Geschrieben von Montag, 03 September 2018 14:00

Summer Breeze 2018 - Der Festivalbericht mit großer Bildergalerie

Es ist Mitte August, die Tage werden kürzer, die Temperaturen bleiben weiterhin unerwartet hoch und bevor die Festivalsaison 2018 sich langsam aber sicher dem Ende zuneigt, geht es für uns noch in den Süden Deutschlands: Es ist wieder Zeit für das Summer Breeze, mit mittlerweile rund 40.000 Besucher das nach Wacken zweitgrößte Metalfestival in Deutschland.

Dienstag

Los geht es mittlerweile für viele der Festivalbesucher bereits am Dienstag – für einen Unkostenbeitrag von 10 Euro wird die Möglichkeit der Frühanreise dankend angenommen. Auch die Befüllung des Campgrounds klappt zügig, sorgt allerdings bei einigen der besonders zeitig angereisten Gästen für Unmut, da auch die gefühlt weiter entfernt liegenden Campgrounds N und O zuerst befüllt werden.

Alternativ zum gemütlichen Festivaleinstieg im eigenen Camp und der Möglichkeit, das Merchandise-Hauptmotiv bereits jetzt käuflich zu erwerben (um damit der Merchschlange des Todes am Folgetag zu entgehen), bietet das Summer Breeze bereits am Dienstag ein fast ganztägiges Unterhaltungsprogramm auf der in diesem Jahr erstmalig errichteten Ficken-Partystage: Neben zwei Screenings des Isländischen Überraschungs-Filmhits "Metalhead" und den fast schon traditionellen Rock'n'Roll-Wrestling Bashs gibt es mit TRAGEDY auch schon die erste Band zu hören.

Die New Yorker "Bee Gees and Beyond"-Tribute-Formation ist bereits seit mehreren Jahren mit von der Partie und gehört ebenfalls fast zum Inventar des Summer-Breeze-Rahmenprogramms. Ausgestattet mit Schlaghosen, Glitzer und einer ordentlichen Portion Selbstironie sorgen TRAGEDY für einen gelungenen (inoffiziellen) Festivalauftakt. Und für alle, die das bunte Spektakel leider verpasst haben: TRAGEDY gehen ab dem 12. September, unter anderem präsentiert von BurnYourEars, auf große Deutschland-Tour.

Abgerundet wird der erste Tag durch die Radio-Bob-Metaldisco.

Mittwoch

Am Mittwoch öffnet das Gelände pünktlich – und schon von vielen Besuchern sehnlich erwartet – am frühen Nachmittag die Tore. Das Ziel der meisten Gäste ist jedoch nicht die Camel Stage, auf der kurze Zeit später die BLASMUSIK ILLENSCHWANG auftritt, sondern der Merchandise Stand. Abgesehen vom Hauptmotiv sind alle anderen Festivalshirts auf 666 Stück (plus 333 Girlies) begrenzt, wer hier also zuschlagen möchte, muss schnell sein und lange Wartezeiten in Kauf nehmen. So wird das Gelände den ganzen Tag lang (und auch am Donnerstag noch) von einer beeindruckenden Menschenschlange in zwei Hälften geteilt.

Nun aber zur Musik. In mehrfacher Hinsicht traditionell eröffnet wird der Festivalmittwoch wie erwähnt von der BLASMUSIK ILLENSCHWANG. Letztes Jahr noch auf der T-Stage zuhause, geht es in diesem Jahr wieder zurück auf die Camel Stage, die allerdings dank beeindruckendem Zeltüberbau in neuem Glanz erstrahlt und den Besuchern den dringend benötigten Schatten spendet.

Das Publikum zeigt sich bei Blasmusik-Klassikern wie "Auf der Vogelwiese" und der "Fischerin vom Bodensee" sowie neueren Schlagern wie dem "Böhmischen Traum" überraschend textsicher und crowdsurf-freudig und stellt damit gleichzeitig das Grabenschlampen-Team auf eine erste Belastungsprobe. Wie üblich ein gelungener, wenn auch immer noch leicht verstörender Festivalauftakt.

