Geschrieben von Kai Donnerstag, 25 Februar 2010 21:43
They Come In Shoals Tour 2010 - Münster / Sputnikhalle
Münster, 11.02.10 - Und wieder locken Metal, Mosh und Hardcore nach Münster, zur They Come In Shoals Tour 2010. Und wieder folgen relativ viele Personen für einen Donnerstag Abend eben jenem Ruf. So war die Sputnikhalle sogar um 18 Uhr bereits mit ein paar Menschen bevölkert, die sich die erste Band des Abends (von insgesamt sieben!) anhörten und vermutlich auch ganz angetan waren.
Ich für meinen Teil fand ELEONORE auch wirklich ziemlich gut. Zugegeben, der Subkick (oder wie dieses tiefe „WOOOSH" heißt, welches gerne mal einen Moshpart auf Platte einleitet) wurde definitiv viel zu oft be- und damit stark abgenutzt, aber ansonsten konnten die Herren aus Mönchengladbach mit ihrem melodischen MetalCore sehr überzeugen. Sie liefen keinen großen Trends hinterher, der überwiegend cleane Gesang war wirklich gut und auch das Slappen des Bassisten konnte registriert werden. Schön, an so einem Abend mal eine Band zu sehen, die sich nicht voller Hass gleich überschlagen muss. Zwar wirkten sie manchmal noch etwas steif auf der Bühne, dafür konnte man ihnen ein wenig Individualität attestieren, was in dem Genre ja nicht grade extrem stark verbreitet ist. Schöne runde Sache mit klasse Melodien und musikalischem Talent. Jetzt muss nur noch die Band als solche wachsen, damit sie nicht wieder den Opener geben müssen.
Mit PRECIOUS LIES gab es dann ein Münsteraner Eigengewächs, welches sich seiner Rolle als Einheizer bewusst war und somit auch recht diszipliniert durch das Set gegangen ist, um möglichst viel von der Spielzeit ausnutzen zu können. Beim ersten Song, den ich mitbekommen hab, gab es sogar ein paar Jazz-Akkorde, die erstmal in Richtung des Headliners schielen ließen. Danach wurde dann aber doch klarer, dass hier die Schublade „DeathCore" ganz gut passt: Schweingegurgel und Songs, die mich grob an SUICIDE SILENCE und Konsorten erinnert haben. Auch wenn Gitarrist Jones etwas gelangweilt beim Spielen aussah, machte die Band ihren Job ziemlich gut und spielte präzise. Allerdings fehlte mir auf der anderen Seite ein wenig die Eigenständigkeit, da die Münsteraner schon ziemlich „aktuell" klangen und für mich dadurch etwas beliebig waren. Aber egal, Genrefans werden das vermutlich anders sehen.
Mittlerweile war die Halle schon ganz ansehnlich gefüllt, und mit DISPOSED TO MIRTH gab es dann auch langsam eine richtige Steigerung, was Bühnenpräsenz und Auftreten anging. Nicht, dass beide vorigen Bands total schlecht in diesen Punkten gewesen wären, aber man merkte DTM einfach an, das sie Feuer im Arsch hatten und dementsprechend auch den Funken rüberbringen wollten – was ihnen auch ganz gut gelungen ist. Teile des Publikums zeigten sich textsicher, Sänger Matze ging schön steil und machte richtig einen auf Fronter. Aber neben den wirklich erstklassigen spielerischen Fähigkeiten (Gitarrist Vladi machte dem ein oder anderen Sechs-Saiter-Kollegen des Abends hier einiges vor...) war es eben auch jene Präsenz der Band, welche sie von den ersten beiden abhob. Und so kam der technisch anspruchsvolle und manchmal sogar etwas progressive Mix aus Hardcore und Metal ziemlich gut an. Interessant auch, dass die ebenfalls aus Münster stammende Band nur einen Gitarristen hat – aber bei dem Fingerspitzengefühl ist das auch mehr als ausreichend! Geile Band mit guten und spannenden Songs, die sowohl vom Songwriting als auch von der Technik her begeistern können. Zurecht abgefeiert an diesem Abend!
Danach kamen die Bands an die Reihe, die hier grade zusammen auf Tour sind - A PLEA FOR PURGING machten dabei den Anfang. Auf die Band war ich durchaus gespannt, da bereits ihr T-Shirt-Design positiv auffiel. Sänger Andy sah mit seinem Riesen-Übergewicht auf den kleinen dünnen Beinchen aus wie eine umgedrehte Pyramide und wirkte zusammen mit seinem Vollbart/Glatze-Konzept schon sehr sympathisch. Wie geil auch, dass die Amis Shirts verkaufen, auf denen das (zugegebenermaßen nicht unbedingt extrem hübsche Gesicht) des Sängers drauf ist! Dass er seinen Resonanzkörper gut zum Shouten nutzen kann, bewies er dann aber ab der ersten Sekunde. Aber auch Basser John machte einen ordentlichen Eindruck und wirkte mit seiner Statur und dem langen Bart und Haarwuchs auf mich ein skandinavischer Metalhead.
