Geschrieben von Samstag, 02 Juni 2007 15:31

Rock Am Ring 2007 - Der ultimative Festivalbericht





Link: www.rock-am-ring.de
www.ringrocker.com
AUSVERKAUFT! Schon im Vorfeld war klar, dass das diesjährige Rock am Ring Festival ein voller Erfolg sein würde. Allerdings ist es immer am schönsten, wenn man sich selbst ein Bild davon machen kann, weshalb auch 2007 BurnYourEars wieder vor Ort und Stelle gewesen ist. Und als eines der wenigen deutschen Online-Mags hautnah und so aktuell für euch berichtet …
Tag 1 (Freitag, 01.06. 2007)
Trotz der 82.000 Zuschauer gab es zumindest Freitagmittag auf unserer Strecke keine Staus, die Anfahrt zum Gelände verlief also erfreulicherweise problemlos. Allerdings hatten wir leider von HEAD AUTOMATICA nur noch die letzten Töne mitbekommen; den Reaktionen der Zuschauer nach zu urteilen hatten wir aber wohl nicht viel verpasst. Oder wusste das RaR-Publikum die schrägen Ohrwurm-Hits der Amis einfach nicht zu schätzen?
Danach enterten THE USED die Bühne. Bert McCracken und Co. hatten ihr aktuelles Album „Lies To The Liars“ mit im Gepäck, doch trotz der guten neuen Songs legten THE USED einen insgesamt schwachen Auftritt hin. Das lag zum einen am miesen Sound (erst konnte man den Bass die ersten drei Songs gar nicht hören, später war er lauter als jedes andere Instrument, die Gitarre war die ganze Zeit zu leise). Wir haben zwar nicht mitgezählt, aber es kam einem am Ende vor, als ob nur fünf oder sechs Songs gespielt wurden, der Rest wurde mit Ansagen, Mitsingspielchen und Jam-Sessions verplempert (u.a. eine halbgare Version  von Queens „Another One Bites The Dust“). Zudem vermisste man die Überhits vom Debutalbum „Maybe Memories“ und „A Box Full Of Sharp Objects“. Da wäre mehr drin gewesen!
Als dann THE HIVES die Bühne enterten und die ersten Klänge aus den Boxen dröhnten, hatte man zumindest musikalisch den Eindruck, hier spiele eine Schülerband. Selbst die einfachsten Riffs klangen unsauber, und den richtigen Groove fand die Band auch erst im zweiten Teil des Sets. Der sehr sparsame Retro-Sound der Schweden war gewöhnungsbedürftig, wirklich mitwippen konnte man nur bei den bekannten Hits, was aber auch nur passieren konnte, wenn man nicht allzu sehr darüber nachdachte, was man tut. Ganz ehrlich: THE HIVES könnten auch THE HYPE heißen. So richtig verstehen kann man den Wirbel um die Skandinavier nicht. Keine Ahnung, wie das amerikanische SPIN-Magazin auch noch darauf kommt, es handele sich um die beste Live-Band der Welt. Dafür muss man der Band zugute halten, dass es sich um unterhaltsame Entertainer handelt, die Ansagen waren witzig und auch die Hemden sahen schick aus. Als Sänger Pelle „seine 80.000 HIVES-Fans“ fragte, ob sie sich auf das demnächst erscheinende Album freuen würden, klatschten von den schätzungsweise 40.000 Zuschauern vielleicht 50.
Nach einem verpassten Auftritt und zwei schwachen Darbietungen wurden wir anschließend von BILLY TALENT versöhnt, die mit ihrer Vorstellung den Titel des Tagessiegers einheimsten. Mit unglaublicher Energie legten die Kanadier ein starkes Set hin, das mit einem Hit anfing, mit einem Hit endete – und dazwischen: nur Hits! Unglaublich, wenn man bedenkt, dass die Band erst zwei Alben veröffentlicht hat. Besonders agil zeigte sich Sänger Benjamin Kowalewicz, der so dermaßen aus sich heraus ging, dass ihm bei seiner Performance fast die Halsschlagader platzte. Trotzdem hielt seine markante Stimme bis zum Ende des Auftritts und traf dabei (fast) jeden Ton. Ganz große Klasse auch die Unterstützung durch die Backing Vocals. Man merkt den Jungs an, dass sie nicht zu den gehypten Bands gehört, die es zufällig nach ganz oben geschafft haben, sondern dass sie auch wirklich Talent besitzen. Das Publikum feierte folgerichtig zu Hits wie „Try Honesty“, „Red Flag“ und „Devil In A Midnight Mass“, als ob es kein morgen geben würde.
MUSE schenkten wir uns dann, um dem neuen Club Tent einen Besuch abzustatten, welches in diesem Jahr die Talent-Forum-Bühne abgelöst hat. Das riesige Zelt bietet Platz für zirka 4.000 Zuschauer und war zumindest am Freitagabend immer rappelvoll. Der Grund unseres Besuchs waren SAOSIN, deren selbstbetiteltes Werk zu den besten Emo-Scheiben des vergangenen Jahres gehört. Zwar wurde ich zuvor gewarnt, dass Sänger Cove Reber nicht sauber singen würde, doch dem war zumindest bei diesem Gig nicht so. Auch der Rest der Band machte eine ausgezeichnete Figur, wobei besonders Drummer Alex Rodriguez zu erwähnen ist. Der Schlagzeuger ist die eigentliche Trumpfkarte von SAOSIN, unglaublich, was der alles zusammentrommelt.




