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Wer CHRIS REA nur mit einer Handvoll Hit-Singles in den 80ern und unspektakulärem Schnulzen in den 90ern verbindet, tut dem Mann Unrecht. Die hannoversche Etappe seiner Abschiedstournee 2006 ist vor allem eins: Eine Lehrstunde im Blues der ganz alten Schule.
Natürlich dürfen auf in Hannover im bereits wenige Tage nach Beginn des Vorverkaufs restlos ausverkauften Theaker am Aegi Hits wie Josephine, Julia, On The Beach und natürlich The Road To Hell nicht fehlen, doch vom teilweise etwas steifen Publikum werden besonders die alten, bluesigen und teilweise sehr rockigen Stücke mit Begeisterung aufgenommen. Die wenigen Besucher, die abgesehen von den Balladen keine Stücke von REA kannten, dürfen als Kollateralschaden betrachtet werden.
Musikalisch zeigt sich der von schwerer Krankheit gezeichnete Frontmann in bester Verfassung. Bei einem ständigen Wechsel zwischen einem halben Dutzend Gitarren, wobei von nagelneuen Les Pauls bis zu einer uralten, orangenen Strat mit abgeplatztem Lack und diversen Aufklebern sowie einem Banjo alles aufgefahren wird, zeigt CHRIS REA, was er trotz nachlassender Kräfte noch alles kann. Auch seine einzigartige Stimme hat nichts an Charisma eingebüßt.
Aber auch ein so erfahrener Musiker kommt nicht ohne eine Band aus, und so hat REA eine Gruppe guter, aber unauffälliger Musiker um sich versammelt. "Unaufdringlich" trifft die Spielweise der vier Männer wohl am besten, die zwar alle ein kurzes Solo vortragen und vom Publikum dafür belohnt werden, aber ihrem Chef den Platz im Rampenlicht zu keinem Zeitpunkt streitig machen.
Nach insgesamt ziemlich genau zwei Stunden inklusive dreier Zugaben ist das Konzert dann leider auch schon zu Ende, und ich bin nicht der einzige, für den die Zeit viel zu schnell vorübergegangen ist. Zwei Mankos bleiben am Ende zu beklagen. Zum einen passt ein Musiker wie CHRIS REA nicht in ein bestuhltes Theater, das dem Publikum wenig Raum bietet. Diese Musik fordert einfach zum Tanzen, zum Klatschen, kurz, zum Mitgehen, auf. Erst bei den Zugaben kommt etwas mehr Leben in den Zuschauerraum, viel zu spät um dieses Konzert wirklich zu erleben. Zum anderen hätte ich mir - und Gespräche mit einigen Fans nach dem Konzert zeigen, daß ich damit nicht allein bin - von CHRIS REA, der schon während des Konzerts auf Ansagen ganz verzichtete, wenigstens ein paar persönliche Worte des Abschieds gewünscht. Immerhin dürften ihn viele Fans an diesem Abend zum letzten mal gesehen haben.