Geschrieben von Montag, 04 Dezember 2006 16:54

Amon Amarth, Wintersun & Týr - Hamburg / Markthalle


Amon amarth
29.11.06 - In der kaum nennenswerten Verschnaufpause zwischen Dienst und dem Konzert zweifelte ich bereits daran, ob das eine so gute Idee sei, ohne Karte auf Einlass für die seit einigen Tagen ausverkaufte Veranstaltung zu hoffen. Wer wagt, gewinnt - und so ergatterte ich mir in dem Pulk von sicherlich dreißig Karten-Suchenden einen erschwinglichen Fetzen Papier, der mir den Abend retten sollte, und ich machte mich zufrieden auf den Weg ins warme Innere.

Da ich ja recht früh losgegangen war, um mir meine Karte zu sichern, bezahlte ich das nun mit ödem Warten und Herumsitzen. Von TYR versprach ich mir nun auch nicht zuviel, nachdem ich sie wenige Wochen zuvor auszugsweise bereits einmal als Vorgruppe erlebt hatte. Den Gesprächen der überwiegend langhaarigen Besucher um mich herum nach zu urteilen, dachte der Großteil anders, und so beschloss ich dem Quartett eine erneute Chance zu geben.
Diese traditionellen Lieder mit zaghafter, ansatzweise harter Untermalung waren immerhin besonders, da die Herren von den Färöern recht gut singen konnten. Meinen Geschmack traf das meistens nur bedingt, da ich die Mischung einfach streckenweise als lächerlich empfunden habe, obgleich der Ansatz diese uralten Stücke zu covern interessant war. Bei der Hymne "Hail To The Hammer" schlurften neben einem seltsamen Kerl mit einer Angel, an der ein Plüschtier mit dem Bandnamen baumelte, auch teilweise die anderen beiden Künstlerkollektive des Abends auf die Bühne und leisteten fleißig Unterstützung beim Gesang. Alles in Allem empfand ich sie angenehmer, als ich sie in Erinnerung hatte, und so war ich die halbe Stunde lang, die ich in einer der vorderen Reihen verbrachte, ganz ordentlich unterhalten.

Mehr als eine simple Cocktailkirsche sollten WINTERSUN werden, denn die Finnen wollte ich seit nun einigen Jahren endlich einmal live sehen. Nach einem epischen Auftakt vom Tonband legten sie mit "Winter Madness" auch einen mehr als passenden Einstieg hin, und die wilden Rutschpartien auf spiegelglattem Eis waren mitreißender, als ich mir das jemals erhofft hätte. Vielen schien die Band kein Begriff zu sein, doch die Meisten konnten dem Sog nicht widerstehen und gaben sich dem klirrenden und bombastischem Spektakel bedingungslos hin, sodass sich die vorderen Reihen in ein Meer aus flatternden Mähnen verwandelten, das ich von einer etwas höher gelegenen Position ebenso gut wie die Bühne überblicken konnte. Bunte Synthesizer untermalten die wilden Gitarrenkunststücke passend, während stets die überaus eingängigen und harmonischen Melodien die Oberhand behielten. In dem wirklich fabelhaftem Auftritt wurden alle mir wichtigen Stücke, wie unter anderem "Death And The Healing", "Starchild" und in der Zugabe dann mit erneuter Unterstützung der anderen Bands das umwerfende "Battle Against Time", herunter gespielt, welches leider auch schon das Schlusslicht bildete.

Wie das eben so ist, ließen es sich auch die wahren Wikinger an diesem Abend nicht nehmen, mit einem imposanten Auftakt die Bühne selbst nach einer auffällig langen Umbaupause unter tosendem Jubel zu erklimmen. Im Hintergrund hingen an Metallgestellen auch schon zwei überdimensionale Rundschilde, auf denen jeweils verschnörkelt der erste Buchstabe des Alphabets zu sehen war. Selbst diejenigen, welche die Texte nicht verstehen konnten, waren sich so sicherlich bewusst, dass sie gerade an Bord eines Drachenschiffes geklettert waren, das sich ohne Umwege durch das nördliche Eismeer presst. Denn eben diese Stimmung kam bei der Umbaupausen-Untermalung von JOHNNY CASH leider etwas zu kurz.
Die Texte wurden natürlich von Krieg, Odin, Ehre und dem ganzen Wikinger-Krempel dominiert, was aber selbst beim zehnten Stück nicht unangenehm wurde, da diese einen unglaublichen Druck und Rhythmus miteinander koppelten. So kämpften wir uns durch die eisigen Gewässer mit... na? Richtig: "With Oden On Our Side", wie denn auch sonst? Es wurde bereits nach den ersten zwei, drei Stücken ordentlich heiß und mir rann der Schweiß passend zu "Death In Fire" in Strömen durch das von Kriegsschreien verzogene Gesicht. Die verschwitzten, bärtigen Hünen boten den lebendigen Beweis, dass außer schweren Autos und Möbelbausätzen immer noch Musik einer der bedeutendsten Exporte des idyllischen Landes mit der blau-gelben Flagge ist. Sympathische Ansagen in gebrochenem Deutsch sorgten für eine nette Stimmung an Bord, und die Besucher schwangen das Haupthaar wie die Äxte zu den Donnerhymnen "Asator" oder "Runes To My Memory". Mit "The Pursuit Of Vikings" in der Zugabe brachten sie, wie kaum anders zu erwarten, nahezu die komplette Halle zum Schreien und mit "Vs The World" steuerten AMON AMARTH auch nach einer wirklich annehmbaren Spielzeit wieder die Heimat an. Wirklich zufrieden, um nicht zu sagen vollkommen glücklich, wenn gleich auch etwas seekrank von dem Lärmpegel, sehnte ich mich auf dem Weg aus der Halle auch meinem Bett entgegen.

Fazit: Ein wirklich eindrucksvolles, stimmungsvolles und wahnsinnig schönes Konzert, das einen Haufen Erinnerungen hervorgerufen hat, und das ich zweifelsohne so schnell nicht vergessen werde.

www.tyr.net
www.wintermadness.net
www.amonamarth.com