrtem oberen Bereich Platz für wenige Hundert Fans bietet. Nach dem pünktlichen Einlass um 19 Uhr muss die überschaubare Menge an durchgefrorenen Fans lediglich eine halbe Stunde warten, bis die erste von zwei Vorbands auf RHAPSODY einstimmt.

SCARLET AURA haben Potenzial

Als mit venezianischer Maske zuerst Sängerin Aura Danciulescu, dann der Rest von SCARLET AURA die vollgestopfte Bühne der kleinen Zeche betritt, ist in den meisten Gesichtern milde Verwirrung zu lesen. Die legt sich recht schnell, als die Rumänen mit ihrem kurzen Set inkl. Cover des CRANBERRIES-Megahits "Zombie" beginnen. Die von der Website der Band stammende Beschreibung "Female Fronted Melodic Metal/Rock Band" haut, so allgemein sie auch ist, einfach hin, und könnte höchstens um den Zusatz "modern" ergänzt werden.

Während das männliche Trio routiniert seinen Instrumental-Part zockt, sammelt Blickfang Aura mit ihrer rockigen Röhre und begeisternden Art Sympathiepunkte. Wer schon mit HELLOWEEN, EUROPE, ACCEPT oder SABATON unterwegs war und mit einem namhaften Produzenten wie Roy Z zusammenarbeiten konnte, hat Potential und darf ruhigen Gewissens zum Reinhören empfohlen werden.

BEAST IN BLACK werden gut angenommen

Nach kurzer Umbaupause kündigt JUDAS PRIESTs "Night Crawler" den Auftritt von BEAST IN BLACK an. Die neue Truppe um den ehemaligen BATTLE BEAST-Gründer Anton Kabanen wird vom Publikum ordentlich begrüßt und abgefeiert. Während der Gitarrist sichtlich erfreut über die positiven Reaktionen aus dem Publikum ist, stellt Sänger Yannis Papadopoulos seinen breiten, wenn auch gewöhnungsbedürftig weiblichen Stimmumfang unter Beweis. Highlight ist Drummer Sami Hänninen, der den ganzen Auftritt über breit wie ein Honigkuchenpferd grinst und den Spaß seines Lebens hat.

Während ich das BATTLE BEAST-Debüt "Steel" mit seinen klischeetriefenden, aber frischen Songs abgefeiert habe, geben mir BEAST IN BLACK nicht wirklich viel. Die mit Disco- und Synthie-Sounds angereicherte Classic-Metal-Keule in ACCEPT-Manier ist mir spätestens bei "Crazy, Mad, Insane" zu fröhlich, tanzbar und elektronisch. Die meisten Anwesenden in der Zeche sehen das allerdings anders.

RHAPSODY lassen's ein letztes Mal krachen

Um 21 Uhr ist es schließlich Zeit für den Headliner. 20 Jahre nach Veröffentlichung ihres Debüts "Legendary Tales" ist das RHAPSODY- bzw. RHAPSODY OF FIRE-Lineup von 2001 bis 2011 minus Keyboarder Alex Staropoli unterwegs, um sich von den Bühnen dieser Welt zu verabschieden. Auf der Setilist stehen Nummern der ersten fünf Alben, im Fokus ist dabei "Symphony Of Enchanted Lands", das dieses Jahr seinen 20. Geburtstag feiert.

Während es auf der Website zur Reunion in voller Länge angekündigt wird und bei vorherigen Dates auch gespielt wurde, muss das europäische Publkum auf einen Teil der Albumtracks verzichten, bekommt im Gegenzug aber Nummern geboten, die es im letzten Jahr nicht ins Set geschafft haben.

Dass das Quintett richtig Bock auf diese Tour hat, merkt man der befreiten, spielfreudigen Performance zu jeder Sekunde an. Ob der majestätische Einstieg "Dawn Of Victory", die Klassiker "Wisdom Of The Kings" und "Holy Thunderforce", das mystische "The Village Of Dwarves", die Epen "Symphony Of Enchanted Lands" und "The Wizard's Last Rhymes" oder die Ballade "Wings Of Destiny": Das Quintett performt punktgenau, hat mächtig Feuer unterm Allerwertesten und tauscht munter die Positionen.

Insbesondere Luca Turilli tobt und hüpft wie ein irrer Derwisch über die Bühne. Dass er bei dem dichten Nebeltreiben niemanden mit seinem Gitarrenhals aufspießt, grenzt an ein Wunder. Dazwischen liefert er sich Flitzefinger-Duelle mit Hans Zimmer-Lookalike Dominique Leurquin, während Bassist Patrice Guers (wie stets mit Käppi) immer wieder überraschend aus dem Dunst auftaucht und sich mit seinem Bass tief ins Publikum beugt. Fabio Lione hat indes alle Hände voll damit zu tun, die Fans mit heroischen Posen zum Klatschen, Fäuste recken und Mitsingen zu animieren.

"Riding The Winds Of Eternity" widmet der Sänger dem verstorbenen Schauspieler Christopher Lee, der RHAPSODY einige Male im Studio unterstützt hat. Dass Lione gerade seinen zweiten Frühling erlebt, stellt er während des gesamten Konzertes, insbesondere aber im Andrea Bocelli-Cover "Time To Say Goodbye (Con te partirò)" unter Beweis. Zuvor spaziert er durch den Fotograben, erzählt von seiner Verbindung zum Ruhrgebiet aus ATHENA-Zeiten im Vorprogramm von AXEL RUDI PELL und lobt einen Fan für sein Shirt mit "The Frozen Tears Of Angels"-Artwork, das Lione prompt zu seinem Lieblingsalbum erklärt.

Nach "Lamento Eroico" ist es mit "Emerald Sword" nach gut 1 3/4 Stunden endgültig an der Zeit, laut "Ciao!" zu sagen. Statt Trauer überwiegt im Publikum eine gelöste Stimmung, gepaart mit etwas Wehmut. In dieser Verfassung hätten RHAPSODY gerne noch ein paar Jahre dran hängen können.

Trotz des engagierten, umjubelten Auftritts muss auch ein wenig Raum für Kritik sein: Nein, man kann es nicht jedem recht machen, aber mehr als nur "Land Of Immortals" hätten RHAPSODY schon von ihrem Debüt bringen können. Stattdessen wäre der Verzicht auf Bass- und Drum-Solo eine gute Idee gewesen. Auch über "Unholy Warcry" oder eine Nummer der starken letzten Alben in dieser Besetzung, z. B. das von Lione angesprochene "The Frozen Tears Of Angels", hätte sicher nicht nur ich mich gefreut. Vielleicht durfte ja nur Material bis "Power Of The Dragonflame" gespielt werden, um Staropolis' RHAPSODY OF FIRE keine Konkurrenz zu machen, oder weil es sonst nicht "vintage" genug gewesen wäre.

Der Sound war bis "The Village Of Dwarves" richtig gut, danach wurde er leider so weit aufgedreht, dass ohne Ohrstöpsel nur noch krachiger Matsch aus den Boxen kam. Das hat bei BEAST IN BLACK und besonders SCARLET AURA besser, wenn auch nicht so (ohrenbetäubend) laut funktioniert.

Wenn man sich auch trefflich darüber streiten kann, wie "original" dieses Lineup wirklich war (was ist mit den Mitgliedern bis Anfang der 2000er?), so stand zumindest die Besetzung auf der Bühne, die am längsten zusammen bei RHAPSODY aktiv war und in bester Verfassung und Spiellaune noch einmal alles gegeben hat. Macht's gut Jungs – es war schön mit euch!