Geschrieben von Montag, 12 Dezember 2022 17:38

In Flames, At The Gates, Imminence, Orbit Culture - Der Konzertbericht aus der Hamburger edel-optics.de Arena

In Flames In Flames Foto: Nuclear Blast

09.12.2022, Hamburg – Angeführt von den Melo-Death-Urgesteinen IN FLAMES und AT THE GATES steht der Abend in der Hansestadt ganz im Zeichen der Göteborger Schule. BYE war für euch vor Ort!

Um zu erkennen, dass Mehrzweckhallen keine idealen Veranstaltungsorte für Konzerte sind, ist kein Abschluss in Veranstaltungsmanagement nötig. Und doch sind die Basketball- und Handball-Hallen der Republik langsam aber sicher zur Anlaufstelle Nummer Eins für alle Bands geworden, die den kleinen Clubs entwachsen sind. In Ermangelung funktionsfähiger Konzerthallen wurde hier aus der Not eine Tugend gemacht, wenn auch die Soundqualität mitunter zu Wünschen übrig lässt.

Wer jedoch an diesem Freitagabend seinen Fuß in die edel-optics.de Arena setzt, für den:die ist der Sound das geringste Problem. Denn trotz über einstündigem Einlassfenster wächst die Schlange vor dem einzigen Eingang der Basketballhalle mit jeder Minute weiter. Endlich drin, warten die nächsten Schlangen. Wer seinen Rucksack loswerden will, muss zur Garderobe ins Erdgeschoss, für die Jacke bitte in den zweiten Stock. Bier gefällig? Dann bitte wieder ins Erdgeschoss in den Innenraum. All das dauert und funktioniert dank des nicht auf Konzertbesucher ausgelegten Grundrisses der Halle nur mehr schlecht denn recht. 

Orbit Culture

Entsprechend müssen ORBIT CULTURE ihr Set vor einem weitestgehend leeren Innenraum performen, obwohl die Menschen schon in der Halle sind. Schade, denn die ansprechende Mischung aus Groove und Death Metal funktioniert in der Live-Situation hervorragend. Auch im spärlich vorhandenen Publikum kommt das halbstündige Set des Quartetts – gemessen an ihrem Vorbandstatus – erstaunlich gut an und beschert der Gruppe schließlich reichlich Verkehr am Merchstand.

Imminence

Mit IMMINENCE folgt nach einer kurzen Umbaupause einer der wenigen Metalcore-Acts, die in den letzten Jahren aus dem Einheitsbrei ihres Subgenres herausstechen konnten. Bewaffnet mit Geige und Hosenträger bieten die Schweden um Fronter Eddie Berg auch heute einiges für Augen und Ohren. Im Spannungsfeld zwischen Melancholie und Brutalität pendelnd, besitzt die Musik der Band eine Sogwirkung, die schließlich im Rausschmeißer "Temptation“ kulminiert. Ein echter Geheimtipp, der sich mit ordentlich Applaus verabschiedet.

At The Gates

Während die Veteranen von AT THE GATES als dritte Vorband auf die Bühne dürfen, stecken zwar immer noch einige Wenige in der Garderoben-Schlange auf dem Oberrang fest, dennoch wird es in der vorderen Hälfte des Innenraums langsam kuscheliger. Den Auftritt der Routiniers will offensichtlich niemand so recht verpassen, wenn auch (oder vllt. gerade weil?) das neue Album "The Nightmare Of Being“ kaum beachtet wird.

Abseits des Openers "Spectre Of Extinction“ konzentriert sich das Quintett nämlich vor allem auf das ältere Material aus den "At War With Reality“- und "Slaughter Of The Soul“-Zeiten. Das mag einem nun gefallen oder eben nicht, souverän ist der Auftritt der Schweden aber allemal. Nach zehn Stücken ist schließlich Schluss und damit Startschuss für die üblichen Diskussionen um die Stimme von Tomas Lindberg und die Songauswahl.

In Flames

Ganz anders hingegen beim Headliner des Abends, denn IN FLAMES grooven sich für ihr anderthalbstündiges Set durch sämtliche Schaffensperioden. Während der Opener "The Great Deceiver“ als Singleauskopplung des kommenden Albums "Foregone“ noch in die Zukunft weist, folgt danach eine Tour de Force in die Vergangenheit.

So gibt es mit "Pinball Map“, "Cloud Connected“, "Only For The Weak“ und "Leeches“ eine Reihe Klassiker auf die Ohren, die mit neuerem Songmaterial wie "Wallflower“, "I Am Above“ und "State Of Slow Decay“ passend garniert wird.

Zwar wirkt Sänger Anders Friden ausgerechnet bei "Only For The Weak“ stimmlich nicht immer sattelfest, was dem Publikum aber reichlich egal zu sein scheint. In der edel-optics.de Arena wird ausgelassen getanzt, während insbesondere im vorderen Hallendrittel ein Mosh Pit nach dem nächsten entsteht. Mit dem finalen "Take This Life“ ist schließlich Schluss. Während sich die Band noch von der Menge verabschiedet, sprinten die ersten schon die zwei Stockwerke zur Garderobe hoch.

So bleibt letztlich ein positives Resultat mit fadem Beigeschmack. Denn ja, das Konzert war seine 60€ Eintrittpreis dank hervorragender Bands und guter Auftritte absolut wert. Doch sollte eine Person, die 60€ zahlt, um ihre Lieblingsbands sehen zu können, nicht auch in den vollen Genuss dieser kommen können? Lange Wartezeiten, hohe Garderoben- und Getränkepreise und ausufernde Laufwege innerhalb des Veranstaltungsortes weisen auf eine Menge Nachholbedarf im Organisationsbereich hin. Besserung ist aber wohl kaum in Sicht.