Geschrieben von Dienstag, 23 Mai 2006 22:25

Fuck Easter Festival - Köln / Live Music Hall


Das Fuck Easter Festival in Köln war der Zusammenschluss zweier ansonsten separat verlaufender Tourneen: zum einen der „Neckbreakers Ball"-Tour mit HYPOCRISY, SOILWORK, AMORPHIS, SCAR SYMMETRY und ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUARTET und zum anderen der „Silence Is The Enemy"-Tour angeführt von den israelischen Groove-Metallern BETZEFER, die zusammen mit den Neo-Thrashern KORODED sowie PRESIDENT EVIL (die nicht beim Fuck Easter auftraten) auf Europareise gingen.

Rein von den beliebten und beileibe nicht kleinen Namen der Metalszene schien alles auf ein großes, abwechslungsreiches Event hinzudeuten. Das Endergebnis fiel letztendlich ein wenig mager aus. Mit knapp 500 Headbangern war die Live Music Hall zur großen Verwunderung enttäuschend schlecht besucht. Mal abgesehen davon, dass niemand am nächsten Tag arbeiten gehen musste, hätte eigentlich allein schon wegen HYPOCRISY, SOILWORK und von mir aus auch wegen den wieder erstarkten AMORPHIS die Halle ausverkauft sein müssen. So richtig Stimmung wollte, außer bei AMORPHIS und SOILWORK, auch nicht aufkommen - von Atmosphäre will ich erst gar nicht reden, denn die Lichtshow war so spektakulär wie bei Kellerkonzerten in Uschis Tenne. Woran lag's? Vielleicht daran, dass das Fuck Easter die Erstgeburt dieser Art in Köln war, im Vorfeld zu wenig Werbung gemacht wurde oder einfach eine Präsentation seitens Rock Hard oder Metal Hammer fehlte. Who the fuck really knows? Lassen wir deshalb jetzt einfach die Musik für sich sprechen.
Die war bei KORODED allererste Sahne. Die sympathischen Jungs aus Aachen heizten die vorhandene Menge mit ihrem wuchtigen Modern Metal ordentlich ein. Groovige Rhythmus-Hammer wie „Zero Minus Zero" oder „Blowback" krachten gewaltig im Gebälk. Ein gut aufgelegte Sänger Jan Grewe bewies eindrucksvoll, dass er auch live alle Schattierungen der Brüll- und Sangeskunst drauf hatte und sammelte mit seinen an FAITH NO MORE erinnernden Melodien fleißig Punkte. Highlight war eindeutig der Titeltrack des Debüts „The Absurd Beauty Of Being Alone", bei dem das Publikum zum ersten Mal zum wilden Moshen ansetzte. Klasse! Definitiv die deutsche Antwort auf MACHINE HEAD.
BETZEFER, die bereits zum vierten Mal in ihrer zweiten Heimat Köln auf die Bretter gingen, konnten immerhin schon auf eine kleine treue Fangemeinde zurückgreifen - international noch Newcomer, in Köln bereits Garanten für Metal mit Arschtritt-Faktor. Zwar hatten die Israelis mit einem arg scheppendern Sound zu kämpfen, doch der Laune vor und auf der Bühne tat das beileibe keinen Abbruch. Diese Jungs sind wild, haben Feuer unterm Arsch und den Groove einfach raus. Erfreulicherweise durfte man schon einen Vorgeschmack auf das in diesem Jahr noch erscheinende Album bekommen. Eine der neuen Keulen heißt „Doomsday" und dessen eingängigen Refrain hörte man auch gleich aus ein paar Dutzend Kehlen grölen. Fuckin' Rock 'N' Roll!
MAROON legten mit ihrem unverwüstlichen Metalcore dem bisherigen Treiben härtetechnisch noch drei Schippen drauf. Die Straight-Edge-Helden aus Nordhausen sind live wahrlich eine Macht; nur das Metalpublikum will das bis heute nicht ganz akzeptieren. Kämen MAROON aus Schweden und hätten in der Band alle lange Haare, wäre wahrscheinlich die komplette Halle ausgerastet. Aber so bediente das Publikum mit seiner distanzierten Haltung das Klischee vom intoleranten Völkchen. Unbeirrt und extrem selbstbewusst thrashten sich MAROON durch ihre letzten beiden Killer-Alben „Endorsed By Hate" und „When Worlds Collide", von dem „24Hour Hate" und „Welcome Annihilation" in ultrafieser Manier abgefeuert wurden. Sänger Andre lief über die Bühne als würde er Kilometergeld kassieren, spukte durch die Gegend wie ein Lama (muss eine Krankheit sein) und zeigte sich als Kontaktfreudiger Entertainer, auch wenn das Publikum seine Zuneigung nicht erwiderte. Zurück zur Musik: die war heiß und heftig!
SCAR SYMMETRY und ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUARTET ließ ich mir wissentlich entgehen, um mir die Kraft für die noch kommenden Bands zu sparen.

