Geschrieben von Simon Mittwoch, 11 April 2007 17:44
Kreator, Celtic Frost & Legion Of The Damned - Hamburg / Markthalle
05.04.07 - Ein paar Meter über dem Treiben einer der Hauptschlagadern Hamburgs, in der Nähe des Hauptbahnhofes, schlängelte ich mich an dem Cocktailtisch vorbei in die Markthalle. Drei Bands blieben nach der Absage von WATAIN auf dem Plan. Die erste hatte mich bereits im vorhergegangenen Jahr live unterhalten, die zweite ist trotz Legendenbonus ziemlich spurlos an mir vorbeigegangen, und die dritte nimmt eine ganz besondere Rolle ein.
Die Niederländer hatten schon die ersten ein, zwei Stücke hinter sich gebracht und hämmerten gerade mit "Into The Eye Of The Storm" auf die schon recht zahlreichen Besucher ein. Treibend, dampfend und stampfend tobten Schlagzeug und Saiteninstrumente, während eine volle, böse und rücksichtslose Stimme aus der Bauchgegend tönte.
Bereits beim letzten Mal schätzte ich die mitreißende, zeitlose Mischung der LEGION OF THE DAMNED. Nicht bloß ein neuer Anstrich über altbewährtem Stahlbeton, sondern eine erfrischende Kombination aus mehreren Jahrzehnten akustischer Gewalt. Das Publikum war insgesamt ähnlich angetan und feierte beim letzten Stück "Legion Of The Damned" noch einmal richtig mit. Auch dieses Mal begeisterte mich die Band in der knappen halben Stunde, die wir mitbekamen, vollkommen.
Was ich mir von den Schweizern von CELTIC FROST versprechen sollte, wusste ich nicht so recht. Trotz dem immensen Einfluss, der ihr zugesprochen wird, und obwohl ich unzählige Male etwas über die Band gelesen hatte, hatte ich keine Vorstellung von dem, was jetzt auf mich zukommen würde.
Meine ersten Vermutungen, es würde sich um flotten, soliden aber irgendwie langweiligen Sport drehen, wurden recht schnell platt gewalzt. Langsam, okkult und geheimnisvoll klangen die Stücke des schwarz-weiß geschminkten Quartetts. Gekonnt formulierte Ansagen unchristlicher Natur ließen den ganzen Auftritt an diesem Gründonnerstag stimmungsvoll und atmosphärisch daherkommen.
Meist achteten die recht gestandenen Herren jedoch auf ihr kühles, erhabenes Auftreten - was ich ihnen sogar wider Erwarten abkaufte - und versuchten, wortkarg zu bleiben. Hinter uns hatten sich einige Besucher mit gelangweilten, langen Gesichtern gesetzt, da offensichtlich nicht jeder einen Draht zu diesen trägen, schweren und düsteren Klängen hatte; wir schon, und so genoss ich jede der epischen achtzig Minuten. Keine Zugabe, keine Kompromisse, keine Schnörkel und keine Schokolade eben. Die Band ist auf jeden Fall ein Paradebeispiel dafür, dass die abgestumopfte Phrase Urväter auch auf eine Urgewalt passen kann.
Das Licht ging aus und "The Patriarch" summte aus den Lautsprechern. Nach dieser berechenbaren Einleitung folgte natürlich "Violent Revolution", und sofort fing die Menge Feuer. Unzählige Arme, Mähnen und vom Mitschreien verzerrte Gesichter blitzten im Licht der Scheinwerfer auf. Trotz der Doppel-Headliner-Tour gab es keinen Zweifel, wer die meisten Leute an diesem Abend hergelockt hatte.
Das Licht saß nicht weniger perfekt als die recht aufwendige Bühnendekoration mitsamt Video-Installation. Und das, obwohl ihr sympathischer Frontmann und Mastermind am Mikrofon, wie auch der Rest der Band in Sachen Bühnenpräsenz längst ausgelernt haben und eigentlich keine Hilfestellung benötigt hätten.
Schnell, brutal, professionell und selten auch mal melodisch flitzten sie durch mehr als zwei Jahrzehnte Bandgeschichte. KREATOR wussten ihre Fans zu begeistern und bedienten jede Generation. Von Klassikern wie "Pleasure To Kill", "Extreme Aggressions" oder "Tormentor" über experimentellere Stücke wie "Renewal" oder "Phobia" bis hin zu den letzten Schreien wie "Enemy Of God", "Impossible Brutality" oder "Reconquering The Throne" lieferten sie eine insgesamt achtzigminütige Episode Terror, die sowohl bei mir als auch bei den meisten Besuchern kaum Wünsche offen gelassen haben sollte. Von all den Stücken litt meine Textsicherheit lediglich bei dem recht neuen "Voices Of The Dead" erheblich; ansonsten kam ich mit meiner Stimme irgendwann einfach nicht mehr nach.
Brütende Hitze sorgte dafür, dass an uns der Schweiß in Strömen herunter lief und alle Kleidungsstücke restlos durchnässte. Viel von diesem wahnsinnig guten Auftritt lässt sich nicht beschreiben; man hätte einfach da sein müssen, als beispielsweise die gesamte Halle vor "Flag Of Hate" am Brüllen war oder geschlossen vor "Europe After The Rain" gegen den widerlichen braunen Film tönte, der sich in letzter Zeit vermehrt unbehindert über die Unpolitischen der Szene zieht. An diesem Abend ging sicher nicht nur für mich ein Traum in Erfüllung.
Hier die gespielten Stücke ohne Garantie auf Vollständigkeit, doch bin ich mir relativ sicher:
The Patriarch
Violent Revolution
Pleasure To Kill
Some Pain Will Last
Enemy Of God
People Of The Lie
Europe After The Rain
Suicide Terrorist
Awakening Of The Gods / Behind The Mirror (Medley)
Renewal
Extreme Agression
Phobia
Voices Of The Dead
Betrayer
Reconquering The Throne
Impossible Brutality
Flag Of Hate
Tormentor
(Fotos: Timo Wiemers)
Fazit: Was ein Abend! Zwei erstklassige Bands und eine außer jeder Konkurrenz. Seit jeher achte ich die vier sympathischen Herren als beste deutsche Band ihres Faches. Ja, vielleicht sind sie sogar die überhaupt beste Band ihres Faches, ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass ich diesen Abend garantiert so schnell nicht vergessen werde.
http://www.legionofthedamned.net/
http://www.celticfrost.com/
http://www.kreator-terrorzone.de/
Alle Artikel zu