Als erste Metalband dürfen direkt im Anschluss ANY GIVEN DAY auf der T-Stage ihr Können unter Beweis stellen. Mit modernem Metalcore könnte der Unterschied zur vorherigen Blasmusik nicht krasser sein und doch ist der Platz vor der Bühne bis in den hinteren Bereich extrem gut gefüllt und die Stimmung hinreichend gut.

Monument

Weiter geht es mit MONUMENT. Wie schon beim Rockharz vor einigen Wochen überzeugen die jungen Engländer durch bestes  NWoBHM-Gepose und den dazu passenden Sound. Die Spielfreude ist gerade Strahlemann Dan Baune schon von weitem anzusehen und die gute Laune überträgt sich nahtlos auf das Publikum. Auch wenn viele schon einen anstrengenden Sommer in den Knochen haben, festivalmüde ist hier noch niemand.

Mit THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA und DEATHRITE treffe ich dann auf die nächsten beiden alten Bekannten der diesjährigen Festivalsaison, hatte ich doch mit beiden Bands schon beim Nord Open Air das Vergnügen:

Im Gegensatz zum NOA starten THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA in diesem Falle pünktlich, aber dafür mit leichten bis mittelschweren Intonationsproblemen am Gesang. Diese legen sich zum Glück im Verlauf der ersten Songs und der restliche Auftritt bleibt bunt-solide. DEATHRITE – die persönliche NOA-Neuentdeckung – präsentieren beim Summer Breeze viel Material vom neuen Album und sind gefühlt etwas ruhiger unterwegs als noch vor zwei Wochen.  Der Mix aus eher getragenen Songs mit Blackmetal-Einschlag und Thrash-lastigen Nummern funktioniert weiterhin, zündet aber nicht mehr ganz so stark wie beim ersten Hören.

Mit den FARMER BOYS gibt es auf der T-Stage danach etwas leichtere Kost für zwischendurch, ehe mit AUDN die (neben SOLSTAFIR) erste von zwei Isländischen Bands die Bühne betritt: Sie startet gemächlich und düster, nimmt aber im Laufe des Sets durchaus an Tempo und Härte zu. Der Platz vor der Camel Stage ist extrem gut gefüllt – die Isländer sind schon lange kein Geheimtipp mehr.

Kataklysm

Ebenfalls aus dem hohen Norden angereist sind KATAKLYSM, der erste große Name des Tages, die am frühen Abend die T-Stage betreten. Bei Nordic Hyperblasts gegen die hochsommerlichen Temperaturen ist ein Durchkommen zur Bühne so gut wie aussichtslos und die Grabenschlampen werden einem weiteren Stresstest unterzogen.

Die hitzeroutinierten Brasilianer von SEPULTURA nehmen die Stimmungsvorlage ihrer Vorgänger dankbar an und verwandeln sie sicher. Wie schon auf der vorherigen "Machine Messiah"-Tour zeigt die Truppe um Gitarrist Andreas Kisser, dass sie den Headliner-Slot weiterhin verdient hat und liefert den passenden Rhythmus zur immer noch hohen Außentemperatur. Auch für die Band handelt es sich um einen besonderen Auftritt, feiert Sänger Derrick Green doch an genau diesem Tag seinen 20. Bandgeburtstag.

Nach all der Partystimmung sorgen dann noch PARADISE LOST bei gedimmten Licht für einen entspannten Ausgang des gelungenen ersten (semioffiziellen) Festivaltags, ehe es für die Besucher zurück ins Camp oder wahlweise noch zum Feiern zur Disco auf der Ficken-Stage geht.

Donnerstag

Auch wenn das Festival gefühlt bereits seit knapp zwei Tagen im vollen Gange läuft: Richtig offiziell geht es erst am Donnerstag los. Endlich ist auch der Weg zum Battlefield frei, auf dem – wie schon im vergangenen Jahr – wieder eine imposante Drehbühnenkonstruktion ihren Platz findet. 2017 noch zweigeteilt, wird sie in diesem Jahr in der Running Order auch offiziell als einzelne Mainstage geführt, was dem Konzertbesucher die Planung der zu besuchenden Bands durchaus erleichtert.

