Geschrieben von Donnerstag, 11 November 2010 00:00

Imperial Never Say Die! Tour - Hamburg, Große Freiheit 36


Parkway-Drive-Tour

Vor Konzerten kann man sich diesen November mal wieder kaum retten, und ein absolutes Highlight in meinem herbstlichen Terminkalender ist die diesjährige IMPERIAL NEVER SAY DIE! Club Tour, die bereits das 4. Mal durch unsere Gefilde rollt: mit sieben Hochkarätern aus dem Metal-, Punk- und Hardcorebereich wie  PARKYWAY DRIVE, COMEBACK KID und BLEEDING THROUGH.
08.11.2010 - Am heutigen Novembertag hat der Winter erstmals bei uns im Norden Einzug gehalten, und es gab sogar den ersten Frost. Was gibt es da Schöneres, als sich am Abend in der gut besuchten, wenn auch nicht ausverkauften Großen Freiheit 36 – was für mich in Anbetracht des absolut fairen Ticketpreises von gerade mal 24 € ziemlich verwunderlicht ist - ordentlich die Herbstmüdigkeit wegrocken zu lassen?

WE CAME AS ROMANS
Um keine der sieben Bands zu verpassen, sind wir bereits um 18:15 Uhr in der Freiheit, und fünf Minuten später legen dann auch schon die Jungspunde von WE CAME AS ROMANS aus Detroit, Michigan mit ihrem trendigen, breakdownlastigen Post-Hardcore los, der mit einigen elektronischen und orchestralen Samples gespickt ist. Die sechs supersympathischen Jungs sprühen nur so vor Spielfreunde, springen permanent mit oder ohne ihre Instrumente über die Bühne und bewegen die Leute des zu dieser Zeit noch sehr spärlich besetzten Clubs immer wieder zum Mitklatschen. Der Sound lässt bei WCAR aber leider sehr zu Wünschen übrig, worunter besonders der cleane Gesang von Kyle Pavone leidet. Screamer David Stephens ist dagegen wesentlich überzeugender und kann außerdem mit seinen Deutschkenntnissen bei der Menge punkten.

Das Set von WCAR umfasst hauptsächlich Songs des Equal Vision Debüts To Plant A Seet wie „To Plant A Seet“ oder „Dreams“, aber auch den neuen Song „To Move On Is To Grow“. Nach knapp 20 Minuten ist dann leider auch schon wieder Schluss, und ich muss sagen, dass ich nächstes Jahr sicherlich wieder ein Konzert von WCAR besuchen werde (denn laut eigener Aussage werden sie uns voraussichtlich im April 2011 mit MISS MAY I erneut einen Besuch abstatten). Allerdings ist die Musik nicht gerade innovativ, wodurch es die Jungs schwer haben werden, sich langfristig gegen die große Konkurrenz zu behaupten.
WE CAME AS ROMANS
WE CAME AS ROMANS
WE CAME AS ROMANS
In der Umbaupause begeben wir uns auf die Empore, wo IMPERIAL CLOTHING ihr umfangreiches Merchandising präsentieren. Die Preise liegen mit 15 € pro Shirt und 30 € für einen Hoodie im absolut akzeptablen Bereich, daher schlagen auch wir hier erstmal ordentlich zu.
Merch1
Merch2
Merch3

Viel Zeit zum Stöbern bleibt allerdings nicht, denn bereits kurz vor 19 Uhr stürmen die britischen Hardcore Punks YOUR DEMISE auf die Bühne. Die Band um den neuen Sänger Ed McRae, der am heutigen Abend etwas kränkelt, überzeugt mich live wie schon auf ihrer 2009er Tournee mit THE DEVIL WEARS PRADA absolut. Und das, obwohl ich eigentlich kein großer Fan dieses Musikstils bin. Obwohl die Soundprobleme auch bei YOUR DEMISE noch nicht beseitigt sind, schaffen es die fünf Briten mit ihrer energiegeladenen Show, die Menge zu ersten Circlepits zu bewegen. Leider ist nach einer kurzen Aufwärmphase auch dieser Zauber wieder viel zu schnell vorbei, und die Band verlässt ebenfalls bereits nach 20 Minuten die Bühne.
YOUR DEMISE
YOUR DEMISE
YOUR DEMISE
Um 19:25 Uhr folgt mit WAR FROM A HARLOTS MOUTH die einzige deutsche Band des heutigen Abends, die übrigens jüngst ihr zweites Album MMX via Lifeforce Records veröffentlicht hat. Die sympathischen Berliner können das Publikum mit ihrem durchgeknallten Death- oder Mathcore ebenfalls für sich gewinnen und sogar zu einer kleinen Wall Of Death bewegen. Die abrupten Tempowechsel und gesprochene Sampler vom Band wirken zwar teilweise noch etwas deplatziert, nichtsdestotrotz kann man WFAHM eine gewisse Eigenständigkeit und eindeutiges Potential nicht absprechen. Mich persönlich hat ihr Auftritt neugierig gemacht, und somit werde ich mich demnächst näher mit dieser Chaostruppe beschäftigen.
WAR FROM A HARLOTS MOUTH
WAR FROM A HARLOTS MOUTH
Auch die nachfolgenden EMMURE aus New Fairfield, Conneticut haben uns 2009 im Rahmen der Beastfest Clubtour bereits einen Besuch abgestattet - und mich damals hauptsächlich durch ihren durchgeknallten Frontmann Frank Palmeri live absolut umgehauen. Souverän und lässig hat der äußerlich eher prollig wirkende Sänger (er trägt eine Jogginghose, ein Schlabbershirt, darüber einen PARKWAY DRIVE Pulli und ein verdrehtes Cappy) die Menge ab dem ersten Ton im Griff, und es reichen einzelne Gesten oder Blicke, um seine Fans zu Circle Pits, zum Klatschen oder zu einer Wall Of Death zu bewegen.

