Subway To Sally - Kreuzfeuer


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Stil (Spielzeit): Folk Metal(52:52)
Label/Vertrieb (VÖ): Nuclear Blast /Warner (27.03.09)
Bewertung: 7,5/10
Link: http://www.subwaytosally.com
Man kann keine Erfolgsgeschichte wie SUBWAY TO SALLY hinlegen, ohne dabei irgendwann an den Punkt zu kommen, wo die Erwartungen an das nächste Album so schwindelerregende Ausmaße annehmen, dass sie kaum noch zu erfüllen sind. Das weiß die Band, das wissen die Fans. Entsprechend war auch für mich im Vorfeld der Veröffentlichung von „Kreuzfeuer“ die Gretchen-Frage: schaffen sie es dieses Mal wieder, den Vorgänger „Bastard“ mit einer Leichtigkeit zu übertreffen, die fast an Unverschämtheit grenzt, oder nicht?

Bevor ich mich jedoch mit der Musik des neuen Outputs der Jungs und des Mädels beschäftige, möchte ich ein Thema vorweg nehmen, das in meinen Augen bei Plattenkritiken viel zu oft hinten runterfällt, aber doch gerade bei Acts wie SUBWAY TO SALLY meiner bescheidenen Meinung nach einfach nicht ignoriert werden sollte: die Rede ist von den Texten, die Michael „Bodenski" Boden seit Jahr und Tag schreibt und die sich einer oftmals in mehrere Richtungen zu interpretierenden Bildsprache bedienen. Besonders faszinierend finde ich an dieser Stelle, dass er dabei einen ganz eigenen Stil verfolgt, der die Lyrics stark von allen anderen Bands rund um das Genre – und darüber hinaus natürlich auch - abhebt. Davor muss ich einfach mal den Hut ziehen, was ich hiermit auch tue.

So weit, so gut, wenden wir uns den musikalischen Aspekten von „Kreuzfeuer“ zu: ohne Schnörkel oder Intro scheuchen SUBWAY TO SALLY uns als erstes in das sehr rockige „Aufstieg“, bei dem mir zum ersten Mal auffällt, dass die folkloristischen Instrumente auf dieser CD ein wenig in den Hintergrund gemischt wurden und dadurch nicht mehr so präsent sind wie auf früheren Veröffentlichungen. Diese Entwicklung hat jedoch nichts mit dem Sound der „Engelskrieger“ zu tun, auf der die mittelalterlichen bzw. Renaissance-Einflüsse ja häufig ganz wegfielen, sondern einfach nur mit einer veränderten Gewichtung, die die Waagschale mehr in Richtung Gitarren ausschlagen lässt. „Aufstieg“ ist ein Song, der richtig Spaß macht und der live auf jeden Fall höllisch zünden wird.
Es folgt der etwas langsamere, finstere „Judaskuss“, der nicht nur durch orientalisch angehauchte Klänge auf sich aufmerksam macht, sondern auch durch die düstere, zynische Geschichte, die er zu erzählen hat.
Bei dem stark violinenlastigen „Besser du rennst“ muss ich spontan an die CD „Oui Avant-Garde a Chance“ von SKYCLAD denken, bei der damals ein paar Mitglieder von SUBWAY TO SALLY als Gäste zu hören waren. Ein Vergleich, der mir auch nach mehrmaligen Hören nicht so recht aus dem Kopf will, allerdings durchaus positiv zu verstehen ist. Die Zeile „Besser du gehst, besser du läufst, besser du rennst so schnell du kannst“, um die sich der Track aufbaut, hat etwas Hypnotisches an sich und lädt nicht nur zum Mitschreien, sondern auch zum Tanzen ein. In meinen Augen mit einer der stärksten Songs des Albums.
Darauf folgt leider aber auch schon für mich eine der ersten Nummern, die ein wenig drucklos erscheinen. „So fern, so nah“ ist eine Halbballade, die sich nur schwer ins Ohr setzt und so recht keinen bleibenden Eindruck hinterlassen will. Kein schlechter Song im eigentlichen Sinne, aber eben auch nichts, womit man Mauern einreißen kann.
„Die Jagd“ dagegen kommt wieder wesentlich einprägsamer daher, ein bisschen mehr Druck, ein bisschen mehr Tempo und der fieser Hunger in Eric Fishs Stimme sorgt bei mir durchaus für die ein oder andere Gänsehaut.
Der nächste Song „Einsam“ ist für mich das, was ich als „Typisch SUBWAY TO SALLY“ bezeichnen würde. Man fühlt sich in dem Track zuhause, weiß, dass einen keine großen Überraschungen erwarten werden und fühlt sich damit pudelwohl.


