Ayreon - The Final Experiment (Special Edition)




Stil (Spielzeit): Rock Oper (1:49:00)
Label/Vertrieb (VÖ): InsideOut Music/SPV (28.02.2005)
Bewertung: Hörenswert
Link: http://www.arjenlucassen.com
Im Zuge der Wiederveröffentlichung des fünf Alben umfassenden Ayreon Backkataloges erscheint nun auch das Debut des Projektes vom niederländischen Multiinstrumentalisten Arjen Anthony Lucassen. Zusätzlich zu der eigentlichen Rockoper wurden einige Stücke in akustischen Versionen aufgenommen und als Bonus CD beigelegt.

Fantasy Rock trifft als Stilbeschreibung noch am ehesten. Lucassen mischt Anteile aus Rock, Folk und Mittelalter wobei die meisten Stücke relativ Keyboardlastig sind. Nach dem gesprochenen Proloque kommt mit dem wuchtigen The Awareness gleich der erste Höhepunkt des Albums. Whitesnake treffen auf die Rocky Horror Show wäre eine treffende Beschreibung. Voluminöse Orgel- und Keyboardsound mit theatralischen Chören. Beim folgenden Eyes Of Time irritiert der Gesang etwas. Die gerade im Chorus hat die in den höheren Lagen etwas brüchige Stimme von Gastsänger Ruud Houweling (Cloudmachine) ihren Reiz, trotzdem wird deutlich, dass diesem Sänger klassische Hard Rock Songs eher liegen. Das mit mehr als elf Minuten längste Stück The Banishment beginnt mit einem bombastischen Instrumentalpart, erinnert aber, sobald der Gesang einsetzt, eher an 80er Hard Rock. Vor allem dank der soliden Gesangsleistung ein Highlight. Ganz anders klingt Ye Courtyard Minstrel Boy, hier wird die Mittelalterschiene gefahren; und das sehr authentisch mit Spinett, Cello und barock anmutenden Arrangements. Sail Away To Avalon ist Fantasy Rock wie wir ihn, in etwas härterer Ausführung, sonst von diversen südeuropäischen Bands kennen. Nur die 60er mäßigen Backroundchöre bringen wieder etwas Rocky Horror Show in den Song. Der Nature’s Dance klingt ein wenig nach Simon & Garfunkel und setzt einen angenehm Ruhepol in die Mitte des Albums bis Computer Reign (Game Over) mit sehr unruhigen Streicherarrangements die Spannung wieder anhebt und Waracle richtig rockt. Letzteres bringt richtig schweren Bombast mit und ist ein weiteres Glanzlicht der Scheibe. Ähnlich, wenn auch nicht so überzeugend ist Listen To The Waves, das trotz mittelalterlicher Chöre irgendwie nicht so recht wirken will. Magic Ride wirkt eher wie eine Bridge mit Gesang denn als eigenständiges Stück, während bei Merlins Will die Mischung von Rock und Folk etwas danebengeht. The Charm Of The Seer fährt den Rockanteil deutlich zurück und kommt so deutlich authentischer rüber. Der Swan Song ist ein reinesn Instrumentalstück, dass den Übergang zu finalen Ayreon’s Fate markiert. Dabei wird wieder auf Volumen und Pathos gesetzt. Und so findet die Rockoper mit schmachtenden Gitarren und wuchtigen Keyboards ein würdiges Ende.

Auf der Bonus CD finden sich akustische Versionen einiger Albumtracks mit anderen Sängern. Dreamtime hieß auf dem regulären Album noch The Awareness und klingt in der akustischen Version mit weiblichem Gesang irgendwie nach Blackmore’s Night und relativ zahnlos. Ich empfehle das Original. Eyes Of Time hat hier mit einer coolen Panflöten-Passage und percussionlastigen Version durchaus einen eigenen Charme, hat aber deutlich weniger Power als die reguläre Version. Während Accusation, das im Original ein Teil von The Banishment ist, kommt von der Dynamik der Albumversion sehr nah und kann, wenn auch der Gesang nicht ganz das Niveau erreicht, mit ihr mithalten. Ye Courtyard Minstrel Boy klingt mit weiblichem Gesang noch folkiger. Welcher Version man nun den Vorzug gibt, ist reine Geschmackssache. Bei Sail Away To Avalon wurden die Keyboardparts durch Panflöten ersetzt. Diese Instrumentalisierung ist zwar ungewöhnlich, gefällt mir persönlich aber sehr gut und klingt organischer als das Original. Der Nature’s Dance klingt in der akustischen Version noch mehr nach Simon & Garfunkel und macht genau so viel Spaß wie auf dem Album. Waracle dagegen verliert ohne Stromgitarren und mit weiblichem Gesang in einem Ausmaß an Volumen, dass es einfach nur noch dünn klingt. Verzichtbar. Wo bei Merlin’s Will die Folkrockmischung auf dem Album nicht so recht glücken mochte entwickelt die eher folklastige Akustikversion deutlich mehr Dynamik und ist so dem Original definitiv vorzuziehen, während bei Charm Of The Seer nur wenige Unterschiede auszumachen sind.

Alle Fans von Fantasyrock oder Metal, die dieses Album noch nicht kennen, sollten mal ein Ohr riskieren. Auch Freunde von Folkrock könnten an diesem Album ihren Spaß haben. Mir persönlich waren viele Stücke zu Keyboardlastig. Etwas mehr Gitarre hätte einigen Stücken gut getan. Und das bei so einem umfassenden Vorhaben wie eine Rockoper nicht nur Hits entstehen, sollte ohnehin klar sein.