Seven Kingdoms - Decennium Tipp

Seven Kingdoms - Decennium

Wow. Was SEVEN KINGDOMS aus dem sonnigen Florida mit "Decennium" abliefern, ist nichts weniger als ein ganz heißer Anwärter auf den Power Metal-Thron 2017. Kompromisslose Doublebass-Gewitter, zahllose Gitarrenduelle, epische Widerhakenmelodien und wunderbare weibliche Vocals sorgen für ein helles Leuchten in den Augen.

Das dritte Album "Decennium" beinhaltet zehn Songs bei einer Spielzeit von etwas über 50 Minuten. Die Erfahrung aus einem Jahrzehnt im Musikbusiness (Gründung 2007, seitdem drei Alben, eine EP und zahlreiche Gigs, u.a. als Support von SONATA ARCTICA, STRATOVARIUS und BLIND GUARDIAN) macht sich im Songmaterial bemerkbar. Dabei klingen SEVEN KINGDOMS auch nach all der Zeit noch so unverbraucht und frisch, dass man ohne Hintergrundinfos denken könnte, hier handele es um ein Debüt.

SEVEN KINGDOMS sind ein eingespieltes Quintett

Aaron Sluss (Bass) und Keith Byrd (Drums) sorgen für ein felsenfestes Fundament mit ordentlich Groove, zu dem das Duo Camden Cruz und Kevin Byrd präzise, teils angethrashte Riffs, quietschende Doppel-Gitarrensoli, exzellente Leads und Harmonien beisteuert.

Über dem rasanten melodischen Power Metal schweben die Vocals von Frontfrau Sabrina Cruz, die in dunklen und mittleren, vor allem aber hohen Tonlagen extrem viel Eindruck macht. Ihre äußerst angenehme, kraftvolle Stimme wackelt in keiner Passage; gefühlvolle Stellen und dramatische Szenen bringt sie genauso überzeugend rüber wie aggressive Parts.

"Decennium" klingt verdammt fett, auch wenn sich unterm Kopfhörer ganz selten Clipping bemerkbar macht. Vielleicht liegt das aber auch an den MP3s. Die gelungene Produktion verwundert nicht, wenn man weiß, dass die vierte SEVEN KINGDOMS-Scheibe von Jim Morris in den Morissound Studios aufgenommen und gemixt wurde. Für das Mastering war mit Jacob Hansen eine weitere Koryphäe zuständig.

Exzellente Songs mit Eiern

Mit präzisem Riffing, von IRON MAIDEN inspirierten doppelten Gitarrenläufen, rasend schnellen Soli, Doublebass-Attacken und einem eingängigen Refrain bietet bereits der Opener "Stargazer" alles, was man sich nur wünschen kann. Vor allem das hochmelodische "In The Walls" mit thrashigem Beginn, formidabler Gitarrenarbeit und einem vielschichtigen Chorus, der an Eingängigkeit kaum zu überbieten ist, ist eine Power Metal-Lehrstunde allererster Güte.

Das durchdachte Songwriting spiegelt sich auch in Nummern wie dem höchst abwechslungsreichen "Neverending" und dem symphonisch angehauchten "The Tale Of Deathface Ginny" mit stark in den Vordergrund gerückten Bass im Chorus wieder. Ein paar "Ohohohs" dürfen in einem Ohrwurm wie "Kingslayer" auch nicht fehlen. Dabei sind die Hymnen nie cheesy, sondern haben stets Eier.

"Decennium" bleibt fast durchgehend auf extrem hohem Niveau, lediglich das pausenlos durchgedrückte Gaspedal mag manch einem über die gesamte Albumdistanz etwas zu viel des Guten sein, auch wenn sich die Songs trotz wiederholt genutzter Stilelemente genügend voneinander unterscheiden. Ich hätte mir eine kurze Verschnaufpause in Form einer (Power-)Ballade gewünscht - aber das ist Meckern auf sehr hohem Niveau.

Lyrisches Futter für "Game Of Thrones"-Fans

Neben dem Bandnamen sind auch die Lyrics stark von George R.R. Martins "A Song Of Ice And Fire"-Saga beeinflusst. Der inhaltliche Zusammenhang macht einen großen Reiz der Texte aus. So bezieht sich das dramatische "Castles In The Snow" mit zurückgefahrenem Tempo auf Sansa Stark, während SEVEN KINGDOMS in "Kingslayer" mit einem zweigeteilten Chorus der Extraklasse erzählen, wie Jamie Lannister an seinen ungeliebten Rufnamen geriet. Mit Textzeilen wie "Mother of Dragons / Daughter of Death / A fire must burn", "Three mounts to ride / Betrayal you'll know" und "Drink! From the cup of fire and ice" porträtiert das rasante "Undying" ganz offensichtlich die Figur der Daenerys Targaryen.

Wer die Bücher gelesen oder "Game Of Thrones" gesehen hat, wird deutlich mehr damit verbinden als Hörer, die das Epos von George R.R. Martin bislang nicht kennen - auch wenn die Songs unabhängig vom lyrischen Kontext extrem gut funktionieren.

Power Metal-Lehrstunde nach europäischem Vorbild

Ein Quentchen ICED EARTH ("Undying"), eine Prise BLIND GUARDIAN ("The Tale Of Deathface Ginny"), Anleihen von (frühen) HAMMERFALL, DRAGONFORCE, SONATA ARCTICA, HELLOWEEN, NIGHTWISH und RHAPSODY ohne Pathos, Pomp und Opern-Theatralik, gekrönt von wunderbar abwechlungsreichen weiblichen Vocals: Wenn ihr bei einer solchen Aufzählung vor Freude heulen möchtet, sollte "Decennium" auf eurem Einkaufszettel ganz, ganz oben stehen.

Trackliste

Stargazer
Undying
In The Walls
The Tale Of Deathface Ginny
Castles In The Snow
Kingslayer
The Faceless Hero
Neverending
Hollow
Awakened From Nothing

Band

Sabrina Cruz – Vocals
Camden Cruz – Guitars
Kevin Byrd – Guitars
Aaron Sluss – Bass
Keith Byrd – Drums