Eröffnet wird die Bühne von SIRENIA. Bei weiterhin strahlendem Sonnenschein blickt die Symphonic-Metal-Formation um Sängerin Emmanuelle Zoldan bei gutem Sound auf ein auch zur frühen Stunde schon beeindruckend volles Infield. Dank eines überzeugenden Auftritts ärgert sich hier sicherlich keiner darüber, schon aus dem Zelt gekrabbelt zu sein.

Nervosa

Als erste Band auf der T-Stage betreten im Anschluss NERVOSA die Bühne. Trotz des parallelen Auftritts von PRO-PAIN auf der Mainstage locken die drei Brasilianerinnen viele Besucher an und überzeugen mit einem ebenso energiegeladenen wie aggressiven Auftritt.

Zwar immer noch solide, aber doch langsam über den Zenit hinaus sind dann die BACKYARD BABIES auf der Mainstage. Die Musik hat an Qualität nicht verloren, die Performance wirkt jedoch langsam etwas bemüht. Die Band blickt während des Auftritts auch auf ein eher dünn besiedeltes Infield, da parallel VENUES auf der Camel Stage doch einiges an Besuchern abziehen.

Orden Ogan

Über dieses Problem können ORDEN OGAN sich nicht beschweren – wie schon bei fast allen Festivalauftritten zuvor darf die Band sich auch hier über beeindruckend viele Besucher freuen. Aufgrund eines weiterhin an der Hand verletzten Seebs darf Bassist Niels sich an einer zusätzlichen Saite austoben und den Job des zweiten Gitarristen übernehmen, während die Basslinie ausnahmsweise als Sample kommt. Der Qualität des Auftritts tut dies aber keinen Abbruch:

Frontmann Seeb scheint die gewonnene Bewegungsfreiheit sichtlich zu genießen und seine Bandmitglieder stehen ihm in nichts nach. Es fehlt nicht mehr viel zum headlinerwürdigen Auftritt und die Genrekollegen müssen sich in dieser Hinsicht langsam aber sicher (auch bei 35 Grad im Schatten) warm anziehen.

Während JASTA im Anschluss auf der Mainstage das Publikum mit eigenen Songs und HATEBREED-Klassikern a la "Destroy Everything" unterhält, sorgen EXHORDER auf der T-Stage für eine ordentliche Portion Thrash am frühen Nachmittag. Wer hier mehr über das langersehnte Comeback lesen will, dem sei Matthias' Bericht vom Auftritt der Amerikaner am Vortag im KiFF in der Schweiz ans Herz gelegt.

Obscura

Mit OBSCURA betreten danach wieder ein paar alte Bekannte die Bühne. Beim mittlerweile fünften Auftritt in diesem Jahr war ich gefühlt bei mehr OBSCURA-Konzerten als die Band selbst, dementsprechend lässt sich eine gewisse Redundanz im Bericht leider nicht mehr vermeiden. Auch bei den Songs vom neuen Album "Dilivium", zu dem beim Summer Breeze tatsächlich das erste Konzert gespielt wird, überzeugt die Landshuter Formation durch technische Perfektion, ohne dabei klinisch zu wirken oder Agilität auf der Bühne einzubüßen.

Insbesondere Bassist Linus Klausenitzer springt weiterhin welpenhaft über die Bühne und Sänger Steffen Kummerer ist die Freude über die zahlreichen Besucher vor der T-Stage anzusehen. Da ist es beinahe schade, dass jetzt bis Februar erst einmal Pause angesagt ist, denn dann startet die Europatour der Bayern.

Auf der Mainstage gibt es direkt im Anschluss das ultimative Kontrastprogramm mit ALESTORM – auch die Spaßpiraten um Frontmann Chris Bowes spielen in diesem Jahr gefühlt überall da, wo es Strom und Alkohol gibt, aber auch hier schadet dies der Stimmung in keinster Weise. Irgendeine Überraschung gibt es immer, und wenn es so wie beim Summer Breeze die am Tag zuvor im Suff gekaufte Schubkarre ist, mit der fast alle Bandmitglieder einmal kurz über die Bühne gefahren werden.

