Geschrieben von Mittwoch, 04 Juni 2008 02:00

Groezrock 2008 - Der Nachbericht


Review


Link: http://www.groezrock.be/
Da war es wieder: ein sagenhaftes GROEZROCK-FESTIVAL. Nicht mein erstes und hoffentlich auch nicht mein letztes!
Wie immer als eine der ersten im Jahr riefen uns die sympathischen Belgier in Meerhout zum Campen und Feiern zu sich. Und wer das ganze schon mal mitgemacht hat, kommt da immer wieder gerne hin. Für Fans des Punk / Hardcore / MetalCore gibt es vermutlich nicht viele Festivitäten, bei denen man so dermaßen auf seine Kosten kommt, was die geliebten Genres angeht. Und somit sind wir dann am Freitag morgen/mittag mal langsam mit einem voll bepackten Auto Richtung Belgien gefahren. Die Fahrt an sich war dann auch relativ stressfrei und je näher man kam, umso mehr Gleichgesinnte fand man auf der Straße. Aber als wir nach ca. drei Stunden am Campinggelände ankamen, gab es den ersten kleinen Dämpfer: Der Zeltplatz war extrem genau eingeteilt, und somit gab es kaum Platz um die Zelte herum. Dementsprechend haben wir wirklich Zelt an Zelt an Zelt an Zelt gecampt. Wir hatten uns mit einem kleinen Pavillion wenigstens ein bisschen Gemeinschaftsraum erstritten, aber trotzdem habe ich das bei anderen Festivals schon wesentlich luxuriöser erlebt. Na wenigstens hat man so relativ schnell internationale Nachbarn kennen gelernt.
Da ich persönlich aber die Konzerte wesentlich ernster nehme als das Zelten, ging es nach den ersten paar belgischen Bieren zum eigentlichen Festivalgelände. Und dort herrschte wieder mal das alljährliche Freitagschaos: Obwohl es vorher hieß, die Kassen wären zahlenmäßig erweitert worden (was ich nicht ausmachen konnte), mussten wir wieder ziemlich lange in einer ziemlich langen Schlange stehen, ehe wir endlich unsere Armbänder bekamen. Und genau durch diese Warterei verpassten wird dann auch schon STRIKE ANYWHERE. Zumindest beinahe, denn glücklicherweise haben wir dann noch zweieinhalb Stücke gesehen. Und „To The World“ brachte mich auch direkt in die richtige Stimmung. Denn mehr als  ein paar Songs braucht es auch nicht, um in STRIKE ANYWHERE jene großartige Band zu sehen, die sie zweifelsfrei sind. Schade, dass wir sie großteils verpasst haben, denn Show und Stimmung waren direkt schon wieder einmalig!
Danach kamen mit MAYDAY PARADE und ALL TIME LOW nicht unbedingt die Bands, auf die ich gewartet hatte, und so ging es dann wieder zum Auftanken und Essen zurück zum Zeltplatz. Mit ein paar weiteren Bieren konnte man dann auch verkraften, dass wir bereits THE BLACKOUT und SET YOUR GOALS verpasst hatten – ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern.
So richtig los ging es für mich wieder mit HEAVEN SHALL BURN. Und die deutsche Band hat Belgien ganz schön gerockt! Eigentlich standen wir gar nicht so weit vorne, als dann aber eine Wall Of Death angekündigt wurde, waren wir dann doch irgendwie mittendrin. Also schnell ein paar Meter nach hinten gespurtet. Und anhand der blutigen Nasen, die es nach diesem Monster von einer WOD gab, erscheint unsere Entscheidung auch richtig gewesen zu sein. Der Sound war noch nicht ganz optimal, aber das sollte leider öfter mal der Fall werden. Trotzdem legten die MetalCore-Helden einen gelungen Gig hin (auch wenn ich sie schon enthusiastischer gesehen habe). Viele Songs im Set waren von der neuen "Iconoclast" Scheibe, und z.B. der Dancebeat bei „Murderer Of All Murderers“ kam live ziemlich gewaltig. Zusätzlich habe ich noch herausgefunden, dass sie neben ihrem ostdeutschen Dialekt noch eine weitere nette Färbung in der Sprache haben. Denn das Englisch des Sängers war, gelinde gesagt, lustig. Und so begleitet uns seine Ansage: „Have you enough energy for se näxt Song“ noch das komplette Festival. Setzen- Sechs! Trotzdem kamen sie gut beim Publikum an und zeigten schon mal, wo hier der Hammer hängt. Und als wir beim Rausgehen auf einmal während einer ziemlich spontanen Zugabe mitten in einem von gefühlten 30.000 Pits standen, merkte man deutlich, wie viel Energie HSB beim Publikum freisetzen.
