Geschrieben von Deniz Montag, 22 August 2005 22:18
Amon Amarth, Cataract & Impious - Köln / Live Music Hall
Was hat die Papstjugend, die in Strömen ihrem Führer hinterherdackelte, Köln eigentlich gebracht? Nur Verkehrschaos und christliche Penetranz. Super, dank der überfüllten Straßenbahnen habe ich die erste Band des Abends, nämlich Impious, komplett verpasst. Herrgott noch mal!
Bei Cataract wäre das aber viel schlimmer gewesen, denn ihr letztes Album „With Triumph Comes Loss" ist eine einzige gewaltige Metalcore-Abrissbirne, deren livehaftige Umsetzung man sich nicht entgehen lassen sollte. Dennoch durfte man im Vorfeld skeptisch sein, wie gut sich die fünf Schweizer vor einem zu 95% aus Amon-Amarth-Shirts tragenden Metalheads (die 20 Hardcore-Fans waren wahrscheinlich mitgereiste Freunde der Band) behaupten würden. Doch die Labelkollegen des Headliners kannten keine falsche Scheu, sondern rissen ihr fieses Programm ohne Gnade runter und kamen überraschenderweise sogar richtig gut an. Verdammt viele Mattenträger lobten die ausnahmslos kurzhaarige Combo mit extrem freundlichen Applaus, und sogar wildes Headbanging konnte man hier und da beobachten. Die thrashige Mischung aus Slayer, The Haunted und Hatebreed knallte aber auch so was von rabiat durch die Live Music Hall, das die stilistisch fast identisch klingenden Maroon an diesem Abend hätten einpacken können. Zwar wirkte das Quintett mit Ausnahme des kultigen Sängers (hat jemand die Songtitel verstanden?) so charismatisch wie Hering in Tomatenpüree, aber die superharten Songs machten dieses Manko schnell wieder wett. Die luxuriösen 40 Minuten wurden von Cataract gut genutzt, um die Meute einzuheizen, wenngleich ich bezweifle, dass allzu viele Leute nach dieser gelungenen Show den Jungs mit einem CD-Kauf weiterhalfen. Dennoch, starke Band, souveräner Auftritt.
Keine Frage, der gesamte Abend gehörte den Viking-Superstars Amon Amarth. Köln, sonst eine Stadt mit viel Crossover-Appeal aber wenig Echtmetallanteil, mutierte zur wahren Hartwurst-Hochburg. Alles andere als eine proppevolle Live Music Halle wäre aber auch enttäuschend gewesen, schließlich wurde diese Location auserkoren, um die Livequalitäten der Nordmänner auf Band bzw. später auf DVD festzuhalten. So durften die knapp 1200 Jünger auch eine besonders tolle Show ihrer Helden erwarten. Und die bekamen sie auch! Nach einem pompösen Intro kam die Band um Sänger Johan Hegg majestätisch-langsam auf die große Bühne, woraufhin sich die Konzerthalle in ein wahres Tollhaus verwandelte. Amon Amarth legten gleich mit dem Opener „An Ancient Sign Of Coming Storm" ihres aktuellen Machtwerks „Fate Of Norns" windig los. Und schon nach zwei Minuten fuhr man die volle Effektpalette auf: Zehn in Vikinger-Montur gekleidete Männer mit Helm, Schild und Schwert stürmten die Bühne, klopften mit ihren Werkzeugen den Schlachtrhythmus an, während links und rechts die Feuerflammen emporschossen. Saucool! Zwar war danach erst mal lange Zeit Schluss mit Pyros und Schauspiel, aber dafür kam das Konzert immer Besser in Fahrt und die Euphorie der Fans kannte kein Halten. Überall wo man hinsah rotierende Köpfe, lauthals mitsingende Männer und Frauen, emporgereckte Fäuste und Teufelshörner - die Stimmung glich der einer frenetischen Party nach einer gewonnen Wikingerschlacht am Nordkap. So bekamen geile Highlights wie „Pursuit Of Vikings" (höllisch stampfender Groove!), „Fate Of Norns" (Gänsehaut!) oder „Once Sealed In Blood" (Banger!) eine völlig neue Bedeutung - aus auf Platte relativ unspektakulär wirkenden Nummern wurden stürmische Hymnen für das düstere Metalherz. Sowieso wurde vom letzten Album fast jeder Track gespielt, die im Gegensatz zu älteren Nummern wie beispielsweise „Masters Of War" oder „Bastards Of A Lying Breed" vom 2001er „Crusher"-Album weit mehr das epische Midtempofeld beackerten. Gebangt wurde aber unermüdlich zu allem, was Amon Amarth in einer erstklassigen Mannschaftsleistung durch die Menge schossen. So tight und druckvoll das Klampfenduo Mikkonen/Söderberg auch zockte, die Blicke der meisten konzentrierten sich auf den entblößten Frontmann mit dem mächtigen Bart, der voller Inbrunst seinen Stimmbändern alles abverlangte und eine gigantische Leistung bot. Bonuspunkte auch für seinen Humor. War ja klar, dass man sich als ketzerische Metalband einen Spruch in Richtung Benedikt nicht verkneifen konnte: „The Pope was on our guestlist but he did not come. So fuck the pope!". Das Publikum rief es ihm mit nach oben gestrecktem Effe-Finger nach. Herrliches Bild. Vielleicht Kindergarten, aber hey, die Messen der Pilger sind auch nicht besser.
Dieses Konzert war für Amon Amarth und ihre Fans beinahe perfekt. Begeisterungsstürme nach jedem Song. Die fünf Wikinger boten das Maximum, wenn nicht sogar weit mehr als das Maximum. Fast drei Stunden dauerte das intensive Spektakel. Für meinen Geschmack schossen die Schweden mit dieser Überlänge weit über das Ziel hinaus. Auch viele andere aus dem Publikum bekamen schon gen Zugabe erste Ermüdungserscheinungen. Und die Schlussoffensive dauerte dann auch noch mal fast zwanzig Minuten. Da die Amon-Amarth-Discographie auch nicht die Abwechslungsreichste ist, hätten sich die Wikinger einige Nummern vielleicht sparen können. Möglich, dass man extra so lang gewütet hat, um später bei der Produktion der DVD eventuelle Schwachstellen rausschneiden zu können. Who knows? Der Dienstagabend hatte einem wirklich alles abverlangt - im positiven, wie im Negativen. Metal at its best and its longest.
www.amonamarth.com
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