20.05.07. - Der Sommer ist auch im hohen Norden der Republik auf dem Vormarsch. Dafür gab es einige Anzeichen an diesem Abend. Bereits im hellen Abendlicht reihten sich die unzähligen Prostituierten, denen böse Zungen sonst eine vampirgleiche Lichtempfindlichkeit nachsagen; im T-Shirt ist einem nun bereits warm genug und trotz der noch milden Temperaturen lag bereits ein seltsam-sommerlicher Geruch in der abgasgeschwängerten Luft.
Meine Bedenken, dass ich nicht mehr reinkommen würde, wurden zwar nicht erfüllt, doch war es wie erwartet ordentlich voll. Selbst als die nicht ganz so berüchtigten TEPHRA in die Saiten schlugen, standen die Besucher schon dicht beieinander.
Als Vorheizer waren die Braunschweiger eine gelungene Wahl. Zwischen brachial und zerbrechlich, letal und vital sowie hell und dunkel driftete das Quintett. Donnernde Schreiausbrüche über schleppenden Arrangements wurden mit mitreißenden, mittelschnellen Rhythmen gekreuzt, sodass die zufrieden lächelnden Gesichter fleißig auf und ab nickten.
Aus der Stadt der Engel im sonnigen Kalifornien stammen die fünf Herren, die es sich nun auf der Bühne häuslich machten. Unzählige Gitarreneffektgeräte, sechs fleischfarbene Nachttischlampen am Rand der flachen Bühne und eine Leinwand als Backdrop, auf der verschiedene Schwarzweißfilme liefen, schufen eine beeindruckende Atmosphäre. Abgesehen von den sechs kleinen Schirmlampen und eben dieser Leinwand gab es keine Lichtquelle, sodass sich kaum einer traute, mit Blitz zu fotografieren und damit die Atmosphäre zum Kippen zu bringen.
Höhepunkte in dem selbstverständlich nur instrumentalen Auftritt waren die beiden umwerfenden Stücke "Buildings Began To Stretch Wide Across The Sky, And The Air Filled With A Reddish Glow" und "Alone And Unaware, The Landscape Was Transformed In Front Of Our Eyes". Die Stücke waren ähnlich einer dünnen Spinnwebe, die sich in einen Nylonfaden, ein dickes Band, eine Paketschnur, ein kräftiges Seil, ein Tau und schließlich in ein gewaltiges Stahlseil verwandelte, aufgebaut, das seine Dichte, Größe und Beschaffenheit veränderte.
Zusammen mit den stimmungsvollen Aufnahmen eines Feuerwerkes, eines schnell durchfahrenen Tunnels, einer gesprengten Brücke in Zeitlupe, lachender Asiaten, Szenen aus der Kulturrevolution, Treffen bedeutender Politiker und rätselhafter Landschaften verschob sich der inzwischen molligwarme Keller in eine andere Dimension. Die enorm langen Stücke, die aus den drei bis vier Saiteninstrumenten und dem fabelhaft innovativ gespielten Schlagzeug flogen, strotzten vorn Vielseitigkeit und Abwechselung. Von leisen Zwischenspielen, wo man sich kaum zu husten getraut hätte, bis hin zu ächzend schweren Felsen, die auf das Gemüt hämmerten, wurde alles aufgefahren.
Wirklich beeindruckt waren so nicht nur ich - und das bei meinen eigentlich eh schon hohen Erwartungen, die ich an RED SPAROWES hatte - sondern eigentlich auch alle Anwesenden. Solch ausdauernden Applaus hatte ich wirklich länger nicht mehr gehört, und ich kann mich auch kaum erinnern, jemals in letzter Zeit jede Sekunde eines Auftrittes so genossen zu haben, wie an diesem Abend.
Fazit: Genial!