Musikalisch gesehen gingen APFP wesentlich relaxter zur Sache als die Bands vorher. Kein DeathCore, keine großen technischen Experimente, dafür mehr Mosh und immer wieder geile, melodische Gitarrenlinien, die sich wunderbar im Ohr festsetzten. Mittlerweile zeigte das Publikum dann auch ganz klar, dass es vor allem wegen der amerikanischen Bands gekommen war, und die Party wurde langsam ziemlich ordentlich. Ok, die verhinderten Karatekämpfer mussten ihren Testosteronüberschuss mal wieder in aller Öffentlichkeit abbauen, aber das war ja leider bereits vorher zu erwarten und braucht ab jetzt auch hier nicht mehr großartig erwähnt zu werden. Die Band jedenfalls spielte sich gut durch ihr Set, hatte selber viel Spaß an der Sache (auch wenn die Gitarristen teilweise manchmal etwas teilnahmslos wirkten), was man dem ein oder anderen dicken Grinsen entnehmen konnte. Die Menge bekam genug Futter zum Moshen und trotzdem gab es noch genug Melodik, um nicht ins Stumpfe abzurutschen.
Mit SALT THE WOUND wurde die ganze Sache dann noch mal ein Stück heftiger. Die Herren um Front-Schnäutzer Mat sind dann doch eher für Deathmetal zu haben und waren wohl die heftigste Band des Abends – dennoch nicht unpassend. Leider war der Sound nicht mehr so gut wie zum Beispiel bei den Support-Bands, und so gingen dann doch ein paar der Knüppel-Riffs unter. Schade, denn die Band war ziemlich spielfreudig – vermutlich, da die sich hier auf ihrer letzten Tour als Band befanden. Und so stachelten sie das Publikum immer wieder an, ihnen einen ordentlichen Abschied zu verschaffen. Ich wette, in dem Moment, als der Sänger von einem Stagediver umgerissen wurde, musste die Band ordentlich Spaß bekommen haben. Dass sie selber richtig Laune hatten, konnte man ihnen anmerken, und im Gegensatz zu APFP war eine Menge mehr Bewegung auf und vor der Bühne zu sehen.
ARSONISTS GET ALL THE GIRLS hatte ich mir ehrlich gesagt etwas besser vorgestellt. Klar war es ein lustiger und teilweise auch sehr bunter Haufen, die schön chaotischen Hardcore mit Sampler-Gezwitscher mischten, aber irgendwie gab es doch immer wieder einige Unsauberkeiten. Vor allem der Drummer schien ab und zu Probleme zu haben, sich wirklich Gehör zu verschaffen, bzw. richtig reinzukommen – da half auch das Gepose nicht. Dem Publikum war's egal, und so wurden die Amis recht ordentlich abgefeiert. Mir persönlich sagen in dem Genre dann doch eher HORSE THE BAND zu. Ok, AGATG sind noch mal eine Ecke heftiger und der Spaßfaktor ist auch noch ziemlich überschaubar. Da ich eine kurze Pause brauchte, war dafür also jetzt die Zeit gekommen.
Leider begann bei WAR FROM A HARLOTS MOUTH schon so langsam die Abwanderung des Publikums – aber hey, Freitag ist halt nunmal ein Werktag, und so standen wir am Schluss bei der Zugabe in einem deutlich übersichtlicheren Raum als ein paar Stunden zuvor. Die Berliner entpuppten sich mal wieder als die absoluten Obersympathen, die auch den lokalen Vorbands ihren Respekt zollten. Der Basser in seiner violetten Röhrenjeans, dem goldbedruckten, ärmelfreien Shirt und dem farblich dazu beinahe abgestimmten Bluthochdruckgesicht sah mal wieder etwas lustig aus, aber was soll's? Dafür spielte er wie der Rest seiner Band wieder ein fantastisches Set und gab sich ebenso bewegungsfreudig. Sänger Nico machte seinen Job als Fronter erstklassig und überzeugte durch stimmliche Leistung ebenso wie als Brücke zwischen Publikum und Band. Und das Münster ihnen wohlgesonnen ist, ist kein großes Geheimnis. Aber kein Wunder, die Band ist einfach klasse, spielt ihre Songs zwischen chaotischem Hardcore, Metal und etwas Jazz einfach absolut tight und beeindruckt ein ums andere Mal mit filigraner Schlagzeugarbeit. Neben vielen neuen Stücken durfte natürlich auch „Uptown Girl" nicht fehlen, welches mal wieder pure Begeisterung und viel Anteilnahme seitens des Publikums auslöste. Wieder mal machten sich die Hauptstädtler viele Freunde und demonstrierten eindrucksvoll, warum sie auch international einen Namen haben.
Nach sechs Stunden Gemoshe war dann auch irgendwann mal Schicht, meine Füße waren darüber auch mehr als dankbar. Viele Leute gingen sehr beschwingt nach Hause und konnten sich sicher sein, einen mehr als gelungenen Abend erlebt zu haben. Ich hätte es noch einen Tacken besser gefunden, wenn das Publikum den Merch-Ständen der lokalen Bands auch etwas mehr hätte abgewinnen können. Aber egal – geil war's!