Auf der Alternastage war es dann inzwischen Zeit für MY CHEMICAL ROMANCE, die bereits nach zwei Alben Kultstatus besitzen. Zumindest bei den jüngeren, weiblichen Anhängern, die die Band nach allen Regeln der Kunst abfeierten. Zwar besitzen die Songs alle eine gewisse Reife, eine hervorragende Live-Band sind MCR allerdings noch lange nicht, denn um die neueren theatralischen und pompösen Tracks auch auf der Bühne stimmungsvoll in Szene zu setzen, muss eine deutliche Leistungssteigerung her. Um ein paar tausend Mädels glücklich zu machen, reichte es allemal. Für mehr noch nicht, trotz der großen Anhängerschaft. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass ein Festival nicht immer die besten Voraussetzungen für die große Wunsch-Show bietet, wenn man nicht gerade Headliner ist. Der wartete woanders.



Also zurück zur Centerstage, wo wir gespannt dem Headliner-Auftritt von LINKIN PARK entgegen fieberten. Ehrlich gesagt hatten wir nicht viel erwartet, vor allem waren wir uns sicher, dass nach dem starken Auftritt von BILLY TALENT der Headliner nur noch verlieren kann. Doch LINKIN PARK straften die Kritiker Lügen und legten einen famosen und zugleich sehr lässigen Gig hin. Der Sound war phänomenal, die Rap-Parts und gesungenen Vocals einwandfrei und auch die Songauswahl stimmte. „In The End“, „One Step Closer“ (als Opener!), „Crawling“ und „Breaking The Habit“ sind einfach massenkompatible Stadion-Hymnen, die jedermann direkt mitsingen/-summen kann. Für uns persönlich eine angenehme Überraschung, dass LINKIN PARK ihrem Headliner-Status tatsächlich gerecht wurden, nachdem wir uns vorher noch beschwert hatten, dass eine Musik-Legende wie METALLICA, IRON MAIDEN oder etwas in der gleichen Größenordnung dieses Jahr fehlte.
Leider haben wir das Ende nicht mehr mitbekommen, da im Club Tent um 22.30 Uhr FUNERAL FOR A FRIEND auf dem Programm standen. Also nichts wie runter gelaufen und gerade noch rechtzeitig zu den ersten Tönen des neuen Hits „Into Oblivion“ angekommen. Das wieder überwiegend sehr junge Publikum tobte angesichts der starken Performance der fünf Waliser. Obwohl das neue Album „Tales Don’t Tell Themselves“ etwas poppiger (aber auch monumentaler) geraten ist, konzentrierten sich FUNERAL FOR A FRIEND auf ihre härteren Treibenden Nummern, die angereichert mit einigen Metal-Riffs und viel Spielfreude für tolle Stimmung sorgten. Unser Höhepunkt: der Abschlusstrack vom aktuellen Werk „The Sweetest Wave“, das mit seinem atmosphärisch-orchestralem Aufbau und dem treibenden Riff für einen wohligen Schauer sorgte. Ganz groß!



Danach wahren THE SOUNDS etwas fehl am Platz, da sie mit ihrem cheesigen Retro-Pop/Rock nicht ins Billing passten. Zumindest nicht an diesem Tag, welcher im Club Tent  von (sagen wir mal grob) Emocore dominiert wurde (u.a. spielten zuvor auch AIDEN und SILVERSTEIN). Deshalb wusste auch ein Großteil des Publikums nichts mit THE SOUNDS anzufangen, die auf jeden Fall viel mehr Applaus verdient hätten. Schade für die Skandinavier, die eigentlich eine klasse Live-Band sind und eine wirklich tolle Sängerin in ihren Reihen haben. Sollte man sich merken.


