Geschrieben von Dienstag, 30 Mai 2006 16:46

Against Me! & Brainbugs - Mühlheim / AJZ




 












 
29.05.06 - Meine Güte, war ich schon so lange nicht mehr auf richtigen Punkkonzerten! Naja, jedenfalls brauche ich jetzt wieder mehr davon. Im Gegensatz zu den meisten Hardcore-Shows sehen eben nicht alle gleich aus und ich musste nicht dauernd aufpassen, einem verhinderten Kampfsportler zu nahe zu kommen. Gut, dafür ist mir ein Besoffener die ganze Zeit in den Rücken gelaufen. Aber was soll`s? Jedenfalls möchte ich davon wieder mehr sehen: verfilzte grüne Haare, Hunde, Dreadlocks, bunte Klamotten und das ganze Paket!
Denn davon konnte man am Montag im AJZ-Mülheim genug sehen. Wenn eine folkige Punkband wie AGAINST ME!, die sich politisch sehr ambitioniert gibt, zum Tanz bittet, kommen nun mal auch die ganzen Asseln aus dem Keller. Und so war das ein sehr bunter und lustiger Abend. Und wir vier passten auch wunderbar da rein, denn einem meiner Mitstreiter ging kurz vor dem Erreichen der Halle einer seiner Schuhe flöten. Zumindest 80% der Sohle, die jetzt nur noch an einigen wenigen Fäden hing. Also: besser nicht allzu viel tanzen! Aber egal. Ich bin dann mit ihm, seinem halben Schuh, einem MP3-Player und dem AGAINST ME!-Basser Andrew nach draußen gegangen, um ihm ein paar Fragen zu stellen. Sehr netter Mensch, kann ich nur sagen. Nach Ende des Interviews und etwas Smalltalk ging es dann wieder in das JZ, welches für einen Montag wirklich beachtlich stark gefüllt war. Im letzten Jahr sollen laut Augenzeugen wesentlich weniger Menschen dort gewesen sein, was sich auch in der Auswahl eines kleineren Raumes gezeigt hatte. Da scheint dann die neue Platte auf FatWreckChords richtig gut eingeschlagen zu haben – aber das ja auch vollkommen zu Recht!
Im Internet habe ich „Beginn pünktlich um 20 Uhr“ und „wirklich pünklich!“ gelesen. Da stand auch dann „pünktlich Schluss um 23 Uhr“, aber dazu später. Aber um acht Uhr sah da gar nichts nach Einlass aus. 20 Minuten Später auch nicht. Seltsam. „Wirklich pünktlich“? Auch noch mal 20 Minuten später bewegte sich nichts (nicht mal der Hund, der hinter mir lag). So gegen kurz nach neun durften wir dann in die große Halle, wo eine Dortmunder SkaPunkBand den Abend eröffnen sollte. BRAINBUGS. Ist das nicht aus „Starship Troopers“? 

