Geschrieben von Freitag, 29 Januar 2010 15:10

The Black Procession Tour: Machine Head, Caliban & Bleeding Through - Schleyerhalle, Stuttgart


05-MachineHead

Dies würde kein normaler Abend werden, so viel war bereits vor Beginn der Veranstaltung klar. Denn ursprünglich sollten sich neben MACHINE HEAD, dem Hauptact des Abends,  auch noch die Bands ALL SHALL PERISH und vielmehr HATEBREED ein Stelldichein in der Stuttgarter Schleyerhalle geben. Erstere wurden im Vorfeld komplett aus dem Lineup der „The Black Procession“-Tour gekegelt, wobei mir die Gründe hierfür nach wie vor unbekannt sind. Die Absage von HATEBREED kam jedoch aus heiterem Himmel erst wenige Tage vor Tourbeginn. Sänger Jamey Jasta musste sich einer Zahn-OP unterziehen, weshalb die ersten drei Haltestellen der schwarzen Prozession – namentlich Stuttgart, Wiesbaden und Hamburg – ohne die Hardcore-Metal-Legenden angesteuert werden mussten.
Stattdessen holte man kurzerhand CALIBAN als Ersatz mit an Bord, die sich bis vor Kurzem ebenfalls unter den Fittichen von Roadrunner Records befanden. Aus vier Bands wurden somit nur noch drei, und aus HATEBREED wurden CALIBAN.

Pünktlich um kurz nach 19 Uhr ging es auch schon los mit BLEEDING THROUGH aus Orange County, USA. Eine knappe halbe Stunde hatten die Jungs und das Mädel – gemeint ist Keyboarderin Marta Peterson – Zeit, das noch recht übersichtlich gestreute Publikum für sich zu gewinnen. Angesichts der Absage von ALL SHALL PERISH hätte man den Kaliforniern allerdings ruhig noch etwas mehr Spielzeit zugestatten können. Zumal sie sich sichtlich Mühe gaben, mit ihrem kompromisslosen „Death-Metalcore“ für Stimmung zu sorgen, was ihnen auch einigermaßen gelang. Das Publikum dankte es ihnen, indem es den Aufforderungen von Sänger Brandan Schieppati nachkam und die ersten Circle Pits des Abends bildete. Neben dem Titeltrack „Declaration“ vom gleichnamigen aktuellen Longplayer, sowie „Sister Charlatan“ wurden auch Songs vom Vorgängeralbum „The Truth“ dargeboten. Insgesamt eine sehr solide Songauswahl. Mehr konnte man in die kurze Spieldauer sicher nicht pressen.

Ab 19:50 Uhr durften dann CALIBAN eine knappe dreiviertel Stunde lang beweisen, dass sie HATEBREED würdig vertreten könnten. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen für die Truppe aus dem Ruhrpott. Schließlich hatten viele Fans erst vor Ort von der Absage des Co-Headliners erfahren und waren entsprechend gelaunt. Ein paar gefrustete HATEBREED-Anhänger, die für CALIBAN offenbar überhaupt nichts übrig hatten, konnten es wohl nicht lassen, ihren Unmut an dem kurzfristig eingesprungenen Ersatz auszulassen. Den Wortlaut habe ich leider (oder zum Glück) nicht mitbekommen, lediglich die Reaktion von Sänger Andreas Dörner: Er versuchte in einer Spielpause den angesäuerten Teil des Publikums zu beschwichtigen mit der Bitte, ihren Auftritt einfach über sich ergehen zu lassen. Desto eher hätten es alle hinter sich und umso zügiger könnte man zum Hauptact übergehen. Wobei ich eigentlich nicht den Eindruck hatte, als sei der Großteil der Menge schlecht auf die Band zu sprechen gewesen. Mir erschien das schon deutlich zahlreicher gewordene Publikum auch während des CALIBAN-Auftritts durchaus motiviert, sodass zumindest in der Hallenmitte richtig Bewegung ins Spiel kam.
Musikalisch gab es eine bunte Mischung der letzten vier CALIBAN-Alben zu hören. Allen voran natürlich Songs des aktuellen Longplayers „Say Hello To Tragedy“, wie zum Beispiel „Love Song“, „24 Years“ oder „Calibans Revenge“. Aber auch von den drei Vorgängeralben „The Awakening“, „The Undying Darkness“ und „The Opposite From Within“ wurde jeweils mindestens ein Song gespielt. Wer mit CALIBAN etwas anfangen kann, dem wurde in der Kürze der Zeit also eine Menge geboten. Mein persönliches Highlight des Auftritts, und sicherlich auch das vieler anderer Zuschauer, bildete kurz vor Schluss der HATEBREED-Coversong „Before Dishonor“, den sich die Band in den wenigen Tagen vor Tourbeginn extra noch draufgeschafft hatte. Eine tolle Geste, wie ich finde, sodass auch der eine oder andere gefrustete HATEBREED-Anhänger vielleicht doch noch ein klein wenig auf seine Kosten kam.
Eines konnte man CALIBAN also definitiv nicht vorwerfen: dass sie sich keine Mühe gegeben hätten, dem Publikum für das Eintrittgeld nicht einen adäquaten Gegenwert zu liefern. Denn das war definitiv der Fall.