Zu später Stunde (inzwischen war es 2.10 Uhr!!!) gab es noch mal eine verrückte Show der ganz besonderen Art. Der MySpace-Hype und UK-Exportschlager Nr. 1, ENTER SHIKARI, verwandelte die Bühne zum Kinderzimmer. Die vier durchgeknallten Musiker trugen rot blinkende Ringe an ihren Fingern, hüpften Dank eines Trampolins noch höher als alle anderen Bands des Tages, und der Sänger durfte sich an allerlei Effekt- und Elektro-Boards austoben. Man hatte fast das Gefühl, dass sich die Band selber nicht ganz ernst nimmt. Das wäre auch kein Problem gewesen, wenn die Songs alle tight rüber gekommen wären. Doch ENTER SHIKARI ließen es, trotz vieler witziger Ideen, an musikalischer Klasse missen. Wie auch auf der Platte waren „Sorry, You’re Not A Winner“ und „OK, It’s Time For Plan B“ die Highlights eines zwiespältigen Auftritts. Man merkt, dass es der Band noch etwas an Bühnenerfahrung fehlt, unterhaltsam war es aber allemal.




Tag 2 (Samstag, 02.06.2007)

Mit Schauspieler und Schönling Jared Leto und seiner Band 30 SECONDS TO MARS gab es ein Stück Hollywood am Ring zu bestaunen, inklusive guter Musik versteht sich. Der Frauenschwarm bot, wie es sich für einen Star aus L.A. gehört, jede Menge exzentrische Showeinlagen. Durch seinen weißen Anzug und die glamouröse Kajal-Optik zog der Frontmann vor dem pinken Backdrop alle Augen auf sich. Seine theatralische Perfomance gipfelte in einem mutigen Ausflug bis fast ganz nach oben auf das Bühnendach, von wo aus er das Publikum in Atem hielt. Die Musik war übrigens auch sehr gut, perfekter Sound und gekonnte Dramaturgie. 

Direkt im Anschluss zog es uns runter zur Alternastage, wo LAMB OF GOD mit ihrem ultrafiesen Metal die Headbanger am Ring komplett auf ihre Seite zogen. Für die Band aus den USA dürfte es der bisher größte Auftritt in Deutschland gewesen sein, da sich der extrem brutale Sound der Amis hierzulande noch nicht ganz so durchgesetzt hat wie in ihrer Heimat. Doch mit dieser agilen Perfomance der nicht mehr ganz so jungen Herren (der Bassist sieht aus wie Gandalf) hat das Quintett mit Sicherheit viele neue Fans gewonnen. Trotz des übersteuerten Gitarrensounds hinterließen die Hassklumpen aus ihren bisherigen vier Alben nur Staub und verrenkte Wirbel. Geil!
Wieder oben an der Centerstage angelangt, waren wir positiv überrascht von der großen Klasse des 70’s-Roots-Rock-Sounds von WOLFMOTHER. Das Publikum ließ sich vom blutjungen Trio (wer braucht schon einen Bassisten? Eine Hammond-Orgel ist viel wichtiger!) mitnehmen auf eine Zeitreise, als LED ZEPPELIN die Stadien füllten und BLACK SABBATH die Schwere in den Rock brachten. Will heißen, WOLFMOTHER zogen alle Register aus dreckigen Riffs, leidenschaftlichem Gesang und einer energischen Rock-n-Roll-Show. WOLFMOTHER gehören definitiv zu den Überraschungssiegern des Festivals.
Wenn wir Kilometergeld kassiert hätten, bräuchten wir heute wohl nicht mehr arbeiten. Die Alternastage am anderen Ende des Festivals lockte mit PAPA ROACH. Die Senkrechtstarter von einst waren bereits zum dritten Mal zu Gast am Ring. Es galt Boden wieder gut zu machen, da die vier Jungs aus Kalifornien hierzulande mit ihren letzten zwei Alben nicht mehr viel reißen konnten. Es soll sogar Leute geben, die gar nicht mitbekommen haben, dass letztes Jahr ihr viertes Album, „The Paramour Sessions“, erschienen ist. Doch gerade das ist mit seinen großartigen Rock-Hymnen prädestiniert für ein Festival wie RaR. So gab es neben den altbekannten Hits wie „Last Resort“, „Broken Home“, „Dead Cell“, „She Loves Me Not“ und „Getting Away With Murder“ auch allerlei neuen Kram, welcher den Test vor den Fans bestand. Sänger Jacoby, der mit Glam-Rock-Outfit eine gute Figur (stark abgespeckt) abgab, legte einen leidenschaftlichen Auftritt hin und spornte das Publikum immer wieder zum Mitmachen an. Dafür ging er sogar selbst ins Publikum – große Klasse!


