Es ist Anfang Oktober, diese Woche ist nun endgültig der Herbst in Hamburg eingezogen und es ist ungemütlich nasskalt. Umso besser, dass sich an diesem Wochenende gleich zwei Rockbands – eine aus Schweden und die andere aus Kanada – aufgemacht haben, um den unterkühlten Hamburgern im kuscheligen Logo ein wenig einzuheizen.
Um 20:10 Uhr kommen wir zeitgleich zum Einlass beim Logo an, wo bereits etliche Fans Schlange stehen. Das Konzert ist aber nicht ausverkauft und es gibt für unglaubliche 15 Euro noch Tickets an der Abendkasse – auch die T-Shirt Preise von THEORY OF A DEADMAN sind mit 20 Euro noch absolut erschwinglich. Als erstes fällt auf, dass es heute eine Absperrung gibt, was im Logo eher selten vorkommt und mich etwas verwundert, da beide Bands nicht unbedingt so heftige Publikumsreaktionen auslösen sollten. Außerdem ist die kleine Bühne dermaßen mit Instrumenten und Monitorboxen vollgestellt, dass man sich fragt, wo da noch eine Band Platz finden soll.
Die erste Reihe wird sofort von den jungen THEORY OF A DEADMAN-Fans in Beschlag genommen, die meinen Freund aus Angst um ihre Plätze gleich mit bösen Blicken strafen, als er nur ein Foto von der TAKIDA Setlist machen möchte, denn TAKIDA sind für uns der Hauptgrund, heute hier zu sein. Ihr aktuelles Album „Bury The Lies“ hat mich absolut überzeugt und ich bin total bespannt, ob Sänger Robert Pettersson auch live eine so kräftige Stimme hat, wie auf dem Album.
Punkt 21 Uhr stürmen die 5 jungen Schweden die Bühne und quetschen sich auf ihre Plätze. Der Opener ist die Single „Losing“ und nach anfänglichen Soundproblemen ist dieser dann aber - sicherlich auch aufgrund des aufwendigen Equipments - astrein und besser, als bei den meisten Konzerten, auf denen ich bisher gewesen bin. Song Nummer zwei ist auch ein absolutes Klangerlebnis, und sowohl die Gitarren als auch Pettersons Stimme klingen einfach traumhaft. Auch meine Bedenken, dass der Sänger etwas arrogant wirken könnte - verursacht durch einige Videos von TAKIDA - erweisen sich schnell als unbegründet, denn die komplette Band wirkt absolut sympathisch und spielfreudig und rockt auf der kleinen Bühne ordentlich los. Mit „Poisoned“ folgt dann mein Lieblingssong vom Album, der durch die mitreißenden Drumparts ein absolut genialer Livesong sein sollte, doch leider scheint das Publikum anderer Meinung zu sein als ich. Der vierte Song ist dann die Ballade „Curly Sue“, die Sänger Pettersson für seine Frau geschrieben hat. Leider wartet das Publikum offensichtlich nur auf den Headliner und lässt sich auch bei diesem Song höchstens zum Mitwippen animieren. Bei „The Dread“ platzt dann aber der Knoten und TAKIDA sind endlich beim Publikum angekommen. Leider folgt dann aber mit „Evil Eye“ nach nur 20 Minuten bereits der letzte Song, der aber mit den DISTURBED ähnlichen Rapeinlagen die Menge nochmal richtig überzeugen kann. Wirklich schade, da offensichtlich „Halo“ - aus welchen Gründen auch immer - noch von der Setlist gestrichen wurde. Nächstes Mal bitte mehr!
Jetzt folgt eine viel zu lange Umbaupause, was wohl der Preis für den tollen Sound ist, und THEORY OF A DEADMAN fangen erst nach einer knappen Stunde um 22:15 Uhr an zu spielen. Ich muss gestehen, dass ich von dieser Band keinen einzigen Song kenne und nur von ihnen weiß, dass sie aus Kanada sind und vom Plattenlabel 604 Records, welches NICKELBACK Kopf Chad Kroeger gehört, unter Vertrag genommen wurden. Da bin ich an diesem Abend aber wohl fast die einzige Ausnahme, denn der Rest der Menge ist nur wegen THEORY OF A DEADMAN hier und teilweise sogar aus England angereist. Da sich im Publikum einige Leute mit Wacken T-Shirt und auch der Besitzer des Hamburger (Headbangers)-Ballrooms befinden, bin ich sehr gespannt auf die Kanadier.
Als Intro gibt’s einen kurzen Cowboy Song vom Band, und dann legen THEORY OF A DEADMAN auch schon mit „Crutch“ los. Als erstes fällt mir Sänger Tyler Connolly auf, der mit seiner oldschool Fönwelle aussieht wie ein magerer ELVIS PRESLEY – allerdings für meinen Geschmack etwas zu glatt für einen richtigen Rocker. Gitarrist Dave Brenner springt mit seiner Gitarre in Deutschlandflaggenfarben über die Bühne und animiert die Menge immer wieder zum Mitklatschen. Er erinnert mich dabei total an 3 DOORS DOWN Bassist Todd Harrell, wirkt allerdings sympathischer als dieser und nicht ganz so prollig.
Das Publikum ist von den eingängigen Rocksongs der Marke NICKELBACK absolut begeistert und textsicher und feiert seine Lieblinge von Anfang an richtig ab. Der Sound ist auch beim Headliner astrein - nur die Stimme von Tyler Conolly überzeugt mich nicht. Der Sänger wirkt häufig sehr angestrengt und sein raues Organ passt nur zu bestimmten Songs – bei anderen wie „Better Off“ versagt sie bei bestimmten Textphrasen und klingt einfach zu mickrig. Diese Songs würde ein Chad Kroeger oder sogar ein Robert Pettersson von TAKIDA sicherlich besser hinbekommen.
Sympathisch ist Conolly aber allemal. So kommuniziert er vor fast jedem Song mit seinen Fans oder filmt sie zwischendurch für die MySpace-, Twitter- und Facebookseiten von THEORY OF A DEADMAN. Außerdem gibt es angespielte Coverversionen von „Smoke On The Water“ von DEEP PURPLE oder „Paradise City“ von GUNS N’ROSES und eine Art Wettstreit zwischen Gitarrist Dave Brenner auf der linken und Bassist Dean Back auf der rechten Seite - nach dem Motto "wer die Fans besser zum Mitgröhlen animieren kann".
Insgesamt eine wirklich gelungene, kurzweilige Show einer sehr sympathischen und engagierten Band, die mir persönlich aber zu wenig Eigenständigkeit besitzt. Einige Songs wie beispielsweise das hymnenartige „Last Song“, nach welchem sich die Band benannt hat, und das schöne „Make Up Your Mind“ werde ich mir aber zu Hause sicherlich trotzdem noch mal genauer anhören.
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