Das alles geschieht natürlich nicht ohne Grund, denn MANTAR feiern die Veröffentlichung der neuen Platte „Post Apocalyptic Depression“. Wir konnten uns diese fette Party selbstverständlich nicht entgehen lassen.
Um mich an einem Sonntagabend bei -10°C aus dem Haus locken zu können, muss ein wirklich besonderer Beweggrund vorliegen. Eine Kombination aus MANTAR und KVELERTAK konnte mich definitiv überzeugen, und so stand ich pünktlich um 20 Uhr auf der zum Sonntag ziemlich verlassen aussehenden Reeperbahn vor der Großen Freiheit 36, um dann ein wenig entnervt feststellen zu müssen, dass die Vorband URNE bereits um 19:30 Uhr zu spielen angefangen und ich somit den gesamten Auftritt verpasst hatte.
Ich war nicht die einzige Besucherin, die ein wenig angefressen und enttäuscht war von dem schlecht kommunizierten Zeitmanagement. Umso mehr freute es mich, zu sehen, dass die Bude rappelvoll war und alle Metaller:innen gebannt auf das Hauptprogramm warteten.
KVELERTAK
Puh, wenn man KVELERTAK auf einer Energieskala von 1 bis 10 einordnen müsste, wäre die Wertung bei mindestens 100. Mit beeindruckendem Enthusiasmus rockten die norwegischen „Black’N’Roller“ die Bühne und präsentierten einen groben Abriss ihrer Bandhistorie. Das Feinste vom Feinen wurde hier aus allen Alben ausgewählt und auf dem Goldteller präsentiert.
Sänger und Energiebündel Ivar Nikolaisen als Frontmann der Band schmiss sich sogar richtig ins Zeug und ich bin mir sicher, dass er ordentlich Ausdauertraining absolvieren musste, um auf einer kompletten Tour derart körperlich mithalten zu können. Trotz all der Mühe musste ich überrascht feststellen, dass das Publikum wider Erwarten noch recht verhalten war. Es dauerte fast bis zur Hälfte des Sets, bis einige Fans im vorderen Zuschauerbereich vom Headbangen zum Herumgeschubse übergingen.
Es kristallisierte sich jedoch recht schnell heraus, was die Zuschauer-Lieblingstracks waren, denn spätestens nach „Likvoke“ war der Bann gebrochen und die Hamburger:innen tauten restlos auf, sangen mit und trugen Ivar wortwörtlich auf Händen. Mit „Bråtebrann“ verabschiedete sich die Band unter Fahneschwenken von der Masse und machte schließlich die Bühne frei für MANTAR.
MANTAR
Seit ich vor ungefähr drei Jahren MANTAR das erste Mal live auf der Bühne gesehen habe, hat sich einiges getan. Schon damals hat mich das Duo mit seinem schweren Sound, den man eigentlich mindestens vier Musiker:innen zuschreiben würde, und der wilden Energie in den Bann gezogen.
Auch dieses Mal betraten Erinc (Schlagzeug) und Hanno (Gitarre und Geschrei) nach dem AC/DC-Einspieler „Razor’s Edge“ bei Kerzenschein und unter tiefem Dröhnen, das durch eine dicke Verstärkerwand gejagt wurde, die Bühne. Doch diesmal war die Grundatmosphäre weitaus weniger aggressiv. Hannos Florida-Lifestyle blieb durch seinen weißen Sonnenhut auch auf der Bühne nicht unbemerkt und zwischen den Tracks wurde auch hin und wieder nett geplaudert – dabei wurde es auch sogar ein wenig emotionaler. Auch wenn MANTAR aus Bremen stammen würden, so Hanno, gäbe es MANTAR ohne Hamburg nicht. Und hier standen sie nun elf Jahre nach Veröffentlichung ihres ersten Albums „Death By Burning“, um ihren Neuling „Post Apocalyptic Depression“ zu zelebrieren.
Kaum erklangen die ersten Akkorde vom ersten Song „Age Of The Absurd“, gab es eigentlich kein Halten mehr und der Moshpit wurde eröffnet, der, wie ich leider feststellen musste, wieder unverhältnismäßig stark männerdominiert war. Mit einigen älteren Tracks heizten MANTAR die Menge ein, um dann schließlich auch die brandneuen Tracks live zu wagen, was von den Zuschauer:innen sehr willkommen geheißen wurde. Insbesondere die beiden Single-Auskopplungen „Rex Perverso“ und „Halsgericht“, die es schon einige Zeit vorher zu hören gab, machten sich gut.
Auch nutzten MANTAR die Bühne, um auf die kommenden Bundestagswahlen aufmerksam zu machen. Zu diesen Zeiten ist es immer wieder ein tröstendes Gefühl, wenn Musiker:innen Haltung zeigen und ein ganzer Raum gemeinsam „Ganz Hamburg hasst die AfD!“ grölt.
Unter tosendem Applaus und sichtlich zufrieden verließen Hanno und Erinc schließlich die Bühne und wir waren sehr froh, dass die Mitarbeiter:innen in der Großen Freiheit 36 so effizient an der Garderobe arbeiteten, sodass wir ganz flott ohne viel Anstehen wieder in die Eiseskälte entlassen werden konnten.