Geschrieben von Samstag, 31 Oktober 2009 13:00

Beastfest Tour 2009 – Hamburg / Markthalle


beatfest2009

Es ist ein typisch nasskalter Herbstabend in Hamburg, an dem man sich eigentlich nichts anderes vornimmt, als vor der Glotze zu hängen und sich ein paar Videos reinzuziehen. Umso besser, dass man sich in Hamburg im Oktober und November aber kaum vor coolen Konzerten retten kann. Auch heute überschneiden sich mehrere sehenswerte Gigs – während die Progressivrocker von MUSE in der Color Line Arena ihre neue Rockoper mit deutlichen QUEEN-Anleihen vorstellen, heizen in der Markthalle fünf Hochkaräter der Metalcore-Szene den unterkühlten Hamburgern ordentlich ein. Ich entscheide mich für letzteres, und so geht es schon um 18 Uhr in Richtung Markthalle.

Dort angekommen fällt mir sofort auf, dass der Altersdurchschnitt deutlich unter 30 liegt, was ich bei dieser heftigen Metalmischung nicht unbedingt erwartet hätte. Die Jungspunde belagern sofort den Merchandisestand, und fast alle haben dann im Saal ein Shirt oder Cap ihrer Lieblingsband an. Die Favoriten sind an diesem Abend aber eindeutig nicht die Headliner CALIBAN – ich kann mich nicht an ein einziges CALIBAN Shirt erinnern – sondern die kalifornischen Grindcoreler von SUICIDE SILENCE.

After_The_Burial
Los geht es jedenfalls um Punkt 19 Uhr mit AFTER THE BURIAL aus Minneapolis, Minnesota, die leider das Pech haben, vor einer noch halbleeren Halle spielen zu müssen. Im Laufe des Sets springt der Funke aber immer mehr über, und auch ins Pit kommt mehr und mehr Bewegung. Optisch fallen besonders die beiden Gitarristen Justin Lowe und Trent Hafdahl mit ihren quietschfarbenden Gitarren auf sowie Neuzugang und Sänger Anthony Notarmaso, der den Hauptteil des Sets auf einem kleinen Podest performt. Auch wenn AFTER THE BURIAL die typischen Klischees der Metalcores erfüllen – es gibt wirklich ein Doublebassgewitter nach dem anderen, viele Breaks, Tempiwechsel und Breakdowns - wirken sie unheimlich spielfreudig und haben eine Energie, die absolut ansteckend ist. Der Sound ist auch astrein und Sänger Anthony beherrscht sowohl die tiefen Growls als auch die hohen, gescreamten, teilweise schon Deathmetal-mäßig gekeiften Vocals einwandfrei.

Mir persönlich gefallen besonders die hohen, gekeiften, von der Doublebassdrum unterstützten Parts – einfach herrlich. Songtechnisch liegt der Schwerpunkt (wenn man das bei 25 Minuten Spielzeit überhaupt sagen kann) auf dem Re-Release ihres Albums „Rareform“ – hieraus gibt die junge Band unter anderem „Drifts“ und „Aspiration“ zum besten. Aber auch ältere Songs wie „A Steady Decline“ kommen bei der Menge super an. Zum Abschluss gibt es einen kleinen 50er Jahre Abspann vom Band, und danach schicken uns die Tontechniker mit Mukke von den DIRE STRAITS in die Pause.
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Emmure
Als EMMURE um 19:45 Uhr die Bühne stürmen, ist die Markthalle sehr gut gefüllt und die Menge vom ersten Song an textsicher. Dessen bewusst ist sich eindeutig auch Sänger Frank Palmeri. Er steht nicht nur optisch durch die rote Regenjacke, die khaki-farbenden Dickies Hosen und die bunten Nike-Schuhe im Mittelpunkt, sondern weil der Mann extrem selbstbewusst ist und eine absolute Bühnenklatsche hat. Souverän und mit irren Blicken führt er durchs Set und versucht teilweise auch ein wenig Deutsch zu sprechen, da er fälschlicherweise der Meinung ist, dass die Menge kein Englisch versteht. Sein astreines, aggressives Growlen geht teilweise in ein Gegrunze und Gebelle über, trotzdem sind die Hardcore-Einflüsse der Band aus Queens, New York nicht von der Hand zu weisen. Komischerweise hat die Mukke von EMMURE für mich aber eindeutig auch etwas hip-hop-lastiges, was natürlich durch das Fred Durst ähnliche Aussehen des Sängers noch verstärkt wird. Das knapp halbstündige Set wird dominiert von Songs des neuen Albums „Felony“ wie bespielsweise „Bars In Astoria“, ist absolut kurzweilig und bringt einfach nur Spaß.

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Maroon

Die Straight-Edgeler von MAROON stürmen dann um 20:30 Uhr die Bühne der Markthalle und haben bereits eine wesentlich aufwendigere Bühnendeko als die beiden ersten Bands – komplett in schwarz-weiß gehalten. Passend hierzu haben die fünf Jungs aus Nordhausen dann auch ihr Bühnenoutfit gewählt. Die Band (besonders der sympathische Sänger Andre Moraweck) sucht permanent den Kontakt zur Menge und es wird ununterbrochen gestagedived. Auch Andre nimmt zwischenzeitlich ein Bad in der Menge und versorgt das mittlerweile vor Schweiß triefende Publikum immer wieder mit Wasser. Es wirkt teilweise so, als wolle Andre die Menge mit dem Wasser weihen, obwohl mir nicht bekannt ist, dass MAROON eine christliche Band sind. Wahrscheinlich ist diese Kreuzigungsgeste aber auch einfach nur Show.

