Geschrieben von Mittwoch, 22 Juli 2009 09:49

PopKomm Berlin - Nachbericht: 'VISIONS goes PopKomm' & 'Copenhagen Calling'



Review

 
Bereits zum dritten Mal fand nun die PopKomm in Berlin statt, und anders als der Name vermuten lässt, wurde nächtlich kräftig ge(indie-)rockt auf den Konzertbühnen der Hauptstadt. Sowohl viele junge, aufstrebende als auch alt eingesottene Bands nutzten die Chance, sich und ihre Songs dem Publikum zu präsentieren, so dass es nicht nur einmal vorkam, dass man als Zuschauer vor der Qual der Wahl stand, zu welchem Konzert man sich begeben sollte.


20.09.2006 - Am Mittwoch überzeugte die Kulturbrauerei, in deren Gebäudekomplex acht Clubs im Rahmen der PopKomm vertreten waren. Ein günstiges Kombiticket ermöglichte den Eintritt zu jeder der angebotenen Veranstaltungen, so dass man sich sein Abendprogramm selbst zusammenstellen konnte.  

Meine Wahl fiel auf das Kesselhaus, indem das "VISIONS goes PopKomm Festival" stattfand, das mit dem prominentesten Line-Up des Abends auffuhr. Pünktlich um 20Uhr machten es sich die ersten sehr, sehr jungen Mädchen in den ersten Reihen vor der Bühne gemütlich. Einen Ort, den sie wacker bis zum abschließenden Headliner SUGAPLUM FAIRY hielten. Nur zwischendurch verließen sie kurzzeitig ihren Platz, um sich mit der Band vor dem Merchandise-Stand fotografieren zu lassen. 

Eröffnen sollten jedoch die Niederländer GEM, die mir bis zu diesem Abend unbekannt waren, aber ihre Sache sicher über die Bühne brachten. Eine nette Rockmischung, bisschen Indie, bisschen Brit(pop-)Rock, gut anzuhören mit teilweise groovenden Gitarrenparts, die von dem drolligsten Gitarrero, den ich seit langem gesehen habe, eingespielt wurden. Mit Halstuch und moderner Beatlesfriese wackelte keiner an diesem Abend so schön wie er zum Takt. Sänger Maurits Westerik war ebenfalls sehr bemüht um eine gute Show. Kurzerhand erklomm er, bewaffnet mit einem Schellenring, die Verstärker, oder griff dem Drummer unter die Arme, um einen Drumpart selbst einzuspielen. Alles recht unterhaltsam soweit, doch als erste Band des Abends hat man nun mal ein schweres Los gezogen, so dass nicht allzu viele Leute diesen Auftritt miterlebten und sich das Kesselhaus erst zum nachfolgenden Act richtig füllte.

Die TRASHMONKEYS stellten für mich eine wirkliche Enttäuschung des Abends dar. Nicht unbedingt, weil sie schlecht gespielt hätten, sondern einzig und allein, weil ich viel mehr von ihnen erwartet hätte. Drei in weiß, einer in schwarz gekleidet, spielten sie die Songs ihres „Favourite Enemy" Albums, wobei sie direkt als drittes Lied ein KINKS Cover brachten. Genau wie bei GEM ergriff auch TRASHMONKEYS Sänger Wolfinger die Drumsticks und trommelte auf das Schlagzeug ein. Trotz gutem Sound fehlte mir der endgültige Schmackes, der das Fass zum überkochen gebracht hätte. 

Dasselbe Problem mit PALE. Gekonnte Show, kaum Patzer, aber im Nachhinein irgendwie nichts Nennenswertes. Klingt hart, aber in Anbetracht der Tatsache, dass die nachfolgende Band so was von überzeugt hat, verständlich.

RADIO 4, die nach diesem Auftritt absolut meine Helden der PopKomm geworden sind, waren einfach nur großartig. Ich kann es nicht anders beschreiben. Eröffnet wurde mit der derzeitigen Single „Enemies Like This", vielen bekannt durch den maschinenpistolenartigen Trommelwirbel. Man wusste einfach nicht, was man tun sollte: entweder den lustigen, sehr tanzbegabten Kongo-, Percussion- und Kuhglockenspieler (wenn mal jemand am Abend die Moves drauf hatte, dann er) beobachten, oder fasziniert den Mann in der engsten Hose an der Gitarre verfolgen. Vielleicht aber auch eher der genialen Stimme des Sängers lauschen oder einfach nur tanzen, tanzen, tanzen. Großartiger Sound, tolle Lieder des aktuellen Albums, die live vielleicht sogar noch besser sind als auf Platte. Einer der besten alten Songs „Dance To The Underground" wurde ebenfalls performt. Einige Leute im Publikum hatten anfänglich ihre Schwierigkeiten mit RADIO 4, deren Musik sich von der der drei vorherigen Bands absetzte. So auch der freundliche Männerdreier, der stocksteif neben mir stand. Nach einigen suspekten Blicken auf die Bühne und das tanzende Publikum, fingen sie an, langsam mit dem Fuß zu wippen, bis sie am Ende kaum mehr zu halten waren.

