Einmal mehr lassen POWERWOLF die Rekorde purzeln. Mit "The Sacrament Of Sin“ haben die fünf Wölfe diesen Sommer nicht nur einen weiteren chartstürmenden Longplayer auf den Markt geworfen, sondern mit der dazugehörigen "Wolfsnächte-Tour 2018" zusätzlich sämtliche Erwartungen übertroffen. 14 von 20 Shows des ersten Durchgangs konnten sich schon lange vor Tourstart das "Sold Out“-Schild vor die Tür hängen – kein Wunder, dass die Hallen seit Jahren wachsen.
Nur im Schwabenländle scheint die Zahl der Kultanhänger ein wenig zu stagnieren. Die MHP Arena präsentiert sich an diesem kühlen Samstagabend zwar ordentlich gefüllt, aber doch ein gutes Stück entfernt vom Ausverkauf. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch, schon vor Showbeginn wird freudig vom reichhaltigen Speisen- und Getränkeangebot der Halle Gebrauch gemacht. Mehrzweckhallen besitzen manchmal eben doch unbestreitbare Vorteile.
Kissin' Dynamite
Wer sich des schwäbischen Geizes zum Trotz endlich zwischen Roter Wurst und Butterbrezel entschieden hat, bekommt mit KISSIN' DYNAMITE auch schon den ersten Support-Act vorgesetzt. Frei nach dem Motto "Bring Back Stadium Rock“ legt das schon seit 11 Jahren bestehende Quartett dynamisch los und feuert ein ansprechendes Set an Rockhymnen ab. Vollzeitschönling Hannes Braun hat sichtlich von den Besten gelernt und bewegt sich gut gelaunt durch sämtliche Posen der Rockgeschichte. Währenddessen reihen seine Kollegen schmissige Riffs und schnelle Soli aneinander, was in der Halle ordentlich Anklang zu finden scheint. Wirklich frisch klingt das alles nicht, ihren Job als Anheizer absolvieren die Jungs aber ganz famos.
Amaranthe
Der zweite Support im Vorprogramm der wölfischen Hausherren, AMARANTHE, stellt die nächste hochkarätige Formation des Abends dar – jedenfalls dem Namen nach. Denn live können die Schweden bekanntlich nicht immer überzeugen. Auch an diesem Abend präsentiert sich das Sextett nicht in Topform, wenn auch koordinierter als noch vor einem Jahr im LKA. Der beständige Wechsel zwischen verschiedenen Sängern gelingt diesmal besser, nur Aushängeschild Elize Ryd trifft nicht immer den richtigen Ton.
Dennoch scheint der Auftritt der Schweden dem Gros des Publikums zuzusagen, die große Hitdichte des Bandrepertoires verfehlt ihre Wirkung nicht. Hits wie "Hunger“, "Drop Dead Cynicle“ oder "The Nexus“ sind live nur schwer zu toppen, sodass selbst zwei Herrschaften im Corpsepaint – Grüße an dieser Stelle – ihre Köpfe im Gleichklang schwingen. Ein surrealer Anblick, welcher den Redakteur bald schon mehr fesselt, als das routinierte Treiben auf der Bühne.
Powerwolf
Die ungewöhnlich lange Umbauphase für den Headliner des Abends lädt geradezu dazu ein, auch der frischen Luft wieder einmal einen Besuch abzustatten. Blöd nur, dass die Security nicht viel von solch gesundheitlich positiven Bestrebungen hält und ein Ausgangsverbot verhängt. Wer raus geht, kommt nicht mehr rein – einige Unwissende müssen dies schließlich bei eigenem Leib erfahren. Dann lieber doch warten und Däumchen drehen.
Als der Vorhang letztlich fällt, wird das Publikum belohnt. Zum Opener "Fire & Forgive“ offenbart sich ein opulentes wie beeindruckendes Bühnenbild. POWERWOLF haben definitiv nicht an den falschen Enden gespart und ziehen an diesem Abend sämtliche Register der Unterhaltungsbranche. Immer wieder lassen die Pyroflammen Hitzewellen über die Anwesenden rollen, während Feuerwerkskörper für ordentlich Rauch und Blickfeld-Beeinträchtigung sorgen.
Die bierseelige Menge feiert es ab und brüllt die zahlreichen Hits des Quintetts in einer solchen Lautstärke mit, dass selbst Sänger Attila Dorn ein um das andere Mal vor Staunen inne halten muss. Ansonsten geben sich die Wölfe routiniert. Jeder Schritt der Metalmesse ist ritualisiert, zwischen den Songs lockern die Deutschen ihre Show mit kleinen Witzeleien und Ansagen auf. Wer dabei nach Spontanität sucht, ist auf der falschen Show gelandet – POWERWOLF zocken sich locker-lässig durch alle Kirchenklischees, bleiben dabei aber stets bodenständig und fannah.
Die Setlist überrascht auch an diesem Abend nicht, schreibt sich diese bei Songs wie "Army Of The Night“, "Amen & Attack“, "We Drink Your Blood“ oder "Resurrection By Errection“ doch von selbst. Erfreulich ist jedoch die hohe Zahl neuer Songs im Set, von denen insbesondere die Ballade "Where The Wild Wolves Have Gone“ ordentlich für Gänsehaut sorgt. Mit "Lupus Dei“ endet das Hauptset schließlich und lässt ohrenbetäubende Zugabenrufe erschallen. Diese erfüllen die Wölfe selbstverständlich bereitwillig, sodass "Werewolves Of Armenia“ schließlich den Schlusspunkt einer hervorragenden Show darstellt.
Ein Eingeständnis
Als die Menschen endlich aus der MHP Arena strömen, muss sich der Schreiberling ein Eingeständnis machen, welches bei aller Ablehnung kaum zu leugnen ist. POWERWOLF sind die Band der Stunde. Nicht nur die Hitdichte der Formation nötigt Respekt ab, sondern vor allem die beeindruckende – wenn auch völlig unspontane – Live-Performance. Die Wölfe liefern schlicht und ergreifend Entertainment auf höchstem Niveau. Entsprechend zieht die Truppe auch ein vergleichsweise junges Publikum an. Es mag einem gefallen oder auch nicht, aber POWERWOLF sind vielleicht tatsächlich die Zukunft der Metalszene.