Nun ging es rüber zu SILVERSTEIN, wobei ich da schon meine Bedenken hatte. Und die wurden dann auch leider vollkommen bestätigt. Zwar haben sie nach wie vor ein, zwei richtig gute Songs im Set (z.B. „Smile In Your Sleep“), aber trotzdem wirken sie im Jahre 2008 einfach eher wie eine Karikatur: schön die Größe Null Jeans an, die Haare bescheuert und Rumgehampel auf der Bühne. 
Da half auch der wahnsinnig hässliche Schnauzbart des Bassisten nichts. Da ja die neue Platte nichts wirklich Neues zum Klangkosmos der Band hinzufügen konnte, wirkte das Set insgesamt gesehen sehr eintönig und irgendwie klischeehaft. „The next song is for all the girls in the audience“ und so weiter. Ein wenig musste ich an den Screamo-Verarsche-Song von der neuen NEW FOUND GLORY denken (“Screamo's Gotta Go“), dessen Text doch recht gut auf SILVERSTEIN umzusetzen ist. Denn irgendwie wirkte der Auftritt etwas bemüht und Formelhaft – wie die Musik über große Strecken.
Dann doch lieber vor dem Ende des Gigs rüber zum ALKALINE TRIO. Und der Dreier war dann auch direkt um Längen besser. Der Sound war ok und die Band hat ihr Repertoire ziemlich gekonnt umgesetzt. Sowohl Basser als auch Gitarrist haben ihre Stimmen mehr als gelungen eingesetzt und spielten ihren leicht melancholischen PunkRock mit Popeinlagen mit Druck und Können. Ich kannte sogar die meisten Songs, obwohl ich nie die Namen zuordnen kann. Vermutlich war da eine Menge Material von der "Good Mourning" dabei. Am Schluss sollen sie sogar noch Gäste auf der Bühne gehabt haben (ich glaube, es sollen sogar HOT WATER MUSIC gewesen sein), aber leider hatte ich mich mit der „Schnell weg, bevor alle gehen“-Attitüde bereits aus dem Zelt verabschiedet.
Und so wartete ich auf den Beginn des FINCH-Gigs, bei dem man im Vorfeld bereits einiges an Spannung im Publikum ausmachen konnte. Und als die Band dann endlich auf die Bühne kam, sah man schon direkt den Vergleich zu SILVERSTEIN, denn die Jungs sahen herrlich normal aus, und vor allem der Sänger überzeugte in seiner Rolle als Frontman. Außerdem musste er sich die ganze Zeit seine extrem baggy getragene Buchse hochziehen und wirkte so wie die Antithese zu SILVERSTEIN. 
Aber auch die Musik konnte da mithalten. Zumindest die neueren Stücke, die schon eher vertrackter PostCore anstatt Emo waren. Glücklicherweise begannen sie ihr Set eben auch mit zwei Stücken, die zwar sperrig waren, aber trotzdem gut ins Ohr gingen und zeigten so, dass sie eine wirklich ernst zu nehmende Band sind. Zwischendurch gab es zwar immer wieder typische Emosongs, aber die machten sich in der direkten Nachbarschaft zu den vertrackteren Stücken auch um einiges besser. Schöner Auftritt einer sympathischen Band, die auch musikalisch noch etwas zu sagen hatte.