Das Merchandise von EMMURE mit ironischen Aufschriften wie „Ask Ya Girl What My Dick Tastes Like“ oder „See My Face And You Know Your Death Is Now“ passt perfekt zum Image der Band und trifft sicherlich nicht jeden Geschmack, ich persönlich finde dieses Gesamtpaket aber absolut unterhaltsam. Der Metalcore der fünf Jungs zeichnet sich hautsächlich durch tiefe, verstörende Breakdowns und aggressives Growling aus, obwohl man durch das an Fred Durst erinnernde Styling des Sängers im ersten Moment eher groovigen Hip Hop erwarten könnte. Wer EMMURE live noch nicht erlebt hat, sollte das bei nächster Gelegenheit unbedingt nachholen.
EMMURE
EMMURE
EMMURE
Um kurz vor 9 - nach einem Country Intro vom Band - folgen die Kalifornier BLEEDING THROUGH mit ihrem Metalcore, der deutliche Einflüsse aus dem Death und Black Metalbereicht aufweist. Als einzige Band des Abends haben BLEEDING THROUGH eine Frau mit auf der Bühne: Keyboarderin Marta Peterson, die laut dem amerikanischen Revolver Magazin zu den „Hottest Chicks“ im Metalbereich zählt. Aber auch für uns Mädels gibt es optische Reize, denn Sänger Brandan Schieppati (Ex-EIGHTEEN VISIONS) zeigt uns - nur mit einer Shorts und Vans bekleidet - seinen durchtrainierten Körper.

Was die Liveshow angeht, legen BLEEDING THROUGH besonders im Vergleich zu EMMURE ein deutlich schnelleres Tempo vor und strotzen nur so vor Energie. Sänger Brandan steht die ganze Zeit völlig unter Strom und sucht immer wieder den direkten Kontakt zum Publikum – sein Lieblingswort ist übrigens „fuck“. Da ich mich mit BLEEDING THROUGH vorher noch nie beschäftigt habe, kann ich nur sagen, dass sie eine sehr gute Show mit viel Geknüppel aber auch einigen Melodien abliefern, die aber leider besonders durch den extremen Frontmann teilweise etwas aufgesetzt wirkt. Meine Lieblingsband werden sie wohl nicht, aber live haben die Kalifornier durchaus ihre Qualitäten.
BLEEDING THROUGH
BLEEDING THROUGH
BLEEDING THROUGH
40 Minuten später sind dann schon die kanadischen COMEBACK KID an der Reihe, deren Hardcore/Punk überhaupt nicht mein Ding ist. Da hilft es auch nichts, dass sie als Intro das wunderschöne „By A Little Help From My Friends“ in der JOE COCKER Version benutzen. Der Hauptteil des Publikums teilt diese Meinung allerdings nicht und feiert die Kanadier von Anfang an frenetisch ab - und es gibt sogar einige Crowdsurfer.

