"I Miss Merel“ – fast schon anklagend prangt der in den Staub gewischte Schriftzug auf dem Tourbus der niederländischen Symphonic-Metaller von DELAIN. Kein Wunder, denn obwohl Ex-Gitarristin Merel Bechthold gerade einmal vier Jahre Teil der Formation gewesen ist, hat sie den musikalischen Werdegang der Band maßgeblich mitbestimmt. Mehr Mut, mehr Bombast, mehr Komplexität – DELAIN haben mit Bechthold den Sprung zu internationaler Klasse vollbracht. Auf der "The Masters Of Destiny“-Tour präsentiert man sich nun erstmals wieder als Quintett.
Arkona
Doch wer an diesem Abend nach Hamburg gereist ist, um das neue "alte Delain“ zu erleben, muss sich erst einmal mit ARKONA zufrieden geben. Längst als Geheimtipp in der Folk-Metal-Szene verschrien, dürfen sich die Russen als einziger Support heute über sechzig Minuten auf der Bühne des Grünspans freuen. Wirklich begeistern kann das Quintett trotz viel Engagement allerdings kaum.
Die Mischung aus Folk und Metal ist gut gemacht, vermag darüber hinaus aber nur wenig Akzente zu setzen. So bleibt häufig das Gefühl, all dies schon irgendwo anders einmal gehört zu haben. Stück um Stück zieht an den Ohren vorbei, ohne hängen zu bleiben. So lässt das Hamburger Publikum den Auftritt mit wenigen Ausnahmen stoisch über sich ergehen, zum Schluss steht höflicher Applaus.
Delain
Nach einer halbstündigen Umbaupause dürfen um halb 10 schließlich DELAIN auf die Bretter. Doch auch die Niederländer haben zu Beginn mit einem kleinen Stimmungstief zu kämpfen. Das mutig als Opener gewählte "Invidia“ zündet genauso wenig wie das folgende "April Rain“. Sängerin Wessels liegt bei dem ein oder anderen Ton daneben. Erst mit der "Moobathers“-Single "The Glory And The Scum“ scheinen sich Publikum und Band aufeinander einzustimmen.
Danach aber spielen DELAIN souverän ihre Stärken aus, während sich Hit an Hit reiht. Der Sound ist gut, die Stimmung wird mit jedem weiteren Fanfavoriten immer besser. So werden auch die neuen, noch unveröffentlichten Stücke "Burning Bridges“, "One Second“ und "Let‘s Dance“ begeistert empfangen und demonstrieren eindrucksvoll die Songwriting-Qualitäten der Band. Nur das bombastische "Masters Of Destiny“ schafft es nicht zu seiner Studiofassung aufzuleben, ist für die Band live dann doch eine Nummer zu groß.
Dem Publikum ist es herzlich egal, schließlich haben die Niederländer auch an diesem Abend einige nette Überraschungen mit dabei. Zu "Hands Of Gold“ explodieren Konfettikanonen, während die großen Luftballons zu "Don‘t Let Go“ einen Hauch Popcharakter durch das Grünspan ziehen lassen. Da verzeiht man es auch, dass die auf ewig tot gespielten "The Gathering“ und "We Are The Others“ wieder einmal den Abend beschließen.
Delain und die Altlasten
Trotzdem bleibt die Erkenntnis, dass DELAIN verstärkt mit ihren Altlasten zu kämpfen haben. Die großen Fortschritte, welche die Niederländer seit ihrem 2006er Debüt "Lucidity“ vollbracht haben, lassen sich aufgrund zahlreicher Fanlieblinge nicht immer auf die Setlist umwälzen. So zeigen sich die Niederländer live hin und hergerissen zwischen hochqualitativem Songmaterial und schwächlichen Klassikern.
Trotzdem: Der schon während der Show nicht enden wollende Applaus ist auch nach Ende Beweis genug, dass DELAIN zum wiederholten Male ihr Publikum glücklich gemacht haben. Und das ist ja das Wichtigste.