Außer mir hatten sehr viele weitere Menschen die Idee. Der kleine Club ist proppenvoll. Am Publikum erkennt man schon, dass KELLERMENSCH nicht einem bestimmten Genre zugeordnet werden können. Jung, Alt, Mann, Frau, Hipster, Stoner, Hippie, Metaller und viele Leute, die keiner Szene zuzuordnen sind, drängeln sich im Headcrash und fangen langsam an, zu schwitzen. KELLERMENSCH hocken in ihrer eigenen Schublade.
Acht Musiker auf der Bühne: Es ist eng, aber es klappt
Auf der Fahrt Richtung Reeperbahn beschäftigt mich schon die Frage, wie acht Musiker wohl auf diese Bühne passen. Das geht erstaunlich gut, der streng blickende Basser hat sogar Platz, hin und her zu stolzieren beim Spielen. Der Organist muss zwar ziemlich in der Ecke und der Geiger ziemlich am Rand spielen, aber es klappt. Raum auch genug für Bandkopf Sebastian Wolff und seine intensive, fesselnde Performance.
Er macht den Auftakt alleine. Raue, emotionale Stimme zur Gitarre, dann kommen die anderen Musiker auf die Bühne. Alle acht im Hemd, teils mit Sakko, zeigen sich KELLERMENSCH deutlich mehr im Gewand des Indie als in dem des Metal oder Rock. Das passt zur Musik, die sich aus so vielen Elementen zusammensetzt, dass schon das Label „Art Rock“ bemüht wurde.
KELLERMENSCH sind eine wunderbar funktionierende Band
Ich höre dunklen Indie-Rock mit deutlichem Postpunk-Einschlag in den Melodien. Gelegentlich blitzt eine Spur bluesiger (Desert) Rock auf. Und live sehe ich eine wunderbar funktionierende Band, die ihren vielschichtigen Sound auch klanglich gut rüberbringen kann. Lediglich die Geige geht oft ein wenig unter.
Dreh- und Angelpunkt ist Sebastian Wolff, der sich mit vollem Körpereinsatz in seine Texte hängt. Er verdreht den Körper mit geschlossenen Augen, schwitzt wie ein Tier und deutet bei der wiederkehrenden Zeile „You’re alone“ auf einzelne Leute im Publikum. Irgendwann drängelt er sich durch die Menge zur Bar und singt einen Song von dort oben. Telefone werden gezückt, das Motiv gibt’s jetzt ein paar Mal öfter bei Instagram.
Das Publikum ist von Anfang an heiß
Das Hamburger Publikum gilt als schwer zu knacken – sei es wegen nordischer Zurückhaltung oder weil hier sowieso jeden Abend ne coole Band spielt. KELLERMENSCH hingegen haben überhaupt keine Probleme, ihre Leute warmzukriegen. Die Stimmung ist bestens, der Jubel von Anfang an laut – und er wird lauter. Alle hängen an Sebastian Wolffs Lippen. Um „Zugabe“-Rufe muss er nicht lange bitten und sie erklingen auch noch, als das Licht angeht.
Die Vorband muss also nicht groß als Anheizer arbeiten, das Feuer ist schon da. CHILDRENN, ebenfalls Dänen, spielen eine hübsche Mischung aus geradlinigem Desert Rock und Psychedelic-Elementen. Klappt gut und kommt gut an. Im direkten Vergleich aber nur eine solide Rockshow, denn KELLERMENSCH sind so besonders, wie es nur wenigen Bands gelingt – live und aus der Konserve. Die Platte dreht sich jedenfalls jetzt öfters bei mir.