Eigentlich entspricht Jeff Waters – Gründer, Fronter und Lead-Gitarrist von ANNIHILATOR – so gar nicht dem Klischee eines grimmigen Metalheads. Passend dazu stellt sich der Mann, welcher auf dem aktuellen Bandfoto mit seinem Schuh telefoniert, an diesem Abend flapsig als "the coolest guy in the band“ vor. Die Lacher seiner Fans hat der 53-Jährige damit auf seiner Seite – und diese werden auch dringend benötigt.
Denn noch vor einem Jahr war die Stimmung alles andere als gelöst. Vielmehr regierten Enttäuschung und Unglaube das öffentliche Bild, ein bisschen Wut dürfte wohl auch dabei gewesen sein. ANNIHILATOR, die eigentlich am 19. Oktober 2018 in der Kieler Pumpe hätten auftreten sollen, hatten die gesamte Tour kurzfristig abgesagt. Da war es nur ein schwacher Trost, dass die Tickets ihre Gültigkeit behalten durften. Das Versprechen: Wir kommen zurück!
Archer Nation
Gesagt, getan! Ein Jahr später sind die kanadischen Thrash-Legenden zurück in Deutschland und mit ihnen auch ARCHER NATION – man möchte sagen „mal wieder“. Schließlich durfte das Trio schon bei der Tour 2015 für die Kanadier eröffnen. Eine gute Wahl ist die Heavy-Metal-Band für die Rolle als Vorband aber in jedem Fall.
Unbeeindruckt vom zu Beginn eher unterkühlten Publikum, spielt sich die Truppe um Gitarrist und Fronter Dylan Rose schnell in die Herzen der Anwesenden. Denn wenn die US-Amerikaner eine Tugend an den Tag legen, dann ist es Leidenschaft. Während die nicht immer perfekt abgemischten Vocals manchmal untergehen, sorgen die fetzigen Riffs und pfeilschnellen Gitarren-Soli für konstante Bewegung unter den Feierwütigen. Am Ende des 45-minütigen Sets steht wohlverdienter Applaus!
Annihilator
Kurz nach 21 Uhr – zzgl. der beachtlichen Verspätung von 364 Tagen – stehen schließlich ANNIHILATOR auf der Bühne des alten Pumphauses. Dass sich Fans dabei wieder einmal an neue Gesichter gewöhnen müssen – Rich Hinks (Bass) und Fabio Alessandrini (Drums) sind erst seit 2017 Teil der Band –, gehört irgendwie zur Standardprozedur. Viel Betrieb macht die neu zusammengewürfelte Thrash-Institution aber nichtsdestotrotz. Dem Opener "Betrayed“ folgt das elegant umgedichtete "King Of The Kiel“, während der erste Mosh Pit schon auf Hochtouren läuft.
Besonders beeindruckend an diesem Abend ist, mit welcher Energie ANNIHILATOR performen. Pausenlos zieht es Waters, Hinks und Gitarrist Aaron Homma über die gesamte Bühnenlänge. Kein Weg scheint zu weit, um auch den letzten Fan mit einem Faustcheck zu bedienen. Währenddessen zockt sich die Band durch sämtliche Schaffensperioden, sodass sich Fans neben den aktuellen „For The Demented“-Stücken "One To Kill“ und "Twisted Lobotomy“ vor allem über die Klassiker freuen dürfen. Entsprechend laut wird "Phantasmagoria“ der Band entgegen gebrüllt.
Ein Abend im Rausch
Die Zugabe steht letztlich ganz im Zeichen des verstorbenen Randy Rampage und des legendären Albums „Alice In Hell“. So endet die zweistündige Show mit den heiß ersehnten "W.T.Y.D.“ und "Alison Hell“ in einem schweißtreibenden Finale. Der Abend endet im Rausch. Der Kater allerdings sollte, dank des Wissens, dass im Januar schon das 17. Studioalbum der Formation erscheinen wird, dann doch irgendwie ertragbar sein. ANNIHILATOR bleiben eben auch 2019 eine feste Institution im Showgeschäft.