Rage - My Way (EP)

Rage - My Way (EP)
    Power Metal

    Label: Nuclear Blast
    VÖ: 22.01.2016
    Bewertung:7/10

    RAGE im Web


Kurz vor dem Release von "Ghosts" 1999 wurde Peavy Wagner vom Rest der damiligen RAGE-Besetzung sitzen gelassen. An Bord kamen Mike Terrana, der 2007 von André Hilgers ersetzt wurde, und ein russischer Gitarrist namens Victor Smolski, der RAGE 16 Jahre lang die Treue hielt. Als Smolski und Hilgers Anfang 2015 den Dienst bei RAGE quittierten, wusste Wagner also, was er zu tun hat: Mit Gitarrist Marcos Rodriguez und Drummer Vassilios "Lucky" Maniatopoulos wurden einige Monate später die Neuzugänge vorgestellt, es ging gleich an die Aufnahmen für ein neues Album. Mit "My Way" veröffentlichen die zu zwei Dritteln neubesetzten RAGE nun vor der Tour mit HELLOWEEN eine EP als Vorgeschmack auf das kommende Album.

Man kann nur vermuten, weshalb die fruchtbare RAGE-Besetzung mit Peavy Wagner, André Hilgers und Victor Smolski Anfang 2015 in die Brüche ging. Waren die von Hilgers und Smolski bekannt gegebenen "musikalischen und persönlichen Veränderungen" wirklich so stark? Oder gefiel es den beiden Musikern einfach nicht, dass Peavy auch noch zusammen mit seinen ehemaligen Kollegen Manni Schmidt und Christos Efthimiadis als REFUGE Songs aus dem RAGE-Archiv von 1987 bis 1993 zockt? Ich frage mich ja sowieso, wieso Peavy nicht einfach die beiden Veteranen reaktiviert... Aber das wird der stämmige Bandkopf selbst am Besten wissen.

Peavy Wagner war noch nie ein Musiker, der den Kopf in den Sand steckt, wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte. Er stellt eine neue Band um sich herum auf und schreibt Songs wie "My Way", das abgesehen von den Akustikgitarren in den Strophen ziemlich an die "Black In Mind"/"End Of All Days"-Phase von RAGE erinnert. Die Nummer ist eingängig, mit ordentlicher Doubelbass-Power und befreiendem Gitarrensolo von Rodriguez, das schnell deutlich macht: Der neue Sechssaiter ist technisch vielleicht nicht ganz so versiert wie Smolski, aber hörbar gefühlvoller unterwegs. Der Titeltrack ist nicht nur musikalisch, sondern auch textlich ein starkes Ausrufezeichen der Metal-Institution. Peavy macht ziemlich deutlich: Er geht seinen Weg, trotz aller Ängste, einen wahr gewordenen Traum zu verlieren. RAGE ist seine Band, es ist sein Ding, das kann ihm keiner weg nehmen - auch nicht, wenn er die Band verlässt.

Komplettiert wird die EP vom Titeltrack in einer spanischen Version sowie Neuaufnahmen von "Black In Mind" und "Sent By The Devil". Damit machen RAGE alles richtig: Die Neueinspielungen klingen knackig, kompromisslos und frisch und machen mächtig Bock auf die Livedarbietung der Albumsongs auf Tour zum 20-jährigen "Black In Mind"-Jubiläum.

Ich bin eigentlich kein Freund von Vorab-EPs, insbesondere wenn der Titeltrack höchstwahrscheinlich auch auf dem Album landen wird und deshalb der Exklusiv-Bonus spätestens am Tag des Albumreleases dahin ist. Aber dieses kurze Vergnügen macht echt Laune und klingt nach einem Befreiungsschlag. Smolski will unter anderem Namen das Lingua Mortis-Projekt weiter führen. Darauf darf man gespannt sein. Viel wichtiger ist für RAGE-Fans aber: Ihre Band klingt so stark wie seit Jahren nicht mehr. Wenn "My Way" die Richtung des Full length-Outputs vorweg nimmt, steht uns ein mächtiger Hammer ins Haus!