Geschrieben von Mittwoch, 28 November 2018 09:47

Mantar, Skeletonwitch, Evil Invaders, Deathrite - Der Konzertbericht aus dem Stuttgarter KJH Hallschlag

Mantar Mantar Christoph Eisenmenger

23.11.2018, Stuttgart – Vier Bands und ein Abend, der in gemischten Gefühlen endet: Die Stuttgart-Show der Co-Headliner-Tour von MANTAR und SKELETONWITCH polarisiert zwar die Gemüter, bleibt aber dennoch in guter Erinnerung. Wie das sein kann, erfahrt ihr in unserem Bericht.

Das Kinder- und Jugendhaus Hallschlag wirkt auf den ersten Blick nicht zwangsweise wie der passende Gastgeber eines Extreme-Metal-lastigen Konzertabends. Zumindest ist einigen Konzertbesuchern die Verwunderung ob der von Kinderhand bemalten Fensterscheiben deutlich in das Gesicht geschrieben. Egal, Mitgliedern der Metalszene fällt es gewohnt leicht, über solche Äußerlichkeiten hinweg zu schauen. Sonst wäre die hohe Bierbauchquote schließlich nur schwer zu ertragen.

Und siehe da: Der scheinbar lebensnotwendige Gerstensaft kostet im KJH Hallschlag nur mickrige zwei Euronen. An den inneren Werten lässt sich dementsprechend kaum meckern, denn auch der Konzertsaal – eine umgebaute Turnhalle – versprüht zu Beginn einiges an Charme. Sogar für Sitzplätze ist gesorgt, sodass die Wartezeit auf den langen Konzertabend wie im Fluge vergeht. Der Rest des Publikums scheint unterdessen noch nicht eingetroffen zu sein. Als mit DEATHRITE der erste Support die Bühne betritt, zeigt sich die geräumige Halle jedenfalls noch gähnend leer.

Deathrite

Dies hält das Quintett aus Sachsen allerdings nicht davon ab, die Bühne mit ordentlich Schwung zu betreten. Ihr neues Album "Nightmares Reign“ im Gepäck, gibt es für das spärliche Publikum groovigen Death Metal auf die Ohren. Schade nur, dass davon nicht sonderlich viel in den Gehörgängen der Zuschauer ankommt – die viel zu präsenten Drums übertönen jedes auch noch so schmissige Riff. So bleibt vom Auftritt der Dresdener nur das teils übertriebene Posing von Fronter Tony im Gedächtnis. Wann war barbarisches Grimasse-Ziehen eigentlich jemals en vogue?

Evil Invaders

Die belgischen Speed Metaller von EVIL INVADERS dürfen sich da schon über deutlich mehr Publikumszuspruch freuen. Zwar steckt das Quartett ebenfalls tief im Sound-Morast, versteht es allerdings, diesen Umstand mit einer intensiven Performance auszugleichen. Das dynamische Wechselspiel der Saitenzupfer sowie die rasanten Riffs sorgen rasch für den ersten Moshpit des Abends. Der schlechte Sound ist vergessen, es zählt nur noch der nächste Körperkontakt. EVIL INVADERS haben sich nach einer halben Stunde den tosenden Applaus redlich verdient und werden zurecht mit lauten Zugaberufen in den Feierabend verabschiedet.

Skeletonwitch

Der erste Headliner des Abends, SKELETONWITCH, erweist sich da schon als deutlich behäbiger. So braucht auch das schwäbische Publikum ein bisschen mehr Zeit, um wieder auf Betriebstemperatur zu kommen. Die souveräne Spielweise der Amerikaner entfaltet jedoch nach wenigen Songs letztlich doch noch ihre Wirkung, sodass die folgende Stunde im zum Bersten gefüllten KJH zur Belastungsprobe für sämtliche Nackenmuskeln wird. Der leicht verbesserte Sound trägt seinen Teil dazu bei, dass sowohl die Songs vom neuen Album "Devouring Radiant Light“, als auch von Klassikern wie "Beyond The Permafrost“ ordentlich abgefeiert werden. Unter dem Strich ein sehenswerter Auftritt.

Mantar

Last but not least darf mit MANTAR abschließend noch das wohl heißeste Rock-Duo der letzten Jahre auf die Bretter. Gewohnt halbnackt, sorgen die beiden Bremer Stadtmusikanten von Beginn an für hitzige Betriebsamkeit. Die Welt erscheint simpel: Wenn Fronter Hanno Klänhardt in die Saiten greift, geht Stuttgart ab. Wenn Stuttgart abgeht, gehen auch MANTAR ab. Die beiden Musiker zehren sichtlich von der Energie des Publikums und verschmelzen mit der Menge förmlich zu einer Einheit. Da passt es nur ins Bild, dass die Band den Feiernden zwischendrin eine Flasche Whisky ausgibt.

Dass der Sound dabei totaler Matsch ist, stört dementsprechend niemanden. Vielmehr verpassen die erschwerten Bedingungen dem Auftritt einen rauen, urtümlichen Charme. MANTAR zelebrieren in ihrer Musik die primitive Triebhaftigkeit der menschlichen Natur, diese Lust an der Zerstörung und dem Kaputtmachen. Die schlechte Luft, die Hitze, der Schweiß fremder Menschen – all dies gehört dazu, will in seiner ganzen Ursprünglichkeit erlebt, ja sogar genossen werden. Länger als 60 Minuten hält das die Band aber auch selbst nicht aus. Ohne Zugabe endet die Show schließlich mit "Back In Black“.

Gemischte Gefühle

So bleibt ein Konzertabend, an dem das Wichtigste – die Musik – im Morast verschwand, trotzdem positiv in Erinnerung. Die irritierende Symbiose aus Gewalt und Gemeinschaft, aus stumpfer Brutalität und grotesker Schönheit, spiegelte die Natur des Metals in nur wenigen Stunden wider. Ein klarer Fall für Metal-Romantiker und alle, die es werden wollen.

Wo andere Konzerte in Buhrufen geendet hätten, zeigten sich die Schwabenscharen im KJH doch irgendwie seltsam zufrieden. Ein Umstand, der nicht zuletzt Headliner MANTAR höchstpersönlich zuzuschreiben ist. Das Duo beherrscht die Bühne wie eine Naturgewalt, sodass aus Gewalt Kunst wird – The Modern Art Of Setting Ablaze.