Geschrieben von Dienstag, 07 Mai 2019 20:54

Disturbed, Skindred - Der Bericht aus der Berliner Verti Music Hall

04.05.2019, Berlin – Die amerikanischen Chartstürmer von DISTURBED lassen sich zusammen mit SKINDRED in der deutschen Hauptstadt blicken. Auf dem Papier ein Feuerwerk für jeden Fan der Rockmusik, doch hält der Abend wirklich, was er verspricht? BYE war für euch vor Ort! 

Wenn eine Band trotz Ticketpreisen von 55 bis 80 € die Verti Music Hall an der East Side Gallery ausverkaufen kann, sagt dies nicht nur etwas über den aktuellen Zustand des Musikgeschäfts, sondern auch über den Status der Band aus. Obwohl die Kritiker kontinuierlich ausfallender werden, haben sich DISTURBED im Haifischbecken Musikbusiness erfolgreich behauptet – nicht zuletzt dank Coverhit "The Sound Of Silence“ stößt die Truppe inzwischen gar in unbekannte Höhen vor. Entsprechend schnell waren die Karten zur neuen "Evolution“-Tour vergriffen. 

Skindred

Da ist es durchaus legitim, sich qualitativ hochwertigen Support zu suchen. So dürfen an diesem Samstagabend die britischen Nu-Metaller von SKINDRED vorheizen. Einst durch die gewagte Mischung aus Metal, Hip-Hop und Reggae berühmt geworden, hat die Truppe über die Jahre nichts ihres eigentümlichen Spaß-Faktors verloren. Das vierzigminütige Set wartet mit einer guten Mischung alter und neuer Songs auf, findet beim Publikum allerdings nicht den erhofften Anklang. Erst der Evergreen "Nobody“ sorgt für erste Regungen vor der Bühne – Partylaune geht anders. 

Disturbed 

So fällt die Berliner Zuschauerschaft auch beim Einsetzen des "Evolution“-Intros eher durch Filmbereitschaft als Stimmung auf. Die Gründe hierfür sind wohl mannigfaltig – nicht zuletzt der happige Bierpreis von sechs Euro liegt nicht wenigen sichtlich im Magen. Aber auch Headliner DISTURBED kann sich an diesem Abend nicht das Prädikat "berauschend“ verdienen. Das als Opener prädestinierte "Are You Ready?“ verpufft wirkungslos, beim folgenden "Prayer“ trifft Sänger Draiman kaum einen Ton.

Doch wie auch die Zuschauer beißt sich der Fronter in die Show hinein. Je länger der Abend andauert, desto begeisterter werden DISTURBED aufgenommen – Hits wie "Ten Thousand Fists“, "Indestructible“ und "Inside The Fire“ treffen wenig überraschend auf große Resonanz. So hat das Publikum in der Music Hall spürbar Spaß, obwohl die Bühnenperformance der Amerikaner teils nur schwer zu ertragen ist.

Blutleer und gelangweilt

Zwar beginnt sich die Stimme David Draimans nach einigen Songs zu stabilisieren, nichtsdestotrotz schleicht der Gesangskünstler beinahe gelangweilt über die Bühne. Vom energetischen Elan der frühen Tage fehlt jegliche Spur, stattdessen wirkt die Diskrepanz zwischen Auftreten und Musikstil beinahe surreal. Ein Entkommen gibt es jedoch nicht – wer hinten im Raum steht, dem wird das Geschehnis über die großen Videoleinwände auf die Netzhaut gebrannt.

So sind es am Ende ironischerweise die ruhigen Momente, in welchen das Quartett zu glänzen vermag. Die Balladensektion um "A Reason To Fight“, "Hold On To Memories“ und dem grandios performten "The Sound Of Silence“ ist das Highlight des Abends, welche die zutiefst menschliche Botschaft der Band in den Vordergrund rückt. Draimans bewegender Monolog über Depression und Sucht trifft auf ohrenbetäubenden Applaus – erstmals wirkt sein Auftritt stimmig.

Nach zwei Stunden DISTURBED setzt "Down With The Sickness“ schließlich den Schlusspunkt unter eine ambivalente Show, welche den musikalischen Mehrwert unter dem Strich vermissen ließ. So schleicht sich die beunruhigende Erkenntnis ein, dass DISTURBED den Zenit ihres Schaffens überschritten haben, nicht jedoch den Höhepunkt ihrer Karriere. Der Umzug in die gegenüberliegende Mercedes-Benz-Arena scheint bei diesem Zuschaueraufkommen nur eine Frage der Zeit zu sein.