Die eigentlichen Headliner des Abends, SUGAPLUM FAIRY, hatten es nun schwer und schafften es auch nicht, mich zu überzeugen. SUGAPLUM FAIRY, noch mal für alle, die es nicht wussten, ist die Band, die aussieht wie MANDO DIAO, dasselbe Bühnenkonzept und -gehabe verfolgt, und deren Songs wesentlich schwächer sind. Natürlich nicht zu vergessen, dass der Bruder des MANDO DIAO-Sängers Shouter bei SUGAPLUM FAIRY ist. Der, der übrigens zurzeit in einer ROLLING STONES Verfilmung den MICK JAGGER mimen soll. Dass er sich super in seine Rolle eingespielt hat, verdeutlichte er konstant auf der Bühne, was in meinen Augen eher lächerlich wirkte. Die Songs haben mich genauso wenig gefesselt, wie schon bei ihrem Auftritt im letzten Jahr bei der PopKomm, und das, obwohl die Band diesmal durchaus bemüht war, einen Dialog mit dem Publikum zu führen und der zweite Sänger (also nicht der Bruder) eine recht gute Stimme hat. Was mich zudem wunderte, war der tendenziell eher schlechte Sound, der bei keiner der anderen Bands des Abends zu hören war. 

Nun ja, vielleicht war ich noch zu sehr beeindruckt von RADIO 4, als dass ich die Genialität der Jungs erkannt hätte, aber so ging es, an den Gesichtern einiger zu urteilen, nicht nur mir. Mit der Gewissheit, dass die kleinen Mädchen in der ersten Reihe das Konzert ihres Lebens erlebt hatten, verließ ich den Abend mit einer neuen Lieblingsband im Herzen, für deren Auftritt allein sich der ganze Abend schon gelohnt hatte. 


21.09.06 - Donnerstag. Etwas müde wurde der Bastard Club in Berlin/Prenzlauer Berg betreten. Titel der Veranstaltung: "Copenhagen Calling". Auf dem Programm: LACK, BARRA HEAD, MENFOLK und MUNCH//JOHNSON. Was sofort auffiel, keine kleinen Mädchen in der ersten Reihe und eine sehr freundliche, fast schon familiäre Atmosphäre, was eventuell auch daran lag, dass „man sich kannte". Viele kleine Grüppchen, die Wiedersehen zelebrierten und sich einfach freuten, einander zu sehen. Dass beim Sinnbus Label eine ähnliche Stimmung vorherrscht, verdeutlichte die Anwesenheit von ALARMA MAN, die am Tage zuvor im Magnet ihren Auftritt hatten und nun zur Unterstützung ihrer Labelkollegen BARRA HEAD im Publikum vertreten waren.

LACK betraten als erstes die wirklich kleine Bühne. Nachdem ich sie vor ca. einem halben Jahr in der kleinsten Location, die ich bis daher kannte, auftreten gesehen habe, wusste ich, dass dies keine wirkliche Hürde für den Vierer sein würde; auch wenn Gitarrist Jakob Nielsen in seiner kleinen Ecke ganz links mit seinen roboterähnlichen Bewegungen vielleicht etwas in Platznot geriet. Neue Songs wurden präsentiert, soweit erkennbar im Sinne von „Be There Pulse", und Sänger Thomas Burø hat wieder einmal durch seine absolut geniale Stimme überzeugt. Einzig der Sound hätte etwas besser sein können, aber wenn man zuvor einmal ein großartiges Konzert dieser Band gesehen hat, ist man natürlich verwöhnt und stellt besonders hohe Ansprüche. 

Nach viel zu kurzer Zeit verließen LACK die Bühne. Was für viele zuerst wie ein Soundcheck wirkte, entpuppte sich als die Nachfolger MUNCH//JOHNSON. So kam es, dass der Raum sich erst wieder langsam füllte. Das Duo präsentierte hauptsächlich ziemliche Herzschmerz-Balladen, nur Stimme und Gitarre. Vielleicht etwas zu traurig für so einen Abend und auch schien der Gitarrist nicht bei der Sache zu sein. Häufiges Verspielen ließen ihn am Ende erbost die Bühne verlassen. 

BARRA HEAD, die freundlicherweise CDs von sich bei der Kasse ausgeben ließen, entwickelten sich zu den heimlichen Headlinern des Abends. Voller Raum, darunter die völlig betrunkenen ALARMA MAN, bewaffnet mit einer Pulle Wodka. Auch wenn der Funke nicht ganz überspringen wollte, wirkten BARRA HEAD energetisch und konzentriert. Alles passte perfekt ineinander, was bei dem teilweisen Gefrickel nicht einfach sein dürfte. Umso mehr freute ich mich über die CD in meiner Tasche.

Zwischen den nächsten beiden Bands wurde die Musik dermaßen laut aufgedreht, dass ich es für völlig natürlich hielt, dass so viele Leute den Raum verließen. Damit, dass diese Leute aber nie wieder zurückkamen, hatte ich nicht gerechnet. Anscheint wussten sie, was ihnen blühen würde. MENFOLK betraten die Bühne und eröffneten mit der Ansage, soweit ich das durch die zwei lagen Taschentücher in meinen Ohren hören konnte, sie seien so etwas wie „MANOWAR of Denmark" und wären sehr laut. Dass das untertrieben war, wurde sofort beim ersten Lied deutlich. Lautes Geschrammel, Geschrei; absolut nicht meine Baustelle. Nach 5 Liedern, die ich mich gezwungen habe zu hören, konnte ich nicht mehr und verließ den Raum mit den Erkenntnissen, dass ich:1. LACK unbedingt bei einem Einzelkonzert noch mal sehen muss; 2. die CD von BARRA HEAD hören will und3. dass ich MANOWAR, egal aus welchem Land, irgendwie nicht mag.
Eva

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