Und auch wenn ich sie schon das ein oder andere Mal gesehen habe, ging es bereits vor dem Ende von FINCH dann doch noch rüber zu ANTI-FLAG, die ihrem Ruf (natürlich!) wieder mal alle Ehre machten. Eine energiereiche Show, Milliarden Whohohos, super Stimmung, viele Ansagen (die zwar ihre Berechtigung haben, welche man aber auch schon einige Male von der Band gehört hat) und natürlich Hits, Hits, Hits. Während man da also lauthals mitgröhlt und sich immer noch wundert, dass die Amis ihre Songs unterbrechen, wenn es im Pit zu Stürzen kommt, muss man ganz schön aufpassen, dass man nicht einen Fuß oder ein anderes Körperteil von dahergeflogenen Stagedivern vor den Kopf bekommt. Und ja, wir sind alle eine große Familie und ja, wir bewegen all zusammen etwas in der Weltgeschichte. Aber ich will gar nicht so zynisch klingen. Es ist doch schön zu wissen, dass es noch Bands gibt, die diese positive Stimmung verbreiten und etwas bewegen wollen – und seien es nur ein paar tausend Zuschauer in Belgien!
Danach hat sich dann für mich persönlich der Himmel aufgetan und meine ganz persönliche HOT WATER MUSIC-Entjungferung hat statt gefunden – und es tat auch gar nicht weh! Dafür war es fantastisch zu sehen, welche Bedeutung diese Band für das Publikum hatte. Selten habe ich so viele strahlende Gesichter in einem Publikum gesehen und so viele Stimmbänder mitschwingen gehört. Die Songs waren bekannt und jeder wurde abgefeiert, als wäre es eine Offenbahrung. Und ehrlich gesagt ist grade die Stimme von Chuck Ragan auch genau das. Aber bei HWM treffen sich ja eben zwei grandiose Stimmen und fügen sich in eine Band ein, die genau weiß, was sie da macht. Das Schlagzeug wirkt z.B. erstmal etwas minimalistisch, aber man merkt dann doch sehr schnell, wie genau und filigran jeder Schlag sitzt und den Song genau passend unterstützt – das ist wirklich effektives und rationales Arbeiten. Ebenso der Bass mit seinen vielen Figuren, der immer wieder einen grandiosen und verschnörkelten Teppich unter die Gitarrenriffs setzt. 
Kein Wunder, dass die Jungs aus Gainesville einfach nicht aufhören können – die Band ist einfach viel zu gut eingespielt, und in der Kombination strahlen sie so verdammt viel Herzblut aus, dass THE DRAFT da einfach niemals mitkommen können. Meinetwegen hätte das Konzert ewig andauern können. Dann hätte ich mir einfach meine Isomatte mit vor die Bühne geholt. Aber leider war auch die Spielzeit von HWM begrenzt, doch natürlich gab es noch eine Zugabe. Und hierbei kamen dann einige Jungs von THE BOUNCING SOULS auf die Bühne, übernahmen eine zusätzliche Gitarre und das Schlagzeug und spielten dann gemeinsam mit HOT WATER MUSIK ihren Hit „True Believers“. 
Und auch wenn ich TBS nicht sonderlich mag, hatte dieser Moment beinahe etwas Magisches! Ein absolut überzeugender Gig, der sie musikalisch über verschiedene Phasen der Bandgeschichte führte und der viele strahlende Gesichter zurück ließ, bzw. ins Merchandise-Zelt trieb. Aber nach dieser wahnsinnig guten Show habe ich dann auch bereitwillig meinen Teil zur HWM-Tour-Kasse beigetragen. Richtig geil!
Wenn man kurz zuvor HOT WATER MUSIC gesehen hat, dann kommt einem eine Band wie BILLY TALENT relativ überflüssig vor. Und da man gehen soll, wenn es am Schönsten ist, führte mich mein Weg wieder zu meinem Zelt, zu belgischem Bier und jeder Menge seltsamer Leute, die vom Festival so weit ähnlich angetan waren, wie ich selbst.