Um kurz nach neun war es dann endlich soweit: MACHINE (FUCKING) HEAD betraten (wie immer) zum Intro von „Clenching The Fists Of Dissent“ nacheinander die in Rauchschwaden gehüllte Bühne. Auch wenn die vergangenen beiden MACHINE HEAD-Auftritte, bei denen ich Zuschauer sein durfte (2009 als Support von METALLICA; 2008 als Support von SLIPKNOT), auf die gleiche Weise eingeläutet wurden... das Intro und der Song gehen sowas von ins Ohr, da kann ich mir schon gar keinen anderen Auftakt mehr vorstellen. Weiter ging es dann mit „Imperium“ vom „The Blackening“-Vorgänger „Through The Ashes Of Empires“, ehe eine Periode älterer Stücke folgte, die es schon länger nicht mehr auf die Setliste geschafft hatten. Neben „Spine“ und „Struck A Nerve“ vom Album „The More Things Change...“ wurden auch Songs von „The Burning Red“ und „Supercharger“ herausgekramt. Endlich mal wieder etwas Abwechslung! Als dann auch noch mit „The Blood, The Sweat, The Tears“ einer meiner absoluten Favorites an die Reihe kam, war ich natürlich vollends zufrieden gestellt. Naja, nicht ganz: „Ten Ton Hammer“, „Days Turn Blue To Gray“ oder das phänomenale Iron Maiden-Cover „Hallowed Be Thy Name“, das beim METALLICA-Gig noch auf der Liste stand, hätten schon noch sein dürfen. Aber man will ja auch nicht zu anspruchsvoll sein. Zwischendurch gab Sänger Robb Flynn dann auch noch bekannt, dass dies die letzte Tour aus dem „The Blackening“-Zyklus werden würde und danach die Arbeiten am neuen Album auf dem Zeitplan stünden. Man darf also gespannt sein!
Nach einer guten Stunde war dann der offizielle Teil vorbei, es folgten zwei Zugaben. Hier wagte die Band keinerlei Experimente, sondern setzte auf Altbewährtes. Neben „Halo“ fehlte am heutigen Abend natürlich noch „Davidian“ vom Erstlingswerk „Burn My Eyes“, eher der Auftritt sich nach gut 90 Minuten dann dem Ende entgegen neigte.
FAZIT: Ingesamt war das durchaus ein unterhaltsamer Abend, der jedoch in seiner ursprünglichen Konstellation erstens noch etwas länger und zweitens noch deutlich unterhaltsamer hätte werden können. Für den Ausfall von HATEBREED konnte niemand etwas, am allerwenigsten CALIBAN, die ihre Sache eigentlich ganz gut meisterten. Für eingefleischte HATEBREED-Fans war das natürlich kein wirklicher Trost, ich jedoch war erstaunt und froh zugleich, dass fünf Tage vor Tourbeginn überhaupt noch ein halbwegs namhafter Ersatz gefunden werden konnte. MACHINE HEAD selbst haben, was die Spielzeit und Songauswahl angeht, auch noch einiges herausreißen können, wenn sie bei vergangenen Gigs wie dem mit SLIPKNOT auch etwas mehr Spielfreude versprühten als am heutigen Abend.

Zum Schluss noch ein kleiner Hinweis an alle enttäuschten HATEBREED-Fans: die geplatzten Gigs als Co-Headliner der „Black Procession“-Tour werden im April als eigene Headliner-Gigs nachgeholt (in Stuttgart am 24.04. im LKA).


Fotos (c) by Matthias Römmele / BurnYourEars

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