Auch MAROON haben mit „Order“ ein neues Album am Start, auf dem sie sich zusehens von ihren Hardcore-Wurzeln verabschieden und mehr in Richtung Death Metal gehen. Hieraus stellen sie unter anderem „This Ship Is Sinking“ vor. Das knapp 40-minütige Set umfasst dann noch eine kleine Wall Of Death, und ihren Vorbildern von METALLICA wird mit dem Intro von „Creeping Death“ gehuldigt. Obwohl ich MAROON mittlerweile bereits 3 Mal live gesehen habe, können sie mich jedes Mal neu überzeugen. Auch diese Show war wieder absolut super!

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SUSI
Eine echt heftige Portion Death-/Grindcore gibt es dann von den heimlichen Headlinern SUICIDE SILENCE, die um 21:25 Uhr die Bühne betreten. Ab der ersten Sekunde kenn die Menge kein Halten mehr – was sich unter anderem in ausgiebigem Stage-Diven und ordentlichen Circle Pits äußert. Die fünf Jungs aus Riverside, Kalifornien stellen mit „No Time To Bleed“ ebenfalls ein neues Album vor und eröffnen hieraus gleich mit „Wake Up“ die Show, welches einem einfach nur die Gehörgänge wegbläst. Der spindeldünne, zutätovierte Sänger Mitch Lucker steht trotz seiner beachtlichen Größe nahezu die ganze Zeit auf einem Podest, vorausgabt sich aber dennoch komplett, in dem er moshend und stampfend auch auf dem Podest immer in Bewegung bleibt.

Einwandfrei beherrscht Mitch sowohl das fiese Gekreische als auch das tiefe Gegrowle. Dass ab und an mal zu merken ist, eann der schlacksige Hühne Luft holt, sei ihm verziehen. Zu fett ist der Sound, zu brutal und herrlich die Breakdowns und zu atemberaubend die Livequalität dieser Band. Der Schwerpunkt der Songauswahl liegt hier ebenfalls auf dem neuesten Output mit Songs wie „Lifted“, „Smoke“ oder „Disengage“ – den Abschluss bildet dann mit „No Pity For A Coward“ allerdings ein alter Klassiker. Fett!

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Caliban

Die undankbare Aufgabe an diesem Abend als letztes zu spielen, da viele der Jungspunde im Publikum bereits frühzeitig die Show verlassen mussten, haben dann CALIBAN. Die Jungs aus Hattingen an der Ruhr haben auf ihrem neuen Album „Say Hello To Tragedy“ das „Drama von Amstetten“ zum Hauptthema des Albums erkoren, und so gibt es als Intro der Show erstmal ein gruseliges und etwas makaberes Intro vom Band, welches auf die Vorfälle der Fritzl Thematik anspielt. Die Bühnendeko ist noch aufwendiger als bei MAROON und ebenfalls im Stil des Albumartworks gehalten. Außerdem haben CALIBAN an den beiden seitlichen Banneraufstellern ein paar auffällig bunte Lichtröhren angebracht, die im Laufe der Show häufiger zum Einsatz kommen. Optisch fällt auf, dass sowohl Sänger Andreas Dörner aber besonders Gitarrist Denis Schmidt sich deutlich längere Matten haben stehen lassen.

Auch wenn es eine optische Veränderung der Bandmitglieder gibt, bleiben die fünf Jungs auf ihrem neuen Werk dem Metalcore treu, legen allerdings in Sachen Härte noch eine Schippe drauf. Das ist auch bei ihrer Liveshow zu merken, denn das Set dominieren durchweg die heftigeren Songs der Ruhrpottler. Vom neuen Album gibt es unter anderem „24 Years“, „Calibans Revenge“ und „Unleash Your Voice“, wobei letzterer einen ENTER SHIKARI ähnlichen Zwischenpart enthält, bei dem die bunten Neonröhren der Banner zum Einsatz kommen und Sänger Andy das Publikum zum „Abspacken wie in einer Techno Disco“ auffordert, was er sich selbst dann auch nicht nehmen lässt. Ein lustiges Gimmick – allerdings etwas ungewohnt für CALIBAN. Trotz der geringen Publikumsdichte ist die Band gut gelaunt und lobt nochmal alle Mitstreiter. Nachdem dann mit „I Will Never Let You Down“ und „It’s Our Burden To Bleed“ noch zwei Klassiker folgen, verlasse ich um 23:10 Uhr glücklich die Markthalle.

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Was allerdings wirklich schade war während der CALIBAN Show, ist die Tatsache, dass der cleane Gesang von Denis fast gar nicht zu hören war. Besonders wenn man bedenkt, dass alle anderen Bands einen perfekten Sound hatten. Ansonsten gibt es aber absolut nichts zu meckern, und ich bin bei der nächsten Beastfest Tour auf alle Fälle wieder mit dabei.

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