Am nächsten Tag ging es relativ früh wieder zum Festivalgelände, und jetzt waren auch die Schlangen großteils verschwunden. Sehr schön. Mit einer Menge anderer verpeilter Leute haben wir uns dann BURY YOUR DEAD angesehen, was eigentlich nicht unbedingt die leichteste Kost direkt nach einer durchzechten Nacht ist. Leider, leider war der Sound auch extrem schwach (oder meine Ohre noch im Koma), so dass ich eigentlich außer den Rhythmen gar nichts mitbekommen habe von der heftigen Breitseite der Band. Ich erinnere mich nur noch an das extrem prollige Shirt des Bassers, welches mit seinen überdimensionalen goldenen Lettern sehr stark an die 80iger erinnerte. Ich hatte mich eigentlich auf ordentlichen MetalCore/DeathCore gefreut, aber der Sound hat mir das ziemlich vermiest – so klangen BYD ehrlich gesagt extrem eintönig.
Also rüber zu einer der Bands, auf die ich mich eh mit am meisten gefreut hatte. Was vor zwei Jahren A WILHELM SCREAM für mich gewesen sind, waren nun THE FLATLINERS aus Kanada. Die Jungs haben zwar bereits ihr zweites Album draußen, zählen aber eigentlich noch als Newcomer und sind auch noch ziemlich jung. Und was sich auf der Platte schon deutlich gezeigt hatte, erfuhr nun große Bestätigung: THE FLATLINERS sind eine richtig geile SkaPunkband. Die Stimme ist räudig, die Geschwindigkeit sehr angenehm und die Songs gut komponiert und abwechslungsreich. Zwischen den flotten Punknummern (mit ganz leichten Hardcoreeinschlägen) gab es immer wieder Skaparts und vor allem bei den neuern Stücken Reggae-Einsprengsel. Ein sehr guter Auftritt, der schon ziemlich viele Leute begeistern konnte und das frühe Aufstehen definitiv rechtfertigte. Nach den schönen Melodien wurde es dann aber wieder Zeit etwas kaputt zu machen – und sei es nur das eigene Musikverständnis. 

Und so haben wir uns dann also SUICIDE SILENCE gegeben. Und ohne ihre Platte zu kennen ist das schon ein ganz schöner Brocken, in den man sich da versucht hineinzuhören. Relativ chaotischer DeathCore von einer Horde langhaariger Bartträger. Nur der Sänger fiel mit seinen kurzen Haaren und dem nackten Gesicht (wenn man die Tatoos am Hals abzieht) aus der Reihe. Und so wie sich der spindeldürre zutätowierte Typ bewegte, sich mit einem ausgestreckten Arm nach vorne beugte und die typischen Squeals und Schweine-Aufschlitz-Geräusche von sich gab, erinnerte er mich an eine fiese Spinne, die ihre Opfer aussaugt und gleichzeitig noch in ein Mikrofon schreit. Und zack, war „Thekla“ geboren. Keine Ahnung, ob der auch von nahem so fies wirkte, aber als Fronter einer gemeinen Knüppelcombo machte er sich ziemlich prächtig. Überhaupt hatte der Gig einiges zu bieten. Viele heftige Parts gaben sich die Klinke in die Hand und wurden immer wieder von mächtigen Beatdowns unterbrochen, die einem wirklich die Knochen brechen konnten. Was für ein herrlicher Krach!
Die nächsten drei Bands hätte ich eigentlich auch sehen wollen, aber leider wurden sie dem Festival-Feeling geopfert – aber das muss ja schließlich auch sein. Und so ging es um die Mittagszeit erst wieder los zu einem weiterem absoluten Highlight. Denn ähnlich wie vor ein paar Monaten in Münster haben mich THIS IS HELL einfach nur restlos begeistert. Die Energie, die sie auf der Bühne entfesseln, ist einfach nur beeindruckend. Vorangetrieben von einem wahnsinnigen Drummer gaben die Jungs alles auf der Bühne und spielten dabei noch ein musikalisch sehr gutes Set. Man merkt der Band einfach in jeder Sekunde ihre Liebe zum Hardcore und ihrer Musik im Speziellen an. Diese Mischung aus Old- und Newschool hätte meinetwegen auch abends in einem besseren Slot funktioniert. Und so voll, wie das Zelt bei ihrem Auftritt war, schien dies nicht nur meine eigene Meinung widerzuspiegeln. Diese Band muss man einfach live gesehen haben!