Ansonsten gibt es eine solide ALESTORM-Festivalshow: Bandmitglieder, die sich während des Sets gefährlich nahe kommen, alberne Ansagen, die Aufforderung, aus der Wall of Death eine Orgie zu machen und  eine crowdsurfende Ente, ehe das Publikum dank "Fucked with an Anchor" mit dem Ohrwurm des Todes wieder an die Bier- und Cocktailstände entlassen wird.

Alestorm

Wie schon beim Rockharz dürfen direkt nach ALESTORM EISBRECHER ran und wieder blickt die Band auf ein hinreichend aufgewärmtes Publikum. Wieder mit einem beeindruckenden Bühnenaufbau unterwegs, überzeugt die "Neue Deutsche Härte"-Formation um Frontmann Alex Wesselsky auf ganzer Linie. Dieser zeigt sich auch nach dem eigenen Auftritt überraschend publikumsnah und nimmt sich auf dem Gelände viel Zeit, um die Fotowünsche seiner Fans zu erfüllen.

Während als nächstes BEHEMOTH auf der Mainstage spielen und dort den Headlinerslot belegen, sorgen ESKIMO CALLBOY auf der T-Stage für die passende Gegenparty, so dass am Abend fast alle Festivalbesucher musikalisch auf ihre Kosten kommen. ESKIMO CALLBOY sind laut, verrückt und kommen dank modernem Sound und Konfettiregen vor allem beim jüngeren Festivalpublikum extrem gut an.

Auch POWERWOLF waren in diesem Jahr ein gern gesehener Gast auf den deutschen Festivalbühnen. Nach dem Überraschungsauftritt im vergangenen Jahr gibt es nun also auch beim Summer Breeze den Headlinerslot des ersten Abends. Und wieder demonstriert die Band um den sagenumwobenen Attila Dorn und die Gebrüder Greywolf, dass in Sachen Powermetal noch nichts über die Saarbrückener Metal-Missionare geht: Die Melodien sind eingängig, die Licht- und Pyroshow ist beeindruckend und die Ansagen kommen gewohnt charmant. Der Innovationsfaktor ist zwar mittlerweile aufgebraucht, aber was übrig bleibt, ist immer noch eine extrem starke Show. Noch kommt keiner an POWERWOLF heran.

Bevor es zurück ins Camp geht, gibt es noch einen kurzen Ausflug zu MARDUK, während parallel DIE APOKALYPTISCHEN REITER für den Tagesabschluss auf der Mainstage sorgen.

Freitag

Nach Symphonic Metal am Vortag geht es auf der Mainstage am Freitag mit Metalcore von ANNISOKAY los. Der solide und durchaus melodische Metalcore der Fomation, die am gleichen Tag ihr bereits viertes Studioalbum veröffentlicht, lockt nicht ganz so viele Besucher wie am Vortag vor die Bühne. Über ein leeres Battlefield können sich die Jungs um Dave Grunewald aber ebenfalls nicht beschweren.

Kurze Zeit später übernehmen GOATWHORE die T-Stage und dürfen sich trotz MEGAHERTZ-Konkurrenz auf der Hauptbühne über viel Publikum freuen. Beim Auftritt im März noch mit Krücken unterwegs, kann Sänger Sammy Duet dieses Mal die gesamte Bühne ausnutzen. Der wird dem brachialen Mix aus Death und Thrash Metal auch durch seine Bühnenperformance gerecht – müde ist nach diesem Auftritt niemand mehr!

Toxic Holocaust

TOXIC HOLOCAUST folgen dem Weckruf der Vorgängerband und mischen Oldschool Thrash mit jugendlicher Energie zu einem gelungenen Gesamtpaket, ehe es auf der Mainstage bei AMARANTHE wieder etwas melodischer wird.

