Geschrieben von Deniz Freitag, 28 Januar 2005 23:00
Killswitch Engage, Twelve Tribes & All That Remains - Köln / Live Music Hall
Köln, am 29.01.05 - 2004 war das Jahr von Killswitch Engage. Kaum eine Band hat dermaßen abgeräumt wie dieser sympathische Fünfer aus New England, Massachusetts - bei den Kritikern, bei den Fans, in den Charts; in allen Teilen der Welt. Kein Wunder, das dritte Album „The End Of Heartache" war eines der absolut mächtigsten Alben des letzten Jahres, und Killswitch Engage sind DIE Anführer der amerikanischen Metal(core)-Welle.Köln markierte das Ende der vom Erfolg gekrönten Europa-Tournee 2005 (alle Gigs ausverkauft!). Laut Band war dieser Abend der Höhepunkt jener Reise zum „alten Kontinent". O-Ton (www.killswitchengage.com): „The highlight of the tour was definitely the last night in Cologne, where the fans were so crazy that we had to throw them raw meat just to keep them from destroying the place." Und wie Recht sie haben: es war traumhaft!Welche Anziehungskraft KSE ausüben, zeigte die mit etwa 1800 Zuschauern bis in den letzten Winkel brechend eng gefüllte Live Music Hall (16 Euro Eintritt - fairer geht's nicht). Aber vor allem eines spiegelte die wahre Größe wieder: Das Szene-übergreifende Publikum - vom langhaarigen Death Metaller und dem kantigen Hardcore-Boy über das süße Teenie-Girl und dem Emo-Kid bis zum kultigen Kutten-Träger war an diesem Abend das gesamte Rock- und Metal-Lager vereint. So muss es sein!
Leider verpasste ich den ersten der zwei Support-Acts, nämlich All That Remains. Schade, denn von diesen Jungs habe ich bisher noch nicht allzu viel gehört, außer dass der Sänger früher mal bei Shadows Fall brüllte und sie zum engsten Umfeld des Headliners gehören sollen, dazu von allen Seiten empfohlen werden.Von Twelve Tribes wusste ich, dass sie eine extrem heiße Band sind - zumindest auf Platte. Oh ja, auch auf der Bühne machten sie eine top Figur und ließen fast sämtliche Songs des bärenstarken Roadrunner-Debuts „The Rebirth Of Tragedy" vom Stapel. Agil und selbstbewusst brachte das Quartett um Rasta-und-Vocal-Monster Adam Jackson vom ersten Song an das Publikum auf seine Seite. Der Applaus dafür ließ nicht zu wünschen übrig, zumal Twelve Tribes in deutschem Lande noch ein Insider-Tipp ist und der relativ komplexe Soundcocktail zwischen Metal, Hardcore und Melodie bedingt zum moshen geeignet ist. Aber mit einem weiterhin solch Power ausstrahlenden Frontmann und der zweiten Deutschlandtour im Vorprogramm der 36 Crazyfists, dürfte sich dieser Status schon bald ändern. Beide Daumen hoch!
Gut angeheizt stieg die Spannung in der gesamten Hall bis zum Anschlag. Wie werden sich Howard Jones und seine Mannen präsentieren? Mit den Schlagzeugschlägen des Album-Openers „A Bid Farewell" konnte es schon richtig heftig losgehen. Auf Anhieb drückte sich die Menschenmasse nach vorne, eine magische Energie ging um, Glück machte sich breit, kurz: die Hölle war los! Bangen, hüpfen, moshen, staunen - eine Erektion kann also auch anders verlaufen! Und dieses Erlebnis sollte noch orgastische Ausmaße annehmen: Der Sound war perfekt, die Lightshow cool, die Songauswahl aus Dampfhammern von „Alive Or Just Breathing" und mehrheitlich „The End Of Heartache" genau richtig - ein Highlight jagte das nächste! Die Musik wurde heavy, leidenschaftlich und - viel wichtiger - mit einer im textlichen aber auch im körperlichen Sinne positiven Aura vorgetragen.