Von DO OR DIE habe ich tatsächlich nur ein paar Sekunden gesehen – die aber eigentlich viel versprechend klangen. Allerdings stand jetzt erstmal Nahrungsaufnahme und das verwunderte Starren auf die Jägermeister-Tekkno-Dancehall-Stage auf dem Programm. Nachdem man sich das zuckende Treiben in mitten von großen, roten Staubwolken lange genug angesehen hatte, ging es weiter zu A WILHELM SCREAM, die mich genau wie vor zwei Jahren absolut begeisterten. Ich habe ehrlich gesagt auch keine Ahnung, wie sie das hinkriegen. Sie spielen Punk-Songs, die eigentlich aus Hardcore und Metal bestehen, gehen ab wie Schmidts Katze, spielen aber total sauber dabei und haben ein Lächeln auf den Lippen. Technisch gesehen können die Jungs so ziemlich jede Harcore- und Metalband an die Wand spielen. Aber trotzdem sind sie Welten von irgendeiner Tough-Guy-Attitüde entfernt und zeigen sich energetisch und gut gelaunt. Die Songs sind kompliziert und doch eingängig, und ihr Set kann sich absolut sehen lassen. Der Sound war gut und witzigerweise schienen sie eine der wenigen Bands gewesen zu sein, die ihre Gitarren nicht während der Show stimmen mussten. Absolut professionell aber gleichzeitig ziemlich geschmeidig aus der Hüfte geschossen. Geile Band!
Auf der anderen Stage kamen nun die Chaoten von HORSE THE BAND auf die Bühne. Und ganz ihrem Klischee entsprechend sahen sie nicht nur leicht bekloppt aus (vor allem der Keyboarder in seinem 80iger Jahre Schulsport-Outfit), sondern brachten direkt mal ihren Merchman auf die Bühne (glaube ich zumindest), der die wahnsinnige Aufgabe hatte, Triangel zu spielen und dabei natürlich nach Leibeskräften moshte und seine Aufgabe sehr ernst nahm. Leider war der Sound nur bedingt in Ordnung, denn ich habe den Sänger eigentlich nur gehört, wenn er richtig geschrieen hat. Viele der Kollaborationen von Keyboard und Gitarre konnte man in dem Soundbrei gar nicht wirklich nachvollziehen. Schade eigentlich, denn HTB waren auch wieder eine dieser Bands, die ich unbedingt sehen wollte. Aber so hatte das ganze eher einen visuellen Unterhaltungswert, und ich ging 20 Minuten später nach „A Million Exploding Suns“ schon wieder zur nächsten Bühne.
Aber leider war meine Berechnung falsch. Eigentlich hatte ich mit sehr gutem Sound gerechnet, denn schließlich machen die TOASTERS nicht grade Knüppelmukke. Und obwohl es auch erst richtig gut anfing, der Groove langsam in die Beine ging und Hits wie „I`m running right through the world“ zum Tanzen einluden, war die Luft doch ziemlich schnell raus. Denn leider ist der Frontsound des Schlagzeugs und der Gitarren ausgefallen. Und Ska ohne Basedrum ist auch albern. Man konnte lediglich den Sound der Monitore bzw. den echten Drumsound hören, und so machten mir die mittlerweile gar nicht mehr so jungen Herren doch nur halb soviel Spaß. Ein paar Songs bekam ich noch so halb mit, habe mich dann aber doch auf den Rückweg gemacht, weil das Tanzbein bei mir bereits durch den fehlenden Sound eingeschlafen war.
Die ganzen Bands meiner Jugend wie FACE TO FACE und NO FUN AT ALL habe ich mir dann doch nicht mehr angesehen – mir war einfach nicht nach Nostalgie, sondern eher nach Dosenbier. Und deshalb waren dann auch PARKWAY DRIVE erst wieder die nächste Band für mich. Und genau wie THIS IS HELL konnten mich auch PWD bereits zum zweiten Mal vollkommen überzeugen. Und wieder sind mir die langen Arme des Bassisten und des Sängers aufgefallen – Gorilla-Style! Manchmal wirkte es schon fast komisch, wenn sie nicht genau wussten, wo sie ihre langen Arme hinbewegen sollten. 