Und wo wir doch gerade beim Thema Überraschungen sind, kommen wir gleich mal zu meinem Sorgenkind des Albums. Als der Song das erste Mal begann, war mein erster Gedanke einfach nur: Oh nein, bitte bitte nicht. Und ich muss ehrlich zugeben, dass sich an dieser sicher sehr subjektiven Meinung bis jetzt immer noch nichts geändert hat. Grund für mein Dilemma ist der Gastauftritt von Ria, ihres Zeichens Sängerin der Band EISBLUME, die durch das Cover von SUBWAY TO SALLYs Eisblumen auf sich aufmerksam machten. Viel ist über dieses Projekt bereits gesagt worden und insofern möchte ich dieses Thema auch nicht noch einmal aufkochen, allerdings muss erlaubt sein klarzustellen, dass mir diese Zusammenarbeit auf „Kreuzfeuer“ so gar nicht zusagen will. Innerhalb kürzester Zeit verwandelt sich der Hörspaß an der CD an das dumme Gefühl, das man immer hat, wenn SILBERMOND und Konsorten einen dazu bringen, im Autoradio einen neuen Sender zu suchen, weil man den kieksenden Gesang, den leider auch Ria als Stilmittel nutzt, nicht ertragen kann. Über eine Minute dauert die nur von ein paar dünnen Klängen unterstützte Folter, bis die Gitarren und Eric Fish uns erlösen und man wieder weiß, wo man eigentlich hingehört. Ich finde diese Entwicklung vor allen Dingen insofern bedauerlich, weil der Song „Komm in meinen Schlaf“ an sich durchaus klasse ist, aber eben durch den Einsatz dieser Stimme für mich stark an Identität verliert.
Mit „Angelus“ folgt eine tragende Ballade, die man wunderbar nebenher hören kann und für mich etwas sehr Trauriges hat, nur um gleich darauf vom „Krähenkönig“ abgelöst zu werden, der leicht arhythmisch daherkommt und dadurch nicht nur musikalisch interessant ist, sondern auch frischen Wind mit sich bringt.
„Niemals“ gewinnt für mich auf der ganzen Linie, kommt anfangs schnell und fetzig daher, nur um im Refrain brachial langsam zu werden und dadurch die Botschaft zu unterstreichen, die der Song verkündet: „ Ich tue alles für dich, aber vor dir knien werde ich nicht.“ Großartig.
Der langsame, verhaltene Titel „Versteckt“ erinnert anfangs mit seiner filigranen Gitarrenarbeit ein wenig an die ersten Scheiben von BLACKMORE'S NIGHT und hat für mich allgemein viel von Lagerfeuer-Musik.
Auch der anschließende Song „Vater“ kommt abgesehen von einigen wenigen Stellen wieder recht verhalten daher und bildet den langsamen Ausklang von „Kreuzfeuer“.

Fazit: Insgesamt muss ich sagen, dass ich mich über die Ruhe wundere, die im zweiten Teil des Albums eingetreten ist und die ich nach dem ersten Track nicht unbedingt erwartet habe. Allgemein gesprochen hat SUBWAY TO SALLY ein wenig den Fuß vom Gas genommen und trotz ein paar wirklich großartiger Songs muss ich sagen, dass die oben angesprochenen Erwartungen für mich nicht ganz erreicht wurden. Es ist nicht gerade so, dass man als Fan der Band erschrocken Luft holen und Angst um seine Helden haben müsste, aber es fehlt halt einfach eine kleine Umdrehung, um sich an „Bastard“, „Nord-Nord-Ost“ oder auch frühere Werke nahtlos anzuschließen. In den Plattenschrank gehört das gute Stück ohne jeden Zweifel trotzdem und bitte nicht nur dahin, sondern auch regelmäßig in den Player. In diesem Sinne: Besser du gehst, besser du läufst, besser du rennst...