Celtic Frost - Morbid Tales (Re-Release) Tipp

Celtic Frost - Morbid Tales (Re-Release)
    Vorrangig Thrash Metal, Anleihen von Black und Death

    Label: Noise Records/BMG
    VÖ: 30.06.2017
    Bewertung:9/10

    CELTIF FROST im Web


Obwohl vergleichsweise kurz im Geschäft (1984-1993, 2006-2008), gelten CELTIC FROST als eine der einflussreichsten extremen Metal-Bands überhaupt. Die Schweizer hinterließen prägende Spuren im Death, Thrash und Black Metal. Via BMG veröffentlichen Noise Records jetzt vier Studioalben des Trios im Digibook mit Bonustracks und Liner Notes wieder. Dabei gab es jedoch Krach zwischen Bandkopf Thomas Gabriel Fischer aka Tom G. Warrior und dem Label.

Hintergrund: BMG zensiert Liner Notes

In seinem Blog (http://fischerisdead.blogspot.de/) erläutert Fischer in mehreren Beiträgen sehr genau, dass er sich umfassende Wiederveröffentlichungen gewünscht hat und an der Erstellung der von ihm angedachten „Ultimate Editions“ beteiligt war. Anscheinend lief alles mehr oder weniger glatt, bis BMG sich weigerte, die Liner Notes abzudrucken, in denen Tom auch die Spannungen zwischen Band und Plattenfirma in den Achtzigern beleuchtet. Laut eines Gastbeitrages des Webmasters Zane Reed Johnson handelte es sich dabei durchweg um „bekanntes Wissen“ über die Bandgeschichte – keine Anfeindungen. Weil BMG Fischers Liner Notes anscheinend massiv zensierte bzw. umschrieb, verweigerte er der Plattenfirma die Nutzung seiner Texte und ist bei der weiteren Fertigstellung der Neuauflagen nicht mehr involviert gewesen.

Das sollten Interessierte im Hinterkopf behalten. Denn trotz Remastering von Thomas Gabriel Fischer und TRYPTIKON-Mitstreiter V. Satura, hübscher Aufmachung im Digibook mit zahlreichen historischen Bandfotos, allen Texten und Kommentaren von Fischer zu den Proberaumaufnahmen, sehen CELTIC FROST diese Neuauflagen nicht als ultimative Editionen an. Das Hin und Her um die Liner Notes, die letztendlich einem persönlichen Blick von Musikjournalist und dem Erfinder des Begriffs „Avantgarde Metal“ Xavier Russell weichen mussten, hinterlässt einen sehr schalen Beigeschmack. Weil Fischer und andere Beteiligte dennoch viel Herzblut in die Neuauflagen gesteckt haben und aus künstlerischem, nicht finanziellem Interesse beteiligt waren (die Mitglieder erhalten keine Kohle für den Verkauf der CELTIC FROST-Scheiben), kommen die Ergebnisse den von Fischer gewünschten ultimativen Fassungen zumindest am nächsten. Daraus, dass sie für ihn nicht komplett sind und seine Vision nicht erfüllen, macht der Schweizer allerdings keinen Hehl.

Startschuss für CELTIC FROST

Den Anfang der Re-Releases macht das im November 1984 veröffentlichte Debüt „Morbid Tales“. Ursprünglich kam das Minialbum auf eine Spielzeit von nicht mal 25 Minuten. Die amerikanische Fassung beinhaltete zwei zusätzliche Tracks auf der A-Seite der LP und dauerte knapp acht Minuten länger. Für den Re-Release wurde wurde die Trackliste der amerikanischen Version genutzt. Die Neuauflage enthält als Bonus vier Aufnahmen aus dem Proberaum aus dem Sommer/Herbst 1984, darunter mit „Messiah“ ein Cover des CELTIC FROST-Vorgängers HELLHAMMER. Eingespielt wurde „Morbid Tales“ von Gitarrist/Sänger Tom Gabriel Fischer aka Tom G. Warrior, Bassist Martin Stricker aka Martin Eric Ain und Drummer Stephen Priestly.

„Human“ markiert mit den verzweifelten Schreien gequälter Seelen in der Hölle den Gänsehaut-Beginn der Mini-LP, dem sich nahtlos der Thrasher „Into The Crypts Of Rays“ anschließt. Sägende Riffs, unkonventionelle Soli und heisere Vocals irgendwo zwischen clean und guttural sorgen vor treibenden Drums und polterndem Bass wie auch beim abschließenden „Nocturnal Fear“ und dem Titeltrack für extremen Hochgenuss auf Speed. „Visions Of Mortality“ fährt das Tempo anfangs zurück, legt dann aber einen Zahn zu, auch „Return To The Eve“ wirkt durch das verwendete Midtempo besonders intensiv. Die schleppenden „Procreation (Of The Wicked)“ und „Dethroned Emperor“ kontrastieren mit doomiger Stimmung die thrashigen Nummern.

"Morbid Tales" beeinflusste die Metal-Szene extrem

„Morbid Tales“ ist finster, brutal und intensiv. Roh, primitiv, unverfälscht. Originell und innovativ. Obwohl im Thrash angesiedelt, spielen CELTIC FROST bereits auf ihrer ersten LP ganz selbstverständlich mit doomigen und todesmetallischen Passagen. Mit „Chaos“ oder der verstörenden Soundcollage „Danse Macabre“ lotet das Trio Grenzen aus. Auch, wenn wir mehr als 30 Jahre später ganz anderes gewohnt sind: Für eine Scheibe, die 1984 erschien, ist „Morbid Tales“ extrem.

Weil viele Stilelemente wie Doublebass-Drums, tief gestimmte Gitarren und gutturale Laute erstmals von den Schweizern verwendet wurden, beeinflussten CELTIC FROST in den folgenden Jahren zahlreiche extreme Metal-Bands.

Boni nur für Hardcore-Fans

Die Proberaumaufnahmen würde ich nicht unbedingt als essentiell bezeichnen. In Details unterscheiden sich die Songs von den finalen Albumversionen und sind für manchen Hardcore-Fan sicher spannend, doch trotz Nachbearbeitung rumpeln die Aufnahmen ziemlich derbe – auch aufgrund des zum Aufzeichnen einfach in der Mitte des Proberaums aufgestellten Cassettenrecorders. Das Remastering des originalen Albums ist da schon spannender: Dafür, dass „Morbid Tales“ in nur acht Tagen in Berlin aufgenommen und gemixt wurde, röhrt es recht klar, vor allem aber spontan und ursprünglich durch die Boxen. 

Es gibt gerade im extremen Metal sicher Alben, die eine deutlich größere Wirkung in der Außenwelt hatten. Die echte Hits enthalten, runder klingen, professioneller eingespielt wurden und in den Köpfen vieler Hörer präsenter sind. Die Düsternis und schwarz-okkulte Atmosphäre der ersten CELTIC FROST-Veröffentlichung ist atemberaubend.

Trackliste

01. Human (Intro)
02. Into The Crypts Of Rays
03. Visions Of Mortality
04. Dethroned Emperor
05. Morbid Tales
06. Procreation (Of The Wicked)
07. Return To The Eve
08. Danse Macabre
09. Nocturnal Fear
* Bonus Tracks
10. Morbid Tales (1984 Rehearsal)
11. Messiah (1984 Rehearsal)
12. Procreation (Of the Wicked) (1984 Rehearsal)
13. Nocturnal Fear (1984 Rehearsal)

Band

Tom G. Warrior - guitars, vocals, effects
Martin Eric Ain – bass, bass effects
Stephen Priestly – drums