Wenn ein Caliban Konzert in Sichtweite ist, braut sich ein vorfreudiges Moshgewitter über den Köpfen eines jeden Metalcore-Fans zusammen. Wenn dieses auch noch als Release Party des neuen Albumfieslings „The Opposite From Within" fungiert, dann heißt es allemal gute Aussichten für Liebhaber musikalischer Donnerschläge.
Eigentlich konnte man am 08.10. schon von einem Metalcore-Festival sprechen, da sich im Vorprogramm von Caliban Oberkracher wie Heaven Shall Burn und God Forbid sowie Narziss, Six Reasons To Kill und Machinemade God breit machten. Das Hammer-Line Up führte dann auch dazu, dass die Matrix in Bochum mit über Tausend Hardcore- und Metal People bis zum Brechen voll war; die Konzertveranstalter hätten noch locker 100-200 Karten verkaufen können.
Burnyourears.de stand mitten drin, nur leider viel zu spät. Als ich ankam, hatten die ersten vier Bands schon gewütet, was mich im Falle von Heaven Shall Burn am meisten geärgert hat. Aber auch mit God Forbid ließ es sich bestens Aufwärmen. Die Jungs von der Ostküste der Staaten hauten ein tightes Set in die Menge, das hauptsächlich aus Songs des aktuellen Knallers „Gone Forever" bestand. Das, was auf Platte schon stark ist, kam bei mir auch live sehr gut an - besonders die vielen Soli verdienten das Prädikat „cool" - für die meisten Metalcoreler allerdings war die an Chimaira erinnernde Mischung trotz netter Breakdowns doch etwas zu Heavy Metal lastig. Trotzdem gab's auch aus Seiten der Skeptiker im Publikum Beifall. Die multikulturelle Band ist einfach zu sympathisch, um ihr keine Beachtung zu schenken, keine Frage. Unbedingt im Auge behalten!
War bei God Forbid noch gut durchkommen, ging bei Caliban gar nichts mehr - unausstehliche Enge, kochende Temperaturen, Erbarmungslosigkeit auf allen Ebenen! Sogar eine Bühnendeko war mit am Start und der Sound war zudem fast unverschämt gut: Alles war vorbereitet für den Caliban-Rundumschlag. Perfekte Bedingungen also. Der Gig ging mit „The beloved and the hatred" vom neuen und vierten Werk auch typisch brutal los, und wurde fast von Song zu Song noch brutaler. Ein überraschend langes Set machte es möglich neben alten Klassikern wie „Fire Of Night", „In My Heart", „Forsaken Horizon", „Vicious Circle" oder „The Seventh Soul" ganze fünf brandneue Vernichter rauszuhauen. Hier wurde wirklich jeder bedient, kein noch so ernsthaft auf Credibilität getrimmter Szenehüter konnte meckern. Klar, dass die Meute moshte, klatschte und freiwillig ihre Stimmbänder zerfetzte. Mehrere Circlepits, die obligatorische Wall Of Death, non Stopp umherfliegende Fäuste und waghalsige Stagediver verbreiteten viel positive Energie. Caliban nahmen diese Dankbar auf, zeigten sich spielfreudig, hungrig und musikalisch von feinster Seite. Für mich eine mehr als deutliche Steigerung zum Auftritt beim With Full Force diesen Jahres. Auch in Sachen cleane Vocals, die bisher, so sagt man, immer die Schwachstelle des Metalcore Flagschiffs waren. Gitarrist Denis Schmidt gab eine durchaus solide Perfomance ab; man merkte, hier hat einer viel trainiert. Aber wen interessieren schon groß sanftmütige Passagen, wenn Caliban so herrlich brettern und Druck machen können? Jeder Schlag saß, jeder Schrei riss an den Nerven - so muss es sein!
Wollte man mit der Release Party das neue Album willkommen heißen, so mussten Band und Fans an diesem Abend leider auch Abschied nehmen: Für Bassist Boris Pracht war es das letzte Mal auf der Bühne mit Caliban. Fortan konzentriert er sich ganz und gar auf's Gitarre spielen bei seiner Stammband Deadsoil. Das war aber auch der einzige Wehrmutstropfen. Alles andere hat Zukunft. Caliban haben ihren „Elite-Status" in der Szene weiter gefestigt und mit dem neuen Labelpartner Roadrunner Records potential für weit mehr.
Schweißgebadet schnappte ich mir vor der Rückfahrt noch ein aktuelles Caliban-Shirt für faire 13 Euro (Kapus 25 Euro), mit dem Hintergedanken, eine Band zu unterstützen, die bisher den Spagat zwischen Brutalität und Popularität zu meistern weiß. Zufriedene Gesichter überall bestätigten mir diese These. Gewaltiger Abend.