Die Jungs wissen genau, um was es im Heavy Metal als auch im Hardcore geht. Soviel wie im Publikum passierte, so viel ging mindestens auf der Bühne. Howard Jones begeisterte mit seinen stimmlichen Qualitäten und zeigte sich selbst sichtlich begeistert von den frenetischen Fan-Reaktionen. Ein hüner Bär mit Charisma eben. Gitarrist Joel Stroetzel war mit seiner wilden Langhaarpracht optisch inzwischen zum echten Metal-Tier mutiert und bediente auch dementsprechend mit purer Lust und strahlendem Lächeln sein Instrument. Tieftöner Mike D'Antonio ist ein echter Poser, der im Iced-Earth-T-Shirt seine Axt auf allen Bühnenseiten zum Schwingen brachte inklusive Steve-Harris-Maschingewehr-Angriffen. Auge, du strahlst! Das Schlagzeugspiel von Ex-Musikstudent Justin Foley war so perfekt, dass es schon wieder nicht auffiel. Ein Kompliment? Ja!
Der größte Freak und Spaßmensch war allerdings Adam Dutkiewicz, der zappelig von einer Bühnenseite zur anderen sprintete, Simmons-like seine Zunge rausstreckte, seinen Mitmusikern auf die Instrumente oder auch mal auf den Arsch klopfte und noch allerlei andere Faxen anstellte. Dieser Mensch ist einfach äußerst sympathisch und hyperaktiv. Ob er mit letzterer Eigenschaft übertreibt, darüber kann man gerne streiten. Anyway, eine kurze, unerwartete Verschnaufpause gab's als Matthias Weckmann, Redakteur vom Metal Hammer, Killswitch die ehrenwerte Auszeichnung für das von den Lesern gewählte „Album des Jahres" überreichte. Howard und der Rest der Mannschaft waren Sprachlos und sichtlich gerührt; als ob der Abend nicht schon perfekt genug lief. Gratulation! Ein „We loooove you all" von Adam gab's als Danke schön.
Spätestens jetzt motiviert bis in die Haarspitzen trieben sich Fans und Musiker weiter an, bis die Funken sprühten - Feuer Frei, nächste Runde! Lauthals sang man die Refrain-Zeilen zu „When Darkness Falls", „Breath Life", „Rose Of Sharyn", „Fixation On The Darkness" oder "My Last Serenade" lauthals mit. Gänsehaut pur! Jeder Song wurde gleich abgefeiert, wünsche blieben in dieser Hinsicht definitiv keine offen. Die Stimmung war schließlich so gut, das gegen Ende des regulären Sets die beiden Sänger von All That Remains und Twelve Tribes auf die Bühne stiegen und Brüll-Unterstützung für das glorreiche Finale gaben. Das Konzert verwandelte sich in eine riesige Metal-Party, die niemanden unberührt ließ! Alles wirkte wie eine große Feier, bei der die Familie und die Freunde eingeladen waren. Die Gefühle schäumten über, sodass die Fans in den vorderen Reihen von Stagedivern aller Acts beschossen wurden und so nah wie nur möglich an den Gladiatoren waren.
Irgendwann, schweißtriefend, kündigte Howard Jones an, die letzten zwei Songs spielen zu wollen. Prompt reagierte das Publikum mit „five, five, five"-Chören - der Hunger nach ballernden Riffsalven dieser Klasse war einfach zu groß. Die Band konnte kaum fassen, was sich vor ihnen abspielte und gab schließlich mit einem breiten Grinsen nach, obwohl Howard die Fans für verrückt erklärte und KSE letztendlich doch nur drei weitere Songs runterzockten. Dass danach das Verlangen nach einer Zugabe noch immer groß war, versteht sich von selbst.
Mit „Killswitch"-Rufen und Klatschparaden wie im Fußballstadion empfingen die Fans ihre Helden zum zweiten Mal, welche ihre Jünger noch einmal mit „Worlds Ablaze" an den Rande des Wahnsinn bringen sollten. Ich habe gehört, dass sogar Leute umgekippt sein sollen. Dass der Gig letztendlich auch nur etwas mehr als eine Stunde dauerte, störte bei diesem musikalischen Kraftakt auch wirklich niemanden.Fazit: Einer der schönsten Konzert-Abende, der zeigte, dass sich Killswitch Engage - Metalcore-Hype hin oder her - zu einer der wichtigsten Bands der gesamten Metal-Landschaft mausert und weiterhin Maßstäbe setzt. Maximum Respekt!
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