Während des halbstündigen Sets stellen die Kanadier Songs aus ihrem neuen Output Symptoms And Cures vor, aber mit alten Klassikern wie „Die Tonight“ oder „Wake The Dead“ können sie am meisten bei ihren Fans punkten. Auch wenn die Musik von CK für mich durchweg aggressiv und anstrengend ist, kann man den Musikern nicht absprechen, dass sie live durchaus überzeugend sind und sehr sympathisch wirken. Besonders kurze deutsche Ansagen wie „Das ist geil“ oder „Dankescheen“ lassen mich schmunzeln. Trotz allem bin ich froh, als um 22:20 Uhr Schluss ist.
COMEBACK KID
COMEBACK KID
COMEBACK KID
Allmählich machen sich bei mir nach mittlerweile sechs Bands und dann noch denen für mich nicht besonders mitreißenden COMEBACK KID die ersten Müdigkeitserscheinungen breit. Diese sind aber sofort verflogen, als hinter der Bühne das große PARKWAY DRIVE Backdrop hochgezogen wird. Die australischen PARKWAY DRIVE sind der Hauptgrund für mich, auf die IMPERIAL NEVER SAY DIE! Tour zu gehen, denn ich höre sie bereits seit vier Jahren und habe es bisher nicht geschafft, sie ein einziges Mal live zu sehen. Das Konzert im Molotow im September 2006 kam für mich ein klein wenig zu früh, und im April diesen Jahres stand ich verzweifelt vor der ausverkauften Markthalle und habe leider kein Ticket mehr bekommen.
PARKWAY DRIVE
Um 22:40 Uhr ertönt endlich ein düsteres Intro, welches sich zum Ende hin allerdings in schöne melodische Gitarrenparts entlädt. Danach stürmen meine Helden des heutigen Abends die Bühne. Der Sound ist von Anfang an kristallklar und drückend, und Sänger Winston McCall growlt das komplette Set über mit seinem krassen Organ unglaublich brachial ins Mikro, muss zwischenzeitlich aber verständlicherweise immer mal wieder husten. Optisch sehen die fünf Australier allesamt aus wie Surferboys, wozu auch die blaue, im Horizons-Artwork gehaltene Bühnendeko perfekt passt.

Trotz ununterbrochener Touren – vor allem bei uns in Europa – wirken die Jungs frisch, energiegeladen und zu keiner Zeit aufgesetzt. Sofern Sänger Winston einen Circlepit fordert, rennen Gitarrist Luke Kilpatrick und Bassist Jia O'Connor im Kreis und simulieren auf der Bühne ebenfalls einen solchen. Die Fans hängen textsicher an den Lippen ihrer Lieblinge, daher werden sowohl neue Songs wie „Samsara“, „Sleepwalker“ oder „Deliver Me“ ordentlich abgefeiert, aber auch alte Kracher wie „Romance Is Dead“ mit der unvergeßlichen Textzeile „So Cry Me A Fucking River, Bitch“ – herrlich!

Ein weiteres Highlight ist der „Ball Of Death“, bei dem die Band eine Rugby-Pille in die Menge wirft. Derjenige, der diese als erstes zum Soundtechniker bringt, soll angeblich 50 € bekommen. Leider bekomme ich nicht mit, wie das ganze letztendlich ausgeht. Kurz nach dieser Aktion gibt es eine kleine Umbaupause, in der Plastikpalmen auf die Bühne getragen werden, und die beiden Gitarristen stimmen eine kurze, schnellere Version des IRON MAIDEN Klassikers „Fear Of The Dark“ an. Jetzt folgt die Hymne „Home Is For The Heartless“, bei dem der komplette Saal mitgröhlt, was für absolute Gänsehautstimmung sorgt. Auch der sonst so coole Sänger Winston ist sichtlich berührt und meint nur „Holy crab, Hamburg!“. Aber auch danach haben PARKWAY DRIVE noch einiges in petto: Ein Plastikball wird in die Menge geschmissen und ein Plastikboot, auf dem sich einzelne Fans über das Publikum transportieren lassen können. Vor der Pause folgt „Set To Destroy“, und als Zugabe gibt es dann noch meinen Lieblingssong „Carrion“, bevor zu guter letzt „Boneyards“ das Set beschließt. Ein Traum!
PARKWAY DRIVE
PARKWAY DRIVE
PARKWAY DRIVE

Die diesjährige NEVER SAY DIE! Tour hat mich alleine aufgrund ihres Headliners PARKWAY DRIVE absolut umgehauen. Ich persönlich habe heute Abend das beste Konzert des Jahres erlebt. Die Ticket- und Merchpreise waren mehr als fair, alle Bands konnten live überzeugen (auch wenn mich nur PARKWAY DRIVE so richtig begeistern konnten), und die Große Freiheit 36 als Location war ebenfalls perfekt ausgesucht. Ich bin im nächsten Jahr auf alle Fälle wieder am Start!

Vielen Dank an dieser Stelle auch noch mal an Jan von Anger Management.