Geschrieben von Donnerstag, 10 Januar 2008 21:58

Corvus Corax - Hamburg / Markthalle




 
06.12.07 -  Als ich die Hamburger Markthalle gegen 21:00 Uhr entspannt und ohne Eile betrat, ahnte ich anhand des Bildes, welches sich mir darbot, einmal mehr nichts Gutes: Ein einzelnes Männlein stand am Bierstand, ein Mädel eilte gerade zur Toilette und ansonsten war der Vorraum des Konzertsaals wie leergefegt. Was denn, keine Besucher gekommen? Falsche Location? Nein, mal wieder in der Zeit vertan, warum erwähn ich’s eigentlich noch... Also kurz geseufzt, ein Bier geholt und ab in den Konzertsaal. Dort hatten CORVUS CORAX ihren Auftritt eine knappe Stunde zuvor begonnen und waren bereits mittendrin im mittelalterlichen Reigen.
Besucher waren natürlich doch da, und das nicht einmal wenige. Die Halle war recht gut gefüllt und die Anwesenden zum Zeitpunkt meines Eintreffens gerade dabei, fast ausnahmslos lauthals mitzusingen bzw. -zugrölen, wobei Letzteres wohl dem Umstand angerechnet werden muss, dass in den Songs der Spielleute einfach nicht allzuviel Text gibt. Genau das macht sie aber besonders, denn ich kenne ansonsten kaum eine Band, die fast allein durch ihr Instrumentales so zu begeistern weiß. An Bühnendeko hatten sich die Mannen etwas zurückgehalten, wobei bei der Fülle und vereinzelten Sperrigkeit der Instrumente noch mehr Gegenstände auf der eher kleinen Bühne auch eher störend gewirkt hätten. So aber erschien die Band mit ihren ungewöhnlichen Instrumenten, umrahmt von rotem Samt im Hintergrund und zwei wimpelförmigen Bannern links und recht, zu ihrer Umgebung genau passend.
„Wir haben uns gedacht, morgen ist St. Corvus Corax-Tag, für euch Feiertag, so dass ihr alle nicht arbeiten müsst!“ Na fein, da wird man doch gleich mit einer freudigen Nachricht begrüßt! Castus Rabensang klang zwar bei dieser Ansage nicht so, als hätte er sich diese soeben frisch ausgedacht, aber welcher Musiker kann ein Solches schon von sich behaupten. Ein oder zwei Songs wurden noch gespielt, gerade noch soviel Zeit, um das Bier auszutrinken und mich etwas weiter vorn in Position zu bringen. Kaum einen ordentlichen Platz zum Mitwippen gefunden, wars dann auch erst einmal schon wieder vorbei, und CORVUS CORAX verließen die Bühne, um sich und dem Publikum eine kleine Pause zu gönnen, bevor es mit dem zweiten Set weitergehen sollte.
Dieses folgte recht bald auf dem Fuße und nun konnte auch ich mich ebenfalls voll ins Getümmel stürzen. Als „Venus Vina Musica“ angestimmt wurde, konnte man auch erahnen, dass eventuell doch der ein oder andere Fan erst mit diesem Album für sich eingenommen wurde, und auch generell bei den Stücken der neuesten Scheibe tobte der Pulk vor der Bühne ein wenig mehr als sonst. Doch sei's drum, nur weil es neu ist, ist’s ja wahrlich nichts Schlechtes, und so ließ man sich von der tanzenden Menge gern mitreißen. Und zu Zanzen verstand diese auch recht gut: Arme wurden in die Höhe geworfen und der dazugehörige Körper verdreht und geschüttelt, in weite Kleider gehüllte Körper glitten anmutig durch den Raum. Kaum ein Körper vor der Bühne konnte sich den treibenden Klängen entziehen und so zuckte fast die komplette Halle, mehr oder weniger im Takt, zur Musik der Spielleute auf und ab. Diese fuhren wieder eine Vielzahl an (vom Rest der Welt wohl fast vergessenen) Instrumenten auf, und so folgte Schalmei auf Drehleier, Trumscheid auf Pommer. Der stets alles übertönende Dudelsack, teilweise von gleich fünf Bandmitgliedern gespielt, wurde nicht einfach nur gehalten, mit ihm wurde regelrecht getanzt wie mit einer Partnerin.
Und wenigstens Jordon nahm den weiblichen Teil des Publikums auch sehr ernst und hatte immer mal ein Grinsen oder Augenzwinkern für die Damen in der ersten Reihe parat. Diese schwurbelten danach ihre Körper noch enthusiastischer durch die Lüfte, und wenn der Mann mit dem Undercut dann auch noch sein Bäuchlein unter dem Mantel aufblitzen ließ, gab es sowieso kein Halten mehr. So wurde nun auch im zweiten Set jede Menge Musik zum Mittanzen geboten, das Publikum hatte seinen Spaß, auch wenn das Interesse am Geschehen zum Ende hin ein wenig abnahm. Wenigstens mit dem Fuß gewippt wurde aber immer, und als zum Ende hin die obligatorischen Soli folgten, gab es noch einmal einen kräftigen Applaus und jede Menge Gegröle und Gepfeife, ehe die Band die Bühne endgültig verließ.
Venus und Vina waren es nicht ganz, was dem Konzertbesucher geboten wurde, ein leidenschaftlicher Kuss und ein sehr gutes Bier waren es aber allemal. Die Musica war am Ende sowieso das Ausschlaggebende, und da es an dieser einmal mehr nichts zu bemängeln gab, bleibt nur die Feststellung, dass CORVUS CORAX wohl auch noch für einige Zeit die Könige der Spielleute bleiben werden.

http://www.corvuscorax.de
http://www.myspace.com/spielleute