Die Band ging wieder gut ab und spielte ihre Version des MetalCore ziemlich mitreißend. Zwischen den Songs versicherte der Sänger immer wieder keuchend, wie beeindruckt er von der Masse an Zuschauern war und wie wenig selbstverständlich es für seine Band sei, vor so viel Publikum zu stehen. Und die Menge dankte es der Band. Die Stimmung war super, die Jungs sympathisch (vor allem, weil sie nicht so klischeehaft aussahen wie einige ihrer Kollegen), und die Songs ihrer beiden Alben wurden ordentlich abgefeiert.
SICK OF IT ALL dürfen natürlich nicht fehlen, und so schaute ich mir noch eine halbe Stunde ihres Sets an, während so langsam die Vorfreude auf THURSDAY stieg. Und die New Yorker legten natürlich auch direkt los und hatten das Zelt komplett in der Hand. Hier trifft Routine auf Leidenschaft und man merkt ihnen beides einfach an. Geile Band mit einigen Hits. Nur schade, dass sie sich immer wieder über die „Shitty German Metalcore-Bands“ lustig gemacht haben, und damit wohl HEAVEN SHALL BURN gemeint haben müssen. Na gut, so ein bisschen dicke Hose darf man sich halt leisten, wenn man SICK OF IT ALL ist. Und spätestens bei „Step Down“ gab es auch einfach kein Halten mehr. Von diesen alten Füchsen kann sich so manch junge Band noch die ein oder andere Scheibe abschneiden. Und im Gegensatz zu BAD RELIGION scheinen SOIA auch einfach nicht glatter zu werden mit der Zeit. Nach wie vor gibt es hier ordentlich was vor die Mappe – sehr schön!
SOIA hatten das Publikum während ihrer Show gebeten, soviel Krach zu machen, dass ihre Freunde bei THURSDAY sie im anderen Zelt hören können. Und während der Minuten vor dem Konzert war dieser Gedanke gar nicht mal so abwegig. Aber spätestens als die Mannen um Sänger Geoff Rickly auf der Bühne standen, war ihnen die komplette und uneingeschränkte Aufmerksamkeit gewiss. Allerdings hätte ich das Zelt noch ein wenig stärker gefüllt erwartet, aber sei es drum: für mich war das mal wieder ein großer Haken auf der „Muss Ich Unbedingt Mal Live Gesehen Haben“-Liste. Wie Geoff eröffnete, war man ganz spontan während der Arbeit an einem neuen Album zum Lineup gestoßen und ziemlich spontan über den großen Teich gejettet. Aber ihrer Präsenz auf der Bühne tat dies kein Abbruch – auch wenn ich eventuell noch eine Schüppe mehr erwartet hatte. Allerdings fiel Geoff doch ziemlich auf mit einem Tanzstil, der mich ein wenig an Adam Lazzara von TAKING BACK SUNDAY erinnerte – zumindest liebte er die großen Gesten genauso und wirkte auch mehr als nur dezent androgyn. Seine Stimme ist ja eigentlich eher recht dünn, deshalb war ich immer davon ausgegangen, dass die wirklich fiesen Schreie eher von einem der Gitarristen stammen. 
Aber ich wurde ziemlich perplex eines besseren belehrt, da der schlaksige Typ seinen Stimmbändern richtig krasse Schreie entlocken konnte, die teilweise wesentlich heftiger ausfielen, als es mir bei ihnen auf Platte zu Ohren gekommen war. Aber auch der Rest der Band aus New Brunswick war überzeugend und erinnerte eher an eine Alternative-Band als an alles, was mit dem Namen Emo verbunden wird (wenn man die Tanzschritte des Sängers mal raus nimmt). Meiner Meinung nach wurden die Songs von "Full Collapse" und "War All The Time" ein wenig mehr abgefeiert als die des neuesten Werkes, aber grade bei den alten Sachen haben sie auch einfach ein paar unumstößliche Hits, die natürlich auch in Belgien zündeten. Und so wurden Songs wie "Signals Over The Air" und "Cross Out The Eyes" und viele weitere gebührend abgefeiert. Im Endeffekt hätte ich zwar in der Tat ein wenig mehr erwartet, aber das liegt vermutlich daran, dass ich ihre Platten so existenziell finde und so die Meßlatte für die Live-Gigs ähnlich hoch lege. Trotzdem war es ein geiles Konzert und ich bin richtig froh, sie endlich mal gesehen zu haben.
