The Neal Morse Band - Similitude Of A Dream Tipp

The Neal Morse Band - Similitude Of A Dream

SPOCK'S BEARD, TRANSATLANTIC, FLYING COLORS, solo unter eigenem Namen: Seit drei Jahrzehnten ist Neal Morse eine der auffälligsten und wichtigsten Gestalten im internationalen Progressive Rock-Zirkus. Mit THE NEAL MORSE BAND veröffentlicht der Sänger, Multiinstrumentalist und Songwriter jetzt sein erstes Konzept-Doppelalbum "The Similitude Of A Dream", das zwar wenige Überraschungen bereit hält, aber wie viele andere seiner Werke ein progressiver Schmaus allererster Güte ist.


Mit SPOCK'S BEARD war Morse maßgeblich am Aufstieg des Retro-Progs Mitte der Neunziger verantwortlich. Als Solokünstler, der zu Gott gefunden hatte, veröffentlichte der stets sympathische, bodenständige Musiker nach seinem Ausstieg aus seiner Hauptband zahlreiche Studio- und Livewerke - manch einem vielleicht zu viele. Tatsächlich ist die Diskografie mittlerweile schier unübersichtlich, und nicht alles, was er seinen Fans bot, war Gold. Das über 100 Minuten lange Konzeptalbum "The Similitude Of A Dream" gehört glücklicherweise nicht dazu.

Mit ex-DREAM THEATER-Drummer Mike Portnoy kollaboriert Mearse schon lange; auch Bassist Randy George und Gitarrist Eric Gillette sind schon seit längerem Bestandteil seiner Band. Komplettiert wird das Lineup der THE NEAL MORSE BAND von Keyboarder Bill Hubauer. Allen Bandmitgliedern ist gemeinsam, dass sie Backing Vocals übernehmen und somit Morses stets gefühlvolle und ausdrucksstarke Performance kontrastieren. Insbesondere Portnoy hat einen gewaltigen Sprung gemacht. Während seine Backing Vocals bei DREAM THEATER oder TRANSATLANTIC nicht immer überzeugten, hat er sich zu einem guten Sänger gemausert. Dass das Quintett instrumental auf voller Linie überzeugt, muss nicht extra betont werden.

Das Konzept hinter "The Similitude Of A Dream" basiert auf dem Buch "The Pilgrim’s Process" von John Bunyan (1678), in dem es um die spirituelle Reise eines Mannes geht, die in der "Stadt der Zerstörung" beginnt und ihn schließlich an einen Ort der Erlösung führt. Während nicht nur Morses Solodebüt "Testimony" seine neuentdeckte Verbindung zu Gott weit in den Vordergrund rückte und beinahe schon missionierend wirkte, brauchen selbst kritische Fans bei dieser Doppel-CD keine Angst zu haben, dass die Texte allzu christlich sind. Morses Prägung und Einstellung ist unverkennbar, für mich bewegen sich die Lyrics vermutlich wegen der Buchvorlage aber in einem weit loseren und angenehmeren Rahmen.

Auch, wer der Geschichte nicht bewusst folgt, wird mit "The Similitude Dream" seine Freude haben: So losgelöst, abwechslungsreich, ideenreich und charismatisch klang Neal Morse länger nicht mehr. Einzelne Songs als Anspieltipps herauszupicken verbietet sich bei einem Konzept-Doppelalbum ja fast von selbst. Es ist aber auch unheimlich schwierig, da alle Nummern, egal wie kurz oder lang, wichtig für den Kontext sind und kompositorisch auf dem gleichen Niveau liegen. THE NEAL MORSE BAND macht einfach alles richtig: Dramatische Passagen, mehrstimmige Gesänge, wundervolle, einschmeichelnde Melodien, die sich teilweise das ganze Album über wiederholen, QUEEN-artiger Bombast, spannende Details - das Doppelalbum erzählt nicht nur textlich, sondern auch musikalisch eine Geschichte, der man am besten unterm Kopfhörer folgt. Und das nicht ein, zwei oder drei mal, sondern öfter. Denn wie gewohnt gibt es auch nach mehreren konzentrierten Durchgängen noch jede Menge zu entdecken, selbst, wenn sich viele Melodien schon nach dem ersten Hören im Kopf festsetzen.

Mike Portnoy bezeichnet dieses Album enthusiastisch als eines der besten Alben, an denen er in im Laufe seiner Karriere beteiligt gewesen ist. Nach einigen Durchgängen würde ich mich zwar etwas vorsichtiger äußern, doch generell ist das, was das Quintett hier abgeliefert hat, pure Prog Rock-Magie, die das Zeug hat, lange nachzuwirken.