Jedenfalls machten die sieben Jungs (zwei mal Saxophon und einmal Trompete) direkt Druck und gaben Gas, da sie eine Menge verlorener Zeit wieder rausholen mussten (bzw. nicht noch mehr davon vergeuden durften). Und sie wussten durchaus zu gefallen. Geboten wurde eine Mischung aus schnellem Ska und melodischem Punkrock – so Richtung LESS THEN JAKE, wobei grade auch die Bläserfraktion zwischendurch richtig Können bewies. Hut ab. Und alleine optisch war die Band schon etwas wert. Der Gitarrist und der Basser müssen Geschwister sein – ansonsten wäre das ein sehr lustiger Zufall. Denn im Gegensatz zu seinem vermeindlichen Bruder versteckte der singende Gitarrist  seinen Bierbauch nicht, sondern setzte ihn mit einem Unterhemd und fiesen, nikotingelben Hosenträgern wunderbar in Szene. Aber die ganze Band schien eindeutig Spaß zu haben (dabei durfte dann auch gerne mal rhythmisch passend in das Mikro gerülpst werden). Nur der Hauptsänger, der ebenfalls eine Gitarre hatte, aber längst nicht immer darauf spielte, schien etwas steif zu sein. Immer wenn er nicht sang oder spielte, stellte er sich an den Bühnenrand und schaute seiner Band leicht mit den Füßen wippend zu. Das muss aber noch ausgebaut werden, die Herren. Bei so einer guten Leistung seitens einer Skaband (die waren echt schnell und gut!), darf da gerne auch getanzt werden, werter Herr Sänger! Zum Beispiel wie die junge Dame vor der Bühne. Auch wenn ihre Bewegungen in keinster Weise in einen Kontext mit der gespielten Musik gebracht werden konnte, hatte sie doch den Spaß ihres Lebens dabei. So soll das sein! Neben den schnellen Sachen wurde auch Reggae, Polka und ein ganz kleiner Schuss Dancehall geboten, was die Angelegenheit mehr als rund machte.
Allerdings ist mir etwas unklar, warum die Vorband doch noch so ein langes Set spielen durfte. Denn deswegen mussten sich AGAINST ME! ganz schön in`s Zeug legen. Und nach einer nicht ganz so kleinen Umbaupause legten sie auch direkt ohne Ansage mit „Those Anarcho Punks Are Mysterious“ los. Sänger Tom warf sich in die Hüften wie ein junger, tätowierter Elvis und los ging die Show. Und direkt ab den ersten Tönen war dann auch Ausnahmezustand in Mühlheim. Das Publikum schien jedes Lied mitsingen zu können und es wurde gepogt und getanzt. Wer bei der Vorband bereits erstaunt war über die vielen Zuschauer, sah sich jetzt in einem noch größeren Pulk wieder. Da meine Herzdame allerdings nicht zu den (körperlich) größten Menschen im Publikum zählt, sind wir auf die „Tribüne“ geflüchtet, welche uns einen klasse Blick auf die Bühne und das Publikum garantierte. Etwas seltsam war nur der riesen Typ hinter mir auf einem Podest, der etwas in die Knie ging und mit dem Gesicht zur Wand und dem Rücken zur uns mit seinen Händen für uns nicht sichtbar auf der Höhe seines Genitalbereiches ewig lange herumfummelte. Der wird doch nicht… Na, ich schätze und hoffe mal, der hat lediglich die erste SMS seines Lebens geschickt oder so etwas. Aber er ist während des Konzertes da auch stehen geblieben. Also wird er wohl nicht…
Als zweites Lied feuerten AGAINST ME! „From Her Lips To Gods Ears“ vom aktuellen Album ab und sahen sich einer enthusiastischen Menge gegenüber, die zum Teil eher mit den neuen Stücken vertraut war und diese dementsprechend abfeierte. Der Sound war druckvoll und der Gesang klang „wie auf Platte“ und man konnte der Band zu jeder Sekunde die Spielfreude anmerken. Vor allem der Schlagzeuger, der mit seiner abgeschnittenen Jeans, dem ärmellosen T-Shirt und dem Vollbart wie ein absoluter „Honk“ aussah, war ein extremer Sympathieträger. Er grinste fast während des ganzen Sets von einem Ohr zum anderen, ging die Rhythmen mit seinem Körper mit und sang aus voller Kehle. Auch der Bass-Hüne schien des Öfteren in einem Rausch gefangen zu sein. Er nahm seinen Bass immer wieder mit einer Hand hoch und schrie und klatschte dem Publikum entgegen  (oder rotzte leidenschaftlich auf den Teppich auf der Bühne). Insgesamt sahen wir an diesem Abend eine Band, die einfach spielen wollte. Und aufgrund der knappen Zeit (um elf sollte ja bereits Schicht sein) spielten sie einen Song nach dem anderem, ohne zwischendurch Ansagen zu machen oder mal richtig Luft zu holen. Die Anstrengung sah man den T-Shirts der Musiker auch durchaus an. Auch Getränkepausen waren spärlich gesät, aber das sollte anscheinend weder Musiker noch Publikum stören. Apropos Getränke: eventuell sollte man bei solchen Veranstaltungen doch Pfand auf die Bierflaschen erheben – das erspart zumindest die ganzen Scherben!
Die vier Herren aus Florida spielten ein sehr gemischtes Set und berücksichtigten nicht nur die aktuelle Platte. Von der kamen grade auch die Stücke mit den Dancebeats unglaublich gut an und man sah der Band an, wie viel Lust sie auf ihre eigenen Stücke hatte. Genauso wie den Jungs, die immer wieder auf die Bühne kletterten, um ein paar Zeilen mitzusingen und dann wieder per Diver runter zu gehen. Nach ca. einer dreiviertel Stunde verabschiedeten sich AGAINST ME! auch schon wieder, nur um sich vom Publikum wieder zurück auf die Bühne bestellen zu lassen. Und so gaben sie auch noch brav drei Zugaben und hinterließen danach ein mehr als glückliches Publikum. Wow, da wurde literweise Schweiß in Umlauf gebracht, viele „ohoho`s“ mitgesungen und die ein oder andere Hüfte ordentlich durchgeschüttelt. Wie ich vom Bassisten der BRAINBUGS erfuhr, hätten AGAINST ME! auch noch länger gespielt, wenn die netten Herren Ordnungshüter in grün und nikotingelb das Konzert nicht beendet hätten. Deswegen stand im Netz wohl auch „pünktlich Schluss um elf“. Hätten sie allerdings auch pünktlich um acht angefangen, wäre das ja auch kein Problem gewesen. So ist es natürlich etwas schade, da ich jeden weiteren Song noch mehr genossen hätte. Aber Schwamm drüber – das Konzert (auch wenn es ganz ohne Ansagen auskam) war einfach nur klasse. Kein Wunder, dass diese Band bald ein Live-Album auf FatWreckChords rausbringt!
Setlist, AGAINST ME!, 29.05.06 AJZ Mühlheim
Those Anarcho Punks Are Mysterious From Her Lips To Gods ears (The Energizer) Rice and Bread New Wave Reinventing Axl Rose Don`t Lose Touch Up The… Unprotected Sex With Multiple Partners Sink.Florida.Sink U Look Like I Need A Drink Problems T.S.R.
Miami Walking Is Still Honest
Zugabe
Pint Of Guiness makes You Strong
Cliche Guevara
und noch einen

http://www.againstme.net/
http://www.brainbugsonline.de/
Kai