Von KILLSWITCH ENGAGE wollten sich nicht nur ca. 8.000 Fans umhauen lassen, auch Dauerpsycho und KORN-Sänger Jonathan Davis konnte man am Bühnenrand als Zeugen erblicken. Nach dem schwachen letzten Album können KORN durchaus Inspiration dieser Art gebrauchen. Aber das ist ein anderes Thema. Das Konzert, das mit DAMAGEPLAN-Sänger/Gitarrist Patrick Lachman für den immer noch rückengeschädigten Adam D. absolviert wurde, verlief sehr routiniert (mit so viel Obertönen wie noch nie), aber nicht langweilig. Sänger Howard besichtigte mit breitem Grinsen die zahlreichen Moshpits. Nur mit dem Mitsingen hat es diesmal nicht wie sonst funktioniert. Lag vielleicht auch am plötzlich auftretenden Regen, der ein bisschen die Stimmung vermieste. Warum muss es auch regnen, wenn die Wettervorhersage eine Regenwahrscheinlichkeit von sieben Prozent prognostiziert? Wahrscheinlich gab es überall in Deutschland Sonnenschein, nur nicht in der Eifel… Jedes Jahr das gleiche. Egal, KILLSWITCH ENGAGE haben mächtig Arsch getreten, und auch die Regenwolken verzogen sich schnell wieder.


Im Anschluss war es Zeit für beste Stimmung mit den BEATSTEAKS. Dafür ließen wir sogar die Düster-Ikone TYPE O NEGATIVE sausen. Aber mal ehrlich, auf einem Festival macht Abgeh-Rock mit der derzeit wohl coolsten Band Deutschlands einfach mehr Spaß als von finsteren 10-Minuten-Broken depressiv zu werden. Die Berliner starteten vor ca. 70.000 Zuschauern mitreißend mit dem Opener „As I Please“ aus dem aktuellen Album „Limbo Messiah“. Darauf folgte ein stimmiges Best-Of-Programm aller Schaffensphasen. Nochmals aufgelockert wurde die abwechslungsreiche Setlist von vielen witzigen Ansagen von Sänger Arnim, der das Publikum komplett auf seiner Seite hatte und aus dem Strahlen nicht mehr rauskam. Das Publikum rastete jedenfalls bei Smashern wie „Hand In Hand“, „Big Attack“, „I Don't Care As Long As You Sing“ (Gänsehaut!) und „Jane Became Insane“ völlig aus. Die BEATSTEAKS waren bereits zum dritten oder vierten Mal beim Ring. Angefangen auf der Talent-Forum-Bühne, haben sie sich den Aufstieg zu gefeierten Helden und Tages-Co-Headliner auf der Centerstage durchaus verdient. Respekt!
Robert Flynn, Sänger von MACHINE HEAD, hatte gar nicht mal so Unrecht, als er zwischen zwei Songs trocken „Shut up, SMASHING PUMPKINS!“ in Richtung Centerstage ätzte. Die platzenden Kürbisse im Jahre 2007 ohne Originalbesetzung – hatte das noch Magie? Wir konnten es nicht  überprüfen, Heavy Metal stand wieder auf dem Plan. Und der hatte es in sich! MACHINE HEAD legten nämlich ein verdammt mutiges Set hin, das von zwei längeren Nummern angeführt wurde: „Clenching The Fists Of Dissent“ und „Imperium“ zeigten gleich zu Beginn, was die Jungs aus Oakland so alles auf dem Kasten haben. Später folgten sogar noch zwei weitere Songs mit Überlänge, „Halo“ vom neuen Album „The Blackening“ und die sentimentale Nummer „Descend The Shades Of Night“, sodass alle diejenigen enttäuscht wurden, die ein Greatest Hits erwartet hatten. Dafür war eben kein Platz mehr. MACHINE HEAD zeigten sich enorm selbstbewusst und kompromisslos – auf Songs der Alben drei und vier wurde komplett verzichtet –, aber auch enorm dankbar wie immer. Alles „fuckin' awesome“ halt...