Bei STORY OF THE YEAR war ich ziemlich hin und her gerissen. Ich komme mit allen ihren Alben zurecht, habe aber an jedem was zu meckern. Vor allem diese Over-The-Top-Aspekt setzt mir ziemlich zu. Und diese Überproduktion habe ich auch irgendwie von ihrer Live-Show erwartet. Da man mir bereits erzählt hatte, dass die Jungs Salti auf der Bühne und Gitarren-Geschmeiße veranstalten, war ich dementsprechend skeptisch. So einen Zirkus finde ich relativ überflüssig. Allerdings muss ich ihnen zugestehen, dass sie ziemlich schnell waren und nicht auf Schmuseemo machten. 
Im Gegenteil, das Stück vom Set, welches ich gesehen habe, wirkte knackig und druckvoll. Der Sound war auch super und die Band wirkte sehr fit in dem, was sie da tat. Allerdings konnte man auch schnell mitkriegen, dass hier viel mit Effekten gearbeitet wurde und einiges aus den verschiedenen Intros vom Band kam. Aber eben nicht offensichtlich, sondern organisch in den Songstart gemischt, und irgendwie packte es mich dann doch. Sind das nur ein paar Sounds, oder lassen die sich öfter helfen? Fangen die jetzt gleich an, ihre einstudierten Sprünge und Akrobatik-Nummern zu machen? Will ich so was sehen? Und da ich in diesem Moment auf einmal sehr konservativ wurde, zog es mich nach ca. 20 Minuten doch rüber ins andere Zelt.
Und da kamen dann die Punkurgesteine und Evergreen-Band BAD RELIGION auf die Bühne. Im Nachhinein hätte ich zwar auch auf den xten Gig von ihnen verzichten können (hat man ja schließlich schon öfter gesehen) und den Jungspunden mit ihrer eventuellen Zirkusshow im anderen Zelt eine faire Chance geben sollen, aber in diesem Moment war mir einfach ein wenig nach Nostalgie, guter Laune und Hits, Hits, Hits. Und das Schöne an diesen Hits war, das der „neue“ Schlagzeuger Brooks Wackermann ihnen eine ganze Menge mehr Druck verlieh. Er war schneller und präziser als alles, was ich vorher bei BR gesehen hatte. Und an einigen Stellen mischte er sogar ganz leichte Überraschungen mit rein. Zum Beispiel bei dem Klassiker „Fuck Armageddon...“ war an einer Stelle eine dezente Doublebass zu hören, die überhaupt nicht gewollt, sondern sehr angenehm druckvoll klang. Im Gegensatz dazu wirkte die Stimme von Sänger Greg immer weicher und glatter. Er ist ja nicht grade für grabestiefe Growls bekannt, aber diesmal kam es mir wirklich einen Ticken zu glatt vor. Abnutzung? Aber egal. Und so sah es der Großteil des Publikums auch und feierte mit jedem Song der Band ab, wobei die Klassiker natürlich für beinahe feuchte Augen sorgten. So ein „Generator“ geht halt nicht spurlos an einem vorbei. So war es dann doch irgendwie ein guter Abschluss mit einer Band das Festival zu beenden, die für ihre Musik genauso wichtig gewesen ist wie HOT WATER MUSIC, die für mich mit Abstand die wichtigste Band am Vortag gewesen war. Außerdem macht das Mitgröhlen nach Verlust der Stimme sowieso mehr Spaß!
Und so ging dann auch mein mittlerweile drittes Groezrock zu Ende, und wieder wünschte man sich, die Parkplätze wären doch etwas näher an den Zeltplätzen. Das gehört zu den wenigen Dingen, die ich an diesem Festival immer noch auszusetzen habe: bitte irgendwann mal kürzere Wege (vor allem zum Auto hin und zurück), eine Kasse mehr und mehr Platz pro Zelt. Aber das Lineup und die Stimmung sind nach wie vor geil. Schön war's!
Kai