Geschrieben von Mittwoch, 05 April 2006 05:06

Fear Factory, Misery Index & Delirious - Hamburg / Markthalle


Review


Link: http://www.fearfactory.com

Hamburg Markthalle, 27. März 2006. Es ist 18.30 Uhr und der Wettergott hat sich dafür entschieden, seine Pforten komplett zu öffnen und es ordentlich krachen zu lassen. Ein Tornado, der den Süden Hamburgs heimsucht, fordert zwei Menschenopfer – die Weltuntergangsstimmung ist perfekt. 

Vor der Markthalle ist kaum Andrang, da vielen Fans der Eintrittspreis von knapp € 25,-zu hoch war. Die Abendkasse dahingehend ist mit € 22,- schon günstiger. Offensichtlich lief der VVK nicht so gut. 
So verwundert es nicht, dass sich bei der ersten Vorgruppe – DELIRIOUS – nur ein paar Nasen vor der Bühne eingefunden haben. Die Band lässt das allerdings völlig kalt und rockt was das Zeug hält. Der füllige Frontmann rennt wie ein Derwisch über die Bühne und brüllt, keift und post wie ein junger Gott. Der Sound ist glasklar und die Jungs spielen guten, soliden Death-Metal. Zwischendurch informiert der Fronter das geneigte Publikum über die äußerst günstigen Shirt Preise der Band. Für € 5,- kann sich jeder das Shirt persönlich bei einem der Bandmitglieder kaufen – das nenne ich mal ein faires Angebot. Nach einer halben Stunde muss die Band sich in die Katakomben der Markthalle verkrümeln. Zurück bleibt ein angewärmtes Publikum, das nach Death-Metal lechzt. 

Und dann kommen, nach einer kurzen Umbau-Pause, MISERY INDEX. Was die Band da vorne abzieht, ist nicht von dieser Welt. Ganz großer Death-Metal, der absolute Wahnsinn. MISERY INDEX stehen für hammerharten, schnellen und kompromisslosen Metal. Grandios, wie die Band das Publikum zum Ausrasten bringt. Die Leute werfen sich die Schuppen vom Kopf und Pogen bis zum Umfallen. Bis dato kannte ich keinen der Songs, aber nach dem Auftritt wird sich das asap ändern. Am 22. Mai wird es von der Band ein neues Todes-Album geben, welches auf den Namen „Discordia“ hört. 
Ich fand MISERY INDEX nicht nur sehr beeindruckend, ich habe mir vielmehr die Frage gestellt, wie FEAR FACTORY das toppen wollen, gerade nach dem verhältnismäßig bescheidenen Album „Transgression“. Schauen wir mal. Zumindest ist die Markthalle jetzt mit ca. 850 Leutchen gut gefüllt. Klar, bei dem knapp 45-minütigem Geballer bleibt keiner vorn am Tresen stehen, selbst wenn es sich „nur“ um eine Vorband handelt. 

Das Licht geht aus und wir bekommen IRON MAIDENS „Number Of The Beast“ zu hören, bevor mit dem regulären Intro FEAR FACTORY das erste mal seit Jahren wieder die Bühne der Markthalle entern. Die Stimmung ist angespannt und FF eröffnen mit „540000 Degrees Fahrenheit“ von der neuen Scheibe, das sehr aggressiv und druckvoll aus der PA dringt. Für die Fans der richtige Opener, wie man aus den Reaktionen entnehmen kann. Gleich im Anschluss folgen zwei weitere Songs von „Transgression“, bis die Band einige Jahre zurück geht und mit „Demanufacture“ den ersten Killer aufs Parkett schleudert. Schnell bildet sich ein mächtiger Mosh-Pit und die Haare fliegen nur so durch das altehrwürdige Gebäude. Die Band ist sichtlich erfreut über derartige Reaktionen. Burton richtet einige Male das Wort an das Publikum. Wie sich aus seiner Publikumsanfrage herausstellt, haben knapp die Hälfte der Besucher FEAR FACTORY in der Vergangenheit schon einmal gesehen, die andere Hälfte sieht sie heute zum ersten Mal. Erstaunlich, ich hätte mehr „alte“ Fans erwartet. Es folgen reichlich Stücke aus der Bandgeschichte, die vom Publikum meist gut aufgenommen werden. Bis auf Christian Olde Wolbers, der sich am Tag zuvor den rechten Fuß übelst verstaucht hat, ist das Stageacting der Musik angepasst, soll heißen viel Gerenne, Gepose und Rumgespringe. Doch dann kommt irgendwie der Einbruch. Erst wird ein unsägliches Hip-Hop-Stück dargeboten, was wirklich nicht toll ist, zumal keiner der Fans vor der Bühne so recht weiß, wie er sich dazu bewegen soll. Als dann Burton, der jüngst Vater einer kleinen Tochter geworden ist, ein weiteres Stück von „Transgression“ ankündigt, bleiben die Reaktionen des Publikums komplett aus. Keine Reaktion! Das habe ich auch noch nicht erlebt. Wie erstarrt verharren die Leute vor der Bühne, als hätte Burton gerade mitgeteilt, dass sie sich mit FF zu einer Chasting-Show angemeldet hätten. Dennoch geht es danach rockig weiter und es werden noch einige gute Songs gespielt, die auch auf zufriedene Publikumsreaktionen stoßen. 

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass FEAR FACTORY zwar an Druck und Heavyness verloren haben, dennoch aber gute Entertainer sind, vor allem der Sänger Burton C. Bell. Genauso gemischt wie das Publikum waren auch die Reaktionen auf die Show und die gespielten Songs. Es war schon deutlich zu merken, dass die Songs von „Transgression“ nicht so sehr auf Gegenliebe stießen wie z.B. die Stücke von „Archetype“ oder den ganz alten Scheiben. Ich denke, dass FEAR FACTORY gut beraten wären, sich auf ihre Wurzeln zu besinnen. Klar hat Burton eine super Stimme, aber der cleane Gesang passt meiner Meinung nach nur bedingt zu der Band. Aber das ist halt künstlerische Freiheit. Ich fand das Konzert zwar ganz gut, aber für mich waren MISERY INDEX die Gewinner des Abends. 

Nun noch ein Tipp für alle Fans: Auf der Homepage von FEAR FACTORY besteht neuerdings die Möglichkeit darüber abzustimmen, welches Album der Bandgeschichte man am Besten fand. Also nix wie ran und voten!