SLAYER!!! Eigentlich reicht das schon als Zusammenfassung. SLAYER, Samstags-Headliner auf der Alternastage, waren einfach mal wieder SLAYER. Mit dem ewig gleichen old-school-Gitarrensound, den gleichen Pflichtnummern und den gleichen Ansagen von Tom Araya, bei denen man immer wieder schmunzeln muss – „Do You Wanna Die?“. Nö, wir noch nicht, es war Zeit, bis in die Morgenstunden noch ein bisschen Party zu machen – gehört ja auch irgendwie zu einem Festival dazu ...





Tag 3 (Sonntag, 03.06.2007)

...und so zog es uns am nächsten Tag erst um vier Uhr Nachmittags wieder raus an die Frischluft. Wir haben aber auch nix verpasst. Auf der Centerstage gab es mit HINDER, REVOLVERHELD, SUNRISE AVENUE, GOOD CHARLOTTE und VELVET REVOLVER die üblichen Radio-Rockbands der Majors. Die Alternastage war am Sonntag komplett für Indie-Rock und solch geschmackliche Irritationen wie SCISSOR SISTERS reserviert.

Der Tag begann musikalisch für uns also erst am frühen Abend mit TURBOSTAAT, der heimlich besten Punkband der Nation. Die Jungs aus Flensburg sahen sich im Club Tent vor einem unerwartet großen Publikum. Zirka 3.000 junge Menschen standen bereits im Zelt, davon schien der Großteil vom intelligenten und emotionalen Punk des Quintetts begeistert zu sein. Von den Jungs auf der Bühne hätte bestimmt keiner gedacht, dass bei einem riesigen Kommerzfestival wie Rock Am Ring nach ihrem Auftritt irgendjemand „Zugabe“ rufen würde, doch die Menge bekam tatsächlich nicht genug. Das war umso überraschender, wenn man bedenkt, dass erstens nach TURBOSTAAT nur noch Metalbands im Zelt gespielt haben, und zweitens in der kurzen Zeit fast nur bisher unbekannte Songs vom im Sommer erscheinenden Album gespielt wurden. Aber die neue Stücke standen den alten in Nichts nach. Wenn die Band so weitermacht, darf sie sich nicht wundern, wenn sie in zwei Jahren auf der Alternastage steht. So hat das mit den BEATSTEAKS ja auch angefangen. Toller Appetitanreger jedenfalls, wir warten schon auf's Album.



Zu DEVILDRIVER gibt es nicht viel zu berichten, zumal wir nur die ersten drei Tracks mitbekommen haben. Klar haben die Jungs um Frontmann Dez Fafara einen fetten Sound am Start, allerdings nutzt sich der eindimensionale Gesang live ebenso schnell ab wie auf Platte. Eigentlich schade, denn DEVILDRIVER verstehen es, arschgeile Riffs aus dem Ärmel zu schütteln, aber irgendwie fehlt das gewisse Etwas.



KORN
waren innerhalb von vier Jahren bereits zum dritten Mal zu Gast in der Eifel. Die Jungs scheinen wohl ein Abo bei den RaR-Machern zu haben. Andererseits muss man als Band ja schließlich auch sein Geld mit Dauer-Touring verbringen, wenn die Fans weniger werden und die neuen Platten zu Ladenhütern mutieren. Vor vier Jahren, als KORN noch Headliner waren, ging es deutlich mehr ab im Publikum. Der brachiale Tiefton-Sound scheint sich langsam bei den Ring-Fans abgenutzt zu haben. Dabei sind die Hits die gleichen geblieben, die Band selbst jedoch hat sich stark gewandelt. Von der Originalbesetzung sind nur noch Sänger Jonathan, Gitarrist Munky und Bassist Fieldy übrig geblieben. Und trotzdem hüpfen heute mehr Typen über die Bühne als früher. Neben irgendeinem Gitarristen im Hintergrund, der den Jesus-Flüchtigen Head ersetzt, und SLIPKNOTs Schlagzeugwunder Joey Jordison sorgen mit einem Percussionisten und einem Typen, der Samples und Backing-Vocals beisteuert, zwei völlig überflüssige Gestalten für möglichst viel Effekthascherei. Das hätten KORN eigentlich nicht nötig, so durch ist die Band ja noch nicht. Oder doch? Nervig waren auch die Pausen zwischen den Songs, als die Ur-Mitgleider immer wieder hinter der Bühne oder am Rand verschwanden und so zwischendurch für 30 Sekunden rein gar nichts passierte. Äußerst cool war allerdings das Drumming von Joey Jordison, der den fetten KORN-Sound mit vielen zusätzlichen Breaks und einer Prise Doublebass anreicherte. In spätestens zwei Jahren sieht man sich wahrscheinlich wieder. Ob dann noch jemand hüpfen mag?



