Fit For An Autopsy
Auf der Bühne lässt sich bereits ein für die Zeche durchaus beeindruckender Aufbau rund um Eloy Casagrandes Drumset erahnen. Dies bringt allerdings den Nachteil mit sich, dass für die Vorgruppen nur ein maximal 2 Meter tiefer Abschnitt bleibt, auf dem sowohl alle Musiker, als auch das Drumset Platz finden müssen. So beginnen pünktlich um 18:45 Uhr FIT FOR AN AUTOPSY mit einem ob des Platzmangels hinreichend unspektakulären Bühnenaufgang. Anfangs fehlende Securities und eine noch recht leere Zeche lassen vermuten, dass die ungewohnte Startzeit nicht bei allen wirklich angekommen ist, wodurch immerhin nur wenige Besucher die Mikrofonausfälle während der ersten beiden Songs mitbekommen.
Glücklicherweise scheint der Ausfall gleichzeitig der Weckruf für die Tontechnik gewesen zu sein, denn danach klingt alles, wie es soll – brachial, heavy und sehr midtempolastig sind FIT FOR AN AUTOPSY durchaus nett anzuhören, für mich aber eher eine Band, die man sich zwischendurch mal auf Platte, aber nicht unbedingt live geben muss. Ob auf die Bühne zu spucken noch Metal ist, wage ich in Frage zu stellen, auch wenn sich Sänger Joe Badolato durch eine durchaus charmante Interaktion mit einem weiblichen Fan bei seiner Ansage zum finalen "Black Mammoth" in Sachen Sympathiefaktor noch so eben rettet. Insgesamt ein solider Auftakt.
Goatwhore
Weiter geht es mit GOATWHORE. Die Amerikaner ziehen im Vergleich zu ihrer Landsleuten von FIT FOR AN AUTOPSY das Tempo deutlich an. Sänger Sammy Duet ist (nachdem er es unfallfrei auf die Bühne geschafft hat) vermutlich der einzige Musiker, den die winzige Bühne nicht wirklich stört – muss er doch das komplette Set dank eines gebrochenen Beines auf einer Kiste sitzend absolvieren. Das hält ihn allerdings weder vom Headbangen, noch vom Luftgitarre spielen ab ... Wer hat behauptet, dass man laufen können muss, um eine gute Show abzuliefern?
Die endlich wache Tontechnik sorgt für einen wirklich guten Sound. Alle Instrumente plus Gesang sind differenziert zu hören, nichts knarzt und das fast im Publikum stehende Drumset sorgt klanglich für eine Extraportion Livefeeling – genau so muss das sein. Das bis dato noch eher zurückhaltende Publikum kommt der Aufforderung zum Circle Pit zu "Chaos Arcade" gern nach und nutzt den noch ausreichend vorhandenen Platz zum ausgiebigen Moshen. In ihrem überraschend langen Set treffen GOATWHORE tatsächlich ziemlich oft meinen akustischen Sweetspot zwischen Death und Thrash Metal – diese Band habe ich hier zum ersten, aber definitiv nicht zum letzten Mal live gesehen.
Obscura
Dank OBSCURAs ebenfalls beeindruckenden Schlagzeug-Aufbaus ist die Bühne quasi voll. In der ersten Reihe sitzend wird Drummer Sebastian Lanser durch Frontmann Steffen Kummerer kurzerhand zum Lead-Drummer befördert und diesem Titel durchaus gerecht. Hier mischen sich uhrwerkartige Präzision mit Breaks und Improvisationen in Taktarten, die aus mindestens zweistelligen Primzahlen zusammengesetzt scheinen.
Technisch stehen ihm seine Bandkollegen in nichts nach. Gitarrist Rafael Trujillo scheint wie üblich in einer komplett eigenen Welt zu spielen und Bassist Linus Klausenitzers scheinbar unendliche Energievorräte schreien nach einer größeren Bühne und mehr Bewegungsfreiheit. Die Gitarren klingen (zumindest, wenn man direkt vor der Box steht) minimal übersteuert, aber ein bisschen Livefeeling in Sachen Sound schadet dem leider etwas kurzen Auftritt gar nicht. Auch das ansonsten eher genießend-zurückhaltende Publikum kommt beim finalen "Centric Flow" der Aufforderung "Das ist fast wie Schlager, da können alle mitklatschen" gerne nach. OBSCURA nutzen sowohl den begrenzten Platz als auch die begrenzte Zeit voll aus und etablieren sich immer mehr im Kreis meiner persönlichen Favoritenbands.
Sepultura
Es ist Zeit für den Headliner des Abends SEPULTURA – im Vorfeld habe ich öfter Dinge gehört, wie "Die haben ihre besten Tage auch leider hinter sich" und fairerweise kann ich keinen Vergleich ziehen, da es sich bei diesem Konzert um meine persönliche SEPULTURA-Premiere handelt. Aber selbst wenn das die schlechten Tage sind, liefern die Brasilianer um Sänger Derrick Green, der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bandjubiläum feiert, eine energiegeladenen Show ab, die man in der Form nicht alle Tage zu sehen bekommt.
Drummer Eloy Casagrande mischt südamerikanischen Groove mit europäischer Präzision und wird zwischenzeitlich von Green trommeltechnisch unterstützt. Es herrscht Partystimmung – Moshpits und Sprechchöre ziehen sich durch fast das gesamte Konzert, so dass die kurzen Verschnaufpausen, die sich bei den eher gemächlichen Songs wie "Machine Messiah" ergeben, bitter nötig sind. Nach einem ohnehin schon erfreulich langen Set gibt es als Zugabe noch eine kleine Improvisation des Ary Barroso-Klassikers "Aquarela do Brazil" (in unseren Breitengraden eher unter dem vereinfachten Titel "Brazil" bekannt), bevor der Abend mit "Ratamahatta" und dem obligatorischen "Roots Bloody Roots" einen mehr als würdigen Abschluss findet.
Ich freue mich auf jeden Fall schon jetzt aufs Summerbreeze, bei dem zumindest die Dreiercombo GOATWHORE, OBSCURA und SEPULTURA noch einmal zu sehen sein wird.