Amaranthe

Mit insgesamt drei Sängern tritt die Formation um Frontfrau Elize Ryd an und spielt einen modern-poppigen Mix aus eingängigen Melodien und gelegentlichen Growls. Irgendwo zwischen Einstiegsband, guilty pleasure und "geht gar nicht" sorgen AMARANTHE für einen durchaus unterhaltsamen Auftritt am frühen Nachmittag.

Direkt im Anschluss gibt es mit DANKO JONES eine ordentliche Portion Rock'n'Roll. Nicht härter, aber doch irgendwie kantiger als AMARANTHE bringt das Trio mehr als nur ein bisschen Farbe ins ansonsten doch leicht death-thrash-corelastige Festival-Lineup.

Tankard

Als nächstes laden dann TANKARD auf der T-Stage zur Alcoholic Thrash Party, während parallel J.B.O. die Mainstage pink färben. Egal ob "Schwarz-weiß wie Schnee" (auch wenn der Song traditionellerweise von der Band nur zu passenden Spielen der Frankfurter Eintracht gespielt wird) oder Schwarz-Rosa-Gold – am frühen Nachmittag kommt vor allem die trinkfreudige Partymetal-Fraktion auf ihre Kosten. Und im Hinblick auf die Crowdsurfer-Flut in bunten Kostümen von Einhorn über Ballerina bis Borat sollten die Grabenschlampen nicht nur über eine Akkord- sondern auch eine Schmerz-Zulage nachdenken.

1999, als das Summer Breeze noch in den Kinderschuhen steckte, waren NIGHT IN GALES noch einer der Festivalheadliner. Heutzutage reicht es zwar "nur noch" für die Camel Stage, Altersmüdigkeit oder Motivationsmangel kann man der Band aus Voerde aber dennoch beim besten Willen nicht vorwerfen. Mit treibendem Death Metal locken sie auch knapp 20 Jahre später vollkommen zurecht noch einiges an Besuchern vor die Bühne.

Dass Mittelalter-Rock seinen festen Platz im Festival-Lineup hat, stellen SALTATIO MORTIS eindrucksvoll unter Beweis. Neben Songs aus dem neuen Album "Brot und Spiele" haben die Schwaben eine ordentliche Portion Pyrotechnik  und ebenso beeindruckende Bauchmuskeln bei Frontmann Alea im Gepäck und trotzen so gemeinsam mit dem randvollen Battlefield dem beginnenden Regen.

Es scheint zur Tradition zu werden, dass es zumindest am Freitag einmal ordentlich regnen muss – waren im letzten Jahr ELUVEITIE, HATEBREED und CHILDREN OF BODOM betroffen, heißt der Verlierer im Wetter-Roulette in diesem Jahr DORO. Nach einem verzögerten Start blickt die Queen of Metal auf ein leider deutlich spärlicher besiedeltes Battlefield, aber liefert dennoch nicht nur einen professionellen Auftritt ab, sondern sammelt auch durch ihre offenkundige Dankbarkeit über jeden Festivalbesucher und Fotografen, der sich trotzdem vor die Bühne getraut hat, einige Sympathiepunkte.

Bei den letzten Regentropfen – und vorbei an einem für das Wetter entschädigenden Regenbogen – geht es im Anschluss weiter zur T-Stage zu AT THE GATES. Die Melodeath-Pioniere aus Schweden spielen einen soliden Auftritt, bei dem sich die zahlreich vorhandenen Fans die nasse Haarpracht wieder trockenschütteln.

Als zweiter Headliner spielen TRIVIUM beim diesjährigen Summer Breeze eine europaweit exklusive Festivalshow und sorgen für Balance auf dem Sympathiepunktekonto des Festivaltages. Einem mäßig vollen, doch motivierten Infield mitteilen, dass das Publikum in Montreal doch noch ein bisschen geiler war ... kann man machen, kann man sich aber auch verkneifen. Glücklicherweise der einzige Fauxpas bei einem ansonsten gelungenen Auftritt

ARCH ENEMY machen es als Mainact des Tages dann noch ein kleines bisschen besser – ähnlich wie bei POWERWOLF weiß man auch hier, was man bekommt und neben gutem Sound und einer eindrucksvollen Bühnenshow überzeugt wie gewohnt vor allem Blauschopf Alyssa White-Gluz mit grenzenloser Energie und beeindruckender Stimmgewalt.

