Auf SERENITY als weiteren Support freue ich mich ebenso. Deren Headliner-Show Anfang des Jahres 2024 gefiel mir richtig gut. Allerdings sehe ich diesem Auftritt eher mit gemischten Gefühlen entgegen, da am Tag zuvor per Instagram bekannt gegeben wurde, dass Sänger Georg Neuhauser krankheitsbedingt zunächst durch Gitarrist und Sänger Marco Pastorino vertreten wird. Vor dem Eingang der Turbinenhalle I in Oberhausen treffe ich auf einige Fans mit VIP-Tickets, die in dieser Angelegenheit recht verständig und zuversichtlich wirken.
Der bevorzugte Einlass der VIP Gäste zögert sich allerdings ganz schön lange hinaus, vor allem die SERENITY-Fans brauchen viel Geduld, vermutlich wegen technischer Schwierigkeiten. Generell warten bei bestem Spätsommerwetter anfangs nicht viele vor'm Eingang. Erst kurz vor Öffnung der Türen wird die Schlange länger. Es ist mir bekannt, dass die Turbinenhalle I an diesem Abend nicht ausverkauft ist, aber sie ist dann schließlich doch gut gefüllt. Die Turbinenhallen I und II sind zwei alte miteinander verbundene Hallen, die ursprünglich zur Stromerzeugung für die damals ansässige Stahlindustrie dienten und seit den 90er Jahren als Eventlocation in Oberhausen genutzt werden. Für mich immer wieder ein cooles Venue, um Bands live zu sehen.
Obwohl ich draußen direkt vorn stehe, mache ich mir nicht allzu viel Hoffnung auf einen Platz in der ersten Reihe, da ja die VIPs alle berechtigterweise zuvor in die Halle dürfen. Was mich erstaunt, wie viele dieser Fans mehrere Konzerte oder teilweise sogar alle Konzerte der Tour besuchen. Endlich darf auch ich pünktlich zur Einlasszeit hinein und erlebe hier einen wunderbaren Moment: Einige der VIP Gäste haben mir einen Platz in der Mitte der ersten Reihe freigehalten, um von dort aus tolle Fotos und Videos zu machen. Dass es so nette Menschen gibt, berührt mich wirklich sehr.
BRYMIR
19 Uhr startet der finnische Melodic-Death-Metal-Support BRYMIR. Im Vorfeld machte ich mir Gedanken, wie diese zu dem Lineup der Tour passen. Aber jegliche Zweifel sind nach den ersten Tönen der Band verflogen: Sie legen eine derartige Spielfreude an den Tag, die einfach ansteckend ist. Der Sound ist top und ich bin sofort überzeugt. Mein Eindruck ist, dass es den meisten im Publikum ebenfalls so geht, auch wenn sich alle zurückhalten und es keinen Moshpit oder ähnliches gibt.
Nach ca. 30 Minuten ist der Auftritt von BRYMIR leider schon vorbei. Der Humor der Musiker ist wirklich super. Zum ersten Mal höre ich hier eine leidenschaftliche Ansprache und ein Lied über Lachse angeln. Grundsätzlich sind die kurzen Statements und die Interaktionen mit dem Publikum toll. Ich hätte mich gerne noch weiter so unterhalten lassen. Insgesamt spielen sie sechs Songs von drei ihrer vier Alben. Die sehr dekorative Setlist habe ich mir gesichert und zum Schluss nach den drei Shows am Merchstand vom Sänger signieren lassen. Er erzählt mir, dass sie ebenfalls viel Spaß auf der Bühne hatten. Gerne und auch länger würden sie hier, vielleicht schon im kommenden Jahr, mit ihrem nächsten Album wieder auftreten – und dass das Bier in Deutschland sehr gut schmeckt.
Zu Hause, bei genauerer Betrachtung der Setlist, stelle ich schließlich fest, dass sich auch hier der Humor der Band wiederfindet. In fast jedem Songtitel sind einige witzige Wortspielerein versteckt.
Hier die Setlist von BRYMIR mit den richtigen Titeln:
„Voices In The Sky“, „Ride On, Spirit“, „Starportal“, „Herald Of Aegir“, „Fly With Me“, „Wings Of Fire“
Dann folgt eine Umbaupause, bei der eigentlich nicht wirklich viel umgebaut werden muss. BRYMIR spielte bereits auf dem Drumset von SERENITY. Das Rollbanner im Hintergrund wird ausgetauscht gegen das von SERENITY und es werden zwei Aufsteller, ebenfalls mit dem Schriftzug der Band, links und rechts auf der Bühne zum Publikum umgedreht. Hier und da werden noch ein paar Kabel gezogen.
SERENITY
Jetzt ist der Moment da, den ich mit Spannung erwarte: Der Auftritt der Symphonic-Metal-Band SERENITY beginnt ohne den kranken Sänger Georg Neuhauser. Vertreten durch Marco Pastorino, der hier normalerweise Gitarre spielt, aber auch singt. Dieser wiederum wird an der Gitarre ersetzt von Michael „Hinki“ Brink, der bereits öfters SERENITY live unterstützt hat. Ich selbst habe ihn bereits im Februar als Gitarrist anstelle von Chris Hermsdörfer beim Konzert gesehen.
Voll motiviert starten die Musiker in die Show und Marco Pastorino macht einen hervorragenden Job. Seine Nervosität ist kaum spürbar. Er gibt Vollgas und interagiert sehr gut mit dem Publikum und den Bandkollegen. Es wirkt alles sehr professionell. Hier und da sind die Mikrofone der anderen Musiker vielleicht ein wenig zu leise eingestellt, aber ansonsten sind der Sound und der Gesang absolut klasse.
