Lost Society - No Absolution Tipp

Lost Society - No Absolution
    Thrash Metal

    Label: Motion Label Group
    VÖ: 21.02.2020
    Bewertung:8/10

    Website


Finnland ist nach wie vor eine Hochburg des Heavy Metals, die viele Szenegrößen in den letzten 20 Jahren hervorgebracht hat. Daher überrascht es nicht wirklich, dass die Ostseerepublik die Welt kontinuierlich mit talentierten Nachwuchsbands versorgt. Für eines sind die Nordeuropäer jedoch eher weniger bekannt: schreddernde Gitarren á la ANTHRAX und mitreißende Grooves in PANTERA-Manier. LOST SOCIETY kombinieren beide Stile und verfeinern dies auf ihrem vierten Studioalbum „No Absolution“ mit einer Prise Metalcore. Ein neues finnisches Erfolgsrezept?

Amerikanischer Metal in finnischem Gewand

Als Sänger und Gitarrist Samy Elbanna 2010 im Teenageralter LOST SOCIETY gründete, hatte er musikalisch ganz klare Vorbilder: MEGADETH, ANTHRAX und PANTERA. Während die ersten drei Alben der Band diesen Idealen auch noch hörbar folgen, zeichnete sich schon von Beginn an ab, dass LOST SOCIETY einen ganz eigenen Stil verfolgen und diesen von Album zu Album weiterentwickeln. 2020 ist es nun soweit, „No Absolution“ ist auf dem Markt und die Band scheint ihre Handschrift gefunden zu haben.

Nach einem kurzen, bedrohlichen Intro brettert der Opener „Nonbeliever“ sofort los und entfacht das kommende 48-minütige Thrash/Groove-Feuerwerk. Groovig geht es mit dem Titeltrack „No Absolution“ weiter, der aufzeigt, wie variabel Sänger Samy Elbanna stimmlich aufgestellt ist. Von harschen Growls und durchdringenden Screams bis hin zum sehr melodischen Refrain zieht Elbanna alle Register des modernen Metalgesangs. 

Mit „Blood On Your Hands“, einem der stärksten Songs des Albums, haben LOST SOCIETY einen Track geschrieben, der den Groove von „No Absolution“ aufnimmt und – gespickt mit einer guten Portion Härte und Aggressivität – in eine Death-Metal-Explosion mündet.

In Song Nr. 4, „Artificial“, nehmen die vier Finnen im Intro und Refrain die Härte ein wenig heraus, nur um sie in den Strophen wieder aufzubauen. Das führt zu einer eigenen, nicht unpassenden und sehr intensiven Atmosphäre, an die man sich nach den ersten drei Krachern jedoch zunächst gewöhnen muss. Bei „Artificial“ wird auch deutlich, dass das Quartett immer mehr mit den verschiedensten Metalstilen experimentiert. Während „Blood On Your Hands“ eher an den europäischen Death Metal erinnert, geht „Artificial“ eher in die Richtung des US-amerikanischen Metalcores.

Mit dem wieder etwas melodischeren „Pray For Death“ und dem im Groove versinkenden „Outbreak (No Rest For The Sickest)“ beweisen die Finnen zum wiederholten Mal, dass Thrash Metal nicht nur aus hämmernden Riffs bestehen muss.

LOST SOCIETY – Die Neue Generation des Thrash Metals?

Die zweite Hälfte des Albums kommt genauso stark daher wie die erste. „My Prophecy“ zieht das Tempo wieder etwas an und überzeugt mit einem sehr ausgewogenen Verhältnis zwischen groovigem Schlagzeug, tiefen Gitarren und einem hervorstechenden Bass. Das bisher etablierte hohe Niveau des Albums halten LOST SOCIETY kontinuierlich aufrecht und legen mit „Mark Upon Your Skin“ einen weiteren sehr starken Song nach. „Mark Upon Your Skin“ nimmt wieder Ansätze des klassischen Groove- und Thrash-Metals und baut diese in einen Nu-Metal-Sound ein, der das bisherige Klangbild des Albums erneut aufbricht.

Langsam, aber sicher neigt sich das Album dem Ende und man fragt sich, was jetzt noch kommen soll. Die Antwort: Ein knalliger Thrash-Song, wie er auf einem der ersten LOST SOCIETY-Alben hätte vorkommen können. „Worthless“ ist jedoch im Vergleich zu den Songs auf den bisherigen Alben deutlich ausgereifter und durchdachter, was für die enorme Entwicklung der Band über die letzten Jahre spricht.

Der vorletzte Song von „No Absolution“, „Deliver Me“ taucht noch ein wenig mehr in die Thrash- und Groove-Metal-Geschichte ein und ist der wohl thrashigste und groovigste Song des ganzen Albums. An dieser Stelle sollte auch erwähnt werden, dass nicht nur „Deliver Me“, sondern das gesamte Album sehr ausgefeilte Texte besitzt, die den Songs noch eine kleine Krone aufsetzen.

„Into Eternity“ naht und überrascht auf eine ganz andere Art, denn wie der Titelanhang „feat. Apocalyptica“ schon verrät, haben LOST SOCIETY ihre auf vier Celli METALLICA covernden Landsmänner für diesen letzten Song ins Boot geholt. Dieser mit Abstand längste Track hält auch ganz genau, was er verspricht und ist in jeder Hinsicht bombastisch. Er beginnt akustisch langsam, baut sich aber zu einem absoluten Monument auf, in das die drei Cellisten von APOCALYPTICA perfekt hineinpassen und eine Atmosphäre erschaffen, die eines ganzen Albums würdig wäre. Ein absolut perfekter Abschluss eines so diversen Albums.

Fazit

Das vierte Alben der jungen Finnen ist in jeder Hinsicht ein Knaller. Die Art, wie sie mit den Konventionen des Thrash- und Groove-Metals spielen und in jedem Song ein einzigartiges Klangbild erschaffen, ist einmalig. Was auf dem Album aber zu kurz kommt, ist guter, alter, klassischer Thrash. Dass LOST SOCIETY sowas können, haben sie auf ihren anderen drei Alben mehr als einmal bewiesen, sich aber scheinbar bewusst dagegen entschieden. Außer Frage steht: Dieses junge Quartett wird es mal zu etwas bringen und „No Absolution“ könnte ihnen genau diesen Weg ebnen.

Trackliste:

  1. Nonbeliever
  2. No Absolution
  3. Blood On Your Hands
  4. Artificial
  5. Pray For Death
  6. Outbreak (No Rest For The Sickest)
  7. My Prophecy
  8. Mark Upon Your Skin
  9. Worthless
  10. Deliver Me
  11. Into Eternity feat. Apocalyptica

LOST SOCIETY sind:

Guitar, Vocals: Samy Elbanna
Guitar, Backing Vocals: Arttu Lesonen
Bass Guitar, Backing Vocals: Mirko Lehtinen
Drums: Taz Fagerström