Mr. Hurley und die Pulveraffen

Parallel auf der T-Stage zeigt sich, dass die Publikumswünsche, wenn sie nur laut genug geschrien werden, auch Gehör finden. Nach der Camel Stage im Jahr 2016 und dem Opener-Slot auf der Mainstage im vergangenen Jahr dürfen sich MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN in diesem Jahr tatsächlich über einen der Headlinerslots auf der T-Stage freuen und ziehen dort gefühlt ähnlich viele Besucher an, wie die "richtigen" Headliner auf der Hauptbühne.

Dank Pegleg Penny am Bass mittlerweile zu viert unterwegs, sorgen die Piraten aus dem karibischen Osnabrück einmal für Partystimmung zur besten Sendezeit und wieder einmal stellt sich die Frage, wer hier gerade eigentlich am meisten Spaß hat – Band, Publikum oder die Grabenschlampen, die sich schon vor dem Auftritt durch Aerobic-Übungen auf Betriebstemperatur bringen und übereifrig schon einmal ein unschuldiges Einhorn aus der ersten Reihe im Minutentakt über die Absperrung pflücken.

Mit einer Stunde epischem Metal, bei dem am Ende mit "Stand up and Fight" und "Rasputin" das Publikum noch einmal ordentlich aufgemischt wird und sich müdetanzen kann, sorgen TURISAS für den Tagesabschluss auf der Mainstage. Und für alle, die den Tag lieber etwas ruhiger und düsterer ausklingen lassen wollen, gibt es auf der T-Stage mit HARAKIRI FOR THE SKY das richtige Alternativprogramm.

Samstag

Kaum hat das Summer Breeze angefangen, heißt es auch schon wieder Endspurt – der letzte Festivaltag ruft: Eingeläutet wird er von PARASITE INC. Die Melodic Death Metaller, die aus der Region stammen, haben nicht nur ein neues Album, sondern auch einiges an Fans mitgebracht und sorgen für einen gelungenen Auftakt des Finaltags.

Mit BETRAYING THE MARTYRS gibt es direkt im Anschluss etwas Metalcore und für alle, die immer noch nicht wach sind, wird es mit CARNIFEX danach noch ein bisschen garstiger. Wer jetzt noch müde ist, sollte vielleicht schon einmal sein Zelt abbauen und über eine vorzeitige Abreise nachdenken, mehr Weckruf geht nicht.

Phil Campbell and the Bastard Sons

An diesem Tag ist PHIL CAMPBELL mit seinen BASTARD SONS für die Rock'n'Roll-Pause zuständig. Die Familienbande rund um den ehemaligen MOTÖRHEAD-Gitarristen steht fast schon sinnbildlich für das Festivalpublikum am letzten Tag: Mit verletztem Drummer und verlorenem Bass leicht angeschlagen, aber dennoch gut gelaunt, gibt es neben eigenem Material auch den MOTÖRHEAD-Klassiker "Ace of Spades" zu hören – eine gelungene Abwechslung am bisher recht corelastigen Samstag.

Ebenfalls mit neuem Album im Gepäck treten als nächsten FEUERSCHWANZ an und läuten den Partyblock auf der Mainstage ein. Mit eingängigen Melodien, einer bunten Bühnenshow und einem finalen Goldregen haben die Klamauk-Mittelalter-Rocker das volle und stimmgewaltige Battlefield mehr als verdient.

Direkt im Anschluss haben die Finnen von KORPIKLAANI wieder Getränkekarte statt Setlist im Gepäck und machen dort weiter, wo FEUERSCHWANZ aufgehört haben. Humppa-Metal + Sonnenschein = gute Laune und viele Crowdsurfer, diese Rechnung geht auch beim Summer Breeze wieder auf.