Am Ende des vorletzten Liedes war ein kurzer Moment, in dem man merkte, dass der Druck von Marco abgefallen ist. Auch hat er öfters, vermutlich nur zur Sicherheit, den Text auf einem Teleprompter unten neben dem zentralen Mikrofon abgelesen oder überprüft. Das ist aber wahrscheinlich nur mir und einigen wenigen in den ersten Reihen aufgefallen und nicht im negativen Sinne. Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit dem Auftritt. Einzig eine Zugabe hätte ich mir vielleicht noch gewünscht, selbst von einer Supportband. Bei BRYMIR zuvor gab es leider auch keine.
SERENITY hatten auf dieser Tour sieben Lieder von drei verschiedenen Alben auf ihrer ca. 30 minütigen Setlist:
„The Fall Of Man“, „Ritter, Tod und Teufel (Knightfall)“, „Set The World On Fire“, „The End Of Babylon“, „Reflections (Of AD)“ (Kurzversion), „Legacy Of Tudors“, „Lionheart“
Nach dem Abschlussfoto helfen die Bandmitglieder alle wieder kräftig mit beim Abbau, ebenfalls wie bereits beim Aufbau des Equipments. Das Drumset von SERENITY sowie die Banner mit den Bandnamen verschwinden von der Bühne. Der riesige Schriftzug von BATTLE BEAST wird nun an der Rückseite sichtbar und das große Drumset enthüllt.
BATTLE BEAST
Nun kann das erste Konzert der „Circus Of Doom Over Europe Part II“ Headline Tour von der finnischen Metal Band BATTLE BEAST beginnen. Diese startet direkt energiegeladen mit dem Titeltrack „Circus Of Doom“ vom gleichnamigen Album. Sängerin Noora Louhimo lässt es von der ersten Sekunde an mit ihrer Bühnenpräsenz und kräftigen Stimme ordentlich krachen. Nichts erinnert mehr daran, dass sie selbst vor einiger Zeit noch enorme gesundheitliche Schwierigkeiten hatte. Einzig ihre teilweise sehr emotionalen Ansprachen lassen erahnen, wie nahe ihr das tatsächlich alles geht und was es ihr bedeutet, hier heute wieder auf der Bühne stehen zu können.
Ab und an gönnt sie sich Pausen, die mit musikalischen Spielereien der anderen Musiker sowie dem Mischen und Verteilen von Drinks gefüllt werden. Eine Runde geht dabei gedanklich an den Gitarristen, der hier vertreten wird, weil er gerade Vater geworden ist. Zu den musikalischen Ausflügen außerhalb der BATTLE BEAST Songs gehören u.a. Interpretationen von „A Whole New World“ – ALADDIN, „I Was Made For Lovin‘ You“ – KISS, „Maria (Doop, Doop, Doop)“ – SCOOTER, „The Force Theme/Imperial March“ – STAR WARS und TOP GUN.
Zwischendurch teilt Noora mit Einverständnis ihrer Bandkollegen ein Geheimnis mit: Nach dieser Tour werden sie direkt wieder ins Studio gehen und ein neues Album aufnehmen, mit dem sie im nächsten Jahr gerne wiederkommen möchten. Da haben sich BATTLE BEAST für die Zukunft schon einiges vorgenommen und die Fans freut es. Eine weitere Überraschung des Abends ist die Bekanntgabe, dass das ganze Konzert als Live-Stream bei YouTube mitläuft. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, zeichnet die Band diesmal alle ihre Shows so auf.
15 reine BATTLE BEAST-Songs von verschiedenen Alben werden gespielt. Es wird nur durchgepowert mit allem drum und dran ca. 95 Minuten lang, abwechselnd unterstützt mit vier Nebel- und Feuerfontänen sowie Lichteffekten. Eine Ballade hätte ich mir vielleicht doch gewünscht, um Nooras fantastische Stimme noch mehr zu genießen. Eine Kostprobe ihrer Stimmgewalt bietet sie dem Publikum mit A-capella-Gesang zu Beginn des Songs „Eden“ – super beeindruckend und ein absoluter Gänsehautmoment.
Alle Lieder der Show sind Top-Songs der Band. Vor allem freue ich mich, meinen persönlichen Liebling „Wings Of Light“ live zu hören. Diesen kündigt Noora mit einer zusätzlichen Widmung für das Publikum und die Musiker an. Mit Leidenschaft, einer energiegeladenen Show und musikalischem Können haben BATTLE BEAST auf alle Fälle das Publikum mitgerissen.
Bis auf die kleinen musikalischen Spielereien außerhalb der BATTLE BEAST-Songs ist die Setlist der „Circus Of Doom Over Europe Tour Part II“ mit der von Part I identisch.
Setlist BATTLE BEAST:
„Circus Of Doom“, „Straight To The Heart“, „Familiar Hell“, „Armageddon“, „Place That We Call Home“, „No More Hollywood Endings“, „Eye Of The Storm“, „Where Angels Fear To Fly“, „Bastard Son Of Odin“. „Russian Roulette“, „Wings of Light“, „Eden“
Zugaben: „Master Of Illusion“, „King For A Day“, „Beyond The Burning Skies“
Ich bin zufrieden mit der Spieldauer, Performance und Qualität der Konzerte der drei sympathischen und spielfreudigen Bands. Die Security hat auch einen ziemlich entspannten Abend hinter sich. Außer einen leeren Plastikbecher an die Seite zu stellen, gab es nach meinen Beobachtungen kaum irgendwelche erforderlichen Tätigkeiten – ein sehr friedliches und harmonisches Publikum.
Über neue Musik von BRYMIR und BATTLE BEAST im nächsten Jahr würde ich mich durchaus freuen. Vielleicht ziehen SERENITY auch nochmal nach.
Für alle drei Bands empfehle ich definitiv einen Konzertbesuch.