Ein Teil von BurnYourEars machte sich während DIE ÄRZTE (muss man sich ja nicht unbedingt drei Stunden geben) einen Abstecher zurück zum Club-Tent, wo AS I LAY DYING das Zelt beinahe zum Einsturz brachten. Die Jungs aus den Staaten waren definitiv die brutalste Band des Festivals. Jeder Song klang wie ein Bombenhagel, und auch im Publikum herrschte Dauerverwüstung in Form von Mosh- und Circle-Pits, sowie einer eigens von den Fans eingeforderten Wall Of Death. Die Jungs von AS I LAY DYING gingen aber nicht minder aus sich raus, bangten, sprangen und rannten über die Bühne und erzeugten mit ihrem extrem heftig ballernden Metalcore eine Energie im Zelt, die ich so bei keiner Band erlebt habe. Das proppenvolle Zelt wandelte sich eine Stunde lang zum Hexenkessel. Das hat Spaß gemacht und war neben den ÄRZTEN ein schöner Abschluss eines wieder sehr abwechslungsreichen und tollen Rock-Am-Ring-Wochenendes. Nächstes Jahr gerne wieder. 



Noch kurz zum Abschluss ein Resumee:

Positiv
+  Die Verwandlung des Talent Forums in ein geschlossenes Zelt tut den „kleineren“ Bands sehr gut. Tolle (Licht-) Atmosphäre, fast immer super Sound und isoliert von den Nebenerscheinungen eines Festivals (pinkelnde Männer, Bratwurstduft, etc...). Durch die vielen Schweinwerfer allerdings auch ein wenig warm.
+ Kein HipHop-Act (Jan Delay nicht mitgezählt) – braucht heutzutage auch wirklich kein RaR-Besucher mehr.
+ Mutige Band-Auswahl, es muss ja nicht immer Major sein.
+ Das Publikum! Immer wieder Wahnsinn, wie viele Leute so viele Stunden vor den Bühnen abfeiern ...

Negativ:
- Man kann sich bei der Essens-Auswahl auf dem Gelände kaum noch zwischen den überall gleichen fünf Ständen entscheiden, wo man für teures Geld (einfache Bratwurst für 3,50 Euro, Hot Dog 4,50) schlechten Fraß bekommt, der ein unbefriedigendes Hungergefühl hinterlässt. Ein mit Käse, Tomaten und Gurken belegtes Brötchen für 1,50 Euro wäre eine willkommene und vor allem faire Maßnahme.
- Die Security könnte mal dafür sorgen, dass manche Herrschaften ihre Notdurft woanders verrichten. Dass die Pisslachen mittlerweile auf die normalen Gehwege laufen, verleiht dem Festival allein schon wegen des unerträglichen Gestanks einen Asi-Charme, der nicht zum musikalisch exklusiven Angebot passen will. Auch ekelhaft: Am späten Abend wird auf die Grünfläche gepisst, am nächsten Tag sonnen sich an gleicher Stelle nichts ahnende Fans.
- Viele Fans von THE SOUNDS verpassten den Auftritt der Band, weil sie nicht mehr ins Zelt gelassen wurden. Dort saßen nämlich etwa 1.500 Nicht-THE-SOUNDS Fans auf dem Boden, um die übernächste Band ENTER SHIKARI zu sehen. Das darf nicht sein ...

Danke an dieser Stelle auch an die tolle Betreuung durch die Veranstalter und alle Personen, die uns mit Freigetränken, Essen und Sitzgelegenheiten ausgeholfen haben.


Außerdem möchten wir darauf aufmerksam machen, dass unter folgendem Link die Setlists einiger Bands zu finden sind:
www.rockpalast.de/konzerte/2007/rock_am_ring

Jetzt aber wirklich Schluss:



Von RaR berichten: Emrah & Deniz Kilic
(Copyright der oben veröffentlichten Bilder ebenfalls bei den genannten Redakteuren)