Dirkschneider

Als erster Headliner des Tages hat DIRKSCHNEIDER die Summer Breeze Bühne als Ort für seine finale Deutschland Show gewählt. Der gleichnamige Frontmann Udo hat auch mit 66 Jahren wenig Stimmkraft verloren, gönnt sich aber zwischendurch doch die eine oder andere kurze Verschnaufpause und lässt seinem Gitarristen Andrey Smirnov somit Raum für ein paar kleine Solospielereien. Auch wenn der "Dicke Eier"-Metal der 80er Jahre mittlerweile leicht angestaubt ist, gewinnt beim Publikum doch der Nostalgiefaktor und unter den Klängen von "My Way" findet das Projekt des ehemaligen ACCEPT-Frontmanns einen würdigen Abschluss.

Kurz vor Ende des Festivals steht dann noch einmal eine schwierige Entscheidung an: Orientalisch-progressiver-Erwachsenenmetal bei ORPHANED LAND oder sich bei PAPA ROACH auf der Mainstage noch einmal wie 14 fühlen. Glücklicherweise wird man, egal wie man sich entschieden hat, nicht enttäuscht. Neben eigenen Songs gibt es bei PAPA ROACH diverse Coverversionen und kurze musikalische Zitate von BLURs "Song 2", LINKIN PARKs "In the End" und dem leicht genrefremden "Lose yourself" von Rapper EMINEM, so dass sich der geneigte Zuschauer tatsächlich fragen muss, welches Jahrzehnt wir gerade schreiben. Spätestens beim finalen (und scheinbar leider in großen Teilen vom Band stammenden "Last Resort") ist die Zeitreiseillusion perfekt.

Orphaned Land

Auf eine Zeitreise der etwas anderen Art geht es bei ORPHANED LAND, handelt es sich doch beim aktuellen Album "Unsung Prophets and Dead Messiahs" um ein Konzeptalbum, in dem unter anderem das tausende Jahre alte Höhlengleichnis von Plato thematisiert wird. Und dieser holprige Übergang im Text zeigt eigentlich schon, wie schwierig es ist, über die israelische Band um Frontmann Kobi Farhi zu schreiben – die Texte sind teils düster und voller Leid und dann doch wieder positiv und hoffnungsvoll.

Gleiches gilt für die Musik: Aggressive Growls und harte Gitarren mischen sich mit orientalischen Melodien zu einer stimmigen Einheit und transportieren damit die Kernaussage der Band "All is one" nahezu perfekt. Im Publikum werden wie üblich alle Flaggen geschwungen, die der Mittlere Osten hergibt, und spätestens beim finalen "Ornaments of Gold" ist mehr als nur ein Tränenkanal geöffnet. Egal ob beim eigenen Konzert oder auf einem Festival, ORPHANED LAND gehen einfach über die reine Musik hinaus.

Umso schwieriger ist es, sich danach auf den Auftritt von W.A.S.P. um Diva Blackie Lawless einzulassen. Songs wie "Wild Child" und "I wanna be somebody" sind natürlich absolute Klassiker und verfehlen ihre Wirkung auch beim Summer Breeze Publikum nicht. Ich persönlich aber bin schon im Abschiedsmodus und gehe daher lieber noch ein letztes Mal zur T-Stage, auf der es mit SOLSTAFIR noch einmal düster-isländisch wird und gönne mir als Festivalabschluss noch eine Runde Post-Metal-Melancholie, der einen auf die Rückkehr in die harte Realität vorbereitet.

Solstafir

Ein Fazit

Das Summer Breeze Festival macht dort weiter, wo es im Jubiläumsjahr aufgehört hat und überzeugt auch im Jahre 2018 durch eine beispielhafte Organisation und ein ausgewogenes Line-Up, in dem "Geht immer"-Bands wie ALESTORM und ARCH ENEMY auf eher seltenen Besuch wie W.A.S.P., PAPA ROACH und SOLSTAFIR treffen. Auch was das Drumherum angeht, bleiben wenige Wünsche offen - wer hier mehr erfahren will, dem sei der Blogbeitrag meiner Kollegin Clau empfohlen. Für mich steht das Summer Breeze auf jeden Fall auch für 2019 schon fest im Kalender.

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