Die Stimmung war endlich mal auf einem Niveau, das man von einem (Hallen-)Festival gewohnt ist, als die finnischen AMORPHIS die Bühne betraten. Sie wurden von allen spannungsvoll erwartet, hunderte Arme reckten sich in die Luft, als die ersten Töne des Intros erklangen. Die Düster-Metaller überzeugten zur großen Freude auf ganzer Linie. Ein Querschnitt sämtlicher Alben befriedigte Fans aller Altersklassen, der Sound war druckvoll aber trotzdem Transparent genug, um die vielen Facetten der amorphis-schen Musik zur Geltung zu bringen, und die Band selbst zeigte sich Spielfreudig und mit frischem Elan. Mit ihrem aktuellen Album "Eclipse" begeben sich Amorphis wieder auf den Weg zu ihrem Stil aus den 90ern. Klarer Gesang abgelöst von Growls, schwere Gitarrenriffs, zeitweise unterlegt mit Keyboard, Bass und Schlagzeug machen die Musik komplett. Neu-Sänger Tomi Joutsen meisterte sowohl die brutalen Death-Vocals als auch die träumerischen Clean-Parts meisterhaft. Nur sein seltsames Stage-Acting, bestehend aus gekrümmtem Affengang und stelzenhaftem Headbanging, machte einen etwas seltsamen Eindruck. Hinzu kommt, dass der mit dicken Dreadlocks beschmückte Kerl erschreckend dürr ist. Egal, das Publikum fraß den Finnen aus der Hand. Tolle Show!
Mit SOILWORK waren endlich meine persönlichen Favoriten an der Reihe. Einfach der Hammer, wie diese sympathischen Schweden Geknüppel, modernen Groove, catchy Refrains, zahlreiche Traum-Soli und hochklassige Technikarbeit ohne Bruch und rasant wie gejagte Antilopen daherlatzen. Dass Schlagzeug klang zwar zu Beginn des Sets wie eine Nähmaschine, aber das tat dem formidablen Gesamteindruck keinen Abbruch, weswegen man bei „As We Speak", Nerve", „Stalement" und vor allem „The Bringer" erstmals seit MAROON wieder einen Moshpit beobachten konnte. 1A!
Dachte man noch, dass HYPOCRISY die Stimmungskurve noch weiter anheben könnten, sah sich die Band um Peter Tätgren nach 23 Uhr und acht Bands gelichteten Reihen gegenüberstehen. Aber HYPOCRISY wären nicht so professionell, würden sie nicht trotzdem das Beste aus dieser undankbaren Situation herausholen. Und so setzte es mit „Let The Knife Do The Talking", „Killing Art", „Fire In The Sky" und natürlich  "Roswell 47" den verdienten Rest gegen die Osterglocken, sofern vorhanden. Highspeed und Düsternis in Perfektion.